Empfehlungen der Ausschüsse
Verordnung über die Bewirtschaftung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen
(Gewerbeabfallverordnung - GewAbfV)

953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

A

Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U),

der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu § 2 Nummer 1 Buchstabe b

§ 2 Nummer 1 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:

"b) weitere nicht in Kapitel 20 der Anlage der Abfallverzeichnis-Verordnung aufgeführte gewerbliche und industrielle Abfälle, die nach Art, Zusammensetzung, Schadstoffgehalt und Reaktionsverhalten Abfällen aus privaten Haushaltungen vergleichbar sind,"

Begründung:

Nach der Begriffsbestimmung in § 2 Nummer 1 gehören zu den gewerblichen Siedlungsabfällen auch weitere nicht in Kapitel 20 der Anlage der Abfallverzeichnis-Verordnung aufgeführte gewerbliche und industrielle Abfälle, die wie Siedlungsabfälle entsorgt werden können.

Wie Siedlungsabfälle entsorgt werden können ganz offensichtlich alle Abfälle, die in den gleichen Anlagen behandelt werden wie Siedlungsabfälle. Hierzu gehören sämtliche Abfälle, die in Abfallverbrennungsanlagen mit oder ohne Energienutzung verbrannt werden, Abfälle, die deponiert werden (wie z.B. Straßenkehricht (20 03 03), und Glas (20 01 02), die, abhängig von Herkunft und Zusammensetzung, zumindest teilweise deponiert werden, oder auch Filterstäube unterschiedlichster Herkunft, die in der Begründung explizit benannt werden), und viele gefährliche Abfälle, die gemeinsam mit gefährlichen Abfällen aus Haushalten behandelt werden.

Somit können fast sämtliche Abfälle des Abfallartenkatalogs nach Art, Schadstoffgehalt und Reaktionsverhalten wie Siedlungsabfälle entsorgt werden und werden oft faktisch auch gemeinsam mit diesen entsorgt. Allein in den vier Anlagen im Land Bremen wurden in den letzten Jahren neben Haus- und Sperrmüll über 140 verschiedene Abfallarten verbrannt. Regelungen zum Umgang mit diesen Abfällen sind in der Verordnung nicht explizit vorhanden, die Begründung hierzu ist inkonsistent. Zudem sind praktisch alle diese Abfälle einer weiteren Behandlung derart, wie sie in der Gewerbeabfallverordnung beschrieben ist, nicht zugänglich.

Wenn neben den Siedlungsabfällen des Kapitels 20 der AVV weitere Abfälle von der Verordnung erfasst werden sollen, so darf für die Beschreibung dieser Abfälle nicht auf die Vergleichbarkeit der Entsorgungswege abgehoben werden, sondern es muss die Vergleichbarkeit der Abfälle an sich zugrunde gelegt werden. Dabei sind als Vergleichsmaßstab wie in § 2 Nummer 1 Buchstabe a die Abfälle aus privaten Haushalten heranzuziehen. Auch der letzte Definitionsvorschlag der Kommission vom Dezember 2015 (BR-Drucksache 599/15 (PDF) ) hebt auf die Vergleichbarkeit der Abfälle aus anderen Quellen mit Haushaltsabfällen ab, nicht aber auf die Vergleichbarkeit der Entsorgungswege.

2. Zu § 2 Nummer 6

§ 2 Nummer 6 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Klarstellung des Gewollten. Die Getrenntsammlungsquote ist vorgesehen für gewerbliche Siedlungsabfälle, ohne Einbeziehung der sonstigen (z.B. produktionsspezifischen) Abfälle wie Industrieschlämme und dergleichen.

3. Zu § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1

§ 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 ist wie folgt zu fassen:

"1. Papier, Pappe und Karton mit Ausnahme von Hygienepapier,"

Begründung:

Bei vielen Abfallstellen macht Hygienepapier, insbesondere Papierhandtücher, einen erheblichen Anteil des Abfallaufkommens aus. Derartige Papierabfälle sind in der Regel nicht mehr für ein hochwertiges Recycling geeignet, insbesondere weil die Papierfasern schon sehr kurz sind und die Abfallfraktion oft verschmutzt ist. Hygienepapier würde daher die hochwertige Verwertung der PPK-Fraktion gefährden.

4. Zu § 3 Absatz 1a - neu -

In § 3 ist nach Absatz 1 folgender Absatz 1a einzufügen:

Begründung:

Eine gemeinsame Sammlung von Abfällen aus Kunststoffen und Metallen sowie deren anschließende Sortierung ist Stand der Technik. Vor allem für kleine Gewerbebetriebe kann die gemeinsame Sammlung von Kunststoffen und Metallen in einem Behältnis eine Vereinfachung der innerbetrieblichen Abfalllogistik ermöglichen und zu einem noch höheren Wertstoffoutput beitragen.

5. Zu § 3 Absatz 2 Satz 3

In § 3 Absatz 2 Satz 3 sind die Wörter "einer hohen Verschmutzung oder" zu streichen.

Begründung:

Das für das Vorliegen der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit genannte Beispiel "auf Grund einer hohen Verschmutzung" könnte den Anreiz für Abfallerzeuger und -besitzer erhöhen, Abfällen entgegen den Zielsetzungen der Verordnung einen zu hohen Verschmutzungsgrad lediglich zu unterstellen oder einzelne Abfallfraktionen gar gezielt zu verschmutzen, um sie anschließend unter Bezugnahme auf § 4 Absatz 4 als Gemisch einer energetischen Verwertung zuzuführen.

6. Zu § 3 Absatz 3 Satz 3

In § 3 Absatz 3 Satz 3 sind am Ende nach dem Wort "vorzulegen" die Wörter "; die Vorlage hat auf Verlangen der zuständigen Behörde elektronisch zu erfolgen" anzufügen.

Begründung:

Die für die Überwachung zuständigen Behörden sollten die Möglichkeiten haben, dass die Dokumentation der zuständigen Behörde auf Verlangen auch in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen ist.

7. Zu § 4 Absatz 1 Satz 2, Absatz 4 Satz 2

§ 4 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die vorgeschlagene Änderung dient der besseren Vollziehbarkeit der Trenn- und Verwertungspflichten der Gewerbeabfallverordnung und damit der wirksamen Durchsetzung der Abfallhierarchie sowie der Erhaltung der sogenannten Pflichtrestmülltonne für Gewerbebetriebe. Nach der bisher vorgesehenen Regelung dürfen Bioabfälle und Glas in einem zur Vorbehandlung bestimmten Abfallgemisch nur enthalten sein, soweit diese Abfälle die Vorbehandlung nicht beeinträchtigen oder verhindern.

Danach wäre es Aufgabe des behördlichen Vollzugs, vor Ort bei einem gewerblichen Abfallerzeuger zu überprüfen, ob ein vorgefundener Anteil von Bioabfällen und Glas die Vorbehandlung eines Gemisches beeinträchtigt. Diese Prüfung kann jedoch nicht geleistet werden, da jegliche Bewertungsmaßstäbe hierfür fehlen und eine Einbeziehung des jeweiligen Anlagenbetreibers erfolgen müsste, was praxisfern ist. Denn nur der Betreiber der vorgesehenen Vorbehandlungsanlage könnte darüber Auskunft geben, ob ein bzw. welcher Anteil an Bioabfällen und Glas die Vorbehandlung verhindern oder beeinträchtigen würde.

Daher könnte die derzeitige Regelung in der Praxis dazu führen, dass Anlagenbetreiber z.B. zum Zwecke der Mengenakquise pauschal die Unschädlichkeit jedweder Anteile von Bioabfällen und Glas in einem Gemisch zur Vorbehandlung bzw. zur energetischen Verwertung bestätigen. Dem könnte der behördliche Vollzug mangels objektiver Bewertungsmaßstäbe nichts entgegensetzen.

Damit könnten die Trennpflichten der Verordnung in weitem Umfang umgangen werden, Anreize zur Abtrennung von Bioabfällen und Glas und deren Zuführung zu einem hochwertigen Recycling gingen verloren. Ebenso wäre es kaum noch möglich, die Pflichtrestmülltonne nach § 7 Absatz 2 durchzusetzen, da dem seitens des gewerblichen Abfallerzeugers stets entgegen gehalten werden könnte, sämtliche Abfälle verwerten zu können.

Es muss hier das gleiche Anforderungsprofil gelten wie bei den Abfällen aus der humanmedizinischen Versorgung.

Da die vorgeschlagene Änderung ein uneingeschränktes Abtrenngebot für die betreffenden Abfallfraktionen vorgibt, sollte eine Fehlwurfquote von in Summe maximal 5 Masseprozent zugelassen werden, wie es jetzt schon bei der Trennpflicht nach § 3 Absatz 1 der Fall ist. Damit wird den praktischen Erfahrungen, dass Fehlwürfe nicht vollständig ausgeschlossen werden können, Rechnung getragen.

Zu Buchstabe b:

In § 4 Absatz 4 Satz 2 muss klargestellt werden, dass bei Abfällen, die einer energetischen Verwertung zugeführt werden, definitiv keine Bioabfälle, Glas, Metalle und mineralische Abfälle enthalten sein dürfen.

Die jetzige Formulierung, dass Bioabfälle, Glas, Metalle und mineralische Abfälle nur enthalten sein dürfen, soweit sie die hochwertige sonstige, insbesondere energetische Verwertung nicht beeinträchtigen oder verhindern, geht in der Praxis ins Leere. Das OVG

Koblenz hatte bereits in einem Urteil vom 11.03.2015 (Az.: 8 A 11003/14) entschieden, dass entgegen des § 6 Gewerbeabfallverordnung g.F. geringe Mengen von Bioabfällen die energetische Verwertung nicht beeinträchtigen, wodurch gewissermaßen die höherrangige Stufe der Abfallhierarchie, das Recycling bzw. die stoffliche Verwertung, unterlaufen werden kann.

Gleichzeitig wird es mit der vorgesehenen Regelung kaum möglich sein, die Pflichtrestmülltonne nach § 7 Absatz 2 durchzusetzen, da gewerbliche Abfallbesitzer/-erzeuger stets anführen können, sämtliche Abfälle verwerten zu können.

Da die vorgeschlagene Änderung ein uneingeschränktes Abtrenngebot für die betreffenden Abfallfraktionen vorgibt, sollte eine Fehlwurfquote von in Summe maximal 5 Masseprozent zugelassen werden, wie es jetzt schon bei der Trennpflicht nach § 3 Absatz 1 der Fall ist. Damit wird den praktischen Erfahrungen, dass Fehlwürfe nicht vollständig ausgeschlossen werden können, Rechnung getragen.

8. Zu § 4 Absatz 5 Satz 3

In § 4 Absatz 5 Satz 3 sind am Ende nach dem Wort "vorzulegen" die Wörter "; die Vorlage hat auf Verlangen der zuständigen Behörde elektronisch zu erfolgen" anzufügen.

Begründung:

Die für die Überwachung zuständigen Behörden sollten die Möglichkeiten haben, dass die Dokumentation der zuständigen Behörde auf Verlangen auch in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen ist.

9. Zu § 4 Absatz 5 Satz 4 und 5 - neu -

In § 4 Absatz 5 ist Satz 4 durch folgende Sätze zu ersetzen:

"Zur Dokumentation der Getrenntsammlungsquote nach Absatz 3 Satz 3 hat der Erzeuger bis zum 31. März des Folgejahres einen durch einen zugelassenen Sachverständigen geprüften Nachweis zu erstellen. Der Nachweis ist der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen; die Vorlage hat auf Verlangen der zuständigen Behörde elektronisch zu erfolgen."

Folgeänderungen:

§ 13 Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Entgegennahme und die damit bei sachgerechtem Vollzug einhergehende Sichtung entsprechender Nachweise von jedem Abfallerzeuger sowie die Überprüfung, ob alle Verpflichteten die Nachweise vorgelegt haben, sind ein immenser Aufwand für die zuständigen Behörden, dem kein entsprechender Vorteil für den Umweltschutz gegenübersteht.

Es reicht aus, die Vorlage des Nachweises auf Verlangen vorzulegen. Die Ergänzung zur Vorlage des Nachweises auf Verlangen der zuständigen Behörde in elektronischer Form erfolgt, um die rechtsystematische Einheitlichkeit in der Verordnung sicherzustellen.

10. Zu § 8 Absatz 3 Satz 4

In § 8 Absatz 3 Satz 4 sind die Wörter "10 Kubikmeter" durch die Wörter "200 Kubikmeter" zu ersetzen.

Begründung:

Die Freistellung von Dokumentationspflichten sollte aus Gründen der Verfahrenserleichterung auf Abfälle von Bau- und Abbruchmaßnahmen bis zu einem Volumen von 200 Kubikmeter (entspricht in etwa dem Abfallvolumen aus dem Abbruch eines mittelgroßen Einfamilienhauses) ausgedehnt werden.

11. Zu § 9 Absatz 3

§ 9 Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:

(3) Erzeuger und Besitzer von gemischten Bau- und Abbruchabfällen (Abfallschlüssel 17 09 04) haben diese unverzüglich einer Vorbehandlungsanlage zuzuführen. § 4 Absatz 2 gilt entsprechend."

Begründung:

Die Systematik der Gewerbeabfallverordnung sieht dieses Abfallgemisch (17 09 04 - gemischte Bau- und Abbruchabfälle mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 09 01, 17 09 02 und 17 09 03 fallen) grundsätzlich nicht mehr vor. Es kann sämtliche nicht gefährlichen Bauabfälle enthalten.

Das Gemisch wird jedoch bei kleinen Baumaßnahmen anfallen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass diese Gemische durch fehlerhafte Getrennthaltung oder durch Fehlwürfe anfallen.

Aufbereitungsanlagen (dies sind im Allgemeinen Brech- und Klassieranlagen) können ein solches Gemisch nicht sortieren und verwerten. Um Aufbereitungsanlagen vor solchen Gemischen zu schützen, sollten diese Gemische grundsätzlich zuerst in einer Vorbehandlungsanlage behandelt werden.

12. Zu § 9 Absatz 6 Satz 4 GewAbfV

In § 9 Absatz 6 Satz 4 sind die Wörter "10 Kubikmeter" durch die Wörter "200 Kubikmeter" zu ersetzen.

Begründung:

Die Freistellung von Dokumentationspflichten sollte aus Gründen der Verfahrenserleichterung auf Abfälle von Bau- und Abbruchmaßnahmen bis zu einem Volumen von 200 Kubikmeter (entspricht in etwa dem Abfallvolumen aus dem Abbruch eines mittelgroßen Einfamilienhauses) ausgedehnt werden.

13. Zu § 10 Absatz 3 Satz 1

In § 10 Absatz 3 Satz 1 sind nach den Wörtern "nach Satz 2" die Wörter "in Textform" einzufügen.

Begründung:

Damit die Bestätigung dokumentiert ist und nicht nur mündlich erfolgt, sollte sie in Textform abgegeben werden.

B