953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz) und der Ausschuss für Kulturfragen (K) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Kommission, allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, die von ihnen derzeit auf Druckveröffentlichungen angewendeten ermäßigten Mehrwertsteuersätze auch auf elektronische Veröffentlichungen anzuwenden.
- 2. Die Anwendung derselben ermäßigten Mehrwertsteuersätze auf Print- und Online-Zeitungen und -Zeitschriften sowie auf Bücher und E-Books ist im Rahmen der konvergenten Medienwelt, die auf Inhalte und nicht mehr auf Verbreitungswege abstellt, ein wichtiges Anliegen zur Sicherung der Medienvielfalt. Die ermäßigte Besteuerung trägt wesentlich zur Information und zur selbständigen Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger bei. Ihnen sind unterschiedliche Steuersätze bei gleichen Inhalten nicht zu vermitteln. Die Verlage werden durch den verminderten Mehrwertsteuersatz in ihren Bemühungen für den digitalen Wandel wirtschaftlich entlastet. Der Bundesrat bittet deshalb die Kommission um zügige Verabschiedung der vorgeschlagenen Richtlinie.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass die in Artikel 1 Nummer 3 des Richtlinienvorschlags (Anhang III Nummer 6) genannten Lieferungen auch in elektronischer Form künftig dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
- 4. Das Vorhaben der Kommission, den Anwendungsbereich für stark ermäßigte oder Nullsteuersätze über die in Ziffer 1 genannten Leistungen hinaus zu vergrößern, sieht der Bundesrat jedoch mit großer Sorge. Jede Differenzierung bei den Steuersätzen verkompliziert die Rechtsanwendung bereits bei Inlandsumsätzen und ist schon deshalb grundsätzlich zu vermeiden. Bei grenzüberschreitenden Umsätzen gilt dies in verstärktem Maße. Auch vor dem Hintergrund, dass die Kommission beabsichtigt, vom Ziel des Ursprungslandprinzips abzurücken und zukünftig verstärkt dem Bestimmungslandprinzip den Vorrang einzuräumen, sollte einer weiteren Zersplitterung der Steuersätze entschieden entgegengetreten werden, um die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten zu befähigen, die Umsätze der bei ihnen ansässigen Unternehmen unabhängig vom Ort der Leistung zu überprüfen. Die zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips erforderliche verstärkte Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und die von der Kommission beabsichtigte Entlastung der Steuerpflichtigen setzen einfache und vor allem EU-weit einheitliche Regelungen - insbesondere hinsichtlich der Steuerbefreiungen und Steuersätze - voraus.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene die vorstehenden Bedenken aufzugreifen.
- 6. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 7. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.