Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages
Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft
(SCE)

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 160. Sitzung am 14. Mai 2020 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz - Drucksache 19/19218 - den von den Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht - Drucksache 19/18697 - mit beigefügten Maßgaben, im Übrigen unverändert angenommen.

Fristablauf: 05.06.20

Initiativgesetz des Bundestages

1. Die Bezeichnung des Gesetzes wird wie folgt gefasst:

"Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht und im Recht der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE)".

2. Nach Artikel 1 wird folgender Artikel 1a eingefügt:

"Artikel 1a
Gesetz zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über befristete Maßnahmen in Bezug auf die Hauptversammlungen Europäischer Gesellschaften (SE) und die Generalversammlungen Europäischer Genossenschaften (SCE)

Der deutsche Vertreter im Rat darf dem Vorschlag vom 29. April 2020 für eine Verordnung des Rates über befristete Maßnahmen in Bezug auf die Hauptversammlungen Europäischer Gesellschaften (SE) und die Generalversammlungen Europäischer Genossenschaften (SCE) zustimmen. Dies gilt auch für eine sprachbereinigte Fassung. Der Vorschlag wird nachstehend veröffentlicht."

Anlage zur Drucksache 248/20 (PDF)

Europäische Kommission
Brüssel, den 29.4.2020 COM (2020) 183 final 2020/0073 (APP)

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über befristete Maßnahmen in Bezug auf die Hauptversammlungen Europäischer Gesellschaften (SE) und die Generalversammlungen Europäischer Genossenschaften (SCE)

(Text von Bedeutung für den EWR)Drucksache 248/20 (PDF)

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Die Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) und die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) enthalten Bestimmungen über die Gründung und Tätigkeit der von ihnen geregelten juristischen Personen (SE und SCE). In der Verordnung über die SE und in der Verordnung über die SCE ist für die Einberufung der Haupt- bzw. der Generalversammlung die gleiche Frist vorgesehen. Beide Verordnungen enthalten in ihrem jeweiligen Artikel 54 eine identische Bestimmung, wonach sowohl SE als auch SCE mindestens einmal im Kalenderjahr binnen sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres eine Haupt- bzw. eine Generalversammlung abhalten müssen. Beide Verordnungen sehen keine Ausnahme von dieser Bestimmung vor.

Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie hat gravierende Auswirkungen auf Gesellschaften und Genossenschaften, darunter auch SE und SCE. Insbesondere aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und Maßnahmen der räumlichen Trennung sowie der Notwendigkeit" vorrangig die Zwänge für ihre Wirtschaftstätigkeit zu bewältigen, haben SE und SCE erhebliche Schwierigkeiten, die in Artikel 54 ihrer jeweiligen Satzung genannte Frist für die Abhaltung ihrer Haupt- bzw. Generalversammlung einzuhalten. Während die Mitgliedstaaten im Bereich des Gesellschaftsrechts Sofortmaßnahmen ergriffen haben, um die Unternehmen unter den derzeitigen außergewöhnlichen Umständen bei der Einhaltung ihrer Verpflichtungen zu unterstützen, richten sich diese Maßnahmen weder an SE noch an SCE, da deren Satzungen in EU-Verordnungen geregelt sind.

Die Abhaltung von Haupt- und Generalversammlungen ist von wesentlicher Bedeutung, um sicherzustellen, dass gesetzlich vorgeschriebene oder wirtschaftlich notwendige Entscheidungen, die sich auf das Unternehmen selbst, seine Gesellschafter und Dritte auswirken, rechtzeitig getroffen werden. Da die durch die COVID-19-Pandemie bedingten außergewöhnlichen Umstände nicht der Kontrolle von SE, SCE oder der Mitgliedstaaten unterliegen, sieht dieser Vorschlag eine unionsweit geltende befristete Abweichung von der in Artikel 54 der SE-Verordnung und Artikel 54 der SCE-Verordnung vorgeschriebenen Frist vor. Diese befristete Ausnahmeregelung sollte es den SE und den SCE gestatten, ihre Hauptbzw. Generalversammlung binnen 12 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres, spätestens jedoch am 31. Dezember 2020, abzuhalten. Diese befristete Ausnahmeregelung ist notwendig, damit die SE und SCE die notwendigen Vorbereitungen für ihre Haupt- bzw. Generalversammlungen treffen können und damit in Bezug auf die Erfüllung der in der SE-Verordnung und der SCE-Verordnung festgelegten Verpflichtungen Rechtssicherheit geschaffen wird.

Artikel 53 der SE-Verordnung sieht ferner vor, dass für die Organisation und den Ablauf der Hauptversammlung sowie für die Abstimmungsverfahren die im Sitzstaat der SE für Aktiengesellschaften maßgeblichen Rechtsvorschriften gelten.

Artikel 53 der SCE-Verordnung enthält eine entsprechende Bestimmung. In Anlehnung an nationale Sofortmaßnahmen, die viele Mitgliedstaaten bereits in Bezug auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung und andere Gesellschaften und juristische Personen ergriffen haben, ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 53 der jeweiligen Verordnungen sicherstellen, dass SE und SCE digitale Werkzeuge und Verfahren nutzen dürfen und sie diese so weit wie möglich einsetzen, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Entscheidungen getroffen werden.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

- Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 352 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden "AEUV"). Dort ist festgelegt, dass der Rat, falls ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche erforderlich erscheint, um eines der Ziele der Verträge zu verwirklichen, und in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind, einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften erlässt; diese Bestimmung wurde bereits für den Erlass der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 und der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 als Rechtsgrundlage herangezogen.

- Subsidiarität

Das Ziel des Vorschlags kann von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden, da die für Europäische Gesellschaften (SE) geltenden Bestimmungen durch die Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates und die für Europäische Genossenschaften (SCE) geltenden Bestimmungen durch die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates auf Unionsebene festgelegt sind. Befristete Maßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise, die eine Abweichung von diesen Verordnungen vorsehen, müssen auf Unionsebene erlassen werden.

- Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag geht nicht über das für die Erreichung seines Ziels - die Auswirkungen der derzeitigen COVID-19-Pandemie auf die Abhaltung von Haupt- bzw. Generalversammlungen von SE und SCE abzufedern - erforderliche Maß hinaus. Die vorgeschlagene Maßnahme ist daher verhältnismäßig, insbesondere auch was ihre rechtzeitige Anwendung anbelangt.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Expost-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Diese dringende Maßnahme wird durch den plötzlichen und unvorhersehbaren Ausbruch der COVID-19-Pandemie erforderlich. Aus diesem Grund wurde weder eine Folgenabschätzung noch eine Expost-Bewertung durchgeführt. Mehrere Interessenträger haben eine rechtliche Lösung für das Problem gefordert.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Entfällt.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über befristete Maßnahmen in Bezug auf die Hauptversammlungen Europäischer Gesellschaften (SE) und die Generalversammlungen Europäischer Genossenschaften (SCE)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 352, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Um die Ausbreitung des SARS-CoV-2 (Coronavirus) und damit der am 11. März 2020 von der Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärten Erkrankung COVID-19 einzudämmen, haben die Mitgliedstaaten eine Reihe beispielloser Maßnahmen eingeführt, insbesondere Ausgangsbeschränkungen und Maßnahmen zur räumlichen Trennung von Personen.

(2) Diese Maßnahmen können zur Folge haben, dass Gesellschaften und Genossenschaften ihren rechtlichen Verpflichtungen aus dem nationalen Gesellschaftsrecht und dem Gesellschaftsrecht der Union nicht nachkommen können, da es ihnen insbesondere erheblich erschwert ist, ihre Haupt- bzw. Generalversammlungen abzuhalten.

(3) Die Mitgliedstaaten haben auf nationaler Ebene Sofortmaßnahmen ergriffen, um Gesellschaften und Genossenschaften zu unterstützen und ihnen die für die derzeitigen außergewöhnlichen Umstände erforderlichen Instrumente und Flexibilität an die Hand zu geben. Viele Mitgliedstaaten haben insbesondere die Nutzung digitaler Werkzeuge und Verfahren für die Abhaltung von Haupt- bzw. Generalversammlungen gestattet und die Fristen für die Abhaltung dieser Versammlungen im Jahr 2020 verlängert.

(4) Europäische Gesellschaften (SE) und Europäische Genossenschaften (SCE) sind durch die Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates1 und die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates2 auf Unionsebene geregelt. Beide Verordnungen enthalten in ihrem jeweiligen Artikel 54 die Vorgabe, binnen sechs Monaten nach Abschluss des jeweiligen Geschäftsjahres eine Haupt- bzw. eine Generalversammlung abzuhalten. Angesichts der derzeitigen außergewöhnlichen Umstände sollte von dieser Vorgabe vorübergehend abgewichen werden können. Da die Abhaltung von Haupt- und Generalversammlungen von wesentlicher Bedeutung ist, um sicherzustellen, dass gesetzlich vorgeschriebene oder wirtschaftlich notwendige Entscheidungen rechtzeitig getroffen werden, sollte es den Europäischen Gesellschaften (SE) und den Europäischen Genossenschaften (SCE) gestattet werden, ihre Haupt- bzw. Generalversammlung binnen 12 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres, spätestens jedoch am 31. Dezember 2020, abzuhalten. Da es sich bei dieser Ausnahmeregelung um eine durch die COVID-19-Pandemie bedingte befristete Maßnahme handelt, sollte sie nur für die Haupt- und Generalversammlungen gelten, die 2020 abgehalten werden müssen.

(5) Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht für den Erlass dieser Verordnung nur die in Artikel 352 genannten Befugnisse vor.

(6) Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich vorübergehend eine von einer Bestimmung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 und der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 abweichende Lösung zu ermöglichen, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(7) Da die Sechsmonatsfrist nach Artikel 54 der Verordnungen (EG) Nr. 2157/2001 und (EG) Nr. 1435/2003 im Mai oder Juni 2020 abläuft und Einberufungsfristen berücksichtigt werden müssen, sollte diese Verordnung so schnell wie möglich in Kraft treten.

(8) Angesichts dieser Dringlichkeit wird eine Ausnahme von der Achtwochenfrist nach Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union als angebracht erachtet - Anlage zur Drucksache 248/20 (PDF)

HAT folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1
Befristete Maßnahme in Bezug auf die Hauptversammlungen Europäischer Gesellschaften (SE)

Europäische Gesellschaften (SE), die verpflichtet sind, im Jahr 2020 eine Hauptversammlung nach Artikel 54 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 abzuhalten, können abweichend von dieser Bestimmung die Versammlung innerhalb von 12 Monaten nach Drucksache 248/20 (PDF)

Abschluss des Geschäftsjahres abhalten, sofern die Versammlung spätestens am 31. Dezember 2020 stattfindet.

Artikel 2
Befristete Maßnahme in Bezug auf die Generalversammlungen Europäischer

Genossenschaften (SCE)

Europäische Genossenschaften (SCE), die verpflichtet sind, im Jahr 2020 eine Generalversammlung nach Artikel 54 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 abzuhalten, können abweichend von dieser Bestimmung die Versammlung innerhalb von 12 Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres abhalten, sofern die Versammlung spätestens am 31. Dezember 2020 stattfindet.

Artikel 3
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Rates
Der Präsident