990. Sitzung des Bundesrates am 5. Juni 2020
A
1. Der federführende Ausschuss für Kulturfragen empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung wie folgt neu zu fassen:
"Entschließung des Bundesrates "Sicherung von Selbständigen und Freiberuflern - Hilfen für die Kultur- und Kreativwirtschaft nachhaltig ausgestalten"
- a) Der Bundesrat sieht in den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie eine erhebliche Gefahr für den Bestand der vielfältigen Kulturlandschaft der Bundesrepublik Deutschland sowie für die berufliche Existenz der von einzelnen Kulturschaffenden sowie weiteren Gruppen von Selbständigen und Freiberuflern. Er begrüßt die bisherigen Maßnahmen der Länder und der Bundesregierung, um die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie abzufedern.
- b) Der Bundesrat stellt fest, dass weite Teile der Wirkungskraft von Selbständigen und Freiberuflern zu jenen Bereichen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens gehören, die absehbar für längere Zeiträume ihre Institutionen nicht öffnen und ihre Vorhaben nicht oder nur stark eingeschränkt fortsetzen können.
- c) Der Bundesrat betont die eigenständige Bedeutung der institutionell, formell und ästhetisch vielfältigen Kultur für die Bürgerinnen und Bürger, für die gesellschaftlichen Diskurse und kreativen Reflektionen des Zusammenlebens und der Bedingungen dafür. Auch die schrittweise und behutsame Wiederaufnahme des Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativbetriebs kann nur unter den jeweils geltenden Bestimmungen des Infektionsschutzes umgesetzt werden. Zudem erscheinen die Entwicklungen im Publikumsverhalten unter den gegebenen Bedingungen ungewiss.
- d) Die wirtschaftliche Lage insbesondere der Kultur- und Medienschaffenden und der Kreativ- und Kultureinrichtungen wird sich unter den absehbaren Bedingungen trotz der bestehenden Bundes- und Länderprogramme weiter verschärfen. Deshalb werden für die genannten Bereiche weitere spezifische Maßnahmen erforderlich sein. Angesichts der außergewöhnlichen Belastungen durch die Pandemie sind für Kultur- und Kreativwirtschaft Anstrengungen auf allen politischen Ebenen nötig.
- e) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Zuge der Fortschreibung der Hilfsmaßnahmen für alle Selbstständigen und Freiberufler, deren Einnahmen durch die Corona-Pandemie entfallen, Regelungen zum Ausgleich ihrer erheblichen Umsatzeinbrüche zu entwickeln. Damit soll der Nachteil ausgeglichen werden, dass ihr Tätigkeitsfeld von der Krise in besonderem Maße betroffen ist und ihnen die soziale Sicherung abhängiger Beschäftigter nicht offensteht. Vor dem Hintergrund der Beschlüsse der Wirtschaftsministerkonferenz sowie der Kulturministerkonferenz plädiert der Bundesrat dabei für eine Lösung, die für den begrenzten Zeitraum der Pandemie die Möglichkeit eines pauschalen monatlichen Zuschusses zur Abfederung von Einnahmeverlusten eröffnet.
- f) Um insbesondere Künstlerinnen und Künstler, Kultur- und Medienschaffende und Akteure in der Kreativwirtschaft sowie Mediendienstleister in ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der gegenwärtigen Krise auf die Gesellschaft zu unterstützen sowie die Möglichkeiten künstlerischer Projekte in der digitalen Welt zu fördern, wird die Bundesregierung gebeten gemeinsam mit den Ländern spartenspezifische und zukunftsgerichtete Förder-, Stipendien- oder Darlehensprogramme zu entwickeln.
- g) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in Ergänzung zu und Abstimmung mit den Ländern ein Programm zu Bundeshilfen für Selbständige, Freiberufler und den Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativbereich auf den Weg zu bringen. Hierbei wäre die Entwicklung spezifischer Unterstützungsmaßnahmen insbesondere für gemeinnützige Einrichtungen der genannten Bereiche zu prüfen, die aufgrund ihrer nicht auf Gewinnerzielung ausgerichteten Struktur bzw. ihrer in der Regel geringen Kapitaldecke und häufig angespannten Liquidität nicht oder nicht hinreichend von den bislang aufgelegten Programmen erfasst sind.
Begründung:
Von den notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie sind Selbständige, Freiberufler und weite Teile der Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativwirtschaft in besonderem Maße betroffen. Auch die staatlich geförderten Kultureinrichtungen werden finanziell in Bedrängnis geraten, wofür nach derzeitigem Stand auf der Ebene der Länder und der Kommunen allein die Träger einzustehen haben. Einige Länder haben daher bereits über die Soforthilfen hinaus weitere erhebliche Finanzhilfen zur Konsolidierung der kulturellen und medienbezogenen Infrastruktur auf den Weg gebracht. Diese werden aber nicht ausreichen, um die berufliche Existenz der Begünstigten zu sichern. Hierfür wird es weiterer gemeinsamer Anstrengungen und der Unterstützung des Bundes bedürfen.
Je nach Anzahl der Beschäftigten werden gemeinnützige Institutionen mit ihren breit gefächerten Problemlagen, die ihnen wegen der COVID-19-Krise entstehen können, gar nicht oder nicht hinreichend vom Soforthilfeprogramm des Bundes erfasst. Da diese Einrichtungen nicht darauf ausgerichtet sind, Gewinne zu erzielen, verfügen sie auch nicht über Rücklagen, um beim Wegfall von Einnahmen, Liquiditätsengpässe langfristig zu überbrücken oder Kredite zurückzuzahlen. Viele Betroffene haben einen hohen Eigenerlösanteil zum Beispiel aufgrund von Veranstaltungen, die gegebenenfalls noch lange nicht wieder stattfinden können. Auch die aufgelegten Bürgschaftsprogramme für einen erleichterten Zugang zu Krediten und die Möglichkeit des Ausreichens von Gutscheinen anstelle von Rückerstattungen beim Ausfall von Veranstaltungen helfen hier nur für kurze Zeit bzw. verlagern das Liquiditätsproblem auf einen späteren Zeitpunkt.
Privatwirtschaftlich agierende, aber renditearme Einrichtungen mit mehr als zehn Beschäftigten werden ebenfalls allein von einem Bürgschaftsprogramm des Bundes adressiert. Diese Einrichtungen, die häufig der sogenannten Kultur- und Kreativwirtschaft zugerechnet werden, zeichnen sich durch eine in der Regel geringe Kapitaldecke und eine angespannte Liquidität aus. Kredite - auch bei einer kompletten Verbürgung durch beispielsweise Investitionsbanken - steigern zwar die Liquidität, führen aber auch zu einer Erhöhung der Verschuldung. Besonders betroffen sind hier beispielsweise Unternehmen der Veranstaltungswirtschaft und Kinos, deren Geschäft vollständig weggebrochen ist und die vor allem größere Veranstaltungen und Festivals voraussichtlich für eine längere Zeit nicht mehr durchführen können. Hier sind die Existenzen vieler Branchen betroffen, die weitere Förderprogramme benötigen."
B
2. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung zu fassen.