A. Problem und Ziel
Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2147), normiert die Anforderungen an das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken.
Grundsätzlich müssen Ställe für das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken mit Vorrichtungen ausgestattet sein, die jederzeit eine zur Inaugenscheinnahme der Tiere ausreichende Beleuchtung und einen Zugriff auf alle Nutztiere durch die mit der Fütterung und Pflege betrauten Personen ermöglichen. Diese allgemeine Anforderung gem. § 3 Abs. 3 Nr. 1 TierSchNutztV ist in § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Tier-SchNutztV durch die Festlegung einer Mindesthöhe der Haltungseinrichtung von 2 Metern, von ihrem Boden aus gemessen, konkretisiert, damit die mit der Fütterung und Pflege betraute Person die Einrichtung aufrecht stehend betreten kann.
Zum Zeitpunkt der Einführung einer Mindesthöhe der Haltungseinrichtung für Legehennen war der Verordnungsgeber von festen Stallgebäuden ausgegangen. Soweit bestehende Gebäude im Einzelfall von der Mindesthöhe abweichen, kann die zuständige Behörde gemäß § 13a Absatz 1 Satz 2 TierSchNutztV auf Antrag des Tierhalters eine Ausnahme von der Mindesthöhe genehmigen, soweit dies im Einzelfall zur Vermeidung einer unbilligen Härte erforderlich ist und Gründe des Tierschutzes nicht entgegenstehen.
Zwischenzeitlich werden Legehennen aus Gründen des Tierwohls und der Tiergesundheit zunehmend und regelmäßig in kommerziell hergestellten mobilen Haltungssystemen mit Auslauf im Freien gehalten. Diese Haltungsform ermöglicht eine besonders artgemäße und umweltschonende Haltung von Hühnern. Durch das regelmäßige Versetzen von Haltungseinrichtung und Auslauf erhalten die Tiere eine frische Futtergrundlage, die Belastung der Auslaufflächen mit Parasiten und deren Entwicklungsstufen sinkt. Andererseits wird auch kleineren landwirtschaftlichen Betrieben durch den Einsatz von Hühnermobilen eine Einkommensdiversifizierung und eine effektivere Direktvermarktung ermöglicht. Der enorme Zuspruch in der Direktvermarktung stärkt die Wirtschaftlichkeit der bäuerlichen Betriebe und schafft eine Zukunftsperspektive für die Höfe. Die Lebensmittelerzeugung wird für den Verbraucher transparent. Kleinere Hühnermobile sind aufgrund der Dachschrägen für die Tiere zum Anfliegen höherer Sitzpositionen und aus Gründen des Stallklimas besonderes günstig. Da die Hühnermobile aufgrund der Vorgaben des § 32 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) eine Höhe von 4 Metern nicht überschreiten dürfen, kann die Gesamthöhe einer mobilen, im Straßenverkehr beweglichen Haltungseinrichtung nicht beliebig gewählt werden.
Gerade Hühnermobile mit Dachschrägen können nicht sicherstellen, dass an allen Punkten der Haltungseinrichtung eine Höhe von 2 Metern erreicht wird. Für mobile, im Straßenverkehr bewegliche, Haltungseinrichtungen für Legehennen sind daher generelle Ausnahmen von § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung erforderlich, die über die bestehende Möglichkeit einer Einzelfallausnahme durch die für den Tierhalter zuständige Behörde hinausgeht.
B. Lösung
Änderung der Verordnung mit dem Ziel, für mobile Haltungseinrichtungen für Legehennen generell eine Ausnahme von der Vorgabe der Mindesthöhe von 2 Metern zu ermöglichen.
C. Befristung
Keine.
D. Alternativen
Keine. Bei der Haltung von Hühnern in mobilen Haltungseinrichtungen mit wechselnden Auslaufflächen handelt es sich um eine besonders artgerechte Haltungsform. Ohne Änderungsverordnung droht ein Rückgang dieser besonders artgerechten Haltungsform sowie ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden, im ungünstigen
Fall die Insolvenz der Herstellerfirmen, die kommerziell mobile Haltungseinrichtungen für Hühner bauen bzw. zum Verkauf anbieten.
Ebenso droht Tierhaltern, die die vorgenannten mobilen Haltungseinrichtungen mit einer Mindesthöhe des begehbaren Haltungsraums von weniger als 2 Metern bereits erfolgreich betreiben, ein massiver wirtschaftlicher Schaden, wenn diese Haltungseinrichtungen nicht mehr genutzt werden dürfen.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Es entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Der Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Da der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung maßgeblich durch die Zahl der betroffenen Fälle bestimmt wird und sich der Bearbeitungsaufwand durch die Neureglung nur marginal verändert, sind Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für die Verwaltung nicht zu erwarten.
E. Weitere Kosten
Für Bund, Land und Gemeinden entstehen keine höheren oder zusätzlichen Aufwendungen.
Verordnungsantrag des Landes Hessen
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV)
Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, 24. Mai 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV) mit dem Ziel zu übersenden, die Zuleitung gemäß Artikel 80 Absatz 3 GG an die Bundesregierung zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 978. Plenarsitzung am 07. Juni 2019 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Bouffier
Anlage
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung - TierSchNutztV)
Vom ...
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft verordnet auf Grund
- - des § 2a Absatz 1 in Verbindung mit § 16b Absatz 1 Satz 2 und § 21a des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), von denen § 2a Absatz 1 zuletzt durch Artikel 3 Nummer 1 Buchstabe a des Gesetzes vom 28. Juli 2014 (BGBl. I S. 1308) und § 21a durch Artikel 20 Nummer 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934) geändert worden sind, nach Anhörung der Tierschutzkommission und
- - des Artikels 2 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 25. Januar 1978 (BGBl. 1978 II S. 113) der zuletzt durch Artikel 597 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist.
Artikel 1
In § 13a Absatz 1 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2147), wird nach Satz 2 folgender Satz eingefügt:
"Satz 1 Nummer 2 gilt nicht für mobile Haltungseinrichtungen, die regelmäßig, mindestens aber zwei Mal jährlich, zur Nutzung mehrerer Auslaufflächen versetzt werden und den Hennen raumgreifende Bewegungen, wie zum Beispiel das Flattern, ermöglichen und sicherstellen, dass der Tierhalter die Haltungseinrichtung betreten kann."
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Die zu ändernde Verordnung regelt die Anforderungen an das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken. In Abschnitt 1 der Verordnung werden der Anwendungsbereich sowie allgemeine Bestimmungen für das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken festgelegt, in Abschnitt 3 der Verordnung die spezifischen Anforderungen an das Halten von Legehennen. Für alle zu Erwerbszwecken gehaltenen Nutztiere gilt, dass Ställe mit Vorrichtungen ausgestattet sein müssen, die jederzeit eine zur Inaugenscheinnahme der Tiere ausreichende Beleuchtung und einen Zugriff auf alle Nutztiere durch die mit der Fütterung und Pflege betrauten Person ermöglichen.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1
Für Legehennen war mit der Fassung der Bekanntmachung der Verordnung vom 22. August 2006 lediglich vorgeschrieben, dass die Haltungseinrichtung eine Fläche von mindestens 2,5 Quadratmetern aufweisen muss, auf der die Legehennen sich ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend angemessen bewegen können und so ausgestattet sein muss, dass alle Legehennen artgemäß fressen, trinken, ruhen, staubbaden sowie ein Nest aufsuchen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 BvF 1/07 - die §§ 13b und 38 Absatz 3 und 4 für unvereinbar mit Artikel 20a und 80 Absatz 1 des Grundgesetztes erklärt, da die Tierschutzkommission nicht in der nach dem Tierschutzgesetz erforderlichen Weise angehört wurde.
Die betroffenen Regelungen wurden daher mit Änderung der Verordnung im Jahr 2016 aufgehoben, der § 13b gestrichen und der Absatz 1 des § 13a neu gefasst. Im neuen Absatz 1 wurde die zuvor in § 13 Absatz 2 geregelte Mindestfläche der Haltungseinrichtung ergänzt sowie eine Mindesthöhe von 2 Metern geregelt. Diese Mindesthöhe entspricht der Regelung der Verordnung in der Fassung vor der Ergänzung der vom Bundesverfassungsgericht 2010 für verfassungswidrig erklärten Regelungen. Sie soll sicherstellen, dass der Tierhalter die Haltungseinrichtung betreten kann und zum Zweck der Tierkontrolle einen direkten Zugriff auf jedes Tier hat.
Zum diesem Zeitpunkt war der Verordnungsgeber allerdings von den üblichen festen Stallgebäuden ausgegangen. Zwischenzeitlich werden Legehennen aus Gründen des Tierwohls und der Tiergesundheit zunehmend in mobilen Haltungseinrichtungen in Verbindung mit einem Auslauf im Feien gehalten.
Diese Haltungsform ermöglicht eine besonders artgemäße und umweltschonende Haltung von Hühnern. Durch das regelmäßige Versetzen von Haltungseinrichtung und Auslauf erhalten die Tiere eine frische Futtergrundlage, das Risiko der Überdüngung von Flächen, der Anreicherung von Fäkalien sowie des Befalls der Legehennen mit Parasiten sinkt. Andererseits wird auch kleineren landwirtschaftlichen Betrieben durch den Einsatz von mobilen Haltungseinrichtungen eine Einkommensdiversifizierung und eine effektivere Direktvermarktung ermöglicht. Der enorme Zuspruch in der Direktvermarktung stärkt die Wirtschaftlichkeit der bäuerlichen Betriebe und schafft eine Zukunftsperspektive für die Höfe. Die Lebensmittelerzeugung wird für den Verbraucher transparent.
Kleinere Hühnermobile sind aufgrund der höheren Breite am Boden mit einer Dachschräge hin zu den erhöhten Sitzpositionen für die Tiere zum Anfliegen der Sitzstangen und aus Gründen des Stallklimas besonderes günstig. Da die Hühnermobile aufgrund der Vorgaben des § 32 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) eine Höhe von 4 Metern nicht überschreiten dürfen, ist eine beliebige Erhöhung des Haltungsraumes nicht möglich. Der Grundsatz, dass Ställe für das Halten von Nutztieren zu Erwerbszwecken einen Zugriff auf alle Nutztiere durch die mit der Fütterung und Pflege betrauten Personen ermöglichen müssen, ist bereits in § 3 Absatz 3 Nummer 1 der Verordnung normiert. Auch die Vorgaben zur Haltung von Masthühnern (Abschnitt 4) sehen keine konkreten Vorgaben zur Mindesthöhe der Ställe vor.
Insofern stellt die Änderung das im Sinne des Tierschutzes Gewollte klar, schafft für Hersteller und Betreiber mobiler Haltungseinrichtungen für Legehennen Rechtssicherheit und ermöglicht den zuständigen Überwachungsbehörden einen bundesweit einheitlichen Vollzug.
Zu Artikel 2
Diese Vorschrift enthält gemäß Artikel 82 Abs. 2 des Grundgesetzes die übliche Inkrafttretensregelung.