Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten

COM (2018) 324 final; Ratsdok. 8356/18

Die Vorlage wurde am 03. Mai 2018 von der Kommission an den Bundesrat übermittelt.

Der Bundesrat wurde am 07. Mai 2018 über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 121/14 (PDF) = AE-Nr. 140340, AE-Nr. 180156

Auf Verlangen des Landes Sachsen vom 04.06.2018 erscheint die Vorlage gemäß § 45 GO BR als Drucksache des Bundesrates

Europäische Kommission
Brüssel, den 2.5.2018 COM (2018) 324 final 2018/0136 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten Begründung

1. Kontext des Vorschlags

Der EU-Haushalt kann sein Potenzial nur dann voll entfalten, wenn er in den Mitgliedstaaten auf günstige wirtschaftliche, regulatorische und administrative Rahmenbedingungen trifft. Daher müssen alle Mitgliedstaaten nach dem geltenden mehrjährigen Finanzrahmen nachweisen, dass die Haushaltsführung soliden rechtlichen Rahmenvorgaben folgt, dass die maßgeblichen EU-Vorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden und dass sie über die erforderlichen administrativen und institutionellen Kapazitäten für eine erfolgreiche EU-Finanzierung verfügen. Zudem kann eine politische Konditionalität die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in Bereichen fördern, in denen erhebliche Größenvorteile oder externe Effekte auftreten. Mit dem geltenden mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 wurden auch neue Bestimmungen eingeführt, damit Situationen vermieden werden, in denen die Wirksamkeit der EU-Finanzierung durch eine unsolide Wirtschafts- und Haushaltspolitik beeinträchtigt werden könnte.

Die Wahrung des Rechtsstaatsprinzips ist Voraussetzung für das Vertrauen darauf, dass die EU-Ausgaben in den Mitgliedstaaten ausreichend geschützt sind. Wie in der Mitteilung der Kommission aus dem Jahr 2014 "Ein neuer EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips"2 ausgeführt, ist das Rechtsstaatsprinzip das Rückgrat jeder modernen demokratischen Grundordnung. Es gehört zu den tragenden Grundsätzen der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen aller EU-Mitgliedstaaten und mithin zu den Grundwerten, auf die die Union gestützt ist. Dies folgt aus Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union sowie aus seiner Präambel und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet, dass sich staatliches Handeln auf der Grundlage eines wirksamen und verlässlichen rechtlichen Rahmens vollzieht und im Bedarfsfall kontrolliert und angefochten werden kann und wirksame Abhilfe möglich ist.

Die Verfassungs- und Justizordnungen der EU-Mitgliedstaaten sind im Prinzip so angelegt und ausgestaltet, dass sie die Bürger vor jeder Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit schützen können. Einige Ereignisse haben jedoch unlängst generelle Mängel in der innerstaatlichen Gewaltenteilung aufgedeckt und gezeigt, dass die mangelnde Achtung der Rechtsstaatlichkeit Anlass zu ernster Sorge geben und die gesamte Europäische Union berühren kann. Aufgrund dieser Ereignisse haben Organe wie das Europäische Parlament, aber auch die Öffentlichkeit die EU unmissverständlich aufgefordert, Maßnahmen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit zu ergreifen.

Solche Maßnahmen wurden mit den verfügbaren Instrumenten ergriffen und es wurde einiges erreicht. In Anbetracht des Zusammenhangs zwischen der Achtung des Rechtsstaatsprinzips und dem gegenseitigen Vertrauen und der finanziellen Solidarität der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, und weil Kontrollmechanismen nur funktionieren können, wenn sie mit einer wirksamen Anwendung administrativer und rechtlicher Kontrollen und Abhilfen bei Fehlverhalten einhergehen, ist es angezeigt, die bestehenden Verpflichtungen zur Gewährleistung wirksamer Kontrollsysteme durch Maßnahmen zu ergänzen, die die Achtung des Rechtsstaatsprinzips gewährleisten.

Um die finanziellen Interessen der Union vor einem finanziellen Schaden zu schützen, der in einem Mitgliedstaat durch generelle Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip verursacht wird, sollte die Europäische Union die Möglichkeit erhalten, in solchen Fällen geeignete Maßnahmen anzunehmen. Die Grundlage hierfür sollte ein auf Kommissionsvorschlag ergehender Ratsbeschluss sein. Der Beschluss gilt als vom Rat angenommen, es sei denn, dieser beschließt binnen eines Monats nach Annahme des Vorschlags durch die Kommission mit qualifizierter Mehrheit, ihn abzuweisen. Das Europäische Parlament sollte ebenfalls in sämtlichen Phasen vollumfänglich einbezogen werden.

Beim Erlass der betreffenden Maßnahmen sind die Grundsätze der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit voll und ganz einzuhalten. Ferner ist es wichtig sicherzustellen, dass die Auswirkungen der Maßnahmen einen hinreichenden Zusammenhang mit dem Ziel der Mittelzuweisungen aufweisen. Es muss somit gleichermaßen gewährleistet werden, dass die Auswirkungen jene treffen, die für die festgestellten Mängel verantwortlich sind. Daher gilt es zu berücksichtigen, dass Einzelempfänger von EU-Mitteln wie Erasmus-Studenten, Forscher oder Organisationen der Zivilgesellschaft nicht als für einschlägige Verstöße verantwortlich angesehen werden können.

In diesem Vorschlag werden die Regeln festgelegt, die für den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten erforderlich sind. Dieser Vorschlag könnte bei der künftigen Neufassung der Haushaltsordnung, die sich auf die gleiche Rechtsgrundlage stützt, in diese übernommen werden.

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften

Der Vorschlag wird zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzips in sämtlichen Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 2 EUV und zum Schutz des Unionshaushalts beitragen.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Durch seinen Beitrag zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und zur ordnungsgemäßen Ausführung des Haushaltsplans der Union wird der Vorschlag der gesamten Politik der Union in anderen Bereichen und insbesondere dort, wo EU-Mittel zum Einsatz kommen, förderlich sein.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 322 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 106a des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Haushaltsvorschriften für den Unionshaushalt gemäß Artikel 322 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU können nicht auf der Ebene der Mitgliedstaaten erlassen werden.

- Verhältnismäßigkeit

Die in dem Vorschlag vorgesehenen Maßnahmen - wie die Aussetzung oder Reduzierung von Zahlungen aus bestehenden Mittelbindungen oder das Verbot neuer Mittelbindungen mit spezifischen Empfängerkategorien - werden in einem angemessenen Verhältnis zu den generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip stehen. Die Verhältnismäßigkeit wird insbesondere durch die Berücksichtigung der Schwere der Lage, des Zeitraums seit dem einschlägigen Verhalten, seiner Dauer und Häufigkeit, der zugrundeliegenden Absicht und des Ausmaßes der Mitarbeit des betroffenen Mitgliedstaats bei der Abstellung des systemischen Mangels in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip sowie der Auswirkungen dieses Mangels auf die jeweiligen Haushaltsmittel der Union sichergestellt.

- Wahl des Instruments

Da der Vorschlag zu einer ordnungsgemäßen Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Union beitragen soll, wird er in Form einer eigenständigen, wie die Haushaltsordnung3 auf Artikel 322 AEUV gestützten Verordnung vorgelegt.

3. Ergebnisse der NACHTRÄGLICHEN Bewertung, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Nachträgliche Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Es gibt aktuell kein vergleichbares Instrument, wohl aber auf der Ebene der Europäischen Union Erfahrungen mit der Behandlung der Rechtsstaatsproblematik in einzelnen Mitgliedstaaten. Diese Erfahrungen haben gezeigt, dass es zwar einige Instrumente gibt, diese aber nicht speziell auf den Umgang mit Situationen ausgerichtet sind, in denen die Verwaltung von Unionsmitteln durch Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip beeinträchtigt werden könnte.

- Konsultation der Interessenträger

Es wurde keine gesonderte Konsultation von Interessenträgern durchgeführt; die Thematik war allerdings Gegenstand einer umfassenden Debatte, unter anderem im Europäischen Parlament und im Rat.

- Externes Expertenwissen

Externe Quellen und insbesondere der Europarat wurden bei der Ausarbeitung dieser Vorschriften berücksichtigt. Die Nutzung externer Expertise aus dem Europarat wird auch gegebenenfalls bei der Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen in Betracht gezogen.

- Folgenabschätzung

Eine Folgenabschätzung wurde nicht vorgenommen, da der einzige Zweck der Maßnahme die Vermeidung von Schäden für den Unionshaushalt durch generelle Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in einem Mitgliedstaat ist, die die wirtschaftliche Haushaltsführung oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen. Die Wahl bestand darin, entweder die gegenwärtige Situation beizubehalten, in der es kein Finanzverfahren bei Problemen gibt, die im Zusammenhang mit der Rechtsstaatlichkeit stehen und die wirtschaftliche Haushaltsführung beeinträchtigen können, oder in der Ausarbeitung eines entsprechenden Verfahrens.

- Grundrechte

Da mit diesem Vorschlag der Schutz vor Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip verbessert werden soll, wird sich dieser Vorschlag positiv auf die Grundrechte auswirken.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Durch die Verbesserung des Schutzes vor staatlichen Handlungen, Unterlassungen oder Maßnahmen, die das Rechtsstaatsprinzip in dem betreffenden Mitgliedstaat beeinträchtigen und die seine Fähigkeit, seinen Haushaltsverpflichtungen nachzukommen, beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, wird der Vorschlag positive Auswirkungen auf den Gesamthaushalt der Union haben.

5. Weitere Angaben

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Die Kommission wird die Lage in dem betroffenen Mitgliedstaat daraufhin prüfen, ob eine Aufhebung von Maßnahmen vorgeschlagen werden kann.

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Der Vorschlag geht auf die Mitteilung der Kommission "Ein neuer EU-Rahmen zur Stärkung des Rechtsstaatsprinzips"4 aus dem Jahr 2014, die Mitteilung der Kommission "Ein neuer, moderner mehrjähriger Finanzrahmen für eine Europäische Union, die ihre Prioritäten nach 2020 effizient erfüllt"5 vom Februar 2018 und auf vom Europarat entwickelte Normen und Grundsätze zurück.

In Artikel 1 werden der Verordnungsgegenstand und die Notwendigkeit eines Schutzes des EU-Haushalts gegen generelle Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in einem Mitgliedstaat dargelegt, die die wirtschaftliche Haushaltsführung oder den Schutz der finanziellen Interessen der Union beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen.

Artikel 2 enthält die Begriffsbestimmungen.

In Artikel 3 werden die Maßnahmen aufgeführt, die im Falle genereller Mängel in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip zu ergreifen sind. Dort wird präzisiert, bei welchen staatlichen Aufgaben eine Beeinträchtigung negative Auswirkungen auf den ordnungsgemäßen Umgang mit Unionsmitteln nach sich ziehen könnte.

In Artikel 4 werden die Maßnahmen aufgelistet, die ergriffen werden können. Ferner wird klargestellt, dass diese Maßnahmen an die Mitgliedstaaten als die Empfänger von Unionsmitteln zu richten sind.

Artikel 5 enthält die Verfahren, nach denen die Kommission dem Rat Maßnahmen vorschlagen sollte, über die der Rat mit umgekehrter qualifizierter Mehrheit beschließen sollte.

Artikel 6 enthält das Verfahren zur Aufhebung von Maßnahmen, wenn die Lage, denen sie gegolten hatten, in dem betreffenden Mitgliedstaat behoben wurde, und legt die Haushaltsfolgen der Aufhebung fest.

Artikel 7 regelt die Unterrichtung des Europäischen Parlaments.

Artikel 8 enthält die Schlussbestimmungen. 2017/ (COD) 2018/0136 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 322 Absatz 1 Buchstabe a, gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 106 a, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Rechnungshofs6, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand der Verordnung

In dieser Verordnung sind die Regeln festgelegt, die für den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten erforderlich sind.

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

Artikel 3
Maßnahmen

Artikel 4
Inhalt der Maßnahmen

Artikel 5
Verfahren

Artikel 6
Aufhebung von Maßnahmen

Artikel 7
Unterrichtung des Europäischen Parlaments

Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament unverzüglich von Maßnahmen, die nach den Artikel 4 oder 5 vorgeschlagen oder angenommen werden.

Artikel 8
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 1. Januar 2021.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am [...]

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident