COM (2018) 382 final; Ratsdok. 9573/18
Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Allgemeines
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU nach 2020 als geeigneten Ausgangspunkt für die anstehenden Verhandlungen der EU-Institutionen. Die enge Verknüpfung des Vorschlags mit den politischen Prioritäten der Union der 27 ist richtig und sinnvoll. Die von der Kommission angestrebte klare Ausrichtung des EU-Haushalts auf den Europäischen Mehrwert sowie auf Ergebnisse und Effizienz ist zu unterstützen. Die EU ist angesichts ihrer stetig wachsenden Bedeutung und der zahlreichen neuen Herausforderungen finanziell angemessen auszustatten.
- 2. Der Bundesrat begrüßt ferner, dass die Kommission die Vorschläge zu den Rechtsvorschriften für die neue Förderperiode post 2020 zeitnah vorgelegt hat. Er erwartet im Interesse einer effektiven Vorbereitung und eines termingerechten Starts der neuen Förderperiode, dass die Verhandlungen rasch zu einem guten Ende geführt werden können.
- 3. Der Bundesrat fordert, von der beabsichtigten starken Reduzierung der Strukturfondsmittel für die deutschen Förderregionen abzusehen. Bereits die vorgesehene generelle Kürzung der Mittel der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) um 28 Prozent wird sich auf die Handlungsmöglichkeiten in der Förderung des sozialen Zusammenhalts in den ländlichen Räumen auswirken, denn die GAP leistet in der gesamten EU wichtige Beiträge zu den strategischen Prioritäten der EU. Dazu gehört neben den Zielen einer intelligenten, nachhaltigen, ressourcenschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft insbesondere auch die Förderung von Wachstum, Beschäftigung und sozialem Zusammenhalt. Die vorgesehene Kürzung der Strukturfondsmittel - auch des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) - um 21 Prozent für die deutschen Förderregionen (unter der Annahme, dass die Mitgliedstaaten ihre Zahlungen erhöhen) schwächt die Programme weiter.
- 4. Aus Sicht des Bundesrates ist es bedenklich, dass die vorgeschlagene Aufstockung der Mittel für die Programme in direkter Mittelverwaltung zulasten der Kohäsionspolitik erfolgen soll und zudem Teile der kohäsionspolitischen Mittel - zum Beispiel durch die Europäische Stadtinitiative oder den neuen Bestandteil 5 der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (interregionale innovative Investitionen) - in die direkte Mittelverwaltung überführt werden sollen. Die gemeinsam von Regionen, Mitgliedstaaten und EU verwalteten Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) leisten erhebliche Beiträge gerade zu den EU-Prioritäten, die auch durch die direkt verwalteten Fonds adressiert werden. Dies gilt insbesondere für die Bereiche Innovation und Forschung, Bildung und Beschäftigung, CO₂-Reduzierung, soziale Integration und Inklusion. Die in geteilter Mittelverwaltung umgesetzten Fonds haben aber den großen Vorteil, dass über ihren Einsatz vor Ort in den Regionen und Kommunen entschieden wird. Die Finanzierung der Mittelzuwächse bei den direkt verwalteten Programmen durch Mittelkürzungen bei der Kohäsionspolitik erachtet der Bundesrat vor diesem Hintergrund als kontraproduktiv.
- 5. Der Bundesrat unterstreicht, dass die vorgelegten Verordnungsvorschläge die Anliegen der Mitgliedstaaten nach Vereinfachung und Erleichterung für das Management der Fonds in weiten Teilen erfüllen und dadurch einen größeren gesellschaftlichen Gewinn für die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger erbringen können. Gleichwohl stellt er fest, dass die Vorschläge der Kommission durch die Einführung neuer Verfahren an anderer Stelle den Verwaltungsaufwand vermehren. Zur Optimierung macht der Bundesrat weitere Verbesserungsvorschläge.
- 6. Der Bundesrat begrüßt die Aufnahme einer großen Anzahl an Konkretisierungen in die Verordnungsvorschläge, welche in der laufenden Förderperiode erst nachträglich über delegierte Rechtsakte bereitgestellt wurden. Er fordert die Kommission auf, vom Instrument der delegierten Rechtsakte zurückhaltend Gebrauch zu machen. Die in der laufenden Förderperiode geübte Praxis, über delegierte Rechtsakte nachträglich wesentliche inhaltliche Veränderungen an den Verordnungen und Begleitinformationen in den Anlagen vorzunehmen, hat zu hohem Mehraufwand in den Verwaltungsbehörden sowie zu großer Verunsicherung bei den Fördermittel-Empfängern geführt. Delegierte Rechtsakte dürfen zudem keine rückwirkende Geltungskraft erhalten, da dies die Planungssicherheit für die zuständigen Behörden und Fördermittelempfänger deutlich einschränkt.
- 7. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die Absicht der Kommission, grundsätzlich jede Auszahlung nur noch einmal zu prüfen ("Single Audit"), sich stärker auf die Überprüfung der regionalen Prüfbehörden zu fokussieren und differenzierte Prüfregelungen in Abhängigkeit von der Fehlerquote eines Programms einzuführen. Er spricht sich jedoch für eine Reduzierung der Ausnahmetatbestände aus, welche die "Single Audit"-Regel einschränken. Die geplante Vereinfachung sollte zudem nicht vorhabenbezogen aufgehoben werden können.
- 8. Der Bundesrat begrüßt, dass der Verordnungsvorschlag daran festhält, dass auch künftig weiterhin in allen Regionen der EU Förderungen möglich sind. Es muss bei dem Vorschlag bleiben, dass auch künftig die Länder Zugang zu allen Förderbereichen des ESF+ haben. Effizienzsteigerungen und Vereinfachungen haben Vorrang vor Kürzungen. Deshalb begrüßt der Bundesrat ausdrücklich die von der Kommission angestrebte Effizienzsteigerung bei den Förderprogrammen. Durch deutliche Vereinfachungen, insbesondere bei den Antragsverfahren und der Durchführung der Programme sowie bei den Verwendungsnachweisen, können bürokratische Belastungen für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer reduziert und zugleich erhebliche Mittel eingespart werden.
- 9. Er weist darauf hin, dass das Ziel der Kommission die Integration aller Regelungen und der Verzicht auf sektorspezifische Verordnungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Kohäsionsfonds sowie den ESF+ sein muss. Das weitere Bestehen sektorspezifischer Verordnungen neben der Dachverordnung zeigt, dass die Harmonisierungsmöglichkeiten noch nicht vollständig ausgeschöpft sind.
- 10. Die spezifischen Ziele des Kommissionsvorschlags der ESF+-Verordnung werden vom Bundesrat weitgehend geteilt. Er regt jedoch an, die Bestimmungen zu verdeutlichen, um die Ausrichtung und die strategischen Linien der ESF-Strategie zu schärfen. Er fordert, klarer darzustellen, welche allgemeinen und spezifischen Ziele zu welchen Arten des Haushaltsvollzugs gelten sollen. So sollte verdeutlicht werden, dass die Leistungsfähigkeit und Resilienz der Gesundheitssysteme sowie der Langzeitpflege dem ESF in seiner Komponente Gesundheit unterfallen sollen.
- 11. Der Bundesrat begrüßt die spezifischen Ziele insbesondere im Politikbereich Bildung, die auf eine Verbesserung der Qualität, Leistungsfähigkeit und Arbeitsmarktrelevanz abstellen (Artikel 4 Nummer 1 Ziffer iv des Verordnungsvorschlags) sowie die Förderung des gleichberechtigten Zugangs zu hochwertiger und inklusiver Bildung insbesondere für benachteiligte Gruppen in den Fokus zu nehmen (Artikel 4 Nummer 1 Ziffer v des Verordnungsvorschlags).
- 12. Der Bundesrat bedauert jedoch in diesem Zusammenhang, dass die Hochschulbildung nicht in den Zielsetzungen abgebildet ist. Er weist darauf hin, dass die Förderung im Bereich der Hochschulen zur Erreichung der beschäftigungspolitischen Ziele ebenfalls von besonderer Bedeutung ist. Entsprechend sollten sich die spezifischen Ziele im Bereich Bildung auch auf Hochschulbildung erstrecken.
- 13. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass mit der Pflicht, mindestens eine Priorität allein für "innovative Projekte" zu reservieren, die Flexibilität der Umsetzung unnötig eingeschränkt wird. Die "innovativen Projekte" sind damit finanziell verbindlich zu planen, was der Idee der Innovation grundsätzlich widerspricht. Er regt deshalb an, eine von den spezifischen Zielen unabhängige Planung zu ermöglichen, um mögliche Änderungsanträge zu vermeiden.
- 14. Der Bundesrat bedauert, dass die Mitgliedstaaten in jedem Programm einen angemessenen Betrag der ESF+-Mittel unter geteilter Mittelverwaltung für den Aufbau von Kapazitäten der Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft bereitstellen sollen. Die Pflicht, ein angemessenes Budget zum Aufbau von Kapazitäten der Sozialpartner und Organisationen der Zivilgesellschaft bereitzustellen, führt jedoch zu einer Erhöhung der Verwaltungsquote. Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, diese obligatorische Forderung in eine Option umzuwandeln.
- 15. In Deutschland bestehen in allen Regionen gut entwickelte und gewachsene Strukturen der Sozialpartner und der Organisationen der Zivilgesellschaft, aber auch der Wirtschaftspartner. Alle Gruppen sind effektiv in die Umsetzung des ESF eingebunden. Vor dem Hintergrund des zu erwartenden Mittelrückgangs kommt es aber darauf an, die knapper werdenden Mittel auf die Zielgruppen des Europäischen Sozialfonds wie Jugendliche, Migrantinnen und Migranten, Langzeitarbeitslose und die Zukunftsfähigkeit von Arbeit und der der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu konzentrieren.
Programmstruktur, Flexibilität, Programmierung
- 16. Der Bundesrat begrüßt die erhöhte Flexibilität einer "kleinen Umprogrammierung", soweit während der Förderperiode ohne formale Programmänderungsverfahren in begrenztem Umfang Mittel zwischen Prioritätsachsen umgeschichtet werden können.
- 17. Er spricht sich jedoch gegen die beabsichtigte stärkere Koppelung der kohäsi-onspolitischen EU-Förderung an das Europäische Semester aus, da die derzeit vorgeschlagene Koppelung die Planungssicherheit für die Regionen in der Förderung erheblich beeinträchtigt. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, die Programmplanung für die Kohäsionsmittel - auch für den ESF+ - zunächst auf einen Zeitraum von nur fünf Jahren zu beschränken, um im Jahr 2025 auf der Grundlage eines besonderen Semesters länderspezifische Empfehlungen auszusprechen und auf dieser Grundlage eine Umplanung bzw. Neuausrichtung der Programme vorzunehmen. Demzufolge sollen auch die Fördermittel für die letzten beiden Jahre der Förderperiode (2026/2027) zunächst einbehalten werden. Die beabsichtigte Koppelung verschärft die bereits in der aktuellen Förderperiode aufgrund der leistungsgebundenen Reserve in Höhe von 6 Prozent bestehende Planungsunsicherheit der Regionen und droht, den eigenverantwortlichen Mitteleinsatz in den Regionen im erheblichen Maße zu hemmen.
- 18. Mit Sorge sieht der Bundesrat, dass für die Halbzeitbewertung zum 31. März 2025 obligatorisch ein Änderungsantrag für Operationelle Programme (OP) zu stellen ist. Damit wird die stabilisierende Planungssicherheit der gesamten Förderperiode faktisch auf fünf Jahre verkürzt. In der Konsequenz wird die 7-jährige in eine 5+2-jährige Förderperiode unterteilt. Die Restperiode von zwei Jahren ist nach den Erfahrungen aller bisherigen Förderperioden zu kurz für eine strategisch orientierte Umsetzung. Hinzu kommt die Gefahr, dass in der kurzen Restzeit von zwei Jahren neue Programme nicht ergebnisreich umgesetzt werden können.
Der Bundesrat lehnt die Halbzeitüberprüfung mit Pflichtprogrammänderung im Jahr 2025 und damit die Einführung einer "5+2-Förderung" ab. Diese Konstellation würde die Förderung mehrjähriger Projekte nach gewisser Zeit ausschließen. Er fordert, dass die Regelung in dieser Form gestrichen wird. Die Mittel sollten grundsätzlich für die gesamte Förderperiode von 2021 bis 2027 gebunden werden können und es sollte keine Verpflichtung zu einer Reprogrammierung geben.
Der Bundesrat hält die bestehenden flexibleren Möglichkeiten einer OP-Änderung unabhängig von einem fixierten Zeitpunkt für vorzugswürdig und regt an, deren Voraussetzungen auf sozioökonomische Erfordernisse und Leistungsaspekte zu beziehen.
- 19. Der Bundesrat unterstützt die Ansätze der Kommission für die Sicherstellung der größtmöglichen Wirkung der ESI-Fonds. Er begrüßt insbesondere, dass die Kommission die entsprechenden Pflichten zur Datenerhebung kritisch prüft und der Verordnungsvorschlag dazu auch Vereinfachungsvorschläge enthält. Der Bundesrat stellt aber fest, dass die Vorschläge einer "effizienzorientierten Projektauswahl" die Komplexität der ESI-Fonds-Umsetzung unterschätzen: Der Bundesrat appelliert, das gemeinsame Ziel eines wirkungsvollen Einsatzes der ESI-Fonds nicht durch Auswahlformalismen zu verfolgen, die dem Anliegen nicht gerecht werden und es damit auch nicht unterstützen. Er hält dagegen den Ansatz einer kontinuierlichen evaluationsgestützten fachlichen Begleitung der Programmumsetzung für am besten geeignet, um stete Verbesserungen der Programmumsetzung zu erreichen.
- 20. Ferner sieht der Bundesrat die Vorgabe kritisch, 25 Prozent der ESF+-Mittel für die fünf spezifischen Ziele bezüglich der Förderung der Inklusion, der Integration von Drittstaatsangehörigen und von Armut bedrohten Menschen, der Verbesserung des Zugangs zu Dienstleistungen, insbesondere im Gesundheitsbereich, sowie der Bekämpfung materieller Deprivation (Artikel 4 Absatz 1 Ziffer vii) bis xi) des Verordnungsvorschlags) einzusetzen. Der Bundesrat befürwortet vielmehr eine weitergehende Flexibilität des Mitteleinsatzes in Abhängigkeit der jeweiligen regionalen arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Herausforderungen.
Finanzrahmen
- 21. Der Kommissionsvorschlag sieht eine deutliche Senkung der europäischen Kofinanzierungssätze vor. Dabei werden die Kürzungen bezogen auf die Regionenkategorien nicht proportional vorgenommen. Nach Auffassung des Bundesrates sollte bedacht werden, dass die erhöhten nationalen Anteile die Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten nicht überfordern. Zudem kann es zu Akzeptanzproblemen führen, wenn trotz kleinerer europäischer Anteile eine weitgehende europäische Rechtsanwendung für die Umsetzung vorgesehen wird. Deshalb fordert er eine Anwendung von deutlich höheren Interventionssätzen und bei ihrer Ausformung eine Beachtung der Proportionalität. Für die stärker entwickelten Regionen sollte der Fördersatz bei 50 Prozent liegen. Für die Übergangsregionen sollten flexiblere Regelungen möglich sein. Der Kofinanzierungssatz sollte im Ergebnis deutlich höher liegen als die von der Kommission vorgeschlagenen 55 Prozent.
Förderfähigkeit
- 22. Die in Artikel 48 Absatz 1 der vorgeschlagenen Dachverordnung in BR-Drucksache 227/18 (PDF) über die "Formen der Finanzhilfen" vorgeschriebene Verpflichtung zur pauschalierten Abrechnung bei Gesamtkosten von nicht mehr als 200 000 Euro wird vom Bundesrat nicht zur Gänze befürwortet. Vereinfachte Kostenoptionen sind bereits etabliert und werden durch die Mitgliedstaaten genutzt.
Grundsätzlich sollte die Möglichkeit für Pauschalabrechnungen kleinerer Maßnahmen optional bleiben. Auch kleinere Maßnahmen (zum Beispiel auf De-Minimis-Basis) können sehr heterogene Fallgestaltungen beinhalten; dies erschwert die Bildung vereinfachter Kostenoptionen erheblich. Der Bundesrat verweist auf den Kohäsionsfonds, der nach dem Legislativvorschlag bereits von dieser Pflichtpauschalierung ausgenommen ist.
- 23. Er begrüßt das Entgegenkommen der Kommission, Personalkosten als Serviceleistung zu dokumentieren und damit die Bildung von Pauschalen für direkte Personalausgaben zu erleichtern. Aus Gründen der Aktualität lehnt er die in Artikel 14 Absatz 4 des Verordnungsvorschlags vorgeschlagene alleinige Verknüpfung der Förderfähigkeit von direkten Personalausgaben mit Eurostat-Daten ab.
- 24. Insbesondere bedauert der Bundesrat, dass die Abrechnung der direkten Personalkosten zukünftig auf die von Eurostat verwendeten Daten zur Klassifizierung der Vergütung nach Beruf begrenzt sein wird. Die zugrundeliegende Verdienststrukturerhebung erscheint zwei Jahre nach der Erhebung und wird nur alle vier Jahre aktualisiert. Das bedeutet, dass die betreffenden Gehaltsangaben zum Zeitpunkt der Abrechnung zwischen zwei und sechs Jahre alt sind, so dass die Personalkosten regelmäßig und systematisch unterschätzt würden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Pauschalierung der Personalkosten weiterhin über nachvollziehbare, von der Prüfbehörde testierte Festlegungen der Verwaltungsbehörde erfolgen sollte, insbesondere auch über den Verweis auf adäquate Tarifordnungen, damit die Eingruppierungen von Tätigkeiten zuverlässig vorgenommen werden können.
- 25. In vielen Mitgliedstaaten liegen tarifliche Regelungen der Entlohnung vor. Diese nationalen Systeme gewährleisten ebenfalls eine angemessene Basis und sollten auch Berücksichtigung finden können.
- 26. Der Bundesrat bezweifelt den Vereinfachungszweck der vorgesehenen Regelungen zu Fragen der Förderfähigkeit von Mehrwertsteuer und lehnt diese ab. Er ist der Auffassung, dass die Regelung der aktuellen Förderperiode beibehalten werden sollte, wonach die Mehrwertsteuer nur dann förderfähig ist, wenn der Zuwendungsempfänger sie auch tatsächlich zahlen muss. Anstelle des jetzigen Artikels 58 Absatz 1 Buchstabe c) des Vorschlags für die Dachverordnung in BR-Drucksache 227/18 (PDF) zu den "nicht förderungsfähigen Kosten" wird deshalb eine Rückkehr zur bisherigen Regelung für die Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer empfohlen.
Regelung für Zahlungen
- 27. Der Bundesrat appelliert an die Kommission, die Liquidität der Programme in den Anfangsjahren zu erhöhen. Dies sollte durch eine Aufstockung der Vorfinanzierungsraten erfolgen. Die in Artikel 84 Absatz 2 des Vorschlags für die Dachverordnung in BR-Drucksache 227/18 (PDF) zur "Vorfinanzierung" vorgeschlagenen Vorschüsse von 0,5 Prozent pro Jahr sind für eine effiziente Programmumsetzung zu gering. Die Vorschüsse sollten zumindest in den Anfangsjahren fühlbar höher ausfallen und sich an den Quoten der laufenden Förderperiode 2014 bis 2020 orientieren.
- 28. Der Bundesrat weist zudem darauf hin, dass hinsichtlich der finanziellen Beteiligung Dritter neue Regelungen vorgeschlagen werden, die auf eine Wiedereinführung des aufwändigen und fehleranfälligen Realkostenprinzips hinauslaufen. Im Ergebnis besteht das Risiko, dass solche Kofinanzierungen nicht mehr ausreichend gegenüber der Kommission abgerechnet werden können und die Umsetzung der betroffenen Förderansätze gefährdet wird. Der Bundesrat spricht sich entschieden für die Erhaltung der erreichten Vereinfachungen aus.
- 29. Nach den Regelungen des Kommissionsvorschlags soll die "technische Hilfe" künftig ausschließlich als Pauschale abgerechnet werden. Dies hält der Bundesrat nicht für zielführend. Insbesondere in den Anfangsjahren einer Förderperiode fallen hohe Ausgaben in der "technischen Hilfe" an. Die ersten Zahlungsanträge erreichen in dieser Zeit nur geringere Höhen. Dadurch werden für die "technische Hilfe" nur geringe anteilige Beträge erstattet. Der Bundesrat schlägt vor, neben der Variante einer Pauschalierung auch eine Variante zur Realabrechnung der "technischen Hilfe" einzuführen.
- 30. Er sieht die Abschaffung pauschaler Abrechnungen von Sachleistungen in Form von Zulagen oder Gehältern/Löhnen, die von einem Dritten zugunsten der Teilnehmenden eines Vorhabens gezahlt werden, kritisch. Eine aufwändige Einzelabrechnung dieser Zahlungen birgt ein erhöhtes Fehlerrisiko. Zudem ist der Bundesrat besorgt, dass Kofinanzierungen zukünftig nicht mehr gegenüber der Kommission abgerechnet werden können. Er regt daher an, die Abschaffung der Pauschalabrechnungen zu überdenken.
- 31. Angesichts einer Zahl von Erleichterungen bei der Berichterstattung an die Kommission überrascht die hohe Frequenz der "Übermittlung von Daten" mit sechs Berichtsterminen pro Jahr. Das wären rund 40 Berichte pro Periode. In dieser Häufigkeit wird kein Mehrwert, sondern eine formalisierte Bürokratisierung gesehen, da eine besondere Steuerungswirkung durch die hohe Zahl der Berichte nicht nachvollziehbar ist. Der Bundesrat erachtet zwei Berichtstermine pro Jahr einschließlich der Vorbereitung des Jahresgesprächs der Verwaltungsbehörden mit der Kommission als angemessen.
Kommunikation zu den Programmen, Datenschutz, Datenerhebung
- 32. In Artikel 44 Absatz 6 des Vorschlags für die Dachverordnung in BR-Drucksache 227/18 (PDF) ist eine unentgeltliche, nichtausschließliche und unwiderrufliche Nutzungslizenz für alle Kommunikations- und Sichtbarkeitsmaterialen der Verwaltungsbehörden und auch der Begünstigten für die Kommission vorgesehen. Der Bundesrat befürwortet die umfassende Form der Nutzungslizenz nicht, da die Erteilung einer Nutzungslizenz für ein urheberrechtlich geschütztes Werk üblicherweise als Folge einer Vereinbarung mit dem Urheber und gegen Entrichtung eines Entgelts erfolgt.
Die komplette Freigabe des Werkes, insbesondere bei Werken der Begünstigten, greift in die Dispositionsfreiheit des Urhebers ein.
- 33. Der Bundesrat sieht in der verbindlichen Vorgabe gemäß Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe i des Vorschlags für die Dachverordnung in BR-Drucksache 227/18 (PDF) , in jedem Programm Öffentlichkeitsarbeit über die sozialen Medien umzusetzen, einen unverhältnismäßigen Mehraufwand, der personellen Mehrbedarf auslöst. Denn es müsste insbesondere gewährleistet sein, dass auf unangemessene Beiträge Dritter eine kurzfristige Reaktion erfolgen kann. Zudem müsste eine hohe Anzahl von "posts" erfolgen, um tatsächlich öffentlichkeitswirksam zu agieren. Der Bundesrat spricht sich daher für eine fakultative Inanspruchnahme der sozialen Medien für die Öffentlichkeitsarbeit aus.
- 34. Er begrüßt, dass der Umfang von Daten zu Teilnehmenden, die an die Kommission zu berichten sind, verringert wurde. Vor diesem Hintergrund kann die Regelung, dass die einzelnen Teilnehmerdatensätze nur an die Kommission übermittelt werden können, wenn diese vollständig sind, akzeptiert werden. Der Bundesrat weist aber darauf hin, dass in Hinblick auf mögliche weitere delegierte Akte zur Erweiterung der abgefragten Daten die Vollständigkeitsanforderung zu einem wesentlichen Risiko für die Berichterstattung wird. Er befürchtet zudem, dass die Lösung der Kommission, Verwaltungsbehörden zum Zugriff auf in Behörden bereits vorhandene Daten zu Teilnehmenden zu ermächtigen, datenschutzrechtlich kaum umsetzbar sein wird.
Ferner sieht der Bundesrat die große Zahl der zu erhebenden sensiblen Daten in Anhang I Absatz 1b des Verordnungsvorschlags überaus problematisch. Die Erfahrungen in der ESF-Umsetzung zeigen, dass die Erhebung dieser Daten bei den Teilnehmenden auf großes Unverständnis stößt. Insbesondere auch im Kontext der Berichtsanforderungen wird diese Ausweitung abgelehnt.
- 35. Der Bundesrat hat Bedenken, ob Artikel 15 Absatz 5 des Verordnungsvorschlags bereits hinreichend klar und präzise formuliert ist, um sicherzustellen, dass die vorgesehene Verarbeitung personenbezogener Daten seitens der Mitgliedstaaten und Verwaltungsbehörden sowie anderer Stellen auf dieser Grundlage rechtmäßig erfolgen kann.
- 36. Er gibt zu Anhang I Absatz 1b des Verordnungsvorschlags zu bedenken, dass die entsprechenden Daten für die sonstigen gemeinsamen Outputindikatoren in Deutschland nicht zentral erhoben werden. Zudem ist unklar, welchen Anforderungen die vorgesehenen fundierten Schätzungen der Begünstigten im Einzelnen entsprechen müssen, ob sie belastbar sind und ob dies seitens der Träger auch umsetzbar ist.
Weiteres
- 37. Im Übrigen verweist der Bundesrat auf seine Stellungnahme vom 6. Juli 2018 zur Mitteilung der Kommission zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 (BR-Drucksache 166/18(B) ) und bekräftigt insbesondere die dort unter Ziffern 59 bis 61 in Bezug auf den Verordnungsvorschlag zum ESF+ gemachten Aussagen.
- 38. Er bittet die Bundesregierung, seine Auffassung in den Verhandlungen auf EU-Ebene zu berücksichtigen.
Direktzuleitung der Stellungnahme
- 39. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.