965. Sitzung des Bundesrates am 2. März 2018
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Finanzausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Initiative der Kommission, das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze zu überarbeiten.
- 2. Die in dem Vorschlag enthaltene Möglichkeit der Anwendung derselben ermäßigten Mehrwertsteuersätze auf Print- und Online-Zeitungen und -Zeitschriften sowie auf Bücher und E-Books wird unterstützt. Im Rahmen der konvergenten Medienwelt, die auf Inhalte und nicht mehr auf Verbreitungswege abstellt, wird damit ein wichtiges Anliegen zur Sicherung der Medienvielfalt umgesetzt. Die ermäßigte Besteuerung trägt wesentlich zur Information und zur selbständigen Meinungsbildung der Bürgerinnen und Bürger bei. Ihnen sind unterschiedliche Steuersätze bei gleichen Inhalten nicht zu vermitteln.
- 3. Das Vorhaben der Kommission, den Anwendungsbereich für stark ermäßigte Steuersätze oder Nullsteuersätze über die vorgenannten Leistungen hinaus zu vergrößern, sieht der Bundesrat jedoch mit großer Sorge. Jede Differenzierung bei den Steuersätzen verkompliziert die Rechtsanwendung bereits bei Inlandsumsätzen und ist schon deshalb grundsätzlich zu vermeiden. Bei grenzüberschreitenden Umsätzen gilt dies in verstärktem Maße. Auch vor dem Hintergrund, dass künftig die Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip erfolgt (vergleiche COM (2017) 569 final,
BR-Drucksache 660/17 (PDF) ), sollte einer weiteren Zersplitterung der Steuersätze entschieden entgegengetreten werden, um die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten zu befähigen, die Umsätze der bei ihnen ansässigen Unternehmen unabhängig vom Ort der Leistung zu überprüfen. Dem läuft der Kommissionsvorschlag zuwider. - 4. Die zur Umsetzung des Bestimmungslandprinzips erforderliche verstärkte Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und die von der Kommission beabsichtigte Entlastung der Unternehmen setzen insofern einfache und vor allem EU-weit einheitliche Regelungen insbesondere hinsichtlich der Steuersätze voraus.
- 5. Der Bundesrat hält es vielmehr für erforderlich, den Harmonisierungsgrad des Mehrwertsteuersystems weiter zu steigern, um Unternehmen den innereuropäi-schen Handel sowie den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten den Steuervollzug zu erleichtern und etwaige Wettbewerbsverzerrungen insbesondere im grenznahen Bereich durch eine unterschiedliche Anwendung der Steuersätze zu vermeiden. Der Vorschlag der Kommission gibt Anlass zu der Besorgnis, dass die Erreichung dieses Zieles erschwert und hinter den bisherigen Harmonisierungsgrad zurückfallen wird. Die daraus resultierende Steigerung der Befolgungskosten für grenzüberschreitend tätige Unternehmen sollte unbedingt vermieden werden.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vorstehenden Gesichtspunkte in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene zu berücksichtigen.
- 7. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 8. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.