Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Leistungsausweitung für Pflegebedürftige, Pflegevorsorgefonds
(Fünftes SGB XI-Änderungsgesetz - 5. SGB XI-ÄndG)

Der Bundesrat hat in seiner 924. Sitzung am 11. Juli 2014 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 7 Absatz 2a - neu -, Absatz 3 Satz 6 und Absatz 5 - neu - SGB XI) und Nummer 2a - neu - ( § 7b SGB XI)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

< entspricht inhaltlich dem bisherigen Artikel 1 Nummer 2 >

"2a. § 7b wird aufgehoben."

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Aufgrund des zu streichenden § 7b SGB XI werden dessen notwendigerweise zu erhaltenden Regelungen in § 7 SGB XI übernommen. Die Änderung ergänzt die Stärkung der Rechte der Pflegebedürftigen auf eine umfassende und zielgerichtete Beratung durch die Pflegekassen gemäß § 7 Absatz 2 SGB XI durch die Verpflichtung zur Benennung einer Kontaktperson und eines konkreten Beratungstermins sowie das Recht auf eine Beratung in der häuslichen Umgebung. Die Beratung richtet sich nach den in den §§ 7 und 7a SGB XI genannten Vorgaben. Die Vorschriften nach § 7 Absätze 1 bis 4 SGB XI sollen, wie in dem zu streichenden § 7b SGB XI geregelt oder mit der praktischen Anwendung übereinstimmend, auch für private Versicherungsunternehmen gelten, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen.

Zu Buchstabe b:

Nach § 7a Absatz 1 Satz 7 SGB XI können die Pflegekassen bereits ihnen obliegende Aufgaben der Pflegeberatung ganz oder teilweise auf Dritte übertragen. Sie haben damit die Möglichkeit, bei personellen Engpässen ihre Ressourcen zur Beratung auch kurzfristig aufzustocken.

Das zusätzliche Instrument der Beratungsgutscheine ist daher zur Sicherstellung einer zeitnahen Beratung nicht erforderlich. Die Ausstellung von Beratungsgutscheinen trägt nicht zwangsläufig zu einer Einhaltung der zweiwöchigen Frist bei, sondern kann, insbesondere bei Nichteinlösung des Beratungsscheins, zu längeren und ungeklärten Beratungssituationen führen. Die notwendige Sicherstellung der Anforderungen an die Beratung durch die Beratungsstellen ist mit einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand und Mehrkosten verbunden.

Hinzu kommt, dass das Instrument der Beratungsgutscheine zu einer zusätzlichen Infrastruktur zur Beratung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen führen kann und damit zu einer Schwächung des bereits mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz gesetzten Impulses für eine pflegepolitische Zusammenarbeit von Pflegekassen, Kommunen und Sozialhilfeträgern auf örtlicher Ebene. Hiervon betroffen sind insbesondere die in der Mehrheit der Länder errichteten Pflegestützpunkte. Die weitere Beratungsstruktur trägt nicht zu einer qualitativen Verbesserung der Beratung bei.

2. Zu Artikel 1 Nummer 3 (§ 8 Absatz 3 Satz 1, 7 und 8 und Absatz 4 - neu - SGB XI)

Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu fassen:

'3. § 8 wird wie folgt geändert:

(4) Die Landesverbände der Pflegekassen können von den Bestimmungen des siebten und achten Kapitels dieses Buches abweichende Vereinbarungen treffen, wenn dies zur Erprobung und Unterstützung neuer qualitätsgesicherter Versorgungsformen sinnvoll erscheint und hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht beeinträchtigt wird. Die Regelungen sind auf längstens acht Jahre zu begrenzen. Bei Erprobungen ist eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung vorzunehmen.

§ 45c Absatz 4 Satz 6 gilt entsprechend." '

Begründung:

Die Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen und der sie Pflegenden verändern sich und werden sich weiter ausdifferenzieren. Um zu gewährleisten, dass die Pflegeversicherung mit ihren Leistungen diesen Bedürfnissen auch in Zukunft entspricht, müssen neue Versorgungsangebote und -formen dezentral erprobt und evaluiert werden können.

Die vorgeschlagene Experimentierklausel schafft den rechtlichen Rahmen für eine solche Erprobung.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3a - neu - (§ 13 Absatz 3a SGB XI)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer 3a einzufügen:

Begründung:

Seit Einführung des Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI am 30. Oktober 2012 durch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz ist die Anrechnung dieser Leistung auf die nachrangigen Fürsorgeleistungen höchst umstritten. Pflegepolitisch war jedoch beabsichtigt, mit der Gewährung des Zuschlags die besondere Wohnform der ambulant betreuten Wohngruppe zu stärken und zu fördern und die besonderen Aufwendungen aufzufangen, die in Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige entstehen. Voraussetzung ist daher, dass in der Wohngruppe mindestens eine Präsenzkraft tätig ist, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet, dass also eine tatsächliche strukturelle Verbesserung in der Pflege-Wohngruppe entsteht.

Der Änderungsvorschlag soll gesetzlich klarstellen, dass vor diesem Hintergrund eine Anrechnung auf die individuell ausgerichteten Fürsorgeleistungen nicht erfolgt.

4. Zu Artikel 1 Nummer 3b - neu - (§ 18 Absatz 3a Satz 1a - neu - SGB XI)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3a - neu - folgende Nummer 3b einzufügen:

Begründung:

Anders als bei der Strafzahlung im Fall der Fristüberschreitung nach § 18 Absatz 3b SGB XI sieht der Gesetzeswortlaut in § 18 Absatz 3a SGB XI bei der Pflicht zur Beauftragung anderer Gutachter keine Ausnahmetatbestände vor.

Die Pflegekassen haben somit auch dann die Begutachtung durch andere Gutachter anzubieten, wenn sie und der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Verzögerung nicht zu vertreten haben.

Letztlich kann der Verzicht auf Ausnahmetatbestände einen Fehlanreiz setzen, die Begutachtung innerhalb der vierwöchigen Frist unter Verzicht auf relevante Informationen oder möglichst durch Begutachtung nach Aktenlage abzuschließen.

5. Zu Artikel 1 Nummer 3c - neu - (§ 18a Absatz 1 Satz 1,

Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und Nummer 4 SGB XI)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3b - neu - folgende Nummer 3c einzufügen:

'3c. § 18a wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die ambulante geriatrische Rehabilitation hat bislang keinen ausdrücklichen Eingang in die Rehabilitationsempfehlungen nach § 18a Absatz 1 SGB XI und die entsprechenden Berichtspflichten des Absatzes 2 gefunden.

Maßnahmen der ambulanten geriatrischen Rehabilitation sollten aber - ebenso wie solche der sonstigen medizinischen Rehabilitation - Teil der Rehabilitationsempfehlung nach § 18a Absatz 1 SGB XI werden und demzufolge auch beim Verfahren zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gesondert geprüft sowie den Pflegekassen mitgeteilt werden. Auch die Berichtspflicht der Pflegekassen gemäß 18a Absatz 2 SGB XI sollte über dementsprechende Erfahrungen ergänzt werden.

Die gesonderte Aufnahme der ambulanten geriatrischen Rehabilitation nähme die ambulante Rehabilitation besonders in den Blick, stärkte sie damit weitergehend und trüge so dem Grundsatz ambulant vor stationär in besonderem Maße Rechnung.

6. Zu Artikel 1 Nummer 3d - neu - (§ 18a Absatz 2 Satz 2 SGB XI)

In Artikel 1 ist nach Nummer 3c - neu - folgende Nummer 3d einzufügen:

Begründung:

Die alters-, geschlechts- und pflegestufenspezifische Berichtspflicht gibt Aufschluss über eventuelle Abweichungen der Daten nach Alterskohorten, Geschlecht und Grad der Pflegebedürftigkeit. Hinweise auf entsprechende Abweichungen bei Empfehlungen zur medizinischen Rehabilitation, wie beispielsweise im Barmer GEK Pflegereport 2013, können so auf einer breiten Datenbasis auf ihre Ursachen hin untersucht werden.

7. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a (§ 36 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d SGB XI),

Nummer 11 Buchstabe a (§ 41 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 2 Buchstabe d SBG XI) und Nummer 29 Buchstabe b und c (§ 123 Absatz 3 und 4 SGB XI)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Dynamisierung der Leistungen um vier Prozent hat in den Pflegestufen I und II zur Folge, dass die vollstationären Leistungen in absoluten Beträgen stärker steigen als die ambulanten. Besonders ausgeprägt ist die Fehlentwicklung in Pflegestufe I. Hier würde die vollstationäre Leistung mehr als doppelt so stark steigen als die ambulante Leistung.

Das widerspricht der Vorgabe im Koalitionsvertrag von Union und SPD, wonach die Leistungen im ambulanten und stationären Bereich weiter aneinander angeglichen werden.

Deshalb wird die Übernahme der Dynamisierungsbeträge für die vollstationäre Pflege in den Pflegestufen I und II für die jeweilige ambulante Pflegesachleistung vorgesehen. Die Mehraufwendungen von rund 110 Millionen Euro im Jahr sind unter den gegebenen Rahmenbedingungen finanziert.

Die vorgesehene Ausweitung anderer Leistungen für ambulante Pflege steht der Forderung nicht entgegen. Die im Gesetzentwurf zusätzlich gestärkten ambulanten Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege sowie die Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen wirken entweder einmalig oder werden längst nicht von allen Leistungsberechtigten genutzt; denn bei der Berechnung der zusätzlichen Kosten der weiteren ambulanten Leistungen geht das Bundesministerium für Gesundheit selbst davon aus, dass sie nur von einem Teil der pflegebedürftigen Menschen in Anspruch genommen werden.

Die Erhöhung um identische Festbeträge wird auch durch das im Gesetzentwurf vorgesehene Ausgabenverhältnis der Leistungsverbesserungen zwischen ambulanter und vollstationärer Pflege gerechtfertigt; denn rund 1 Milliarde Euro der Mehrausgaben entfallen auf die vollstationäre und rund 1,3 Milliarden Euro auf die ambulante Pflege. Gleichzeitig werden aber mehr als doppelt so viele Pflegebedürftige ambulant statt vollstationär gepflegt.

8. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 38a SGB XI)

Artikel 1 Nummer 8 ist wie folgt zu fassen:

'8. § 38a wird wie folgt gefasst:

" § 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen

Begründung:

Die Bedeutung ambulant betreuter Wohngruppen für die pflegerische Versorgung wächst. Sie tragen dem Wunsch nach privater und häuslicher Pflege und Betreuung Rechnung. Vor allem ermöglichen sie es Menschen, die ihren Lebensalltag nicht mehr allein bewältigen können oder möchten, eine gemeinschaftliche Pflege in der Nähe ihres angestammten Wohnumfeldes zu erhalten - also auch dort, wo sich gegebenenfalls stationäre Pflegestrukturen wirtschaftlich nicht rechnen. Das verhindert Brüche im sozialen Gefüge der Betroffenen. Die Kleinteiligkeit der Wohngruppen erleichtert es, die Ressourcen der Pflegebedürftigen zu nutzen und zu erhalten sowie Angehörige und das weitere soziale Umfeld der Pflegebedürftigen in den Alltag der Wohngruppe einzubeziehen.

Die Entscheidung des Gesetzgebers, mit dem Pflegeneuausrichtungsgesetz diese Form der gemeinschaftlichen Pflege und Betreuung mit der Einführung eines Wohngruppenzuschlags zu unterstützen, wird begrüßt. Tatsächlich entsteht ein Mehraufwand bei der gemeinschaftlichen Organisation des Alltags mit Pflege und Betreuung in einer Wohngruppe.

Es besteht jedoch Bedarf, den Leistungsanspruch auf den Wohngruppenzuschlag vor dem Hintergrund der gesammelten Erfahrungen weiterzuentwickeln.

Der breit praktizierte Rückgriff auf die heimrechtliche Bewertung der Wohngruppe als Indiz für die "freie Wählbarkeit" ist für die leistungsrechtliche Klärung ungeeignet. Aufgrund des föderalisierten Heimrechts führt dieser Rückgriff zu uneinheitlicher Leistungsgewährung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch in den Ländern.

Auch inhaltlich sollte die "freie Wählbarkeit" nicht das maßgebliche leistungsrechtliche Merkmal der ambulant betreuten Wohngruppe sein. Ziel des Wohngruppenzuschlages ist es, gemeinschaftliche Pflegewohnformen außerhalb der stationären Pflegeeinrichtungen und außerhalb des klassischen "betreuten Wohnens" leistungsrechtlich besonders zu unterstützen. Für diese Abgrenzung erscheint es sinnvoll, statt auf heimrechtliche auf entsprechende, bereits vorhandene leistungsrechtliche Kriterien abzustellen und diese mit weiteren durch die Pflegekassen feststellbaren Merkmalen zu verbinden:

Das zentrale Merkmal einer ambulanten Versorgung ist, dass regelhaft Beiträge der Bewohnerinnen und Bewohner selbst, ihres persönlichen sozialen Umfelds oder von bürgerschaftlich Tätigen zur Versorgung notwendig bleiben. Ist nicht vorgesehen, dass sich das soziale Umfeld der in der Wohngruppe lebenden Menschen in die Leistungserbringung und in den Alltag einbringen kann - etwa durch die Sicherstellung der Arztbesuche, Gestaltung und kleine Reparaturen in der Wohnung, Entscheidungen über neue Bewohnerinnen und Bewohner, Neuanschaffung von Geräten, Einkauf von Lebensmitteln oder die Verwaltung der Gruppenkasse -, besteht keine mit der häuslichen Pflege vergleichbare Situation. Die Pflicht des Anbieters, auf diese Notwendigkeit hinzuweisen, schafft hierbei die nötige Transparenz.

Mit der Pflicht zur gemeinschaftlichen Beauftragung wird (zum Beispiel bei Neueinzügen) regelmäßig eine nachvollziehbare Information zur bisherigen Verwendung der Mittel erfolgen und die Möglichkeit einer veränderten Beauftragung geschaffen.

9. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 38a SGB XI) und Nummer 17 (§ 45b SGB XI)

Der Bundesrat stellt fest: Vor dem Hintergrund sich entwickelnder neuer Wohnformen, Wohngruppen sowie niedrigschwelliger Angebote mit Betreuungsschwerpunkt sind die gegenwärtigen Regelungen hinsichtlich der Zulassung von Angeboten des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) durch Versorgungsverträge sowie die damit in Verbindung stehende Ermächtigung der Länder nach § 9 SGB XI nicht mehr sachgerecht und bedürfen einer Überarbeitung. Dies wird beispielhaft deutlich an den zahlreichen Schwierigkeiten bei der Umsetzung des durch das Pflege-Neuausrichtungsgesetz eingeführten § 38a SGB XI. Die Reaktion der Bundesregierung auf diese Entwicklungen im gegenwärtigen Reformvorhaben zeigt die allerseits bestehenden Unsicherheiten bezüglich der tragfähigen Finanzierung solcher Angebote. Diese Unsicherheiten sind nicht nur bei den Anbietern entsprechender Leistungen, sondern auch bei den betroffenen pflegebedürftigen Menschen festzustellen und erschweren ferner die Umsetzung des Sicherstellungsauftrages der Länder nach § 9 SGB XI.

Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, umgehend und - in Vorbereitung der angekündigten Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Rahmen einer zweiten Reformstufe - im Zusammenwirken mit den Ländern zu erarbeiten, welche weitergehenden Anpassungsnotwendigkeiten im SGB XI für die tragfähige und nachhaltige Finanzierung alternativer Wohn- und Betreuungsangebote erforderlich sind.

10. Zu Artikel 1 Nummer 9 (§ 39 Absatz 1 Satz 2 SGB XI)

In Artikel 1 Nummer 9 ist § 39 Absatz 1 Satz 2 zu streichen.

Begründung:

Um die Inanspruchnahme der häuslichen Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson zu erleichtern, ist die bisher bestehende Voraussetzung, dass die Pflegeperson den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung mindestens sechs Monate in seiner häuslichen Umgebung gepflegt haben muss, aufzuheben.

Die besondere Belastung der Pflegepersonen hat häufig schon lange vor der Zuerkennung einer Pflegestufe begonnen, zum einen durch einen Pflegeaufwand unterhalb des zeitlichen Umfangs der Pflegestufe I, zum anderen durch einen häufig nicht unerheblichen zeitlichen Aufwand für die Betreuung des Angehörigen. Zudem trägt die Aufhebung der "Wartezeit" zur besseren Vereinbarkeit von Pflege, Familie und Beruf bei.

Der Gesetzentwurf strebt eine Flexibilisierung des Anspruchs auf Kurzzeitund Verhinderungspflege an. Die Verhinderungspflege (§ 39 SGB XI) kann in Zukunft sechs statt wie bisher nur vier Wochen in Anspruch genommen werden. Zudem können ergänzend 50 Prozent des Kurzzeitpflegebetrages (§ 42 SGB XI) als häusliche Verhinderungspflege eingesetzt werden.

Auf diese Weise wird die angestrebte Flexibilisierung zu einem Großteil erreicht. Sie kommt insbesondere solchen Anspruchsberechtigten zugute, die eine längere Ersatzpflege benötigen und für die keine geeignete Kurzzeitpflegeeinrichtung vorhanden ist. Gleichzeitig wird jedoch ein Fehlanreiz für die Auflösung von Kurzzeitpflegeeinrichtungen vermieden.

Dieser Anspruch entsteht nach dem bisherigen Vorschlag aber erst, wenn der Pflegebedürftige bereits mindestens sechs Monate von der Pflegeperson gepflegt wurde. Dafür ist kein ausreichender Grund ersichtlich. Um eine vollständige Flexibilisierung zu erreichen, damit insbesondere nach einer plötzlich auftretenden Pflegebedürftigkeit von der neuen Regelung profitiert werden kann, ist die sechsmonatige Wartezeit abzuschaffen.

Im Übrigen verbleibt es bei dem bisherigen Regelungsinhalt.

11. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 45b Absatz 1 Satz 2 SGB XI)

Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ist wie folgt zu fassen:

Begründung:

§ 45b SGB XI bietet unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Kosten für zusätzliche Betreuungs- und in der neuen Fassung zusätzlich auch Entlastungsleistungen zu erstatten. Die Höchstbeträge sind als monatliche Höchstbeträge vorgegeben. In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass ein Jahresbudget flexibler ist. Dieses eröffnete den Pflegebedürftigen die Chance, punktuell Leistungen in Anspruch zu nehmen und erleichterte den Pflegekassen die Abrechnung. Auf diese Weise wäre der Sinn und Zweck der Regelung am besten verwirklicht, denn eine monatliche Begrenzung, die in einem Monat gar nicht benötigt wird und in einem anderen nicht ausreicht, verfehlt das anvisierte Ziel.

12. Zu Artikel 1 Nummer 18 Buchstabe b (§ 45c Absatz 1 Satz 1 und Satz 1a SGB XI), Buchstabe d (§ 45c Absatz 3 SGB XI) und Buchstabe e (§ 45c Absatz 3a SGB XI)

Artikel 1 Nummer 18 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Mit der Neufassung soll der Tätigkeitsbereich der niedrigschwelligen Angebote, der bislang auf die Bereiche Beratung, Betreuung und Beaufsichtigung beschränkt war, auf den Bereich der Alltagsbegleitung, einschließlich der hauswirtschaftlichen Unterstützung und Versorgung, ausgeweitet werden. Diese umfassenderen Unterstützungsmöglichkeiten tragen dazu bei, die Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Anspruchsberechtigten so lange wie möglich aufrechtzuerhalten und damit den Grundsatz des Vorrangs ambulanter Versorgung umzusetzen. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Unterstützungsleistungen individuell angepasst und so einfach wie möglich in Anspruch genommen werden können.

Auf der Grundlage der gesetzlichen Voraussetzungen in § 45c Absatz 3 Satz 3 und 4 SGB XI und der Empfehlungen auf Bundesebene nach § 45c Absatz 6 SGB XI ist es Aufgabe der Länder, in den Rechtsverordnungen zur Anerkennung niedrigschwelliger Betreuungs- und Entlastungsangebote nach § 45b Absatz 3 SGB XI die konkreten Anforderungen an die Qualität und Qualitätssicherung der niedrigschwelligen Angebote zu formulieren und deren Einhaltung zu gewährleisten.

Dabei sind grundsätzlich sowohl Angebote mit ehrenamtlichen als auch Angebote mit sozialversicherungspflichtig beschäftigten Helferinnen und Helfern anerkennungsfähig.

In der Begründung zum Gesetzentwurf wird richtigerweise dargestellt, dass eine praktikable inhaltliche Abgrenzung zwischen Angeboten der niedrigschwelligen Betreuung und Angeboten der niedrigschwelligen Entlastung nicht möglich ist, da sich Betreuung und Entlastung in der Praxis teilweise überschneiden.

Daher ist es sachgerecht, für Betreuungs- und Entlastungsleistungen eine gemeinsame Unterstützungsstruktur vorzusehen. Die Trennung zwischen Betreuungs- und Entlastungsangeboten hätte schwerwiegende Nachteile:

Für die Betroffenen und ihre Angehörigen wäre es weder vermittelbar noch zumutbar, bei der Wahl der Unterstützungsmaßnahmen zwischen Betreuungsund Entlastungsdiensten zu unterscheiden und gegebenenfalls Betreuungs- und Entlastungsleistungen in getrennten Verfahren und von verschiedenen Anbietern beziehen zu müssen.

Auch für die Anbieter - bisher weit überwiegend bürgerschaftlich engagierte Gruppen - würde eine Trennung in die beiden niedrigschwelligen Unterstützungsprofile Betreuung und Entlastung einen hohen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen.

Aktuell sind derzeit bundesweit über 5 000 niedrigschwellige Betreuungsangebote am Markt, in denen ehrenamtliche Helferinnen und Helfer unter fachlicher Anleitung tätig sind, um eine Vielzahl pflegender Angehöriger und Familien dauerhaft und nachhaltig zu entlasten. Versorgungspolitisch muss verhindert werden, dass diese seit Jahren unter Vorgabe von Qualitätsanforderungen aufgebauten Strukturen in ihrer Existenz gefährdet werden, indem Entlastungsangebote etabliert werden, die - zumindest auf dem Papier - auf hauswirtschaftliche Tätigkeiten begrenzt sind und für die ihrerseits entsprechende Qualitätsanforderungen kaum gesetzt werden können.

Für die Gestaltung der Angebotsstrukturen ist es überaus wünschenswert, dass Dienste ihr Leistungsangebot flexibel gestalten können und dieses auf die örtlichen Gegebenheiten, den individuellen Bedarf der Betroffenen sowie auf die Ressourcen der Helferinnen und Helfer abstimmen. Das bedeutet, dass Anbieter sowohl alternativ Betreuung oder Entlastung als auch integrativ Betreuung und Entlastung anbieten können sollten. In jedem Fall darf es zu keiner segregativen Lösung im Elften Buch Sozialgesetzbuch kommen, nach der Entlastungs- und Betreuungsangebote künstlich gegeneinander abgrenzt werden. Das vorgehaltene Gesamtportfolio der Leistungen sollte vielmehr miteinander verzahnt werden können.

Die im bisherigen Gesetzentwurf vorgesehene getrennte Darstellung von Betreuungsangeboten und Entlastungsangeboten ist daher aufzuheben. Es erscheint vielmehr geboten, die entsprechenden Erweiterungen in § 45c Absatz 3 SGB XI aufzunehmen und gemeinsam darzustellen.

Durch die Aufnahme der Entlastungsangebote in die Regelung des § 45c Absatz 3 SGB XI kann § 45c Absatz 3a SGB XI entfallen.

13. Zu Artikel 1 Nummer 21 (§ 55 Absatz 1 Satz 1 SGB XI)

Artikel 1 ist Nummer 21 ist wie folgt zu fassen:

Begründung:

Das Vorziehen der zweiten Beitragssatzsteigerung auf den 1. Januar 2016 leistet einen Beitrag, die nötigen finanziellen Mittel für die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bereitzustellen, insbesondere im Hinblick auf die notwendige Besitzstandswahrung.

Die Maßnahme ist zudem ein deutliches Bekenntnis, den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zeitnah umzusetzen.

14. Zu Artikel 1 Nummer 24a - neu - (§ 84 Absatz 2 Satz 4a - neu - SGB XI) und Nummer 26a - neu - (§ 89 Absatz 1 Satz 3, Satz 4 - neu - und 5 - neu - SGB XI)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

"Die Bezahlung tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen kann dabei nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden. Eine Differenzierung in der Vergütung nach Kostenträgern ist unzulässig."

Begründung:

Die bisherige Regelung stellt eine Anerkennung von Tariflöhnen durch die Kostenträger bei Vergütungsverhandlungen nicht sicher. Tarifvertragslöhne dürfen jedoch nicht wegen Unwirtschaftlichkeit abgelehnt werden.

Zur Sicherstellung der Tarifvertragslohn-Anerkennung, zur Vereinfachung der Darlegungslast der Leistungserbringer sowie zur Vermeidung von Sozialgerichtsverfahren sollte geregelt werden, dass die Bezahlung tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen von den Kostenträgern nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden darf.

Des Weiteren könnte eine solche Regelung ein deutliches Signal setzen, dass in der Pflege überall angemessene Löhne zu zahlen sind und eine Weitergabe des Kostendrucks an das Personal - gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels - nicht legitim ist.

15. Zu Artikel 1 Nummer 27a - neu - (§ 114a Absatz 3a Satz 3 - neu - SGB XI)

In Artikel 1 ist nach Nummer 27 folgende Nummer 27a einzufügen:

Begründung:

Die Regelung in § 114a Absatz 3a SGB XI ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch nicht ausreichend. Hintergrund ist vermutlich die Entscheidung des SG Münster vom 24. Juni 2011 - S 6 P 14/ 11, wonach die datenschutzrechtlich erforderliche Einwilligung schriftlich erteilt werden muss. Das kann bei nicht mehr einwilligungsfähigen Bewohnerinnen und Bewohnern und nicht am Ort der Prüfung anwesenden rechtlichen Vertretern und Vertreterinnen die Durchführung von Prüfungen erschweren, die auch nach heimrechtlichen Vorschriften unangemeldet erfolgen. Auch wenn man die Auffassung vertreten kann, dass die Regelungen über die unangemeldeten Prüfungen im SGB XI und in den landesheimrechtlichen Gesetzen leges speciales gegenüber den allgemeinen Datenschutzvorschriften sind, die regelmäßig die Schriftform für die Einwilligung erfordern, sollte zur eindeutigen Regelung aber eine Formulierung aufgenommen werden, wonach die Einwilligung zumindest ausnahmsweise auch mündlich (telefonisch) erfolgen kann, wenn andernfalls die unangemeldete Prüfung erschwert würde. Im Hinblick auf den Zweck der unangemeldeten Prüfung, die dem Schutz der Pflegebedürftigen dient, erscheint es vertretbar, an die Form der Einwilligungserklärung ausnahmsweise geringere Anforderungen als im allgemeinen Datenschutzrecht zu stellen.

16. Zu Artikel 1 Nummer 28 (Ausgestaltung der Pflege-Transparenzvereinbarungen)

Der Bundesrat begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Dieser widmet sich der Behebung und Abfederung aktueller Problemlagen und langfristig auf die Pflegeversicherungen zukommender Herausforderungen.

Der Bundesrat vertritt jedoch die Auffassung, dass, um bestehende Mängel der Transparenzsysteme zu beseitigen, konkrete Vorgaben zu den Kriterien der Veröffentlichung und zur Bewertungssystematik in § 115 SGB XI Eingang finden müssen.

Der Bundesrat fordert, den Gesetzentwurf im weiteren Gesetzgebungsverfahren dahin zu ergänzen, dass in § 115 SGB XI konkrete gesetzliche Vorgaben an die Selbstverwaltung für die inhaltliche Ausgestaltung der Pflege-Transparenzvereinbarungen aufgenommen werden.

Eine Ergänzung des § 115 SGB XI im Hinblick auf konkrete gesetzliche Vorgaben an die Selbstverwaltung für die inhaltliche Ausgestaltung der PflegeTransparenzvereinbarungen ist insbesondere insoweit sinnvoll, als

Begründung:

§ 115 Absatz 1a SGB XI verpflichtet die Landesverbände der Pflegekassen, die Leistungen der Pflegeeinrichtungen sowie deren Qualität für Pflegebedürftige und deren Angehörige verständlich, übersichtlich und vergleichbar im Internet und in anderer geeigneter Form kostenfrei als Transparenzbericht zu veröffentlichen. Die von der Selbstverwaltung abgeschlossenen Pflege-Transparenzvereinbarungen haben jedoch weitere Schwachstellen. Ohne konkretisierende Vorgaben des Gesetzgebers an die Selbstverwaltung zu den Kriterien der Veröffentlichung und zur Bewertungssystematik besteht die Gefahr, dass von den Vertragspartnern bzw. der Schiedsstelle lediglich eine Kompromisslösung zu Lasten der Versorgungssicherheit gefunden wird.

Die gegenwärtige, an den Pflegestufen ausgerichtete Zufallsstichprobe hat sich als unzureichend erwiesen, um Personen mit erhöhten Risiken ausreichend einzubeziehen. Insofern ist beispielsweise an die Vorgabe einer nach Risikogruppen bzw. Risikokriterien geschichteten Zufallsstichprobe unter den Pflegebedürftigen zu denken.

Nähere Vorgaben zur Bewertungssystematik sind erforderlich, um das gegenwärtige System der Mittelwertbildung künftig auszuschließen und gute oder sehr gute Noten bei schlechten Bewertungen wegen gravierender Mängel in der pflegerischen oder medizinischen Versorgung sowie gravierender hygienischer Mängel zu verhindern.

17. Zu Artikel 1 Nummer 28a - neu - (§ 117 Absatz 2 Satz 1, Satz 2a - neu - SGB XI)

In Artikel 1 ist nach Nummer 28 folgende Nummer 28a einzufügen:

'28a. § 117 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

Begründung:

In einzelnen Ländern ist die aufsichtsrechtliche Überprüfung stationärer Einrichtungen den Kreisen und kreisfreien Städten als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen. Die Rechts- und Fachaufsicht liegt im Ministerium. Insofern ist die oberste Landesbehörde bei der Entscheidung über diesbezügliche Modellprojekte einzubeziehen.

Erfolgreich abgeschlossene Modellprojekte, die eine arbeitsteilige und damit bürokratieärmere Zusammenarbeit ermöglichen, müssen nach Ablauf der Modellphase fortgesetzt werden können. Ansonsten machen derartige Modellprojekte keinen Sinn.

18. Zu Artikel 1 Nummer 28a - neu - (§ 121 Absatz 1 Nummer 1, 2, 5 und 6 SGB XI) und Artikel 2a - neu - (§ 193 Absatz 12 - neu - VVG)

'Artikel 2a
Änderung des Gesetzes über den Versicherungsvertrag

Dem § 193 des Versicherungsvertragsgesetzes vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 20. September 2013 (BGBl. I S. 3642) geändert worden ist, wird folgender Absatz 12 angefügt:

(12) Absatz 4 gilt entsprechend für den Abschluss eines Versicherungsvertrages zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit nach § 23 des Elften Buches Sozialgesetzbuch." '

Begründung:

Nach § 23 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) sind Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Versicherungsunternehmen versichert sind, verpflichtet, auch ihr Pflegerisiko bei einem privaten Versicherungsunternehmen abzusichern. Nach geltendem Recht sind zur Durchsetzung und Kontrolle dieser Versicherungspflicht Verstöße gegen Versicherungspflichten in der privaten Pflegeversicherung durch das Bundesversicherungsamt und die zuständigen Stellen der Länder zu verfolgen und zu ahnden (§ 121 SGB XI und §§ 35 ff. des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung wurde ab dem Jahr 2009 die Verpflichtung zum Abschluss einer Krankenversicherung bei einem privaten Versicherungsunternehmen eingeführt, soweit keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht (§ 193 Versicherungsvertragsgesetz-VVG). Damit ist die Verpflichtung zum Abschluss und zur Aufrechterhaltung eines privaten Pflegeversicherungsvertrages nach §§ 22 und 23 SGB XI verbunden.

Im Versicherungsvertragsgesetz ist neben der Verpflichtung zum Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrages auch das Verfahren bei einer Nichtversicherung geregelt ( § 193 Absatz 3 VVG). Dieses ist analog im Falle eines Verstoßes gegen die Verpflichtung zum Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages anzuwenden. Die Regelung des § 121 SGB XI zur Durchsetzung und Anpassung eines privaten Pflegeversicherungsvertrages ist somit entbehrlich geworden.

Ebenfalls entbehrlich ist die Verfolgung von Verstößen gegen Beitragspflichten gemäß § 121 Absatz 1 Nummer 6 SGB XI.

§ 193 Absatz 6 VVG regelt analog zu § 16 Absatz 3a SGB V ein Ruhen der Leistungen bei Beitragsoder Prämienrückständen. Die soziale Pflegeversicherung (SGB XI) sieht bei Beitragsrückständen kein Ruhen der Leistungen vor. Entsprechend soll § 193 Absatz 6 VVG nicht zur Anwendung kommen.

Die Regelungen des § 121 Absatz 1 Nummer 1, 5 und 6 SGB XI sind daher zu streichen. Die unterschiedliche Sanktionierung eines Verstoßes gegen die Pflichten aus einem Krankenversicherungsvertrag oder gegen die aus einem Pflegeversicherungsvertrag sind diesbezüglich nicht nachvollziehbar. Die Streichung würde auch zum Bürokratieabbau beitragen, da das Meldeverfahren der privaten Versicherungsunternehmen an das Bundesversicherungsamt bzw. die Länder sowie gegebenenfalls durchzuführende Ordnungswidrigkeitenverfahren entfielen. Für die privaten Krankenversicherungsunternehmen entsteht kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand und damit entstehen keine Mehrkosten.

19. Zu Artikel 1 Nummer 30 (§ 132 SGB XI)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren durch geeignete Regelungen zu ermöglichen, dass der Zweck des Pflegevorsorgefonds um die Möglichkeit erweitert wird, unter Beteiligung der privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflege-Pflichtversicherung durchführen, einem Ausbildungsfonds zur Refinanzierung der Pflegeausbildungsvergütung Mittel zuzuführen.

Begründung:

Bislang finanzieren die heute pflegebedürftigen Menschen die Ausbildungsvergütung in der Altenpflege, damit morgen eine ausreichende Zahl an Fachkräften die pflegerische Versorgung sicherstellen kann (§ 82a SGB XI) . Diese zusätzliche Belastung ist nicht gerechtfertigt. Deshalb bedarf es der Möglichkeit, einen auf Bundesebene noch zu schaffenden Ausbildungsfonds auch aus dem Pflegevorsorgefonds finanzieren zu können. Von einem Ausbildungsfonds würden Mitglieder der sozialen und privaten Pflegeversicherung gleichermaßen profitieren. Daher wäre eine Kostenbeteiligung der privaten Versicherungsunternehmen analog § 114a Absatz 5 Satz 1 SGB XI vorzusehen.

Begründung:

Die derzeitige Verteilung der Finanzierungslast des praktischen Anteils der Altenpflegeausbildung wird in der Bevölkerung weitgehend als ungerecht empfunden, da sie ausschließlich aktuell Pflegebedürftige trifft. Die Ausbildung in der Pflege muss ein Teil der Pflegereform sein.

Mit einem Ausbildungsfonds auf Bundesebene würde die Finanzierung der Ausbildung auf mehrere Säulen verteilt - nicht nur die aktuellen Pflegebedürftigen, sondern auch die aktuellen Beitragszahler würden einen Beitrag zur Ausbildung leisten. Insbesondere die Beitragszahler werden in Zukunft von der Ausbildung des Fachkräftenachwuches profitieren. Durch einen Ausbildungsfonds auf Bundesebene können Synergien zugunsten der Pflegebedürftigen genutzt und Parallelstrukturen zu Lasten der Beitragszahler vermieden werden.

Gleichzeitig soll die Möglichkeit der Länder erweitert werden, die Kosten der Ausbildung auf alle Leistungserbringer zu verteilen.

§ 25 AltPflG öffnet den Ländern zwar die Möglichkeit, Ausbildungsumlagen einzuführen, doch liegen die gesetzlichen Voraussetzungen angesichts des Bedarfs an Auszubildenden und eines ausreichenden Angebots an Ausbildungsplätzen oftmals nicht vor. Der Handlungsspielraum der Länder muss durch eine Lockerung der Voraussetzungen von § 25 AltPflG erweitert werden.