A. Problem und Ziel
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. September 2019 (BVerwG 3 C 3.18) festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Verschreibungspflicht für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin zur oralen Anwendung in den Indikationen allergische Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren die klagende Zulassungsinhaberin in ihren Rechten verletze. Deshalb sollen mit dieser Verordnung entsprechende Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht entlassen werden.
B. Lösung
Erlass der Rechtsverordnung.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) könnte auf Grund der Entlassung von bestimmten Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht eine jährliche Entlastung von maximal 6 Millionen Euro, abzüglich der nicht genau bezifferbaren Zuzahlungen der gesetzlich Versicherten, resultieren.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger ergibt sich eine jährliche Zeitersparnis von maximal rund 183 000 Stunden.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für betroffene pharmazeutische Unternehmer entsteht ein einmaliger Erfüllungsaufwand von rund 5 000 Euro.
Für Ärzte und Ärztinnen entsteht eine Entlastung in Höhe von bis zu jährlich rund 598 000 Euro auf Grund von nicht mehr auszustellenden Rezepten.
Für öffentliche Apotheken entsteht eine Entlastung in Höhe von bis zu jährlich rund 598 000 Euro auf Grund von nicht mehr zu bearbeitenden Rezepten.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte entsteht ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von 5 700 Euro, der durch Gebühreneinnahmen abgedeckt wird.
F. Weitere Kosten
Für pharmazeutische Unternehmer entstehen einmalige Kosten von insgesamt 5 700 Euro auf Grund von Gebühren nach der AMG-Kostenverordnung. Für Verbraucherinnen und Verbraucher könnten sich Kosten von maximal rund 398 000 Euro ergeben. Für die gesetzliche Krankenversicherung, die Apotheken, die Kliniken, die verschreibenden Personen (Ärzteschaft) und die Verwaltung entstehen durch diese Verordnung keine weiteren Kosten. Für die private Krankenversicherung können mangels Informationen keine Angaben zu möglicherweise entstehenden weiteren Kosten oder Einsparungen gemacht werden. Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit
Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, 19. Dezember 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Gesundheit zu erlassende Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Helge Braun
Neunzehnte Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung
Vom ...
Auf Grund des § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und Nummer 3 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 des Arzneimittelgesetzes, dessen Absatz 2 Satz 1 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe b des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202) und dessen Absatz 2 Satz 2 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 40 des Gesetzes vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und nach Anhörung von Sachverständigen:
Artikel 1
In der Arzneimittelverschreibungsverordnung vom 21. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3632), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 25. Oktober 2019 (BGBl. I S. 1490) geändert worden ist, wird in der Anlage 1 die Position "Desloratadin" wie folgt gefasst:
"Desloratadin
- ausgenommen Arzneimittel in der oralen Anwendung zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren, es sei denn, es handelt sich um von der Europäischen Kommission als verschreibungspflichtig zugelassene Arzneimittel -".
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Bonn, den Der Bundesminister für Gesundheit
Jens Spahn
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. September 2019 (BVerwG 3 C 3.18) festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Verschreibungspflicht für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin zur oralen Anwendung in den Indikationen allergische Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren die klagende Zulassungsinhaberin in ihren Rechten verletze. Deshalb sollen mit dieser Verordnung entsprechende Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht entlassen werden.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Mit der vorliegenden Verordnung werden national zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht nach § 48 des Arzneimittelgesetzes (AMG) entlassen, die zur oralen Anwendung zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren vorgesehen sind.
III. Alternativen
Keine.
IV. Gesetzgebungskompetenz
Das Bundesministerium für Gesundheit erlässt die Verordnung auf Grund von § 48 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und Nummer 3 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 AMG. Die Verordnung wird mit Zustimmung des Bundesrates und im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erlassen.
Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht nach § 53 Absatz 2 AMG wurde gehört.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Im Hinblick auf die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln sind die Regelungen dieser Verordnung mit dem Recht der Europäischen Union (EU) vereinbar. Die EU-Mitgliedstaaten sind in Umsetzung der Artikel 70 bis 75 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S.24) geändert worden ist, befugt, die Verschreibungspflicht für Arzneimittel jeweils in eigener Kompetenz zu regeln. Davon ausgenommen sind nur die nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, von der EU-Kommission zugelassenen Arzneimittel.
Die Verordnung ist ebenfalls vereinbar mit den von der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen völkerrechtlichen Verträgen.
VI. Rechtsfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Keine.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Die Prinzipien der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wurden geprüft und soweit einschlägig beachtet. Bestimmte Humanarzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin werden aus der Verschreibungspflicht entlassen. Diese Maßnahme birgt auch nach Auffassung der zuständigen Bundesoberbehörde nach jetzigem Kenntnisstand keine Risiken.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) könnte auf Grund der Entlassung von bestimmten Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht eine jährliche Entlastung von maximal rund 6 Millionen Euro, abzüglich der nicht genau bezifferbaren Zuzahlungen der gesetzlich Versicherten, resultieren. Da jedoch weiterhin verschreibungspflichtige, von der EU-Kommission zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin verfügbar sein werden, die denjenigen Arzneimitteln, die aus der Verschreibungspflicht entlassen werden, entsprechen, kann auf Grund von entsprechenden Ausweichreaktionen der Ärzteschaft bei der Verschreibung von solchen Arzneimitteln die tatsächliche Kosteneinsparung nicht zuverlässig geschätzt werden.
4. Erfüllungsaufwand
Verbraucherinnen und Verbraucher
Bestimmte, oral anzuwendende Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin werden aus der Verschreibungspflicht entlassen. Solche Arzneimittel wurden zu Lasten der GKV im Jahr 2018 in rund 332 000 Fällen verschrieben (Quelle: INSIGHT HEALTH). Einschließlich des Anteils der Versicherten der privaten Krankenversicherung ist derzeit von einem gesamten jährlichen Verschreibungsumfang von rund 365 000 Rezepten auszugehen.
Es wird basierend auf der Anzahl an entsprechenden Verschreibungen und unter der Prämisse, dass für den Arztbesuch (30 Minuten) plus Apothekenbesuch ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 35 Minuten gerechnet wird, geschätzt, dass daraus insgesamt eine jährliche Zeitersparnis von rund 183 000 Stunden resultieren könnte. Diese mögliche Zeitersparnis könnte sich reduzieren, wenn verschreibende Personen Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin verschreiben, die weiterhin verschreibungspflichtig sein werden (von der EU zugelassene Arzneimittel). Das Ausmaß solcher Ausweichreaktionen kann aber nicht geschätzt werden.
Für pharmazeutische Unternehmer
Der Erfüllungsaufwand für pharmazeutische Unternehmer umfasst im Hinblick auf die Änderung von Verkaufsabgrenzungen von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Desloratadin (zur Anwendung beim Menschen) die notwendige Änderung der Kennzeichnung auf Packungsmaterialien nach § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 und Absatz 5 Satz 1 Nummer 15 AMG, der Packungsbeilage nach § 11 Absatz 1 und 4 AMG sowie der Fachinformation nach § 11a Absatz 1d AMG. Änderungen dazu übermittelt der pharmazeutische Unternehmer per Änderungsanzeige der Zulassungsbehörde. Beruhend auf den Angaben des Leitfadens zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregierung (Leitfaden) und auf Angaben aus Fachkreisen wird für den pharmazeutischen Unternehmer für die Änderung der Arzneimitteldokumentation je Fertigarzneimittel von einem Aufwand von fünf Arbeitsstunden und bei Bearbeitung durch einen hoch qualifizierten Mitarbeiter von einem Stundenlohn in Höhe von 53,30 Euro ausgegangen.
Zunächst sind insgesamt 27 Arzneimittel von der Änderung der Position zu Desloratadin betroffen. Von diesen 27 Arzneimitteln erfüllen 19 Arzneimittel bereits jetzt die Vorgaben der vorgesehenen Positionsformulierung. Die restlichen 8 Arzneimittel erfüllen diese Vorgaben aufgrund der Zulassung für Kinder ab dem Alter von 1 Jahr derzeit dagegen nicht. Die Inhaber der Zulassungen für diese 8 Arzneimittel müssten weitere regulatorische Schritte unternehmen, um der vorgesehenen Position zu Desloratadin zu entsprechen und OTC-Status zu erlangen, sofern sie dies anstreben. Von der genannten Entlassung aus der Verschreibungspflicht sind daher insgesamt nur 19 Fertigarzneimittel betroffen. Daraus resultiert ein einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 5 000 Euro.
Verschreibende Personen
Durch die partielle Entlassung von desloratadinhaltigen Arzneimitteln aus der Verschreibungspflicht fallen entsprechende national zugelassene Arzneimittel nicht mehr unter die Erstattungsfähigkeit durch die gesetzlichen Krankenkassen. Diese Arzneimittel wurden im Jahr 2018 in rund 332 000 Fällen zu Lasten der GKV verschrieben (Quelle: INSIGHT HEALTH). Daher sind durch ärztliche Personen künftig entsprechend weniger Rezepte auszustellen. Es werden für das Ausfüllen und Ausdrucken eines Rezeptes durch die ärztliche Person bzw. eine nichtärztliche angestellte Kraft 3 Minuten sowie ein mittlerer, nicht gewichteter Lohnkostensatz von 35,60 Euro zu Grunde gelegt (siehe Leitfaden). Dies bedeutet für die Arztpraxen einen Minderaufwand von rund 1,80 Euro pro Rezept. Daraus folgert eine jährliche Entlastung in Höhe von insgesamt rund 598 000 Euro.
Dieser mögliche Minderaufwand könnte sich reduzieren, wenn verschreibende Personen entsprechende, von der EU-Kommission zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin verschreiben, die weiterhin verschreibungspflichtig sein werden. Das Ausmaß solcher Ausweichreaktionen kann aber nicht quantifiziert werden.
Apotheken
Durch die partielle Entlassung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht fallen solche national zugelassenen Arzneimittel nicht mehr unter die Erstattungsfähigkeit durch die gesetzlichen Krankenkassen. Solche Arzneimittel wurden im Jahr 2018 rund 332 000 mal zu Lasten der GKV verschrieben. Daher sind durch Apotheken künftig entsprechend weniger Rezepte zu bearbeiten. Es werden für die Bearbeitung eines Rezeptes durch den Apotheker oder die Apothekerin bzw. nicht approbiertes Personal 3 Minuten sowie ein mittlerer - nicht gewichteter - Lohnkostensatz von 35,60 Euro zu Grunde gelegt (siehe Leitfaden). Dies bedeutet für die Apotheken einen Minderaufwand von rund 1,80 Euro pro Rezept. Nach der Entlassung aus der Verschreibungspflicht ist daher damit zu rechnen, dass sich für Apotheken auf Grund nicht mehr zu bearbeitender Rezepte eine jährliche Entlastung von rund 598 000 Euro ergibt.
Dieser mögliche Minderaufwand könnte sich reduzieren, wenn verschreibende Personen entsprechende, von der EU-Kommission zugelassene desloratadinhaltige Arzneimittel verschreiben, die weiterhin verschreibungspflichtig sein werden. Das Ausmaß solcher Ausweichreaktionen kann aber nicht geschätzt werden.
5. Weitere Kosten
Pharmazeutische Unternehmer
Auf Grund dieser Rechtsverordnung haben pharmazeutische Unternehmer für betroffene Arzneimittel 19 Änderungsanzeigen nach § 29 AMG einzureichen. Die betroffenen pharmazeutischen Unternehmer haben für diese Änderungsanzeigen auf Grund der AMG-Kostenverordnung Gebühren von insgesamt 5 700 Euro zu entrichten (19 x 300 Euro).
Verbraucher und Verbraucherinnen
Bestimmte national zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin sind künftig nicht mehr zu Lasten der GKV verschreibungsfähig. Daher haben Bürgerinnen und Bürger die Kosten für diese Arzneimittel in Zukunft selbst zu tragen, wenn die verschreibenden Personen nicht solche desloratadinhaltigen Arzneimittel verschreiben, die weiterhin verschreibungspflichtig bleiben (von der EU-Kommission zugelassene Arzneimittel). Unter Berücksichtigung der oben genannten Anzahl an rund 332 000 GKV-Verschreibungen im Jahr 2018 und der nach § 61 SGB V zu entrichtenden Zuzahlung (hier auf Grund der Preise der größten Packungen 5 Euro pro Packung) ergibt sich für GKV-Versicherte insofern bisher ein Selbstkostenanteil von etwa 1,54 Millionen Euro.
Künftig sind solche Arzneimittel jedoch grundsätzlich vollständig von GKV-Versicherten zu bezahlen. Bei Annahme eines künftigen mittleren Apothekenabgabepreises von etwa 6,20 Euro pro Packung (Orientierung an bisher schon rezeptfrei verfügbaren Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Loratadin, Packung mit 20 Tabletten) könnte sich die zusätzliche Belastung für Versicherte der GKV auf jährlich maximal rund 398 000 Euro belaufen.
Da es jedoch andererseits weiterhin entsprechende verschreibungspflichtige Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin geben wird, ist es auch möglich, dass die verschreibenden Personen zumindest zum Teil diese Arzneimittel zu Lasten der GKV verschreiben werden. Das Ausmaß solcher Ausweichreaktionen kann jedoch nicht abgeschätzt werden. Daher könnte die zusätzliche Belastung für GKV-Versicherte den Betrag von 398 000 Euro auch unterschreiten.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Gleichstellungspolitische Bedeutung: Die Verordnung hat keine Relevanz für die Gleichstellung von Frau und Mann.
VII. Befristung; Evaluierung
Im Hinblick auf die Arzneimittelsicherheit ist es nicht angezeigt, die im Rahmen dieser Verordnung ergehende Regelung zu befristen. Die Auswirkungen der partiellen Entlassung von desloratadinhaltigen Arzneimitteln aus der Verschreibungspflicht werden vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte laufend evaluiert.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Mit der Änderung werden national zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin zur oralen Anwendung zur symptomatischen Behandlung bei allergischer Rhinitis und Urtikaria bei Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern ab zwei Jahren aus der Verschreibungspflicht nach § 48 AMG entlassen.
Diese Entlassung geht zurück auf ein Votum des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht (SVA) vom 25. Juni 2013. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 12. September 2019 (BVerwG 3 C 3.18) auf diese fachliche Einschätzung Bezug genommen. An der Einschätzung des SVA und der zuständigen Bundesoberbehörde hat sich seither nichts geändert.
Daher sind die genannten Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin in Umsetzung des o.g. Urteils aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung. Das Inkrafttreten am Tag nach der Verkündung ist erforderlich, damit das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts möglichst schnell umgesetzt wird.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG: NKR-Nr. 5090, BMG: Entwurf einer Neunzehnten Verordnung zur Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger | |
Jährlicher Zeitaufwand: | -183.000 Stunden (-4,6 Mio. Euro) |
Minuten im Einzelfall: | -30 Minuten |
Wirtschaft | |
Jährlicher Erfüllungsaufwand: | -1,2 Mio. Euro |
Verwaltung | geringe Auswirkungen |
Weitere Kosten | Für GKV-Versicherte werden Weitere Kosten von jährlich 398.000 Euro entstehen. Für die Wirtschaft werden Weitere Kosten in geringem Umfang in Form von Gebühren entstehen. |
"One in one out"-Regel | Im Sinne der "One in one out"-Regel der Bundesregierung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "Out" von 1,2 Mio. Euro dar. |
Das Ressort hat den Erfüllungsaufwand und die Weiteren Kosten nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Folgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf. |
II. Im Einzelnen
Mit dem Regelungsentwurf werden national zugelassene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin aus der Verschreibungspflicht des Arzneimittelgesetzes entlassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 12. September 2019 festgestellt, dass die Verschreibungspflicht für bestimmte Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin gegen allergische Reaktionen die klagende Zulassungsinhaberin, ein pharmazeutisches Unternehmen, in ihren Rechten verletzt. Deshalb soll mit dem Regelungsentwurf für bestimmte desloratadinhaltige Arzneimittel die Verschreibungspflicht entfallen.
II.1. Erfüllungsaufwand
Bürgerinnen und Bürger
Die Bürgerinnen und Bürger sollen mit dem Regelungsentwurf entlastet werden. Da für bestimmte Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin die Verschreibungspflicht entfallen soll, wird ein Arztbesuch entbehrlich. Diese Arzneimittel wurden zu Lasten der gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und privater Krankenversicherungen (PKV) im Jahr 2018 in 365.000 Fällen verschrieben (davon PKV 33.000 Fälle). Für einen Arztbesuch setzt das Ressort einen durchschnittlichen Zeitaufwand von 30 Minuten an. Insgesamt ergibt sich daraus eine jährliche Zeitersparnis von 183.000 Stunden (30 Minuten x 365.000). Das entspricht einer Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von 4,6 Mio. Euro (183.000 Stunden x 25 Euro).
Wirtschaft
Pharmazeutische Unternehmer
Für pharmazeutische Unternehmer entsteht Erfüllungsaufwand insbesondere für die Änderung der Kennzeichnung auf Packungsmaterialien, Packungsbeilagen sowie von Fachinformationen. Änderungen dazu übermittelt der pharmazeutische Unternehmer per Änderungsanzeige der Zulassungsbehörde. Dafür entsteht einmaliger Erfüllungsaufwand von 5.000 Euro.
Verschreibende Personen (Ärzteschaft)
Aufgrund der partiellen Entlassung von desloratadinhaltigen Arzneimitteln aus der Verschreibungspflicht werden bestimmte Arzneimittel nicht mehr von der GKV erstattet. Diese Arzneimittel wurden im Jahr 2018 in 332.000 Fällen zu Lasten der GKV verschrieben. Daher werden Ärzte künftig weniger Rezepte ausstellen, so dass für das Ausfüllen und Ausdrucken eines Rezeptes 3 Minuten eingespart werden. Das Ressort hat dafür einen mittleren Lohnkostensatz von 35,60 Euro angesetzt. Für Arztpraxen bedeutet das einen Minderaufwand von 1,80 Euro pro Rezept. Daraus folgt eine jährliche Entlastung von insgesamt 598.000 Euro (1,80 Euro x 332.000 Fälle).
Apotheken
In Apotheken sind aufgrund der rechtlichen Anpassung künftig weniger Rezepte zu bearbeiten. Dadurch entfallen auch für Apotheker und nicht approbiertes Personal 3 Minuten Bearbeitungszeit pro Rezept bei einem mittleren Lohnkostensatz von 35,60 Euro. Für Apotheken entfällt damit Aufwand von 1,80 Euro pro Rezept. Sie werden zukünftig 332.000 Rezepte weniger bearbeiten und dadurch um jährlich insgesamt 598.000 Euro entlastet (1,80 Euro x 332.000 Fälle).
Verwaltung
Der Verwaltung entsteht geringer einmaliger Erfüllungsaufwand für die Bearbeitung der Änderungsanzeigen der pharmazeutischen Unternehmen.
Das Ressort hat den Erfüllungsaufwand plausibel und nachvollziehbar dargestellt.
II.2. Weitere Kosten
Aufgrund des Regelungsentwurfs haben pharmazeutische Unternehmer für betroffene
Arzneimittel Änderungsanzeigen einzureichen. Dafür entstehen Gebühren von 5.700 Euro.
Da bestimmte Arzneimittel mit dem Wirkstoff Desloratadin künftig nicht mehr zu Lasten der GKV verschreibungsfähig sind, haben Bürgerinnen und Bürger die Kosten für diese Arzneimittel selbst zu tragen. Bei 332.000 GKV-Verschreibungen im Jahr 2018 und der Zuzahlung von durchschnittlich 5 Euro pro Packung ergab sich für GKV-Versicherte bisher ein Selbstkostenanteil von 1,54 Mio. Euro. Diese Arzneimittel sind künftig vollständig von GKV-Versicherten zu bezahlen. Das Ressort geht von einem künftigen mittleren Apothekenabgabepreis von 6,20 Euro pro Packung (20 Tabletten) aus. Daraus ergibt sich eine zusätzliche Belastung für GKV-Versicherte von jährlich 398.000 Euro (1,20 Euro x 332.000 Fälle).
Die Weiteren Kosten hat das Ressort plausibel dargestellt.
II.3. "One in one out"-Regel
Im Sinne der "One in one out"-Regel der Bundesregierung stellt der jährliche Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein "Out" von 1,2 Mio. Euro dar.
III. Ergebnis
Das Ressort hat den Erfüllungsaufwand und die Weiteren Kosten nachvollziehbar dargestellt. Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Folgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.
Prof. Dr. Kuhlmann Wicklein
Stellv. Vorsitzende Berichterstatterin