Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen

993. Sitzung des Bundesrates am 18. September 2020

Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik und der Gesundheitsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 33 Absatz 2a Satz 2 Nummer 2 EStG)

In Artikel 1 Nummer 1 sind in § 33 Absatz 2a Satz 2 Nummer 2 die Wörter "oder mit Merkzeichen "H" durch die Wörter "mit dem Merkzeichen "H" oder mit dem Pflegegrad 4 oder 5" zu ersetzen.

Begründung:

Nach dem Wortlaut des § 33 Absatz 2a Satz 2 Nummer 2 EStG-E kann der behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschbetrag von 4 500 Euro von Schwerstpflegebedürftigen (Pflegegrad 4 oder 5) nur beansprucht werden, wenn sie zugleich im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit den Merkzeichen "aG" oder "H" sind. Nach § 65 Absatz 2 Satz 2 EStDV steht dem Merkzeichen "H" die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger gleich. Von daher stellt sich die Frage, ob mit der ausdrücklichen gesetzlichen Nennung des Merkzeichens "H" die lediglich durch die EStDV gleichgestellten Schwerstpflegebedürftigen von dem behinderungsbedingten Fahrtkosten-Pauschbetrag ausgeschlossen sind. Ein Ausschluss der Schwerstpflegebedürftigen erscheint jedoch nicht angezeigt. In den Fällen mit steuerlicher Auswirkung würden die Schwerstpflegebedürftigen ansonsten die Versorgungsbehörden um die Ausstellung eines entsprechenden Schwerbehindertenausweises bemühen müssen.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b, Buchstabe c Doppelbuchstabe aa0 -neu-, Doppelbuchstabe bb (§ 33b Absatz 2, Absatz 3 Satz 1, Satz 3 EStG)

Artikel 1 Nummer 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Personen, die hilflos sind, können nach § 33b Absatz 3 Satz 3 EStG einen Behinderten-Pauschbetrag von 7 400 Euro geltend machen. Die Formulierung im Gesetzentwurf gewährt diesen Pauschbetrag nur für Menschen mit Behinderung. Dies legt zunächst nahe, dass er bei Schwerstpflegebedürftigen nur dann gilt, wenn zusätzlich auch ein Grad der Behinderung festgestellt ist. Es wäre den Steuerpflichtigen kaum verständlich zu machen, weshalb sie nur für Besteuerungszwecke den zusätzlichen und sachlich überflüssigen Aufwand der Antragstellung und des Verwaltungsverfahrens bei der Versorgungsbehörde auf sich nehmen müssten. Von daher sollen diese Zweifel durch eine eindeutige Gesetzesformulierung beseitigt werden. Dies entspricht inhaltlich auch der aufgrund der auf § 33b Absatz 7 EStG beruhenden Regelung in der EStDV. Nach 65 Absatz 2 Satz 2 EStDV steht dem Merkzeichen "H" die Einstufung als pflegebedürftige Person mit schwersten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in die Pflegegrade 4 oder 5 nach dem SGV XI, dem SGV XII oder diesen entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen gleich. Anstelle eines Nachweises einer Behinderung mit dem Merkzeichen "H" reicht demnach für die Gewährung des erhöhten Behinderten-Pauschbetrags bei schwerstpflegebedürftigen Menschen die Vorlage eines Bescheides über die Einstufung im Pflegegrad 4 oder 5 ohne die zusätzliche Feststellung eines Grads der Behinderung aus. Die Feststellung eines Grads der Behinderung hätte in diesen Fällen nur formellen Charakter. Hiervon ging der Gesetzgeber bereits bei Einführung der Regelung des § 65 Absatz 2 Satz 2 EStDV im Rahmen des Jahressteuergesetzes 1997 aus. Durch die Gleichstellung des Merkzeichens "H" mit den Pflegegraden 4 und 5 sollte den Steuerpflichtigen bzw. ihren Angehörigen und der Verwaltung die zusätzliche Beantragung der Anerkennung einer Behinderung mit dem Merkzeichen "H" erspart werden (vgl. hierzu Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages zum Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 1997, BT-Drs. 013/5952, Artikel 13 Nummer 3 Buchstabe a; Seite 52). Diese Ergänzung hat deklaratorischen Charakter und stellt sicher, dass künftig an die Gewährung des erhöhten Behinderten-Pauschbetrags bei schwerstpflegebedürftigen Menschen bundesweit einheitlich auf das Vorliegen der Pflegegrade 4 oder 5 abgestellt wird und die zusätzliche Feststellung eines Grades der Behinderung nicht notwendig ist.

3. Zu Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b (§ 65 Absatz 1 EStDV)

In Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe b ist § 65 Absatz 1 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Aus datenschutzrechtlichen Gründen sollte auch zukünftig wie bisher für die Betroffenengruppen mit einem Grad der Behinderung unter 50, die keinen Schwerbehindertenausweis haben, die Vorlage einer Bescheinigung der Schwerbehindertenstelle genügen. Es ist kein Grund zu erkennen, warum die Verordnung von der bisherigen Möglichkeit, eine Bescheinigung ohne Gesundheitsdaten vorzulegen, abweicht. Die Vorlage des Bescheides, wie es die Verordnung vorsieht, zwingt die Betroffenen faktisch zur Preisgabe der im Bescheid enthaltenen besonders sensiblen Gesundheitsdaten und ist daher abzulehnen.

4. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren, Regelungen zu einer in angemessenen Abständen erfolgenden dynamischen Erhöhung der Behinderten- und der Pflege-Pauschbeträge in das vorgeschlagene Gesetz aufzunehmen.

Begründung:

Die jetzt vorgesehene Erhöhung der Behindertenpauschbeträge ist die erste seit 1979. Der Nachteilsausgleich der Behinderten-Pauschbeträge dient dazu, den Betroffenen mehr Mittel für die Teilhabe an der Gemeinschaft zu belassen, die sie aufgrund ihrer Behinderung aufwenden müssen. Eine dynamische Erhöhung in angemessenen Abständen würde diesen Effekt dauerhaft sicherstellen, wohingegen eine einmalige, statische Erhöhung die Zweckerreichung aufgrund der Preisentwicklungen auf Dauer wieder konterkariert. Gleiches gilt für die Pflege-Pauschbeträge.

5. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in bestimmten Abständen die Wirkung der Behinderten- und der Pflege-Pauschbeträge zu prüfen und dem Gesetzgeber sich daraus ergebenden gesetzlichen Änderungsbedarf vorzuschlagen.

Begründung:

Die jetzt vorgesehene Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge ist die erste seit 1979. Der Nachteilsausgleich der Behinderten-Pauschbeträge dient dazu, den Betroffenen mehr Mittel für die Teilhabe an der Gemeinschaft zu belassen, die sie aufgrund ihrer Behinderung aufwenden müssen. Eine Prüfung der Wirkung in bestimmten Abständen würde sicherstellen, dass weiterer Handlungsbedarf rechtzeitig erkannt wird. Gleiches gilt für die Pflege-Pauschbeträge.