Der Bayerische Ministerpräsident München, 9. April 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur steuerlichen Entlastung verbilligter Wohnraumüberlassungen mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 976. Sitzung am 12. April 2019 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates zur steuerlichen Entlastung verbilligter Wohnraumüberlassungen
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. In vielen Regionen Deutschlands, insbesondere in den Großstädten, sind die Mieten innerhalb des vergangenen Jahrzehntes rapide angestiegen, so dass die Entwicklung der Einkommen nicht mehr mithalten konnte. Die Folge ist eine steigende Wohnkostenbelastung. Diese trifft Haushalte mit geringem Einkommen in besonderer Weise. Wohnen droht dort immer mehr zum Luxus zu werden. Für eine nachhaltige Entspannung der Situation kann nach Auffassung des Bundesrates nur eine bedarfsgerechte Neubautätigkeit sorgen, die neben einer Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus auf einer langfristigen Ausweitung der Investitionstätigkeit im frei finanzierten Wohnungsbau gründen muss.
- 2. Auch Arbeitgeber sind gefordert, ihren Beitrag für bezahlbares Wohnen durch Investitionen in Werkswohnungen zu leisten. Viele Unternehmen, besonders in den Ballungszentren, haben ein Interesse, günstige Wohnungen für ihre Mitarbeiter und Auszubildenden bereitzustellen. Allerdings verliert dieses Engagement infolge der steuerlichen Auswirkungen an Attraktivität. Denn Wohnraumüberlassungen durch den Arbeitgeber unterhalb der fremdüblichen Miete sind für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer grundsätzlich ein geldwerter Vorteil, für den Lohnsteuer zu zahlen ist und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind. Für den Arbeitgeber verursacht die verbilligte Wohnraumüberlassung einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand, da er die Höhe des steuerpflichtigen Vorteils ermitteln und überwachen muss. Eine wesentliche Erleichterung in dieser Hinsicht könnte nach Auffassung des Bundesrates die Einführung einer gesetzlichen Nichtaufgriffsgrenze schaffen, durch die ein Unterschreiten der fremdüblichen Miete innerhalb eines gewissen Toleranzbereiches nicht zur Versteuerung eines geldwerten Vorteils führt. Dies würde auch dazu beitragen, Mieterhöhungspoten-ziale nicht stets vollständig ausschöpfen zu müssen, um nicht mit steuerrechtlichen Risiken konfrontiert zu werden.
- 3. Weitergehend hält es der Bundesrat für erforderlich, verbilligte Wohnraumüberlassungen auch jenseits einer Nichtaufgriffsgrenze steuerlich zu entlasten. Hierzu sollte bis zu einem bestimmten Bruttolohn des Arbeitnehmers die Möglichkeit einer Pauschalversteuerung geschaffen werden, wie sie bereits heute für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung arbeitstäglicher Mahlzeiten gilt. Die pauschale Lohnsteuer würde dann vom Arbeitgeber getragen, so dass der Nettolohn des Arbeitnehmers nicht gemindert wird.
- 4. Steuerliche Vorschriften können bezahlbarem Wohnraum auch auf dem freien Wohnungsmarkt entgegenstehen. Betroffen sind insbesondere Fälle langjähriger Mietverhältnisse, bei denen Vermieter über einen längeren Zeitraum hinweg Mieterhöhungspotenziale nicht oder nicht vollständig ausgeschöpft haben. Unterschreitet die tatsächliche Miete 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete, kann nach geltender Rechtslage der Vermieter seine Werbungskosten nur noch anteilig steuerlich geltend machen. Der Bundesrat hält es grundsätzlich für sinnvoll, an einer Teilentgeltlichkeitsgrenze festzuhalten. Angesichts regional sehr dynamischer Mietpreisentwicklungen erscheint mehr Flexibilität angezeigt. Vermieter, die sich über Jahre hinweg mit Mieterhöhungen zurückgehalten haben, sollen nicht durch einen nur noch beschränkten Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug zusätzlich steuerlich belastet werden. Aus Sicht des Bundesrates sollte daher die Grenze zur Teilentgeltlichkeit von derzeit 66 Prozent auf 50 Prozent abgesenkt werden.
- 5. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die aufgezeigten Maßnahmen zur steuerlichen Entlastung verbilligter Wohnraummaßnahmen im Rahmen des nächsten Steuergesetzgebungsverfahrens aufzugreifen und so die steuerlichen Rahmenbedingungen bei Wohnraumüberlassung unter dem örtlichen Marktniveau zielgenau zu verbessern.