Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 6. Februar 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und die Landesregierung von Thüringen haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage mit Begründung beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Einschränkung von Mikroplastikeinträgen zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 974. Sitzung des Bundesrates am 15. Februar 2019 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tschentscher
Entschließung des Bundesrates zur Einschränkung von Mikroplastikeinträgen
- 1. Der Bundesrat ist besorgt, dass neben dem wahrnehmbaren Eintrag von Kunststoffabfällen in die Umwelt, auch eine zunehmende Verschmutzung der Gewässer, Meere und Böden mit Mikroplastik festzustellen ist.
Die Quellen von Mikroplastik sind vielfältig. So gelangt Mikroplastik u.a. als Abrieb von Reifen und Textilien, Kunstrasen sowie als bewusster Zusatz zu Kosmetika oder anderen Produkten über die Abwässer in Flüsse, Seen und Meere. Durch Klärschlämme, Agrarkunststoffe, belasteten Kompost, Verwehungen und Überschwemmungen ist ein Eintragsweg in die Böden gegeben. Über Aufnahme durch Lebewesen wird es Teil der Nahrungskette und damit auch zu einer Belastung der menschlichen Nahrungsgrundlagen sowie möglicherweise der menschlichen Gesundheit.
Der Bundesrat hält daher weitergehende Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung dieser Einträge für dringend geboten.
- 2. Der Bundesrat hält das Zusetzen von Mikroplastik und anderen schwer abbaubaren Polymeren in Reinigungs-, Hygiene- und Kosmetikartikeln sowie vielen weiteren Produkten für nicht erforderlich. Der Bundesrat sieht die Hersteller solcher Produkte in einer besonderen Verantwortung und bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Hersteller auf den Zusatz von Mikroplastik verzichten.
- 3. Angesichts des bereits bestehenden Ausmaßes der Verbreitung von Mikroplastik in der aquatischen Umwelt bittet der Bundesrat die Bundesregierung, aus Gründen des Gewässer-, Meeres- und Gesundheitsschutzes auch nationale Verbote oder Beschränkungen von Produkten mit bewusst zugesetzten Kunststoffpartikeln und anderen schwer abbaubaren Polymeren zu prüfen.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine Verminderung von Mikroplastik aus dem Abrieb von Reifen, Textilien und anderen Kunststoffartikeln vordringlich eine Frage des Produktdesigns darstellt. Abwässer z.B. von Straßen und Wegen müssten mit hohem Aufwand entsprechend vorbehandelt werden, bevor sie in Gewässer eingeleitet werden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zu prüfen, mit welchen Maßnahmen eine wirksame Minderung des Eintrags von Mikroplastikpartikeln und schwer abbaubaren Polymeren in Gewässer und in die Böden bezogen auf Menge und Schädlichkeit erreicht werden kann.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich weiterhin auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die von der EU-Kommission im Rahmen der Europäischen Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft (Bundesratsdrucksache 013/18 (PDF) ) angekündigten Maßnahmen zur Eindämmung der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik umgehend umgesetzt werden.
Begründung:
Plastik enthält verschiedene chemische Zusatzstoffe wie z.B. Weichmacher. An Mikroplastik können sich zudem diverse organische Schadstoffe und Schwermetalle ansammeln. Dadurch wird ein zusätzlicher, aber vermeidbarer Eintragspfad von langlebigen Schadstoffen in die Nahrungskette geschaffen. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand kann nicht ausgeschlossen werden, dass Mikroplastik das Verhalten und die Vermehrung von Fischlarven negativ beeinflusst und damit die Fischbestände gefährdet. Neuere Studien ergeben auch, dass die Auswirkungen von Mikroplastik in Böden die Ökosysteme dauerhaft negativ beeinflussen. Ebenso ist eine gesundheitliche Gefährdung des Menschen nach derzeitigem Wissensstand möglich bzw. kann nicht ausgeschlossen werden.
Der Bundesrat hat in seinem Beschluss vom 02.03.2018 (Drucksache 013/18 (PDF) Beschluss) die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft grundsätzlich begrüßt und sie als geeignet bezeichnet, zur Verwirklichung einer modernen, CO₂-armen, ressourcen- und energieeffizienten Wirtschaft und damit zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele für 2030 wie auch der Ziele des Übereinkommens von Paris beizutragen.
Damit zielt die Strategie auf eine mittel- bis langfristige Veränderung in der Kunststoffwirtschaft. Der Bundesrat fordert zudem mit Beschluss vom 6.7.2018 (Drucksache 224/18 (PDF) Beschluss) neben Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Reduktion von Kunststoffeinträgen ein EU-weites Verbot von Mikroplastik in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie in Kosmetika
Die Europäische Kommission hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA beauftragt, Beschränkungen von bewusst zugesetzten Mikroplastikpartikeln zu prüfen. Maßnahmen auf nationaler Ebene können aber zusätzlich ergriffen werden, zumal Ergebnisse nicht vor März 2020 zu erwarten sind. Von dieser Möglichkeit machen einige Mitgliedstaaten wie Schweden, Italien oder Großbritannien Gebrauch. Kosmetikprodukte sind zwar nicht die größte Quelle für Mikroplastikverunreinigungen und viele Unternehmen der Kosmetikbranche verzichten bereits freiwillig bei bestimmten Produkten auf das Zusetzen von Mikroplastik. Aus Gründen des Schutzes der heimischen Gewässer und angesichts der Unsicherheit, ob ein EU-weites Verbot zeitnah ergeht, sollte die Bundesregierung die Prüfung einer nationalen Verbotsregelung mindestens für das bewusste Zusetzen von Mikroplastik in Produkte einleiten und ggf. dem Vorbild anderer Staaten wie Italien, USA, Kanada, Neuseeland und Schweden folgen.