Der Bundesrat hat in seiner 891. Sitzung am 16. Dezember 2011 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Kommission, die Risiken von Offshore-Unfällen bei der Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen zu verringern und eine wirksame Reaktion auf Unfälle in den Gewässern der Union sicherzustellen. Er stimmt mit der Kommission in der Auffassung überein, dass mit der Vereinheitlichung des Rechtsrahmens auf hohem Niveau und der Anwendung bester Praktiken die Wahrscheinlichkeit von schweren Unfällen in EU-Gewässern verringert wird. Der Bundesrat begrüßt die Bestrebungen der Kommission, die Folgen von schweren Unfällen durch eine Stärkung der Notfallplanung sowie die systematische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu begrenzen. Er teilt die Einschätzung der Kommission zu der Notwendigkeit einer Verbesserung der Haftungsregelungen.
- 2. Der Bundesrat sieht allerdings die in Artikel 19 in Verbindung mit Anhang III des Vorschlags festgelegten Mindestkriterien, nach denen die zuständige Behörde u.a. von der Steuer- und Abgabeerhebung sowie der Vergabe von Bergbauberechtigungen (Lizenzerteilung) gänzlich unabhängig sein soll, als bedenklich an. Die Länder haben die Zuständigkeit für die bergbaulichen Offshoreaktivitäten der Erdöl- und Erdgasindustrie auf eine Landesbehörde konzentriert, die ebenfalls für die bergbaulichen Belange im Onshorebereich zuständig ist. Diese Organisationsform ist effizient, in sachlicher und rechtlicher Hinsicht angemessen und hat sich in den letzten Jahrzehnten in der Verwaltungspraxis bewährt.
Der Eingriff in die Organisationshoheit der Länder ist angesichts der vergleichsweise geringen Bedeutung der Erdöl- und Erdgasgewinnung in den deutschen Gebieten von Ost- und Nordsee auch unverhältnismäßig.
- 3. Kritisch sieht der Bundesrat auch die Befugnis der Kommission nach Artikel 34 zum Erlass von delegierten Rechtsakten. Dies ermöglicht es der Kommission, nicht nur die Mindestkriterien für die Organisation der zuständigen Behörde, sondern auch die Bereitstellung angemessener Ressourcen für die Schulung und Kommunikation, den Zugang zu Technologie sowie Reise- und Aufenthaltskosten für die mit Regulierungsaufgaben betrauten Mitarbeiter der zuständigen Behörden zu regeln. Aufgrund der mit diesen Anpassungen möglicherweise verbundenen direkten Auswirkungen von Rechtsakten der Kommission auf die Organisation und die Haushalte der Länder ist eine solche Regelung abzulehnen.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen zu klären, ob und in welchem Umfang der Vorschlag für die mit Offshore-Infrastrukturen verbundenen internationalen Transitrohrleitungen anwendbar ist.
Der Vorschlag der Kommission gilt nach Maßgabe von Artikel 1 Absatz 2 für alle in Artikel 2 definierten "Offshore-Erdöl- und -Erdgasaktivitäten". Damit ist der Vorschlag auch für den Transport von Erdöl und Erdgas über eine Offshore-Infrastruktur an Land, wie zum Beispiel Transitrohrleitungen oder sonstige Anlagen, anwendbar. Die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen zum Transport von Erdöl oder Erdgas fallen jedoch nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie 94/22/EG, was zu Vollzugsproblemen führen kann. Beispielhaft wird auf die in Artikel 6 getroffenen Regelungen verwiesen, nach denen Anlagen nur in Lizenzgebieten gemäß der Richtlinie 94/22/EG betrieben werden dürfen.