Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 4. Februar 2010
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage mit Begründung beigefügten Antrag für eine
- Entschließung des Bundesrates "Zukunft der Bahn sichern"
einzubringen.
Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 866. Sitzung des Bundesrates am 12. Februar 2010 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
Entschließung des Bundesrates "Zukunft der Bahn sichern"
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Festlegung im Koalitionsvertrag, wonach der Bund die geeigneten Instrumente schaffen wird, um dem Bund und den Ländern einen vertieften Einblick in die Umsetzung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zu ermöglichen. Der Bundesrat geht davon aus dass dabei die Beteiligungsrechte der Länder im Sinne eines Monitoring und bei der Fortschreibung der LuFV gestärkt werden. Er verweist zu den Forderungen der Länder auf Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot (Drucksache 315/08(B) ) und hält eine gesetzliche Regelung weiterhin für erforderlich.
- 2. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen der Bundesregierung, die Vorschläge zur Einführung eines Deutschlandtaktes im Schienenpersonenverkehr einer sorgfältigen Prüfung unter Beteiligung der Länder zu unterziehen. Er hält auch insoweit zur Sicherung des Schienenpersonenfernverkehrs eine gesetzliche Grundlage für zielführend.
- 3. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung für regionale Schienenstrecken neue Betreibermodelle ermöglichen will, um den Ländern und Aufgabenträgern Einfluss etwa auf Modernisierung und Regionalisierung zu geben. Die Länder betonen ihr hohes Interesse an einer schnellen Realisierung von Pilotprojekten.
- 4. Hinsichtlich des Vorhabens, die Trassen- und Stationspreise einer Anreizregulierung zu unterwerfen und die Bundesnetzagentur zu stärken, verweist der Bundesrat darauf, dass hierzu ein ausgearbeitetes Konzept der Bundesnetzagentur vorliegt. Dieses sollte zügig und prioritär umgesetzt werden. Im Übrigen begrüßt der Bundesrat, dass auch Regulierungsrechte in anderen Bereichen (Zugang zu Service-Einrichtungen, Bezug von Bahnstrom, Vertriebsleistungen) eingeführt werden sollen.
- 5. Der Bundesrat hält es für zielführend, dass zukünftig die Trassenerlöse und Stationsentgelte ausschließlich bei den DB-Infrastrukturgesellschaften verwendet und eine Abführung an die Holding ausgeschlossen werden sollen. Die angestrebte Neukonzeption für die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft durch Herstellung eines Finanzierungskreislaufes Straße darf nach Auffassung des Bundesrates allerdings nicht dazu führen, dass für Erhalt und Ausbau der Schienenwege des Bundes weniger Mittel zur Verfügung stehen.
- 6. Die geplante Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Finanzierung nichtbundeseigener Eisenbahninfrastruktur für die Einbindung in das Schienengüterfernverkehrsnetz wird vom Bundesrat begrüßt. Der Bundesrat fordert darüber hinaus, eine gesetzliche Grundlage für eine generelle Mitfinanzierung von NE-Infrastrukturmaßnahmen durch den Bund zu schaffen.
- 7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die notwendigen Prüfungen unter Einbeziehung der Länder unverzüglich einzuleiten und sodann schnellstmöglich die gesetzlichen Grundlagen für die angesprochenen Maßnahmen zu schaffen.
- 8. Der Bundesrat teilt die vom Bundesverkehrsministerium geäußerte Auffassung, dass der prognostizierte Zuwachs im Güterverkehr möglichst weitgehend auf die Schiene verlagert werden muss. Er unterstützt daher die von Seiten des Bundesverkehrsministers geäußerte Absicht, das Schienennetz massiv auszubauen. Er bittet die Bundesregierung, die hierfür notwendigen planungs- und haushaltsrechtlichen Voraussetzungen umgehend zu schaffen. Im Übrigen begrüßt der Bundesrat, dass die Bundesregierung kürzlich bekannt gewordene Pläne der DB AG ablehnt, eine Reihe von Vorhaben zur Verbesserung der Schieneninfrastruktur nicht zu verwirklichen.
- 9. Vor diesem Hintergrund betont der Bundesrat erneut, dass eine angemessene Finanzausstattung für die Schieneninfrastruktur und Schienenverkehrsangebote unabdingbar ist, um das Gesamtsystem Schiene für die Herausforderungen der Zukunft leistungsfähig zu halten und weiterzuentwickeln.
Begründung:
Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält im Hinblick auf die bahnpolitischen Forderungen der Länder grundsätzlich einige weiterführende Ansätze.
Aufbauend darauf ist die Bundesregierung aufzufordern, alle zu den angesprochenen bahnpolitischen Fragen notwendigen Prüfungen unter Einbeziehung der Länder unverzüglich einzuleiten und schnellstmöglich die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Dabei ist auf das vom Bundesrat in der letzten Legislaturperiode eingebrachte Gesetz zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot (Drucksache 315/08(B) ) Bezug zu nehmen; die Länder halten grundsätzlich auch weiterhin die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die in dem Gesetzentwurf angesprochenen Themen für erforderlich.
Die Schieneninfrastruktur ist bekanntlich seit Jahren unterfinanziert. Dies zeigt sich auch besonders deutlich in der vor kurzem veröffentlichten Streichliste der DB AG, die wesentliche Projekte als mittelfristig nicht realisierbar darstellt. Daher bleibt die Forderung der Bereitstellung einer angemessenen Finanzausstattung vor dem Hintergrund der Herausforderungen der Zukunft dringlich. Dies wird auch durch Äußerungen von Verkehrsminister Dr. Ramsauer in den Medien unterstrichen, das Schienennetz wegen der prognostizierten Steigerungen im Güterverkehr massiv ausbauen zu wollen. Die Länder verweisen weiter darauf, dass sie als größter Kunde des Netzes im Hinblick auf ihre gesetzliche Verantwortung für den Nahverkehr in besonderer Weise auf eine qualitativ hochwertige Schieneninfrastruktur angewiesen sind sie müssen deshalb in die Umsetzung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die zwischen Bund und DB AG über den Netzerhalt abgeschlossen wurde stärker eingebunden werden.
Rund die Hälfte der von den Ländern für die Bestellung von Schienenverkehren aufzuwendenden Zuschüsse entfallen auf Trassen- und Stationsentgelte. Die DB AG hat diese in der Vergangenheit in weit stärkerem Maße erhöht, als dies der Dynamisierung der Regionalisierungsmittel entspricht. Eine Begrenzung des Anstiegs der Infrastrukturentgelte ist daher dringlich. Dazu soll die Entwicklung der Infrastrukturentgelte einer Anreizregulierung durch die Bundesnetzagentur unterworfen werden. Die Grundzüge dazu sind bereits unter Beteiligung der Länder erarbeitet.
Auch neue Betreibermodelle für regionale Schienenstrecken, die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellt werden, erlauben voraussichtlich Kostenersparnisse beim Betrieb des Netzes. Schließlich ist es zielführend, die Einnahmen aus den Trassenerlösen und den Stationsentgelten den DB Infrastrukturgesellschaften ohne Abführung an den DB-Konzern unmittelbar zukommen zu lassen. Damit stehen dort für den Erhalt des Netzes mehr Mittel zur Verfügung, wodurch einer Erhöhung der Infrastrukturbenutzungsentgelte entgegen gewirkt werden kann.
Der Koalitionsvertrag sieht vor, die rechtlichen Voraussetzungen für die Finanzierung von nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastrukturen zur Einbindung in das Schienengüterfernverkehrsnetz zu schaffen. Dies ist allerdings nicht ausreichend.
Vielmehr benötigen alle nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastrukturunternehmen für die Aufrechterhaltung leistungsfähiger Netze eine Unterstützung durch den Bund.
Einige Bereiche des Eisenbahnwesens sind noch nicht einer Regulierung und damit einer ausreichenden Aufsicht durch die Bundesnetzagentur unterworfen. Dies betrifft vor allem den Vertrieb (Fahrkartenverkauf) und den Bezug von Bahnstrom. Auch hierfür sind die Voraussetzungen für einen diskriminierungsfreien Wettbewerb zu schaffen. Die angekündigte Einführung von Regulierungsrechten in diesen Bereichen ist zügig umzusetzen.
Die Länder beobachten seit Jahren mit großer Sorge die Einschränkung von Fernverkehrsangeboten der DB AG. Aus einigen Regionen hat sich die DB AG zwischenzeitlich mit Fernverkehrsangeboten vollständig zurückgezogen. Es bleibt daher weiter eine Forderung der Länder an den Bund, seinem grundgesetzlichen Auftrag für die Sicherung dieser Angebote gerecht zu werden. Bisher hat der Bund eine gesetzliche Regelung insoweit abgelehnt. Vor diesem Hintergrund ist die angekündigte Prüfung eines Deutschland-Taktes zu begrüßen. Ein solcher Takt würde ein bundesweit abgestimmtes Taktangebot im Fern- und Nahverkehr umfassen.