Der Bundesrat hat in seiner 952. Sitzung am 16. Dezember 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1
In Artikel 1 ist nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:
'1a. § 36 wird wie folgt geändert:
- a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
- b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
(2) Stauanlagen und Stauhaltungsdämme sind nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten; die Anforderungen an den Hochwasserschutz müssen gewahrt sein. Wer Stauanlagen und Stauhaltungsdämme betreibt, hat ihren ordnungsgemäßen Zustand und Betrieb auf eigene Kosten zu überwachen (Eigenüberwachung). Durch Rechtsverordnung der Landesregierung oder durch Entscheidung der zuständigen Behörde kann bestimmt werden, welchen Anforderungen die Eigenüberwachung genügen muss, insbesondere können Art, Umfang, Häufigkeit und Qualität der Überwachung näher geregelt werden. Die Landesregierung kann die Ermächtigung nach Satz 3 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen. Entsprechen vorhandene Stauanlagen oder Stauhaltungsdämme nicht den vorstehenden Anforderungen, so kann die zuständige Behörde die Vorlage entsprechender Nachweise und die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen innerhalb angemessener Fristen anordnen. Abweichende Rechtsvorschriften der Länder bleiben unberührt." '
Begründung:
Die vorgeschlagene Ergänzung des § 36 WHG soll dazu beitragen, die Gefahren von Stauanlagen und Stauhaltungsdämmen insbesondere bei Hochwasser zu verringern. Für Wassergewinnungsanlagen und Abwasseranlagen enthält das WHG die Vorgabe, diese nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu errichten, betreiben und unterhalten. Eine entsprechende Verpflichtung gibt es nicht für andere Anlagen. Insbesondere bei älteren Stauanlagen und Stauhaltungsdämmen besteht zum Teil erhebliches Gefährdungspotenzial im Hochwasserfall. Die Möglichkeiten, eine "Nachrüstung" auf bzw. die Unterhaltung nach den jeweils geltenden Regeln der Technik anzuordnen, stellen sich in der Praxis in einer Vielzahl von Fällen schwierig dar.
Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an den Regelungen für Wassergewinnungsanlagen und Abwasseranlagen (§ 50 Absatz 4 und 5, § 60 Absatz 1 WHG).
2. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (§ 71 Absatz 1 Satz 3 - neu - WHG)
Artikel 1 Nummer 2 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:
- 'b) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1 und nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt:
"In den Fällen der Sätze 1 und 2 ist die Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nicht selbstständig anfechtbar." '
Begründung:
Mit dem eingefügten Satz wird klargestellt, dass eine im Rahmen der Planfeststellung oder -genehmigung erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung mit Rechtsmitteln nicht eigenständig (also unabhängig von dem Planfeststellungbeschluss bzw. der Plangenehmigung) angegriffen werden kann. Dies führt zur Vermeidung zusätzlicher gerichtlicher Verfahren und trägt damit zur Beschleunigung von Verfahren bei Gewässerausbaumaßnahmen, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen, bei.
3. Zu Artikel 1 Nummer 4 ( § 77 WHG) Artikel 1 Nummer 4 ist zu streichen.
Folgeänderung:
Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d ist zu streichen.
Begründung:
Die im Gesetzentwurf vorgesehene beispielhafte Bestimmung von möglichen Ausgleichsmaßnahmen durch § 77 Absatz 1 Satz 3 WHG ist nicht erforderlich und in jedem Fall abzulehnen, wenn auf Zeitpunkte vor dem Verlust der Rückhaltefläche abgestellt wird.
4. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 78 Absatz 1 bis 3 WHG)
In Artikel 1 Nummer 5 sind in § 78 die Absätze 1 bis 3 durch folgende Absätze 1 und 2 zu ersetzen:
- (1) Die Ausweisung von neuen Baugebieten im Außenbereich nach § 35 des Baugesetzbuches in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem Baugesetzbuch sowie jede Änderung der Festsetzung eines Baugebiets im Sinne des § 1 Absatz 3 Satz 1 der Baunutzungsverordnung ist in festgesetzten und vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten verboten, soweit die Änderung nicht ausschließlich der Verbesserung des Hochwasserschutzes dient. Satz 1 gilt entsprechend für die Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Gebiet nach § 34 Absatz 2 des Baugesetzbuches sowie für Satzungen nach § 34 Absatz 4 des Baugesetzbuches. Satz 1 gilt nicht für Bauleitpläne für Häfen und Werften.
- (2) Die zuständige Behörde kann abweichend von Absatz 1 die Ausweisung neuer Baugebiete im Außenbereich ausnahmsweise zulassen, wenn keine anderen Möglichkeiten der Siedlungsentwicklung bestehen oder geschaffen werden können und das neu auszuweisende Gebiet unmittelbar an ein bestehendes Baugebiet angrenzt. Sie kann abweichend von Absatz 1 in Gebieten, die nach § 30 Absatz 1 und 2 oder § 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, eine Änderung der Festsetzung eines Baugebiets im Sinne des § 1 Absatz 3 Satz 1 der Baunutzungsverordnung ausnahmsweise zulassen, wenn damit keine oder nur eine unwesentliche Erhöhung des Schadenspotenzials zu besorgen ist. Ausnahmen nach den Sätzen 1 und 2 dürfen im Übrigen nur zugelassen werden, wenn
- 1. eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit oder erhebliche Sachschäden nicht zu befürchten sind,
- 2. der Hochwasserabfluss und die Höhe des Wasserstandes nicht nachteilig beeinflusst werden,
- 3. die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum umfang-, funktions- und zeitgleich ausgeglichen wird,
- 4. der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird,
- 5. keine nachteiligen Auswirkungen auf Oberlieger und Unterlieger zu erwarten sind,
- 6. die Belange der Hochwasservorsorge beachtet sind und
- 7. die Bauvorhaben so errichtet werden, dass keine baulichen Schäden zu erwarten sind."
Begründung:
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht vom 3. Juni 2014 (Az. 4 CN 6/12) hat entgegen der bis dahin verbreiteten Auslegung der Wasserwirtschaftsverwaltung der Länder das Bauleitplanungsverbot des § 78 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 WHG in der Sache auf den Außenbereich beschränkt. Mit der neuen Fassung des Bauleitplanverbots in den § 78 Absatz 1 und 2 WHG wird gewährleistet, dass auch in einem im Überschwemmungsgebiet liegenden baurechtlichen Innenbereich, unabhängig davon, ob er beplant ( § 30 BauGB) oder im Zusammenhang bebaut ist ( § 34 BauGB), die Belange des Hochwasserschutzes nicht nur wie viele Belange auch abgewogen werden, sondern es klare Vorgaben gibt, wie der Hochwasserschutz zu gewährleisten ist. Das Gebot, Belange des Hochwasserschutzes bei der Bauleitplanung im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, ist bereits in § 1 Absatz 6 Nummer 12 BauGB ausdrücklich normiert. Sofern die Belange des Hochwasserschutzes lediglich Abwägungsbelange darstellen, können sie im Rahmen der Abwägung gegenüber anderen privaten oder öffentlichen Belangen zurückgestellt werden. Die Praxis hat gezeigt, dass die Belange des Hochwasserschutzes regelmäßig nicht ausreichend Berücksichtigung finden bzw. "weggewogen" werden. Abwägungsfehler können von der Aufsichtsbehörde bzw. im Wege gerichtlichen Vorgehens nur in Ausnahmefällen gerügt werden, eine angemessene Berücksichtigung der Belange des Hochwasserschutzes kann so nicht sichergestellt werden.
Im unbeplanten Außenbereich wird die bisherige Regelung fortgeführt. Für bereits beplante Bereiche und den Innenbereich wird das Verbot konkretisiert auf jede Veränderung des Charakters als "Baugebiet" im Sinne der nach § 1 Absatz 3 Satz 1 BauNVO möglichen Festsetzungen gemäß § 1 Absatz 2 BauNVO, im Innenbereich bezogen auf die Einstufung in ein "Baugebiet" entsprechend § 34 Absatz 2, 1. Halbsatz BauGB. Dabei wird davon ausgegangen, dass jede Änderung der planerisch vorgesehenen oder faktisch vorzufindenden Art der Bebauung potenziell zu einer Erhöhung des Schadenspotenzials führt. Eine klarere Abgrenzung der Sachverhalte, die dem Verbot unterfallen, und damit ein verbesserter Vollzug der Bestimmung werden durch die Neuregelung ermöglicht.
Die Regelung über die Zulassung von Ausnahmen in § 78 Absatz 2 WHG wird entsprechend angepasst. Dabei werden die Voraussetzungen der bisherigen Nummern 1 und 2 auf die Zulassung von Ausnahmen vom Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete im bisher nicht beplanten Außenbereich bezogen. Für Ausnahmen zur Zulassung von Änderungen des Baugebiets i.S. des § 1 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 2 BauNVO in beplanten Gebieten und unbeplanten Innenbereichen ist die Erhöhung des Schadenspotenzials im Plangebiet zu prüfen. Ist eine solche unwesentlich oder gar nicht gegeben, kann die Änderung zugelassen werden.
Im Übrigen gelten für beide Ausnahmetatbestände zusätzlich die Voraussetzungen der bisherigen Nummern 3 bis 9 (jetzt Nummern 1 bis 7).
5. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 78 Absatz 5 Satz 2), Nummer 6 (§ 78a Absatz 2 Satz 3 WHG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 5 ist § 78 Absatz 5 Satz 2 zu streichen.
- b) In Nummer 6 ist § 78a Absatz 2 Satz 3 zu streichen.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
In § 78 Absatz 2 Satz 2 WHG* ist vorgesehen, dass bei der Erteilung von Ausnahmen vom Planungsverbot des § 78 Absatz 2 Satz 1 WHG auch Auswirkungen auf die Nachbarschaft zu berücksichtigen sind. Der drittschützende Charakter der Regelung, der bislang in der Rechtsprechung umstritten ist, wird hiermit ausdrücklich aufgenommen. Ebenso sieht § 78 Absatz 5 Satz 2 WHG bei Ausnahmen vom Bauverbot die Berücksichtigung von Auswirkungen auf die Nachbarschaft vor.
Die Regelungen zum Nachbarschutz führen zu nicht bestimmbaren Risiken für Grundstückseigentümer und sind im Verwaltungsvollzug nicht umsetzbar. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung sind Individualgüterschutz und Drittschutz nicht identisch. Für die Annahme einer nachbarschützenden Wirkung bedarf es eines hinreichend gegen andere abgrenzbaren Personenkreises, auf dessen Interessen besondere Rücksicht zu nehmen ist. Diese Abgrenzung gelingt mit der vorgeschlagenen Regelung nicht. Auch die Begründung, in der ausgeführt wird, als Nachbarschaft seien alle diejenigen anzusehen, deren verfassungsrechtliche Rechtsgüter mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sein könnten, trägt nicht zur Bestimmbarkeit des Personenkreises und Bestimmtheit bei. Die materiellen Rechte der Nachbarn werden bereits durch die zwingenden Voraussetzungen für die Erteilung einer wasserrechtlichen Ausnahmegenehmigung vollständig und ausreichend geschützt.
Die Einführung des Drittschutzes wird abgelehnt. Die Vorschriften des WHG dienen grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse bzw. dem Allgemeinwohl und verfolgen nicht das Ziel, darüber hinausgehende Individualinteressen normativ zu schützen. Insbesondere kommt es nicht auf das Vorhandensein einer konkreten Gefahrenlage an, da die Vorschriften vor allem der vorsorgenden Risikovermeidung dienen, so auch Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 9. Juni 2011 - 1 A 504/09 -, juris und Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 28. Januar 2016 - 2 Bs 254/15 -, juris.
Zu § 78 Absatz 2 WHG vgl. den Regelungsvorschlag unter Ziffer 4
Entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs sind als Nachbarschaft nicht nur die unmittelbaren Grundstücknachbarn, sondern alle diejenigen anzusehen, deren verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit oder Eigentum durch die Erteilung einer Ausnahme von den in den Überschwemmungsgebieten geltenden Verboten mehr als nur geringfügig beeinträchtigt sein können. Nach der Begründung sollen sogar als Nachbarschaft Bürgerinnen und Bürger aus anderen Staaten erfasst sein, da auch diese, insbesondere im grenznahen Bereich, betroffen sein können. Hieraus kann gerade kein individualisierbarer Kreis von potenziell Betroffenen abgeleitet werden, deren Interessen bei der Entscheidung über die Ausnahme von einem Planungs- oder Bauverbot zu berücksichtigen sind.
Infolgedessen mangelt es - wie bereits auch nach dem geltenden Recht - an einem bestimmbaren Personenkreis, dessen Interessen im Sinne der Schutznormtheorie durch die Bestimmungen geschützt werden sollen. Grundsätzlich müsste es sich hierbei um jeden möglichen vom Hochwasser Betroffenen handeln. Eine Eingrenzung durch den Begriff "Nachbarschaft" ist faktisch kaum möglich.
Die Einführung des Drittschutzes lässt daher erhebliche Vollzugsprobleme erwarten. Insbesondere sind umfangreiche Untersuchungs- und Beteiligungsverfahren zu befürchten, die zu einer unangemessenen Verzögerung bei der Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen führen können, was wiederum der eigentlichen Zielstellung des vorliegenden Gesetzentwurfs widerspricht.
Im Übrigen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zuständigen Planungsträger und Behörden ohnehin bereits nach der gültigen Gesetzeslage durch den bestehenden Prüfkatalog verpflichtet sind, eventuelle Gefährdungen von Leben oder Gesundheit oder nachteilige Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger zu berücksichtigen. Damit wird mit der nunmehr vorgeschlagenen Formulierung der Prüfungsumfang gegenüber der bestehenden Rechtslage nicht erhöht. Bei einem ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug ist eine Erweiterung des Rechtsschutzes daher nicht erforderlich. Da die Regelung für den mit dem Gesetzentwurf angestrebten effektiven vorbeugenden Hochwasserschutz zudem entbehrlich ist, sollte sie gestrichen werden.
Zu Buchstabe b:
Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Buchstabe a.
6. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 78 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 WHG)
In Artikel 1 Nummer 5 ist § 78 wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 4 Satz 1 sind die Wörter "nach den §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches" zu streichen.
- b) Absatz 7 ist zu streichen.
Begründung:
Der auch schon im derzeit geltenden § 78 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 WHG enthaltene Verweis auf die §§ 30, 33, 34 und 35 des Baugesetzbuches ist gesetzestechnisch missglückt und hat in der Praxis der Zulassungsbehörden der Länder die Frage aufgeworfen, ob Infrastrukturvorhaben als bauliche Anlagen der Verbotsregelung unterfallen oder nicht. Der Gesetzentwurf unterlässt nicht nur die Klärung dieser wichtigen Frage, sondern privilegiert bauliche Anlagen der Verkehrsinfrastruktur sogar noch durch den vorgesehenen neuen § 78 Absatz 7 WHG. Aus der Sicht des Hochwasserschutzes sind auch bauliche Anlagen der Infrastruktur und insbesondere Verkehrsinfrastrukturvorhaben in festgesetzten Überschwemmungsgebieten gleich wie alle anderen baulichen Anlagen zu behandeln und grundsätzlich zu untersagen. Dieses Verbot muss mit Blick auf die Vielzahl der Zulassungsverfahren in unterschiedlichen Landesbehörden bundesgesetzlich eindeutig geregelt werden. Eine Privilegierung von Verkehrsinfrastrukturvorhaben, die nur deren hochwasserangepasste Bauweise verlangt, widerspricht dem Ziel des Gesetzentwurfs, den Hochwasserschutz weiter zu verbessern und schafft zusätzliche Hochwassergefahren für Ober- und Unterlieger. Die Zulassung von Infrastrukturvorhaben und insbesondere Verkehrsinfrastrukturvorhaben muss in festgesetzten Überschwemmungsgebieten den Anforderungen des vorgesehenen § 78 Absatz 5 WHG unterliegen. Im Anhörungsentwurf der Bundesregierung war dies noch so geregelt.
7. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 78 Absatz 4 Satz 2 WHG)
In Artikel 1 Nummer 5 sind in § 78 Absatz 4 Satz 2 die Wörter ", des Messwesens sowie für Handlungen, die für den Betrieb von zugelassenen Anlagen oder im Rahmen zugelassener Gewässerbenutzungen erforderlich sind" durch die Wörter "sowie des Messwesens" zu ersetzen.
Begründung:
Der im Gesetzentwurf vorgesehene § 78 Absatz 3 Satz 2 WHG entspricht dem geltenden § 78 Absatz 1 Satz 2 WHG, der sich jedoch auf alle Verbote des geltenden § 78 Absatz 1 Satz 1 WHG bezieht. Das im Gesetzentwurf in § 78 Absatz 3 Satz 1 WHG vorgesehene Verbot betrifft hingegen nur die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen und nicht auch andere Handlungen. Für die Freistellung von Handlungen vom Verbot besteht daher nur noch ein Bedürfnis im Rahmen des im Gesetzentwurf vorgesehenen § 78a Absatz 1 WHG,
in dessen Satz 2 sich diese auch wiederfindet. Für eine Freistellung dieser Handlungen in Bezug auf die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen haben sich in der Vollzugspraxis demgegenüber kein Bedürfnis und keine Anwendungsfälle ergeben.
8. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 78 Absatz 5 Nummer 1 Buchstabe a WHG)
In Artikel 1 Nummer 5 ist in § 78 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a das Wort "zeitgleich" durch die Wörter "umfang-, funktions- und zeitgleich" zu ersetzen.
Begründung:
Der vorgeschlagene Wortlaut des § 78 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a WHG fordert genauso wie die derzeit geltende Regelung des § 78 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 WHG nur einen "zeitgleichen" Ausgleich. In der Sache wird hier aber kein Unterschied zu den Anforderungen des § 78 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 WHG gemacht. Aus Klarstellungsgründen sollte der Wortlaut daher auch bei der Ausnahme vom Verbot der Errichtung von Einzelbauvorhaben angepasst werden.
9. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 78a Absatz 3 WHG)
Der Bundesrat bittet vor dem Hintergrund möglicher Haftungsfragen, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Konkretisierung zu prüfen, damit die in § 78a Absatz 3 WHG bei unmittelbar bevorstehender Hochwassergefahr vorgesehene Pflicht der Land- und Forstwirte zur unverzüglichen Entfernung kurzzeitig gelagerter Gegenstände auch erfüllt werden kann. Hierfür benötigen Land- und Forstwirte insbesondere rechtzeitig konkrete Informationen zu Hochwassergefahren durch die Behörden (z.B. Hochwasserwarnung des Deutschen Wetterdienstes), um unverzüglich reagieren zu können.
10. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 78a Absatz 4 WHG)
In Artikel 1 Nummer 6 sind in § 78a Absatz 4 die Wörter "Nummer 1 bis 7" durch die Wörter "Nummer 1 bis 8" zu ersetzen.
Begründung:
Die Möglichkeit, allgemeine Ausnahmen in der Rechtsverordnung zuzulassen, ist nach dem derzeitigen Wortlaut auf die Nummern 1 bis 7 des § 78a Absatz 1 WHG beschränkt. Hierbei handelt es sich auf Grund der geänderten Nummerierung des § 78a Absatz 1 WHG wohl um ein Redaktionsversehen.
11. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 78a Absatz 7 - neu - WHG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist dem § 78a folgender Absatz 7 anzufügen:
(7) Abweichende Rechtsvorschriften der Länder bleiben unberührt."
Begründung:
Die Länder sehen z.T. bereits abweichende Regelungen vor. So gibt es z.B. in Bayern in Artikel 46 Absatz 5 des Bayerischen Wassergesetzes eine Ermächtigungsgrundlage, um Anordnungen für den Einzelfall zu treffen. Diese ist nicht auf die in § 78a Absatz 5 WHG enthaltenen Maßnahmen und auch nicht auf Fälle der Eilbedürftigkeit beschränkt. Daneben sieht beispielsweise Artikel 46 Absatz 4 Halbsatz 2 des Bayerischen Wassergesetzes eine abweichende Regelung zum Verbot des Grünlandumbruchs vor. Um eine sogenannte Ping-Pong-Gesetzgebung zu vermeiden, ist klarzustellen, dass bestehende Länderregelungen unberührt bleiben.
12. Zur Begründung des Gesetzentwurfs zu § 78b WHG
Der Bundesrat hält die in der Begründung des Gesetzentwurfs im Abschnitt A II. Nummer 3 Anstrich 6 dargelegte Auffassung der Bundesregierung für unzureichend.
Die Begründung zu § 78b nennt als Zweck der Regelung die Schaffung von Regelungsmöglichkeiten für angepasste und angemessene Schutzmaßnahmen für die Risikogebiete, die erst bei Ereignissen mit Wiederkehrintervallen von mehr als 100 Jahren überschwemmt werden können und deshalb nach dem Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) nicht als Überschwemmungsgebiete (ÜSG) auszuweisen sind.
Die faktische Wirkung der Regelung ist aber viel weitreichender, denn sie gilt auch für alle Risikogebiete an den Küstengewässern und zwar unabhängig vom Wiederkehrintervall.
Diese Rechtsfolge ergibt sich, weil an den Küstengewässern die Regelungen des WHG zur Ausweisung von ÜSG nicht gelten. Die vorgesehene Regelung wird zwar für richtig gehalten, in Anbetracht der großflächigen Auswirkungen auf die Risikogebiete an den Küstengewässern, für die damit erstmals Regelungsmöglichkeiten für vorsorgende Schadensvermeidung bzw. Schadensminderung geschaffen würden, hätte zumindest in der Gesetzesbegründung darauf eingegangen werden müssen.
Begründung:
Den flächenmäßig größten Teil der Risikogebiete, die durch diese Regelung erfasst werden, dürften die Gebiete an der Küste bilden, die bei Sturmfluten potenziell überflutungsgefährdet sind. Allein in Mecklenburg-Vorpommern würden die Regelungen für eine Fläche von 205 Quadratkilometern (ca. 1 Prozent der Landesfläche) Anwendung finden. In den anderen Küstenländern dürften die Zahlen ähnlich hoch sein. Daher hätten diese Gebiete in der Begründung auch Erwähnung finden müssen.
13. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 78b Absatz 1 Satzteil vor Nummer 1 WHG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist in § 78b Absatz 1 der Satzteil vor Nummer 1 wie folgt zu fassen:
(1) Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten sind Gebiete, für die nach § 74 Absatz 2 Gefahrenkarten zu erstellen sind und die nicht nach § 76 Absatz 2 oder Absatz 3 als Überschwemmungsgebiete festgesetzt sind oder vorläufig gesichert sind; dies gilt nicht für Gebiete, die überwiegend von den Gezeiten beeinflusst sind, soweit durch Landesrecht nichts anderes bestimmt ist. Für Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten gilt Folgendes:... weiter wie Vorlage ..."
Begründung:
Durch die Neuformulierung von § 78b Absatz 1 Satzteil vor Nummer 1 erfolgt ein Ausschluss der tidebeeinflussten Gebiete aus den neu eingeführten Beschränkungen für Risikogebiete. Regelungstechnisch geschieht dies durch die wortgleiche Übernahme von § 76 Absatz 1 Satz 2 WHG, nach dem tidebeeinflusste Gebiete aus der Begriffsdefinition der Überschwemmungsgebiete ausgenommen werden. Ebenso wie dort (zur Begründung siehe BT-Drucksache 016/12275 S. 75) wird die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung nicht den Gebieten gerecht, die überwiegend tidebeeinflusst sind.
Die Extremszenarien an den tidebeeinflussten Gebieten sind wegen der gesetzlichen Verpflichtung in § 74 Absatz 2 Satz 2 WHG erstellt worden, von der nicht abgewichen werden kann. Die betroffenen Länder haben keine vollständig übereinstimmenden Kriterien angewandt. Wegen der reinen Warnfunktion der Gefahrenkarten in diesem Bereich war dies unproblematisch. Die jetzt geplanten baulichen Beschränkungen sind jedenfalls in den tidebeeinflussten Gebieten in den betroffenen Ballungsräumen unverhältnismäßig.
Die Extremszenarien für die tidebeeinflussten Gebiete sind in den einzelnen Ländern unterschiedlich ermittelt worden. Zum Beispiel in Hamburg setzt sich das Extremszenario für die Tideelbe aus der Bemessungssturmflut (Wiederkehrintervall 1 : 450 Jahre) und der Annahme, dass die Hochwasserschutzanlagen komplett versagen würden, zusammen. Dieses kombinierte Ereignis wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eintreffen. Insoweit erscheinen jegliche bauliche Beschränkungen in diesen Bereichen unverhältnismäßig.
14. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 78c Absatz 2 WHG)
- a) Der Bundesrat stellt fest, dass die geplante Regelung in § 78c Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes über die hochwassersichere Nachrüstung von Heizölverbraucheranlagen für die Betreiber eine besondere Belastung zum Schutz der Allgemeinheit darstellt.
- b) Der Bundesrat hält es für gerechtfertigt, wenn zum Ausgleich dieser besonderen Belastung eine Unterstützung von staatlicher Seite gewährt wird.
- c) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, eine Fördermöglichkeit für Nachrüstungen, die aufgrund von § 78c Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes erforderlich werden, zu schaffen.
- d) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die wohnungspolitischen Förderprogramme der KfW 151/152 und 430 zur Unterstützung von energetischen Umrüstungsmaßnahmen, insbesondere in Hochwasser-Risikogebieten, entsprechend anzupassen und zu optimieren.
15. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 78d WHG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist § 78d zu streichen.
Folgeänderung:
In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe f ist die Angabe " § 78d Hochwasserentstehungsgebiete" zu streichen.
Begründung:
Das allgemeine Ziel, zu Gunsten des Hochwasserschutzes die Wasserversickerungs- und Rückhaltefähigkeit zu erhalten und zu verbessern, wird begrüßt. Die dafür vorgesehene Regelung des § 78d WHG wird dem allerdings nicht gerecht und führt lediglich zu einem enormen Vollzugsaufwand bei Behörden sowie Aufwand und Kosten bei Planungsträgern und Bürgern, z.B. für zusätzliche Genehmigungen. Die Einführung von Hochwasserentstehungsgebieten als neue
Gebietskategorie ist bereits kein geeignetes Instrument, um die in der Begründung des Gesetzentwurfs angeführten Ziele zu erreichen.
Starkregenereignisse lassen sich nicht auf bestimmte Gebiete reduzieren. Die Regelung bleibt wohl auch eine klare Gebietsabgrenzung schuldig und versucht das grundlegende Defizit seines Ansatzes dadurch zu lösen, dass er die Festlegung von Kriterien den Ländern zuweist. Das potenzielle Auftreten von Starkniederschlägen mit starken oberirdischen Abflüssen ist nirgends auszuschließen, vielmehr können solche Situationen an nahezu jeder Stelle des Landes auftreten und dort zu Überflutungen führen - auch zum Beispiel in nahezu allen Ballungsgebieten. In Folge des Klimawandels ist zu beobachten, dass Starkregenereignisse an jedem Ort vorkommen können - es gibt keine Gebiete, die besonders anfällig für Starkregen sind.
Darüber hinaus ist die Erhöhung der Rückhaltefähigkeit der Böden kein geeignetes Instrument, um Starkregenereignissen zu begegnen. Die aktuellen Ergebnisse einer Untersuchung der Universität Freiburg zeigen, dass bei Starkregenereignissen auf Grund der in sehr kurzer Zeit fallenden erheblichen Niederschlagsmengen gerade in der Mittelgebirgs- und Hügellandschaft eine Stärkung der Versickerungsfähigkeit der Böden nicht zu einer Hochwasserabflussreduzierung beiträgt. Die Versickerungsfähigkeit - so wünschenswert sie generell sein mag - war und konnte hier kein relevanter Faktor sein.
Die Starkregenereignisse im Frühsommer haben auch deutlich gemacht, dass Aufforstungen - wie im Gesetzentwurf in § 78d Absatz 3 WHG vorgeschlagen - sogar kontraproduktiv sein können. In den am stärksten von Starkregen betroffenen Ortschaften haben entwurzelte Bäume im erheblichem Umfang zu den Schäden beigetragen, z.B. durch Zusetzen auch relativ großer Durchlässe oder allein durch ihre Wucht, mit denen sie vom Wasser transportiert auf Gebäude und Infrastruktureinrichtungen treffen.
Starkregenereignisse lassen sich nicht auf eine Gebietskategorie reduzieren und nicht mit Maßnahmen zur Steigerung der Versickerungsfähigkeit maßgeblich begegnen. Vielmehr sind vielfältige Aspekte auch der Siedlungswasserwirtschaft und der Stadtplanung (z.B. in Bezug auf Fließwege zu den Gewässern) zu berücksichtigen. Insbesondere den von Starkregenereignissen ausgehenden Gefährdungen wird durch die Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten daher nicht in geeigneter Weise begegnet.
Auch ist fachlich nicht nachgewiesen, dass der Entstehung "klassischer" Hochwasser durch die Ausweisung der Hochwasserentstehungsgebiete wirksam vorgebeugt werden kann. Hierzu wäre es empfehlenswert, zunächst die Erfahrungen aus Sachsen auszuwerten und abzuwarten, bevor eine bundesrechtliche Regelung erfolgt.
Der personelle Vollzugsaufwand für die Ausweisung entsprechender Gebiete durch Verordnungen sowie zusätzliche Genehmigungen wäre immens. Ebenso wird die kommunale Entwicklung eingeschränkt und für Unternehmen und Bürger entstehen mit den Genehmigungsverfahren zusätzliche Kosten.
Darüber hinaus würde die vorgesehene Übertragung der Festlegung von Kriterien für das Vorliegen eines Hochwasserentstehungsgebiets an die Länder vor der anschließenden Festsetzung der Gebiete durch diese zu einer Zersplitterung der Vorgaben des Hochwasserschutzes in Deutschland und unterschiedlichen Belastungen der Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger führen und ist daher abzulehnen.
Eine bundeseinheitliche Umsetzung zur Festlegung und Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten ist entbehrlich, da den Ländern ohnehin die Möglichkeit eigener Initiativen - wie in einem Land bereits geschehen - offenstehen. Zudem hat die Bundesregierung in der Begründung zum Erfüllungsaufwand der Länder geschlussfolgert, dass davon auszugehen ist, dass in "weiteren Gebieten ohne Mittelgebirgslage und alpine Gebiete keine Hochwasserentstehungsgebiete ausgewiesen werden" (S. 21). Insofern erschließt sich nicht, warum hier dennoch eine Pflicht zur Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten für alle Länder begründet werden soll.
16. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 99a Absatz 1 WHG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist § 99a Absatz 1 wie folgt zu ändern:
- a) Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
"Den Ländern steht ein Vorkaufsrecht an Grundstücken zu,
- 1. auf denen sich Gewässerrandstreifen gemäß § 38 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 oder gemäß § 38 Absatz 3 Satz 3 nach Maßgabe landesrechtlicher Regelungen befinden,
- 2. die für Maßnahmen des Küstenschutzes benötigt werden."
- b) In Satz 2 sind die Wörter "Nummer 1 bis 4" zu streichen.
Begründung:
Derzeit ist im Wasserhaushaltsgesetz keine Vorkaufsregelung vorgesehen. Mit dem o.a. Gesetzentwurf beabsichtigt der Gesetzentwurf eine Vorkaufsregelung in Artikel 1 Nummer 8 in § 99a neu aufzunehmen. Danach sollen den Ländern zukünftig Vorkaufsrechte an Grundstücken und Grundstücksteilen zustehen,
- (1) die in festgesetzten oder vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten liegen,
- (2) auf denen sich oberirdische Gewässer befinden,
- (3) die für Maßnahmen des Küsten- oder Hochwasserschutzes benötigt werden,
- (4) auf denen sich Gewässerrandstreifen befinden.
Ziel des Vorschlages ist es, diese generelle und umfassende Vorkaufsregelung einzuschränken auf Grundstücke oder Grundstücksteile,
- (1) auf denen sich Gewässerrandstreifen gemäß § 38 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 oder gemäß § 38 Absatz 3 Satz 3 nach Maßgabe landesrechtlicher Regelungen befinden,
- (2) die für Maßnahmen des Küstenschutzes benötigt werden.
Das umfassende Vorkaufsrecht in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung birgt die Gefahr einer Vielzahl von Notaranfragen an das Land, ob es sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausüben will oder nicht. Da die im Gesetzentwurf geregelten Vorkaufsrechttatbestände unbestimmt und abstrakt geregelt sind und es hierfür auch keine Register und Listen gibt, liegt es nahe, dass die Notare dem Land alle Grundstückskaufverträge zur Ausübung des Vorkaufsrechts vorlegen werden, um Rechtssicherheit zu erhalten. Die Bearbeitung dieser Anfragen erfordert im Einzelfall einen hohen Prüf- und Bearbeitungsaufwand in der Landesverwaltung, obwohl in der Praxis nur selten und ausnahmsweise von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden dürfte. Dies zeigen Erfahrungen zum Vorkaufsrecht im Naturschutzbereich. Damit steht das Vorkaufsrecht außer Verhältnis zu seinem Nutzen. Zudem besteht hierfür auch kein Erfordernis für ein generelles und derart umfassendes Vorkaufsrecht, weil
- - in festgesetzten Überschwemmungsgebieten bereits umfangreiche gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen bestehen (§§ 78f. WHG), die der Situationsgebundenheit des Grundstückes (Lage in einem regelmäßig überschwemmten Bereich) Rechnung tragen, und dort kein rechtlicher oder fachlicher Grund für Landeseigentum besteht,
- - die gesetzliche Aufgabe der Unterhaltung der Gewässer (§ 39 WHG) ganz unabhängig vom Eigentum durchgeführt wird und durchgeführt werden kann und - sich die Flächensicherung für Zwecke des Hochwasserschutzes in der Praxis auch durch andere Instrumente und vor allem zielgerichteter erreichen lassen, z.B. durch Eintragung von Grunddienstbarkeiten, Pachtverträge, sonstige spezifische Vereinbarungen, Flurneuordnungen usw.
Ein Vorkaufsrecht für Gewässergrundstücke ist für Hochwasserschutzmaßnahmen nicht erforderlich, da solche Maßnahmen in der Regel landseitig durchgeführt werden. Für die Durchführung von Gewässerausbau erfolgt notwendiger Grunderwerb vorhabenbezogen. Für die Gewässerunterhaltung ist ebenfalls das Eigentum des Landes nicht erforderlich. Das trifft vor allem für Gewässer II. oder, sofern vorhanden, III. Ordnung, aber auch für Gewässer zu, die nach Landesrecht Gewässer I. Ordnung sind.
Durch die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung würden daher unnötige Kosten bei den Notaren bzw. allen künftigen Grundstücks(ver)käufern und in der Verwaltung bei Bearbeitung der Anträge und Erstellung der Bescheide anfallen.
Aus Sicht des Vollzuges bietet sich daher eine Begrenzung des Vorkaufsrechts an. Diese Begrenzung führt zu Vermeidung unnötiger Anfragen zum Vorkaufsrecht, weil dieses nur auf den praxisrelevanten, bestimmbaren und damit vollzugsfähigen Tatbestand von Grundstücken an Gewässerrandstreifen gerichtet ist. In diesem Bereich gibt es für die Landwirtschaft auch keine gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung.
Ein allgemeines Vorkaufsrecht ist bei Gewässerrandstreifen und bei Maßnahmen des Küstenschutzes aus Gründen des Gewässer- oder Hochwasserschutzes geboten.
Zu Gewässerrandstreifen (§ 99a Absatz 1 Nummer 4 des Entwurfs) sollten, insbesondere wegen der Möglichkeit, zu § 38 Absatz 2 und 3 Satz 1 WHG landesrechtlich abweichende Regelungen treffen zu können, Verweise auf die zur konkreten Bestimmung des Gewässerrandstreifens geltenden gesetzlichen Regelungen aufgenommen werden.
17. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 99a Absatz 3 WHG)
In Artikel 1 Nummer 8 sind in § 99a Absatz 3 nach den Wörtern "des Gewässerschutzes" die Wörter ", des Küstenschutzes" einzufügen.
Begründung:
Nach § 99a Absatz 1 Nummer 3 steht den Ländern für Maßnahmen des Küsten- oder Hochwasserschutzes ein Vorkaufsrecht zu. Es ist deshalb notwendig, die Ausübung dieses Vorkaufsrechts auch auf den Küstenschutz zu erweitern.
18. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 99a Absatz 6 WHG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist in § 99a Absatz 6 das Wort "Weitergehende" durch das Wort "Abweichende" zu ersetzen.
Begründung:
Durch die vorgeschlagene Änderung wird der Wortlaut der Regelung in § 99a Absatz 6 WHG-E der parallelen Vorschrift zum Vorkaufsrecht in § 66 Ab- satz 5 BNatSchG ("Abweichende Vorschriften der Länder bleiben unberührt") angeglichen. Durch die geänderte Formulierung wird klargestellt, dass bereits bestehende wie auch zukünftige landeswasserrechtliche Rechtsvorschriften zum Vorkaufsrecht unberührt bleiben, unabhängig davon, ob diese weitergehende oder in sonstiger Weise abweichende Regelungen enthalten. Die Klarstellung erscheint zum einen angezeigt, weil vielfach fraglich sein kann, ob die im Einzelnen getroffenen landesrechtlichen Regelungen über die bundesrechtliche Regelung hinausgehen oder dahinter zurückbleiben. Beispielhaft wird die Regelung eines konstitutiven Internetverzeichnisses für Flächen, auf denen das Vorkaufsrecht liegt, genannt, die zur Vereinfachung des Vollzugs eingeführt wurde.
Zum anderen verfügen einige Länder bereits jetzt über abweichende Regelungen zum Vorkaufsrecht, die Bestand haben sollen. Hierzu gehört unter anderem ein auf landesrechtlicher Grundlage eingeführtes konstitutives Verzeichnis der Grundstücke, für die ein Vorkaufsrecht besteht, das einen schnellen und rechtssicheren Erwerb des Eigentums ermöglicht und die notarielle Handhabung erheblich erleichtert.
19. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe a (§ 103 Absatz 1 Nummer 18 WHG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der Bußgeldtatbestand des § 103 Absatz 1 Nummer 18 WHG-E in Verbindung mit § 78c Absatz 1 WHG-E dem Bestimmtheitsgrundsatz ( Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes) genügt oder durch eine hinreichend bestimmte Regelung zu ersetzen ist.
Begründung:
Im Wasserhaushaltsgesetz sollen drei neue Bußgeldtatbestände geschaffen werden (§ 103 Absatz 1 Nummer 17 bis 19 WHG-E). Die geplante Regelung in § 103 Absatz 1 Nummer 18 WHG-E, wonach die Errichtung einer Heizölverbraucheranlage entgegen § 78c Absatz 1 WHG-E bußgeldbewehrt sein soll, erscheint vor dem Hintergrund des Bestimmtheitsgrundsatzes ( Artikel 103 Absatz 2 des Grundgesetzes) bedenklich. Der Bestimmtheitsgrundsatz erstreckt sich auch auf Ordnungswidrigkeiten; er soll sicherstellen, dass der Normanwender vorhersehen kann, welches Verhalten mit einer Geldbuße bedroht ist (BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2015, 1 BvR 1864/14, juris, Rn. 4; BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 1992, 1 BvR 88/91, juris, Rn. 58). Zwar reicht es auch, wenn die Voraussetzungen des Bußgeldtatbestandes mithilfe der allgemeinen Auslegungsmethoden oder durch eine gefestigte Rechtsprechung ermittelt werden können (BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1993, 2 BvR 2229/92, juris, Rn. 2; BVerfG, Beschluss vom 15. März 1978, 2 BvR 927/76, juris, Rn. 31). Diese Voraussetzungen erscheinen aber bei § 103 Absatz 1 Nummer 18 WHG-E nicht gegeben. Denn die Vorschrift bezieht sich auf § 78c Absatz 1 WHG-E, wonach es verboten ist, neue Heizölverbraucheranlagen zu errichten, soweit "andere weniger wassergefährdende Energieträger zu vertretbaren Kosten zur Verfügung stehen". Die Grenze, ab der die Kosten für weniger wassergefährdende Energieträger unvertretbar sind, kann der Normanwender dem Gesetz nicht entnehmen. Die Begründung des Gesetzentwurfes verhält sich hierzu ebenfalls nicht, und es existiert auch keine gefestigte Rechtsprechung.
20. Zu Artikel 1
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Aufnahme von Regelungen für eine Versicherungspflicht von Eigentümern gegen Hochwasserschäden an neu errichteten Gebäuden in festgesetzten Überschwemmungsgebieten und in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten zu prüfen.
Begründung:
Zur Abwehr der individuellen wirtschaftlichen Folgen von Hochwasserereignissen sollte in Erwägung gezogen werden, für neu errichtete Gebäude in festgesetzten Überschwemmungsgebieten und in Risikogebieten außerhalb von Überschwemmungsgebieten eine Versicherungspflicht zu regeln. Adressat der Versicherungspflicht sollte der Eigentümer sein. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit sollte die Pflicht auch auf neue, d.h. nach dem Inkrafttreten des Gesetzes errichtete Gebäude beschränkt sein. Zudem könnten Gebäude mit einem niedrigen Wert oder zu erwartender geringer Schadenshöhe wie z.B. Garagen, Kleingartenhäuschen oder Geräteschuppen von der Versicherungspflicht ausgenommen werden. Verschiedene bereits vorgetragene Bedenken gegenüber einer allgemeinen Versicherungspflicht greifen bei einer solch gebietsbezogenen Regelung nicht, da die Lage im festgesetzten Überschwemmungsgebiet oder im Risikogebiet außerhalb von Überschwemmungsgebieten ein konkretes realistisches Risiko für eine bestimmte abgrenzbare Personengruppe aufweist. Für atypische Einzelfälle könnte eine Härtefallklausel geregelt werden.
21. Zu Artikel 1
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Aufnahme von Regelungen für die Zulassung von Einzelbauvorhaben in faktischen bzw. ermittelten (aber nicht vorläufig gesicherten oder festgesetzten) Überschwemmungsgebieten im Innenbereich in das Wasserhaushaltsgesetz zu prüfen.
Begründung:
In der Praxis hat sich gezeigt, dass bei der Zulassung von Einzelbauvorhaben in faktischen bzw. ermittelten (aber nicht vorläufig gesicherten oder festgesetzten) Überschwemmungsgebieten (HQ 100) im Innenbereich erhebliche Regelungslücken bestehen.
In faktischen Überschwemmungsgebieten greift im Ergebnis nur § 77 WHG. Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist sehr eingeschränkt. Zum einen gilt er auf Grund der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs als bloßer Planungsleitsatz; bei Einzelbauvorhaben findet er keine direkte Anwendung im Sinne einer Zulässigkeitsvoraussetzung. Zum anderen wird überwiegend davon ausgegangen, dass Flächen im unbeplanten Innenbereich bzw. bei überplanten Gebieten ihre Funktion als Rückhalteflächen in der Regel verloren haben, so dass § 77 WHG nicht mehr zum Tragen kommt.
Dies hat zur Folge, dass bei der Errichtung von Einzelbauvorhaben in diesen Gebieten wasserrechtlich keine Einschränkungen bestehen und insbesondere weder der Ausgleich verloren gehenden Rückhalteraums noch eine hochwasserangepasste Bauweise gefordert werden kann. Teilweise wird versucht, diese Regelungslücke über das Gebot der Rücksichtnahme bzw. die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu schließen. Das ist aber nur in sehr eindeutigen Fällen möglich. Auch baurechtlich lassen sich für diese Gebiete bei der Errichtung von Einzelbauvorhaben daher kaum Einschränkungen begründen. Das Schadenspotenzial in den betreffenden Gebieten erhöht sich entsprechend nicht unerheblich. Unter dem Aspekt der Reduzierung des Hochwasserrisikos wird ein Bedürfnis gesehen, die Bebauung auch in solchen Gebieten zu steuern. Dies gilt umso mehr, als in den weiteren Risikogebieten nach § 78b Absatz 1 Nummer 2 WHG, letztlich also Gebieten, die seltener als einmal in 100 Jahren vom Hochwasser betroffen sind (HQ extrem-Gebiete), bauliche Anlagen nur in einer dem jeweiligen Hochwasserrisiko angepassten Bauweise errichtet oder wesentlich erweitert werden dürfen. Insofern liegt ein eklatanter Wertungswiderspruch vor, dass in HQ extrem-Gebieten Anforderungen an die Bauweise gestellt werden können, während es in faktischen HQ 100-Gebieten eine entsprechende Möglichkeit nicht gibt. Die Aufnahme entsprechender Regelungen ist daher erforderlich, so dass, wie es bei Vorhaben im Außenbereich bereits geltenden Rechtslage ist (vgl. § 35 Absatz 3 Nummer 6 BauGB), die Lage im (faktischen) Überschwemmungsgebiet auch bei der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens im Innenbereich berücksichtigt werden kann.
22. Zu Artikel 2 Nummer 1 (§ 1 Absatz 6 Nummer 12 BauGB)
In Artikel 2 Nummer 1 ist § 1 Absatz 6 Nummer 12 wie folgt zu fassen:
"12. die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,"
Begründung:
In den Regelungen zu Artikel 1 wird zwischen Küsten- und Hochwasserschutzmaßnahmen differenziert. Dementsprechend ist diese Differenzierung auch hier erforderlich.
Die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden sind Belange der Hochwasservorsorge und nicht des Küsten- oder Hochwasserschutzes. Das ergibt sich auch aus dem letzten Satz der Begründung zu § 78b. Die Unterscheidung ist zudem für die Vollzugstätigkeit der Wasserbehörden von Bedeutung. Deshalb ist der Zusatz der Hochwasservorsorge notwendig.
23. Zu Artikel 3 (§ 16 Absatz 1 Satz 2 BNatSchG)
In Artikel 3 ist § 16 Absatz 1 Satz 2 wie folgt zu fassen:
"Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 ist nicht auf durchgeführte oder zugelassene Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege anzuwenden, die der Kompensation von zu erwartenden Eingriffen durch Maßnahmen des Küsten- oder Hochwasserschutzes dienen und durch Träger von Küsten- oder Hochwasserschutzvorhaben durchgeführt werden oder durchgeführt worden sind."
Begründung:
In den Regelungen zu Artikel 1 wird zwischen Küsten- und Hochwasserschutzmaßnahmen differenziert. Dementsprechend ist diese Differenzierung auch hier erforderlich.
24. Zu Artikel 4 Nummer 2 (§ 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 VwGO)
In Artikel 4 Nummer 2 ist § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 10 wie folgt zu fassen:
"10. Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes."
Begründung:
In den Regelungen zu Artikel 1 wird zwischen Küsten- und Hochwasserschutzmaßnahmen differenziert. Dementsprechend ist diese Differenzierung auch hier erforderlich.