Empfehlungen der Ausschüsse
... Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

959. Sitzung des Bundesrates am 7. Juli 2017

A

Der federführende Verkehrsausschuss (Vk), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Rechtsausschuss (R) empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 23 Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 StVO)

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist in § 23 Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 das Wort "oder" durch das Wort "und" zu ersetzen.

Begründung:

Anders als § 23 Absatz 1a Satz 1 StVO in der derzeit geltenden Fassung, enthält die Neuregelung des § 23 Absatz 1a Satz 1 StVO keinen Verbots-, sondern einen Erlaubnistatbestand. Geregelt werden soll, unter welchen Umständen allein der Führer eines Fahrzeugs ein der Kommunikation, Information oder Organisation dienendes elektronisches Gerät benutzen darf. Der Erlaubnistatbestand hat sämtliche Umstände zu bestimmen, die vorliegen oder - wie im Rahmen von § 23 Absatz 1a Satz 1 Nummer 1 der Norm - kumulativ ausgeschlossen sein müssen, damit das an sich gefahrerhöhende Verhalten ein möglichst geringes Risiko in sich birgt und seine Einstufung als erlaubtes Verhalten gerechtfertigt erscheint. Ausweislich der Begründung der Verordnung ist hierzu erforderlich, dass eine über das Drücken der Annahmetaste am Handy oder das Wischen über den Bildschirm eines Smartphones hinausgehende "Vielbeschäftigung der Hände" vermieden wird (Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a Seite 23 letzter Absatz). Demnach muss gewährleistet sein, dass das Gerät vom Fahrzeugführer weder aufgenommen noch gehalten, d.h. "nicht aufgenommen und nicht gehalten" wird.

2. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a (§ 23 Absatz 1a Satz 5

In Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a ist § 23 Absatz 1a folgender Satz anzufügen:

"Diese Vorgaben gelten für im Fahrzeug fest verbaute CB-Funkgeräte erst nach dem 30. Juni 2020."

Begründung:

Die Nutzung von Freisprecheinrichtungen, die dem handheld-Verbot Rechnung tragen, ist bei den CB-Funkgeräten noch nicht so ausgeprägt und qualitativ verbesserungswürdig. Es ist daher eine Übergangsfrist erforderlich, um die Entwicklung von Freisprecheinrichtungen zu ermöglichen, die insbesondere dem Umstand Rechnung tragen, dass im Nutzfahrzeugbereich die Kabinengeräusche lauter sind als im Pkw-Bereich.

3. Zu Artikel 1 Nummer 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Dreifachbuchstabe aaa (§ 30 Absatz 3 Satz 2 Nummer 5 StVO), Artikel 2 Nummer 2 Buchstabe a (§ 3 Absatz 1 Nummer 5 FerReiseV)

Begründung:

Es wird eine generelle und unbefristete Freistellung vom Lkw-Sonn- und Feiertagsfahrverbot für den Transport lebender Bienen geschaffen. Die Imkerei ist Bestandteil der Land- und Forstwirtschaft, sie ist allerdings im Vergleich zu ihren anderen Zweigen ein sogenanntes offenes System. Bienen werden anders als andere Nutztiere nicht in Ställen oder auf eingezäunten Weiden gehalten. Bienenvölker sind dabei für die Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen von enormer Bedeutung. Das Verbringen der Bienenvölker muss in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden an sieben Tagen in der Woche erfolgen. Werden Bienen nicht in kühlen Zeiten umgesetzt, besteht eine größere Gefahr des "Verbrausens". Sie sammeln sich erst nach Einbruch der Dämmerung in ihren Kästen, die dann vom Imker verschlossen werden. Dann muss schnell ein Transport erfolgen. Die Sammlung sortenreiner Honige erfolgt z.B. auch auf Heideflächen von Truppenübungsplätzen, die schießbedingt lediglich am Wochenende durch die Imkerei befahrbar sind. Zudem ist es zwingend erforderlich, Bienenvölker zu bestimmten Blühstadien der Kulturen in die Kulturflächen zu bringen. Solche Blühstadien sind witterungsbedingt nicht vorher zeitlich bestimmbar. Wesentliche Abgrenzungskriterien gegenüber dem Transport von anderen lebenden Tieren ist zudem die Tatsache, dass die Bestäubung der Pflanzen (z.B. Rapsfelder, Obstbäume und -sträucher) durch die Bienen während ihrer Nahrungsaufnahme erfolgt und dies insbesondere von den sehr unterschiedlichen Blühzeiten der verschiedenen Pflanzenarten und regionalen geographisch und witterungsbedingten Situationen abhängig ist. Ebenso kann eine notwendige Anwendung eines Pflanzenschutzmittels (z.B. nach erfolgten Warndienstaufruf des zuständigen Pflanzenschutzdienstes der Länder in Obstanlagen oder in Rapsfeldern) flexible Transportzeiten bei den Bienenvölkern erfordern. Dies trifft insbesondere bei der Anwendung von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln zu. Der Zeitpunkt der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in blühenden Beständen ist stark abhängig von Schaderregerdruck und dem Witterungsverlauf. Derartige Notsituationen können auch kurzfristig auftreten. Dies gilt insbesondere, wenn das Pflanzenschutzmittel oder die Art der Anwendung des Pflanzenschutzmittels eine unmittelbare Entfernung der Bienenstöcke erfordern oder zumindest sinnvoll ist. Witterungsbedingte Abtransporte bei Unwettern durch Hochwasser, Hagel- und Schneefällen kommen hinzu.

Dies trifft ebenso auf die Änderung der Fernreiseverordnung zu. Um die Transportzeit der Bienen im Lkw in zeitlicher Hinsicht zum Wohle der Bienen so gering wie möglich zu halten, ist es darüber hinaus angezeigt, je nach Verkehrslage, Stau- und Wettersituation das gesamte Straßennetz auch an Samstagen in der Ferienreisezeit vor allem in den kühleren frühen Morgenstunden zur Verfügung zu stellen.

4. Zu Artikel 1 Nummer 4 (§ 35 Absatz 9 - neu - StVO)

In Artikel 1 ist Nummer 4 wie folgt zu fassen:

"4. Dem § 35 wird folgender Absatz angefügt:

Begründung:

Mit der Änderung in § 35 StVO sollen die in § 35 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5a Satz 1 genannten Institutionen nicht durch das Verbot der Nutzung eines Funkgerätes in ihrer Funktionsweise beeinträchtigt werden. Die Regelung übersieht aber, dass die in § 35 genannten Institutionen nicht den Kreis aller Sicherheitsbehörden und Organisationen abdecken, die Berechtigte des BOSFunks sind. Dieser bestimmt sich nach § 4 der Bestimmungen für Frequenzzuteilungen zur Nutzung für das Betreiben von Funkanlagen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) - BOS-Funkrichtlinie - - Bek.d. BMI v. 7. 9. 2009 - B 5 - 670 001/1 -.

Berechtige des BOS-Funks sind nach § 4 Absatz 1 BOS-Funkrichtlinie

1.1 die Polizeien der Länder;

1.2 die Polizeien des Bundes

1.3 die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW);

1.4 die Bundeszollverwaltung;

1.5 die kommunalen Feuerwehren, staatlich anerkannte Werkfeuerwehren sowie sonstige nichtöffentliche Feuerwehren, wenn sie auftragsgemäß auch außerhalb ihrer Liegenschaft eingesetzt werden können

1.6 die Katastrophen- und Zivilschutzbehörden des Bundes und der Länder, öffentliche Einrichtungen des Katastrophenschutzes und nach Landesrecht im Katastrophenschutz mitwirkende Organisationen auch, soweit sie Zivilschutzaufgaben wahrnehmen;

1.7 die behördlichen Träger der Notfallrettung nach landesrechtlichen Bestimmungen und die Leistungserbringer, die mit der Durchführung der Aufgabe "Notfallrettung" von den jeweiligen Trägern der Notfallrettung beauftragt wurden;

1.8 die mit Sicherheits- und Vollzugsaufgaben gesetzlich beauftragten Behörden und Dienststellen, für die das BMI im Benehmen mit dem BMF und den zuständigen obersten Landesbehörden die Notwendigkeit bestätigt hat, mit den Berechtigten nach Nr. 1.1 - 1.7 über BOS-Funk zusammenzuarbeiten

1.9 die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder.

Insbesondere sind in § 35 StVO nicht die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder benannt, welche indes Berechtigte des BOS-Funks sind und diesen auch nutzen.

Um sämtliche Berechtigten des BOS-Funks in ihrer Funktionsweise nicht zu beeinträchtigen, sollte die Ausnahmevorschrift daher nicht an die Berechtigung zur Nutzung von Sonderrechten, sondern vielmehr an die Berechtigung zur Nutzung des BOS-Funks geknüpft werden.

5. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 49 Absatz 1 StVO)

Artikel 1 Nummer 5 ist wie folgt zu fassen:

"5. § 49 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Redaktionelle Anpassung. Infolge der Einschiebung neuer Nummern in § 30 Absatz 3 StVO ist die Nummerierung auch hier anzupassen.

6. Zu Artikel 1 Nummer 6

Buchstabe b (Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 lfd. Nummer 30) Buchstabe c (Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 lfd. Nummer 36), Buchstabe d (Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 lfd. Nummer 37), Buchstabe f (Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 lfd. Nummer 39 StVO),

Artikel 4 Nummer 1 (Anlage 12 zu § 34) Abschnitt A lfd. Nummer 2.1 FeV)

Begründung:

Berichtigung von redaktionellen Versehen. In den angeführten laufenden Nummern der Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 StVO sind entweder bereits in Spalte 3 Ge- und Verbote enthalten, sodass die Erläuterungen nur ergänzt werden oder die Spalte 3 weist bislang noch gar keinen Text auf. Der Verordnungstext im Übrigen bleibt unangetastet.

7. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:

Zu Artikel 3 Nummer 2 Buchstabe a (Anlage zu § 1 Absatz 1 laufende Nummer 50 Spalte "Regelsatz" BKatV)

Begründung:

Die Pflicht zur Bildung von Rettungsgassen besteht seit Jahrzehnten. Der Verordnungsgeber hat durch Verordnung vom 30. November 2016 (BGBl. I S. 2848), die am 14. Dezember 2016 in Kraft getreten ist, in § 11 Absatz 2 StVO eine Neuregelung zur Bildung von sogenannten Rettungsgassen getroffen. Das Nichtbilden, das nicht richtige Bilden oder das Befahren der Rettungsgassen behindert die Rettung von Menschen. Nicht nur Unfallopfer, sondern auch die Rettungskräfte selbst sind dadurch gefährdet.

Allerdings blieb die Sanktion bei Verstößen gegen § 11 Absatz 2 StVO unangetastet. Die bisherige Bußgeldhöhe von 20 Euro, die im Bereich der geringfügigen Ordnungswidrigkeiten liegt, ist jedoch viel zu niedrig. Dasselbe gilt auch für die nunmehr vorgesehenen Änderungen durch die Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (vgl. Drucksache 424/17 (PDF) ). Auch die hier vorgeschlagenen Bußgelder in Höhe von 55 Euro bis 115 Euro entsprechen nicht der Bedeutung der Rettungsgasse.

Verzögert sich die Hilfe, weil die Rettungskräfte nicht rechtzeitig den Unfallort erreichen, können Unfallopfer sterben oder lebenslange Behinderungen erleiden. Der Staat ist daher in der Pflicht, alles zu unternehmen, damit Rettungsmaßnahmen nicht erschwert oder sogar verhindert werden. Die Republik Österreich sanktioniert dieses Fehlverhalten beispielsweise in einer Höhe bis zu 2 180 Euro.

Mit einer drastischen Erhöhung des Bußgeldes wird besonders hervorgehoben, welche hohe Bedeutung das Bilden einer Rettungsgasse hat.

Nachdem der Bundesgesetzgeber mit § 323c Absatz 2 StGB den Straftatbestand der Behinderung von hilfeleistenden Personen eingeführt hat, setzt der Entschließungsantrag hier ein deutliches Signal im Bereich der Ordnungswidrigkeiten.

8. Hilfsempfehlung zu Ziffer 7:

Zu Artikel 3 Nummer 2 Buchstabe a (Anlage zu § 1 Absatz 1 laufende Nummer 50 Spalte "Regelsatz" BKatV)

C

9. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.