Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 1. September 2006
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 13.10.06

Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes

Vom ...

Der Bundestag hat mit der Mehrheit seiner Mitglieder und mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes

Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz vom 26. Februar 1996 (BGBl. I S. 227), zuletzt geändert durch ... (BGBl. I S. ), wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung / Wesentlicher Inhalt

Das bislang im Wesentlichen auf den Baubereich beschränkte Arbeitnehmer-Entsendegesetz findet künftig in seinem die tarifvertraglichen Arbeitsbedingungen betreffenden Teil auch auf das Gebäudereinigerhandwerk Anwendung. Damit werden die Beschäftigten dieser Branche vor unerwünschten sozialen Verwerfungen durch untertarifliche Entlohnung entsandter Arbeitnehmer geschützt. Das Gebäudereinigerhandwerk verfügt mit einem allgemeinverbindlichen bundesweiten Lohntarifvertrag bereits jetzt über eine zur Ausfüllung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes erforderliche Tarifvertragsstruktur.

Die bislang nur für die Prüfung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen im Baubereich zugeschnittenen Kontrollvorschriften werden dem neuen fachlichen Geltungsbereich und damit den Bedürfnissen einer Kontrolle auch in der neu hinzugekommenen Branche angepasst. Hierfür ist vor allem eine Rechtsverordnungsermächtigung zur flexibleren und moderneren Ausgestaltung der Meldepflicht für ausländische Arbeitgeber (u.a. Einsatz elektronischer Kommunikationswege) vorgesehen.

II. Gesetzgebungskompetenz

Der Bund hat für das Arbeitsrecht die Gesetzgebungskompetenz nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 des Grundgesetzes.

III. Gesetzesfolgen

Durch die Neuregelungen entstehen für die öffentlichen Haushalte keine Kosten. Durch die Ausdehnung der Kontrollen auf das Gebäudereinigerhandwerk entsteht bei der Zollverwaltung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) ein zusätzlicher Vollzugsaufwand, der durch Prioritätensetzung bei der Aufgabenverteilung aufgefangen werden muss.

Die Ausdehnung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf die neu einbezogene Branche des Gebäudereinigerhandwerks wird durch die Erstreckung der deutschen Tarifverträge zu einer Anhebung des Lohnniveaus bei grenzüberschreitend entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern führen. Dies kann sich - für kleine und mittlere Unternehmen ebenso wie für größere Unternehmen - mittelbar in kosteninduzierten Einzelpreiserhöhungen niederschlagen, sofern es den entsendenden Unternehmen mit Sitz im Ausland gelingt, diese zusätzlichen Kosten an ihre Kunden in Deutschland weiterzugeben. Diese eventuellen Einzelpreiserhöhungen dürften allerdings so gering sein, dass sie das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, nicht beeinflussen. Keine Auswirkungen hat die Gesetzesänderung auf die Lohnkosten der Reinigungskräfte in Privathaushalten, weil der Tarifvertrag der Gebäudereiniger nur Handwerksbetriebe, nicht aber einzelne Reinigungskräfte erfasst.

IV. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Da das Gebäudereinigerhandwerk bereits über einen allgemeinverbindlichen Lohntarifvertrag verfügt der für Männer und Frauen gleichermaßen Tariflöhne vorschreibt, sind gleichstellungspolitische Auswirkungen des Gesetzes nicht zu erwarten.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 1)

Das Gebäudereinigerhandwerk wird als zusätzliche Branche in den Teil des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes aufgenommen der die Erstreckung tarifvertraglicher Arbeitsbedingungen betrifft.

Die für die Aufnahme in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz erforderliche Vergleichbarkeit der Bau- und der Gebäudereinigerbranche resultiert im wesentlichen aus drei Umständen: Für beide Branchen ist die Arbeit an ständig wechselnden Einsatzorten und ein daraus resultierendes verstärktes Schutzbedürfnis für die in dieser Branche beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen typisch. Das Gebäudereinigerhandwerk ist - ebenso wie das Baugewerbe - eine lohnkostenintensive Branche, die in besonderer Weise im Wettbewerb mit Anbietern aus Ländern mit deutlich niedrigerem Lohnniveau steht. Die Branche erfüllt - neben dem bereits im Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgeführten Bausektor - auch wichtige für eine praktische Anwendung des Gesetzes erforderliche Voraussetzungen: Sie verfügt über bundeseinheitliche Tarifvertragsstrukturen. Zwischen den Parteien dieses Tarifvertrages besteht Einigkeit über die Aufnahme der Branche in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und über die Durchsetzung der vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes.

Zum Zweck der Erweiterung auf das Gebäudereinigerhandwerk wird Absatz 1 Satz 4 entsprechend ergänzt. In diese Bestimmung wird sodann - rein redaktionell - auch die bisher in einem separaten Absatz 2 geregelte Seeschifffahrtsassistenz übernommen. Zu dieser zählen - im Unterschied zur Seeschifffahrt - insbesondere die in den Seehäfen erbrachten Dienstleistungen zugunsten der dort verkehrenden Seeschiffe. Die in Absatz 1 Satz 4 als "entsprechend" bezeichnete Anwendung der Sätze 1 bis 3 bedeutet insbesondere, dass die in Satz 1 aufgestellten allgemeinen nicht bauspezifischen Anforderungen erfüllt sein müssen.

Die geänderte Nummerierung des bisherigen Absatzes 2a in Absatz 2 sowie die Anpassung seines Wortlauts sind redaktionelle Folgeänderungen zur Streichung des bisherigen Absatzes 2. Die Änderung in Absatz 3a Satz 1 ist eine redaktionelle Folgeänderung zur Erweiterung des Absatzes 1 auf das Gebäudereinigerhandwerk. Die Anpassung der Ministeriumsbezeichnung in Absatz 3a vollzieht den Organisationserlass der Bundeskanzlerin vom 22. November 2005 nach.

Mit dem neuen Absatz 4 wird Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (96/71/EG) Rechnung getragen. Bislang war diese Vorschrift der Richtlinie wegen der defacto-Baubereichsbeschränkung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes praktisch nicht relevant.

Die Formulierung orientiert sich so eng wie möglich am Wortlaut der Richtlinie; für den Gesetzgeber besteht wegen der detaillierten Vorgaben zu den Einzelheiten der Ausnahmevorschrift inhaltlich kein Handlungsspielraum.

Zu Nummer 2 (§ 1a)

Redaktionelle Folgeänderung zu der mit Nr. 1 angeordneten Erweiterung des Gesetzes auf das Gebäudereinigerhandwerk und zur Umnummerierung des § 1 Abs. 2a.

Zu Nummer 3 (§ 2)

Redaktionelle Folgeänderung zu der mit Nr. 1 angeordneten Erweiterung des Gesetzes auf das Gebäudereinigerhandwerk. Die Streichung der Wörter "mit Sitz im Ausland" vollzieht nach, dass auch Arbeitgeber mit Sitz im Inland ihre für die Kontrolle der Arbeitsbedingungen nach § 1 erforderlichen Unterlagen in gleicher Weise bereitzuhalten haben wie im Ausland ansässige Arbeitgeber.

Zu Nummer 4 (§ 3)

Die in Absatz 1 geregelte Meldepflicht des im Ausland ansässigen Arbeitgebers wird redaktionell und technisch an die Branchenerweiterung angepasst.

In der neuen Nummer 6 wird die Meldepflicht erweitert um die Angabe der Branche, in der die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll.

Für eine wirksame Kontrolle müssen die zuständigen Behörden auch von Änderungen zu den Angaben nach Absatz 1 Satz 2 in Kenntnis gesetzt werden. Daher wird in Absatz 1 Satz 3 die Meldepflicht auch auf nach der Abgabe der Anmeldung eintretende Änderungen ausgedehnt .

In Absatz 1 wird ein neuer Satz 4 aufgenommen. Er enthält - ohne inhaltliche Änderung, aber speziell zugeschnitten auf den Fall einer grenzüberschreitenden Entsendung - die bislang in Absatz 3 geregelte Verpflichtung des Arbeitgebers, seiner Meldung eine Versicherung beizufügen, dass er die nach § 1 vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen einhält. Diese Verschiebung des Regelungsinhalts ist redaktionelle Folgeänderung zur Änderung des Absatzes 2.

Die Änderungen des Absatzes 1 werden entsprechend auch bei den im Absatz 2 geregelten, speziellen Meldepflichten für die grenzüberschreitende Überlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachvollzogen. Zudem soll die Meldepflicht auf den Entleiher übertragen werden da er - im Gegensatz zu dem Verleiher - jederzeit den Überblick über den jeweiligen Einsatzort der entliehenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat und damit im Vergleich zum Verleiher den Kontrollbehörden aktuellere und präzisere Informationen zur Verfügung stellen kann. Bislang sieht Absatz 3 einheitlich für die Fälle der Entsendung (Absatz 1) und der Arbeitnehmerüberlassung (Absatz 2) eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abgabe einer Versicherung vor dass er die Arbeitsbedingungen nach § 1 einhält. Nachdem im Absatz 2 die Meldung künftig nicht mehr vom Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers, sondern von dem ortsnäheren Entleiher abzugeben ist, muss die bislang einheitliche Vorschrift des Absatzes 3 - inhaltlich unverändert - für die beiden Fälle der Entsendung und der Arbeitnehmerüberlassung jeweils gesondert geregelt werden. Die Pflicht des Entleihers, der Meldung eine Versicherung des Verleihers über die Einhaltung der maßgeblichen Arbeitsbedingungen beizufügen, wird jetzt im neuen Satz 3 des Absatzes 2 geregelt. Die Pflicht des Arbeitgebers, im Falle einer Entsendung eine Versicherung abzugeben, findet sich im neuen Satz 4 des Absatzes 1 (s.o.).

Da der Inhalt des bisherigen Absatzes 3 nunmehr in die neuen Regelungen Absatz 1 Satz 4 und Absatz 2 Satz 3 überführt wurde, kann die Regelung des alten Absatz 3 gestrichen werden.

Der neue Inhalt des Absatzes 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass das nunmehr aufgenommene Gebäudereinigerhandwerk sich in Organisation und Arbeitsabläufen vom Baugewerbe unterscheidet: Im bislang allein erfassten Baubereich waren die Meldepflichten auf den Arbeitsort "Baustelle" zugeschnitten, an dem sich Bauarbeiter an einem unverändert bleibenden Ort zeitlich vorübergehend, während dieser Bauphase jedoch meist den ganzen Tag über durchgängig aufhalten. Demgegenüber wird die Kontrolle der Arbeitsbedingungen in der neu hinzutretenden Branche des Gebäudereinigerhandwerks dort abweichende tatsächliche Verhältnisse berücksichtigen müssen. So werden z.B. Reinigungskolonnen am Tag mehrfach den Einsatzort wechseln sowie zeitliche Verschiebungen der Einsätze und kurzfristige Änderungen der personellen Zusammensetzung der eingesetzten Gruppe vorkommen. Zudem werden die Einsätze ganz überwiegend nicht - wie beim typischen Bauauftrag - als einmalige Leistung erfolgen, sondern regelmäßig wiederkehrend im Rahmen längerfristiger Aufträge zur Betreuung bestimmter Objekte. Damit die Meldevorschriften auch künftig zeitnah sinnvoll ausgestaltet werden können, soll das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem für die Kontrollbehörden federführenden Bundesministerium der Finanzen durch die im neuen Absatz 3 geregelte Rechtsverordnung vom bisherigen Standardmodell der Meldepflicht abweichende Bestimmungen treffen können, mit denen den Besonderheiten der Branche und ihrer Kontrollsituation und dem auch europarechtlich relevanten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen werden kann. Des Weiteren soll zur Arbeitserleichterung für alle Beteiligten im Rahmen derartiger Rechtsverordnungen die Möglichkeit eröffnet werden, die vorgeschriebenen Meldungen auch auf elektronischem Weg zu übermitteln.

Der neu angefügte Absatz 5 dient einer Klarstellung der Zuständigkeiten im Bereich der mit der Kontrolle beauftragten Zollverwaltung. Mit dem Dritten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde den Behörden der Zollverwaltung mit Wirkung vom 1. Januar 2004 die Aufgabe der Meldestelle für die Meldungen gemäß § 3 übertragen.

Auf Grund des § 8 Absatz 3 Satz 1, 2, 4 und 5 des Finanzverwaltungsgesetzes hat das Bundesministerium der Finanzen mit der Verordnung zur Übertragung von Aufgaben der Oberfinanzdirektionen Chemnitz, Cottbus, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Koblenz, Köln und Nürnberg vom 22. April 2004 (BGBl. I S. 907) die Oberfinanzdirektion Köln als zuständige Behörde der Zollverwaltung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 4 des AEntG bestimmt.

Aus Rechtsförmlichkeitsgründen und zur Klarstellung soll eine Ermächtigungsgrundlage für das Bundesministerium der Finanzen zur Bestimmung der zuständigen Behörde der Zollverwaltung als Meldestelle gemäß § 3 in das Gesetz aufgenommen werden.

Zu Nummer 5 (§ 4)

Redaktionelle Anpassung der Vorschrift über die Zustellung von Schriftstücken an die vorgesehene Branchenerweiterung.

Zu Nummer 6 (§ 5)

Redaktionelle Änderung von Absatz 1 Nummer 1a.

Anpassung des Absatzes 1 Nummer 8 an die Pflicht zur Meldung von nach der Abgabe der Anmeldung eingetretenen Änderungen.

Redaktionelle Folgeänderung in Absatz 1 Nummer 9 zu den veränderten Standorten der Pflichten, der Anmeldung eine Versicherung bezüglich der Einhaltung der in § 1 vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen beizufügen.

Zu Nummer 7 (§ 9)

Redaktionelle Änderung. Wegen der unbefristeten Geltung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes soll die Regelung, die das erstmalige Inkrafttreten des Gesetzes betrifft, als inzwischen überflüssig aufgehoben werden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Das Gesetz tritt mit Rücksicht auf den nötigen Vorlauf, insbesondere die Anpassung des Meldeverfahrens, zwei Monate nach der Verkündung in Kraft.