Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, 2. April 2019
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Niedersächsische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates: Fertigung von Batteriezellen als Speichermedium zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz in Deutschland zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 976. Sitzung des Bundesrates am 12. April 2019 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Weil
Entschließung des Bundesrates: Fertigung von Batteriezellen als Speichermedium zur Stärkung von Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz in Deutschland
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Die Automobilindustrie hat im Hinblick auf Wertschöpfung, Exportanteil, Innovation und Beschäftigung eine herausragende volkswirtschaftliche Bedeutung in Deutschland. Bund und Länder tragen dieser industriepolitischen Bedeutung in ihrer Wirtschafts-, Energie- und Forschungspolitik Rechnung. Die grundlegenden Entwicklungen in den neuen Antriebstechnologien und bei der Digitalisierung müssen aktiv begleitet werden, damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie erhalten bleibt. Deutschland hat ein großes Interesse, auch in Zukunft führender Standort der Automobilindustrie zu sein. Ziel muss die nachhaltige Sicherung dieser Schlüsselindustrie sowie zukunftsfähiger Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette sein.
Der Bundesrat stellt fest, dass durch eine innovativ aufgestellte Batteriezellproduktion Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Wachstum in Deutschland erhalten werden. Zur Etablierung einer Batteriezellproduktion sind gemeinsame Anstrengungen mit den Unternehmen des Sektors erforderlich.
- 2. Insbesondere treibhausgasarme Elektromobilität ist ein zentraler Baustein zum Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehrssektor auf Bundes- und Länderebene. Deutschland verfolgt das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015, den Treibhausgasausstoß drastisch zu senken. Für einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz und den Erfordernissen zur CO₂- Senkung bis 2030 müssen erneuerbare Energien nicht nur zur Bereitstellung der Verkehrsleistungen eingesetzt werden, sondern auch im gesamten Produktions- und Recyclingprozess zum Einsatz kommen. Nur dies bringt Fahrzeuge hervor, die in einer cradletowheel Betrachtung (CO₂-Betrachtung von der Produktion bis zum Betrieb eines Fahrzeuges) klimafreundlich sind.
- 3. Der Bundesrat spricht sich für großskalige Batterie- und Batteriezellproduktionsstätten auf Basis CO₂-neutraler Energieerzeugungsanlagen aus, zum Beispiel durch eine Ansiedlung in räumlicher Nähe zu den Produktionsstandorten erneuerbarer Energien lässt sich eine effiziente Energienutzung ermöglichen. Damit ein wirtschaftlicher Einsatz erneuerbarer Energien für die Batterie- und Batteriezellproduktion möglich wird, fordert der Bundesrat, die bestehenden Regelungen für energieintensive Unternehmen zur Absenkung von Stromnebenkosten, wie Netzentgelte und Stromsteuer, für die Belange einer solchen Produktion anzupassen. Zudem bittet der Bundesrat hier zu prüfen, ob für den Strombezug von Unternehmen, die eine großskalige Zellfertigung in Deutschland realisieren, dauerhaft eine vollständige oder teilweise Befreiung von der EEG-Umlage in Betracht kommt.
- 4. Ohne die umfassende Förderung einer innovativen sowie treibhausgasarmen Batteriezellforschung und Batteriezellproduktion in Deutschland besteht auch die Gefahr, dass deutsche Hersteller, Zulieferer und Energieunternehmen auf einem zentralen Zukunftsfeld den Anschluss verlieren.
Der Bundesrat stellt fest, dass durch eine heimische Batteriezellproduktion zusätzliche Beschäftigung in erheblichem Umfang generiert wird. Produktionsstätten der Batteriezellfertigung in Deutschland können sektorübergreifend für mobile und stationäre Anwendungen genutzt werden.
- 5. Die CO₂-Emissionsvorgaben für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge werden eine Umstellung der Fahrzeugflotten und -antriebe auf Elektromobilität wahrscheinlich machen. Es bleibt ein Ziel deutscher Industrie-, Klima- und Umweltpolitik, die Verbreitung emissionsarmer Antriebe und Energieträger insgesamt zu fördern. Für die Automobil- und Zulieferindustrie bedeutet die Umstellung auf Elektroantriebe eine deutliche Reduktion der Fertigungstiefe.
- 6. Es ist deshalb von großer Bedeutung, dass die Industrie- und Forschungspolitik die Rahmenbedingungen dafür schafft, dass neue, beschäftigungswirksame Wertschöpfungsketten in Deutschland entstehen. Der Bundesrat stellt fest, dass durch Batteriezellforschung und eine Batteriezellproduktion Know-How, Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Wachstum in Deutschland erhalten werden. Zur Etablierung einer Batteriezellproduktion sind gemeinsame Anstrengungen mit den Unternehmen des Sektors erforderlich.
Der Bundesrat begrüßt es daher, dass die Bundesregierung Fördermittel zur industriellen Fertigung für mobile und stationäre Energiespeicher in angemessener Höhe für Forschung und Entwicklung zur Batteriezellfertigung sowie zur Errichtung von Produktionsstätten bereitstellt.
- 7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Projekte zur stationären Zweitnutzung von Fahrzeugbatterien sowie Aktivitäten zur Forschung, Entwicklung und Realisierung von Recyclingmöglichkeiten für Fahrzeugbatterien mit entsprechenden Förderprogrammen zu unterstützen.
- 8. Der Bundesrat unterstützt die eingeleiteten Maßnahmen der Europäischen Union zur Etablierung einer Zellfertigung, etwa die Einrichtung der Europäischen Batterieallianz und die Verabschiedung des strategischen Aktionsplans der EU. Der Bundesrat begrüßt die Kooperationsbemühungen der Bundesregierung mit anderen europäischen Mitgliedstaaten.
Begründung:
Der Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobil- und Zulieferindustrie sowie die Sicherung von Arbeitsplätzen können nur gelingen, wenn der technologische Wandel die gesamte Wertschöpfungskette erfasst. Eine heimische Batteriezellfertigung und -forschung kann wesentliches Knowhow für die Wertschöpfungskette liefern. Für die Errichtung einer Batteriezellfertigung in Deutschland statt des Batteriezellenkaufs müssen die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt sein bzw. werden. Die Förderung des Bundes stellt einen wichtigen Anreiz dar.
Die neuen technologischen Ansätze bei Antriebsformen sind eine Schlüsseltechnologie in verschiedenen Sektoren und für die Umsetzung der Energiewende im Verkehr. Insbesondere der Verkehrssektor steht vor großen Herausforderungen in der Erreichung der Ziele zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes. Emissionsarme Mobilität ist infolge von Marktentwicklungen aktuell greifbar. Aus Nutzer- und Unternehmenssicht muss emissionsarme Mobilität aber bezahlbar bzw. wirtschaftlich sein.
Eine treibhausgasarme Produktion auf der Grundlage erneuerbarer Energien leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Die Klima- und Umweltverträglichkeit über den gesamten Produktlebenszyklus wird zusätzlich dadurch gewährleistet, dass die Unternehmen Aktivitäten zur Zweitverwertung von Batterien und des Recycling umsetzen. Beide tragen zu nennenswerten Umweltbilanzgewinnen und einer Ressourcenschonung bei.