Der Bundesrat hat in seiner 954. Sitzung am 10. März 2017 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt, dass die Mitteilung den Fokus auf Europas Jugend legt. Er ist insbesondere davon überzeugt, dass jungen Menschen Zukunftsperspektiven eröffnet werden müssen, damit sie am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und demokratischen Leben teilhaben können, und dass eine sorgfältig auf die Bedürfnisse der Mitgliedstaaten abgestimmte Kooperation auf europäischer Ebene hierzu einen wichtigen Beitrag leisten kann.
- 2. Er befürwortet zudem, dass die Kommission nicht nur Wirtschafts- und Beschäftigungsaspekte anspricht, sondern die Bedeutung von Solidarität, Lernmobilität und Engagement betont. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass der Einsatz für Solidaritätsprojekte ein inspirierendes und ermutigendes Erlebnis für junge Menschen sein kann. Er ist der Ansicht, dass Freiwilligentätigkeit im Ausland eine wertvolle nicht formale Bildungserfahrung darstellt, die den Erwerb sozialer, fachlicher und interkultureller Kompetenzen fördert und in besonderer Weise dazu geeignet ist, junge Menschen in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen (BR-Drucksache 488/08(B) ). Der Bundesrat hinterfragt jedoch den Mehrwert eines neu zu schaffenden Solidaritätskorps gegenüber dem bereits etablierten Europäischen Freiwilligendienst. Er bedauert, dass das Solidaritätskorps ohne längeren Prüf- und Konsultationsprozess vorgestellt wurde, und betont, dass er bei der weiteren Ausgestaltung großen Wert auf die enge Einbindung der Mitgliedstaaten und aller beteiligten Akteure legt. Zudem hinterfragt er kritisch, wie genau die Finanzierung des Solidaritätskorps in Zukunft erfolgen soll.
- 3. Die Kommission kündigt an, im Jahr 2017 gezielte Maßnahmen zur Unterstützung der Mitgliedstaaten vorzulegen, um die Schul- und Hochschulbildung zu modernisieren. Der Bundesrat weist darauf hin, dass eine Modernisierung der Kompetenz der Mitgliedstaaten vorbehalten ist.
- 4. Die Pläne der Kommission, wie die Agenda zur Unterstützung und Entwicklung von Schulen und zur Weiterbildung von Lehrkräften sowie Maßnahmen zur Flankierung der Digitalisierung im Bildungswesen und zur Verbesserung des Zugangs zu digitalen Kompetenzen und zum digitalen Lernen, sieht der Bundesrat als unverbindliche Vorschläge an, da die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten intensiv betroffen ist. Bezüglich der in der Mitteilung angekündigten Maßnahmen zur Flankierung der Digitalisierung im Bildungswesen und zur Verbesserung des Zugangs zu Kompetenzen, die für ein Lernen in der digitalen Welt notwendig sind, verweist er zudem auf die am 8. Dezember 2016 von den Kultusministerinnen und -ministern verabschiedete Strategie "Bildung in der digitalen Welt". Hierin ist bereits ein klares Handlungskonzept für die Gestaltung des Lernens im Kontext der zunehmenden Digitalisierung von Gesellschaft und Arbeitswelt enthalten.
- 5. Der Bundesrat begrüßt, dass in der Mitteilung durch eine positive Bewertung die berufliche Bildung angemessen gewürdigt wird und insbesondere die praxisverzahnte Berufsausbildung im Gegensatz zu früheren Einschätzungen die notwendige Wertschätzung erhält. Er nimmt den geplanten "nachfragegesteuerten Dienst zur Unterstützung in Fragen der Lehrlingsausbildung" mit Interesse zur Kenntnis. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Wissensaustausch und Zusammenarbeit in Fragen der beruflichen Bildung auf europäischer Ebene einen Mehrwert bei der Vorbereitung junger Menschen auf den Arbeitsmarkt aufweisen und somit auch einen Beitrag zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit leisten. Da hier bereits zahlreiche Kooperationen auf nationaler und regionaler Ebene existieren, betont er, dass diese bestehenden Formen des Austausches bei der Etablierung des Dienstes berücksichtigt und Doppelstrukturen vermieden werden sollten.
- 6. Die Kommission kündigt in der Mitteilung "ErasmusPro" als neue Mobilitätsmaßnahme für längerfristige Auslandsaufenthalte (sechs bis zwölf Monate) von Auszubildenden an. Der Bundesrat spricht sich für eine weitere Stärkung des EU-Programms "Erasmus+", das auch einen wichtigen Beitrag für den Austausch in der beruflichen Bildung leistet, aus. Er weist jedoch darauf hin, dass sich Auslandsaufenthalte längerer Dauer gerade in der beruflichen Bildung aus praktischen Gründen als schwierig erweisen können. Dies gilt nicht nur für den einzelnen Auszubildenden, dessen längere Absenzen seinen Lernerfolg schmälern können, sondern auch für den ausbildenden Betrieb, insbesondere wenn es sich dabei um kleine und mittlere Unternehmen handelt (BR-Drucksache 315/16(B) ). Der Bundesrat würde es stattdessen unterstützen, wenn die flexible Förderung eines bedarfsgerechten Angebots von Mobilitäten im Bereich der beruflichen Bildung weiter gestärkt werden würde. Er stellt fest, dass die Kommission erst Ende Februar 2016 in Folge eines Pilotprojekts des Europäischen Parlaments eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen veröffentlicht hat, durch die unter anderem Hindernisse für die langfristige Auszubildendenmobilität ermittelt werden sollten und geprüft werden sollte, ob eine hinreichende Nachfrage besteht. Der Bundesrat zeigt sich verwundert, dass "ErasmusPro" auf den Weg gebracht werden soll, obwohl zu diesen Fragen noch keine Ergebnisse vorliegen. Er fordert zudem, dass diese längeren Auslandsaufenthalte nicht zu Lasten anderer im Rahmen von "Erasmus+" finanzierter Mobilitäten und Partnerschaften gehen dürfen.
- 7. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kommission in der Mitteilung ihre Aktivitäten in der Beschäftigungs-, Bildungs- und Jugendpolitik und deren Ergebnisse hervorhebt. Er betont, dass er die aktuellen Bestrebungen in diesen Politikfeldern auch auf europäischer Ebene grundsätzlich anerkennt, sich jedoch der Mehrwert mancher Vorhaben der Kommission - zum Beispiel der Agenda für neue Kompetenzen - erst noch erweisen muss. Auch sieht der Bundesrat eine Kontrolle und Bewertung der Bildungspolitik im Rahmen des europäischen Semesters kritisch. Er befürwortet jedoch mit Nachdruck die Unterstützung der Mobilität junger Menschen und des Lehrpersonals sowie der Zusammenarbeit von Bildungseinrichtungen im Rahmen des Förderprogramms für Bildung, Jugend und Sport. Dabei sollten administrative Lasten reduziert werden und möglichst auch kleine Projekte zum Zuge kommen.
- 8. Die Kommission kündigt an, im Jahr 2017 die Überarbeitung der europäischen Jugendstrategie für die Zeit nach 2018 vorzubereiten. Dazu soll in Konsultationen mit jungen Menschen und den wichtigsten Interessenträgern die zentrale Ausrichtung der EU-Jugendstrategie erörtert werden. Der Bundesrat ist sich mit der Kommission einig, dass die EU-Strategie für die Jugend über das Jahr 2018 hinaus fortgeführt werden soll und ihre Ausrichtung in einem konsultativen Prozess zu erarbeiten ist. Er fordert die Kommission auf, daran zivilgesellschaftlich verankerte Jugendorganisationen, freie Träger der Jugendhilfe/-arbeit sowie auch nichtorganisierte und benachteiligte oder beeinträchtigte junge Menschen breit zu beteiligen. Dabei ist das Recht auf Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf der Grundlage der UNKinderrechtskonvention in einem umfassenden Sinne zugrundezulegen und nicht auf Beteiligung am politischen Leben oder demokratischen Prozessen einzuengen. Darüber hinaus begrüßt der Bundesrat die Ankündigung der Kommission, ihr Instrumentarium für den Dialog und den Austausch mit jungen Menschen weiterzuentwickeln und auszubauen.