COM (2018) 390 final; Ratsdok. 9627/18
Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit dem Vorschlag einen Paradigmenwechsel, weg von der sehr ausdifferenzierten abschließenden Regelung förderfähiger Tatbestände hin zur Regelung künftig verbotener Fördertatbestände, vollzogen hat und mit der vorgeschlagenen Flexibilität und dem Wegfall des Designierungsverfahrens einen wichtigen Schritt zur Entbürokratisierung gegangen ist.
- 2. Allerdings sollte dem im Vorschlag der Dachverordnung (BR-Drucksache 227/18 (PDF) ) vom 29. Mai 2018 vorgesehenen politischen Ziel der EU nach einem innovativen und intelligenten wirtschaftlichen Wandel auch in diesem Verordnungsvorschlag ausdrücklich Rechnung getragen werden, indem es beispielsweise in einer der Prioritäten aufgegriffen wird.
- 3. Der Bundesrat betrachtet die durch Artikel 12 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 12 Absatz 1a des Verordnungsvorschlags vorgesehene Überprüfung jedes Antragstellers darauf, dass er keinen schweren Verstoß gegen europäische Rechtsvorschriften jeglicher Art begangen hat, als nicht durchführbar. Sie sollte deshalb entfallen.
- 4. Zudem geht aus dem vorliegenden Verordnungsvorschlag nicht deutlich genug hervor, dass künftig alle Maßnahmen förderfähig sind, deren Förderung in der Verordnung nicht untersagt ist (Artikel 13 des Verordnungsvorschlags).
- 5. Als besonders problematisch sieht der Bundesrat an, dass die Förderung von Schiffsneubauten weiterhin unzulässig ist. Die Wettbewerbsfähigkeit etlicher Flottensegmente wie beispielsweise der deutschen Krabbenfischerei lässt sich nur durch eine maßgebliche Verjüngung der Flotte erhalten. In Deutschland wird die Förderung von Kutterneubauten als elementar für den Fortbestand dieser Fischereien angesehen. Deshalb ist es erforderlich, in denjenigen Meeresgebieten und Flottensegmenten, in denen bereits ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Flottengröße und den Fangmöglichkeiten besteht, auch die Förderung von Neubauten zu ermöglichen.
- 6. Der Bundesrat regt darüber hinaus an, dass eine Förderung von Neubauten von Fischereifahrzeugen auch in solchen Flottensegmenten von Meeresgebieten wie der Ostsee, in denen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flottengröße und Fangmöglichkeiten noch nicht erreicht ist, zumindest im Rahmen der Existenzgründerförderung für Jungfischer ermöglicht wird, um der gravierenden Überalterung von Berufsstand und Flotte auch dort aktiv und adäquat entgegenwirken zu können.
- 7. Kritisch betrachtet wird auch, dass
- - die Existenzgründerförderung für Jungfischer zukünftig nur noch im Bereich der kleinen Küstenfischerei (Schiffe kleiner 12 m und ohne geschleppte Fanggeräte) möglich sein soll und
- - Aspekte des Schutzes der Außengrenzen in die Förderkulisse aufgenommen wurden.
Diese gehören nicht in das Förderregime eines Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF).
- 8. Die Förderung von produktiven Investitionen der Aquakultur einschließlich Anlagen der Kreislauftechnologie sowie Investitionen in die Verarbeitung müssen auch weiterhin mit Zuschüssen möglich sein, um - auch angesichts der finanzpolitischen Rahmenbedingungen - hinreichende Investitionsanreize zu geben. Eine Förderung mittels Finanzierungsinstrumenten, wie laut Vorschlag der Kommission für die gesamt Sparte vorgesehen, sollte frühestens ab Investitionsvolumina, die 10 Millionen Euro pro Maßnahme übersteigen, in Betracht gezogen werden. Den erheblichen Bemühungen zur Etablierung innovativer Technologien in der Aquakultur im Rahmen von dem Europäischen Fischereifonds (EFF) und EMFF I müssen Möglichkeiten einschlägiger Förderung folgen. Eine adäquate Überführung innovativer Technologien in die wirtschaftliche Praxis muss ermöglicht werden.
- 9. Der Bundesrat fordert, in Artikel 23 des Verordnungsvorschlags ausdrücklich zu regeln, dass aus dem EMFF Umweltleistungen, die durch extensiv und naturnah wirtschaftende Teichwirtschaften erbracht werden, durch Flächenprämien unterstützt werden können. Gleiches gilt für das Management geschützter, fischfressender oder den Teich zerstörender Wildtiere und den Ausgleich der von ihnen in der Aquakultur verursachten Schäden. Dabei sollte der Beihilfehöchstsatz in Höhe von 100 Prozent gewährt werden. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf seine vorangegangene Stellungnahme zum Mehrjährigen Finanzrahmen, in der er sich für die unbürokratische Honorierung von Umweltleistungen der Teichwirtschaft, eine Minimierung des jetzigen Kontrollaufwands, die Senkung der hohen Verwaltungskosten sowie die Möglichkeit eines leichteren Förderzugangs eingesetzt hat (BR-Drucksache 166/18(B) , Ziffer 130).
- 10. Um ein effektives Management jener besonders geschützten Tierarten zu ermöglichen, die in der Fischerei und Aquakultur regelmäßig Schäden an Fischbeständen, Fanggeräten und Investitionsgütern verursachen, sollten aus dem EMFF entsprechende Leistungen unterstützt werden können, die auch den Ausgleich von Schäden einbeziehen sollten.
- 11. Strategien und Maßnahmen im Rahmen der von der örtlichen Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklung ("Communityled local Development", CLLD), die künftig im Rahmen der Priorität "Ermöglichung des Wachstums einer nachhaltigen blauen Wirtschaft und Förderung florierender Küstengemeinschaften" aufgehen soll, muss effektiv weitergeführt werden. Hierzu sollte von vornherein eine Möglichkeit vorgesehen werden, die die Fortsetzung der bisherigen engen Kooperation mit dem im Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) angesiedelten Instrument LEADER bzw. dessen lokalen Institutionen und damit über den von dem Verordnungsvorschlag der Dachverordnung (BR-Drucksache 227/18 (PDF) ) bisher abgedeckten Rahmen hinaus sichert.
- 12. Der Bundesrat kritisiert, dass eine Zahlung von Stillliegeprämien für Sofortmaßnahmen der Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 12 und 13 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 in dem vorliegenden Verordnungsvorschlag nicht vorgesehen ist. Damit ginge eine wichtige Möglichkeit verloren, auf deutliche Bestandsschwankungen und damit verbundene Quotenkürzungen mit zusätzlichen kurzfristigen Schonungsmaßnahmen zu reagieren und den Fischern für dafür notwendige Stillliegetage auf relativ unbürokratischem Weg eine Prämie zu zahlen. Mit entsprechenden Maßnahmen ist es in den letzten beiden Jahren gelungen, den deutlichen Quotenkürzungen bei Dorsch und Hering in der Ostsee zu begegnen und die existenzbedrohende Situation für die handwerkliche Ostseefischerei abzufedern.
- 13. Der Bundesrat bittet zudem, dass als Bezug für Maßnahmen im Rahmen des EMFF II zur Verbesserung der Kenntnisse über den Zustand der Meeresumwelt neben den Anforderungen der Richtlinie 93/43/EWG /EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung des natürlichen Lebensraums sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Habitat-Richtlinie) und der Richtlinie 2009/147/EG vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie) auch diejenigen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie 2008/56/EG vom 17. Juni 2008 und der Entscheidung der Kommission (EU) Nr. 2017/848 gelten sollten.