Der Bundesrat hat in seiner 803. Sitzung am 24. September 2004 beschlossen, der Verordnung gemäß Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe der sich aus der Anlage ergebenden Änderungen zuzustimmen und eine Entschließung zu fassen.
Anlage
Änderungen und Entschließung zur Ersten Verordnung zur Änderung der Chemikalien Straf- und Bußgeldverordnung
A. Änderungen
1. Zu Artikel 1 Nr. 1 (§ 1 Nr. 7 - neu - und 8 - neu -)
In Artikel 1 Nr. 1 sind dem § 1 folgende Nummern 7 und 8 anzufügen:
- "7. entgegen Artikel 11 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 4 einen dort genannten Stoff, ein dort genanntes Produkt oder eine dort genannte Einrichtung aus der Gemeinschaft ausführt oder
- 8. entgegen Artikel 11 Abs. 2 oder 3 Satz 1, jeweils auch in Verbindung mit Artikel 14 Abs. 1, einen dort genannten Stoff in einen Nichtvertragsstaat oder ein nicht unter das Protokoll fallendes Gebiet ausführt."
Folgeänderung:
In Artikel 1 Nr. 1 sind
- a) in § 1 Nr. 5 das Wort "oder" durch ein Komma und in Nummer 6 der Punkt durch ein Komma zu ersetzen;
- b) § 3 Nr. 2 und 3 zu streichen.
Begründung:
In den letzten Jahren ist es wiederholt zu Verstößen gegen Verordnung (EG) Nr. 2037/2000 Artikel 11 gekommen. Verschiedene Exportfirmen handeln systematisch mit gebrauchten Kühlschränken / Kompressoren, die unter das Exportverbot fallen. Ihr Verkauf in Staaten außerhalb der EU, vorzugsweise afrikanische Staaten, bringt Gewinne, da dort Kühlschränke ein verhältnismäßig teures Gut darstellen.
Das illegale Exportgeschäft führt dazu, dass
- - Kühlschränke/ausgebaute Kompressoren nachweisbar in Afrika gelandet sind und mit vertretbarem Aufwand und mangels fehlender internationaler Rechtsmitteln nicht mehr zurückgeholt werden können;
- - zum Zweck des Exports die Zollpapiere falsch ausgefüllt wurden, das heißt, die zu verschiffenden Container vorsätzlich falsch deklarierte Waren beinhalten;
- - die Zollbehörden der Überseehäfen die Inhalte solcher Exportcontainer eigentlich nahezu lückenlos überprüfen - das heißt öffnen und ausladen müssten, um den Export sicher zu verhindern;
- - festgestellte, mit verbotenem Exportgut beladene Container bisher unter Anwendung des Abfallrechtes mit größerem behördlichen und finanziellen Aufwand von den im Ausgangsland vollziehenden Behörden aus dem Exporthafen zurückgeholt werden müssen;
- - das bisher ausschließlich wirtschaftliche Risiko des Exporteurs (Bezahlung der Rückholkosten nur bei rechtzeitig ermitteltem Verstoß und festgehaltenem Container) im Verhältnis zum erzielbaren Gewinn klein ist.
Die Bundesregierung wird deshalb hiermit aufgefordert, den Tatbestand des Exportes von verbotenen Stoffen und Produkten nach Verordnung (EG) 2037/2000 Artikel 11 Abs. 1 sowie Artikel 11 Abs. 2 nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat zu definieren.
2. Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 5a Abs. 2 - neu -)
In Artikel 1 Nr. 2 ist § 5a wie folgt zu ändern:
- a) Dem bisherigen Satz ist die Absatzbezeichnung "(1)" voranzustellen.
- b) Folgender Absatz 2 ist anzufügen:
(2) § 4 Abs. 1 Nr. 3 gilt bis zum 30. September 2007 nicht, sofern eine ausdrückliche Zustimmung zu der Einfuhr nachweislich beantragt wurde, und binnen 30 Tagen keine Antwort einer zuständigen Behörde des einführenden Landes bei der bezeichneten nationalen Behörde des ausführenden Landes eingegangen ist und nachweisbar feststeht, dass die Chemikalie im einführenden Land als erlaubt registriert oder die Verwendung oder Einfuhr der Chemikalie durch eine andere Maßnahme des einführenden Landes erlaubt worden ist."
Begründung:
Mit der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 vom 28. Januar 2003 über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien wurde das Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im internationalen Handel vom 10. September umgesetzt und das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung eingeführt. So dürfen gemäß Artikel 13 Abs. 6 Buchstabe a der EG-VO in Anhang I Teil 2 oder Teil 3 aufgeführte Chemikalien erst nach "ausdrücklicher Zustimmung" sowohl des Export- als auch des Importlandes ausgeführt werden. Nach der vorgelegten Ersten Verordnung zur Änderung der Chemikalien Straf- und Bußgeldverordnung soll in Artikel 1 Nr. 1 § 4 Abs. 1 Nr. 3 ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen diese Bestimmung als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Für deutsche Exporteure bestehen hinsichtlich der Umsetzung des Artikel 13 Abs. 6 Buchstabe a erhebliche Probleme. Die Schwierigkeiten bei der Erlangung der "ausdrücklichen Zustimmung" ergeben sich u. a. daraus, dass wesentliche europäische Handelspartner wie z. B. die USA oder China das Rotterdamer Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben (Stand: 26. August 2004). Darüber hinaus dehnt die Verordnung (EG) Nr. 304/2003 das Erfordernis der "ausdrücklichen Zustimmung" auf alle übrigen Staaten der Welt aus, unabhängig von deren Bereitschaft zur Teilnahme am Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung; auch sind die zuständigen Adressaten in den Importländern mitunter nicht bekannt oder erst mit großem Aufwand zu ermitteln. Viele Importländer reagieren nicht auf die gestellten Anträge auf "ausdrückliche Zustimmung", so dass die Mehrzahl der Anfragen unbeantwortet bleibt. Der zuständigen Bundesbehörde sowie der EU-Kommission sind die Probleme bekannt.
Würden Zuwiderhandlungen gegen Artikel 13 Abs. 6 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 304/2003, wie in § 4 Abs. 1 Nr. 3 in der vorgelegten Fassung vorgesehen, ohne Einschränkung als Ordnungswidrigkeit geahndet, hätte dies gravierende Handelshemmnisse für die europäischer Industrie zur Folge.
Die Diskussionen auf EU-Ebene, wie eine umsetzbare Regelung (einschließlich einer Änderung der Verordnung (EG) Nr. 304/2003) aussehen kann, sind noch nicht abgeschlossen. Bis zur Lösung des Problems, wofür die EU-Kommission noch einen längeren Zeitraum beansprucht, wäre es unverhältnismäßig, wenn die Wirtschaft ohne eigene Versäumnisse durch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren bedroht wird. Es wird deshalb vorgeschlagen, § 4 Abs. 1 Nr. 3 in der Fassung der geplanten "Ersten Verordnung zur Änderung der Chemikalien Straf- und Bußgeldverordnung" befristet zurück zu stellen, bis eine praktikable Möglichkeit geschaffen ist, den Anforderungen des Artikels 13 Abs. 6 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 in der Praxis auch nachkommen zu können. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass die Zurückstellung nur dann gilt, wenn seitens des Exporteurs alles Zumutbare zur Erfüllung der Anforderungen im Sinne des Schutzzieles geleistet wurde. Die Voraussetzungen hierfür sind angelehnt an Artikel 5 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 2455/92 des Rates vom 23. Juli 1992 betreffend die Ausfuhr und Einfuhr bestimmter gefährlicher Chemikalien (Vorgängerin der Verordnung (EG) 304/2003), sowie Artikel 11 Nr. 2 des Rotterdamer Übereinkommens. Auch die EU-Kommission hat eine Zustimmungsfiktion unter ähnlichen Voraussetzungen angedacht (vgl. KOM-Dokument EXPORT/10/03 vom 31. Oktober 2003).
B. Entschließung
- 1. Die Bundesregierung wird gebeten, sich für eine Anpassung des Artikels 13 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 an Artikel 11 Abs. 2 des Rotterdamer Übereinkommens über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im internationalen Handel vom 10. September 1998 einzusetzen. Chemikalien sollten nicht nur nach Erteilung einer ausdrücklichen Zustimmung ausgeführt werden dürfen, sondern nach Maßgabe des Artikels 11 Abs. 2 Buchstaben a und b des Rotterdamer Übereinkommens auch dann, wenn es sich um eine Chemikalie handelt, die zum Zeitpunkt der Einfuhr bei der einführenden Vertragspartei als Chemikalie registriert ist oder die nachweislich von der einführenden Vertragspartei bereits verwendet oder eingeführt worden ist und für die keine Rechtsvorschriften über ein Verbot ihrer Verwendung erlassen worden ist.
- 2. Mit dem Rotterdamer Übereinkommen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im internationalen Handel vom 10. September 1998 und seiner Umsetzung durch die Verordnung (EG) Nr. 204/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über die Aus- und Einfuhr gefährlicher Chemikalien (ABl. EU (Nr. ) L 63 S. 1) wurde das "Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung" (Prior Informed Consent - PIC) eingeführt. Danach können Chemikalien aus Anhang I Teil 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 erst dann aus der EU in einen Nicht-EU-Staat ausgeführt werden, wenn die ausdrückliche Zustimmung des Importlandes zur Einfuhr der Chemikalie vorliegt.
Allerdings haben bisher eine Vielzahl von Einfuhrländern, darunter Staaten wie USA, China, Mexiko und Russland, entsprechende Anfragen von europäischen Unternehmen zur Erteilung der Zustimmung zur Einfuhr bzw. zur Benennung der zuständigen Behörde unbeantwortet gelassen. Da nach den Vorschriften des Rotterdamer Übereinkommens und der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 nicht ohne Vorliegen der ausdrücklichen Zustimmung zur Einfuhr exportiert werden kann hat sich das PIC-Verfahren somit inzwischen zu einem gravierenden Handelshemmnis für die europäische Industrie entwickelt.
Der Bundesrat begrüßt zwar ausdrücklich die Bemühungen der EU-Kommission, durch eine praxisorientierte Handhabung dieser Regelung die Benachteiligung der europäischen Industrie durch das PIC-Verfahren zu beseitigen, hält aber eine solche Handhabung nur als eine zeitlich befristete Übergangslösung für akzeptabel.
Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, umgehend eine Initiative bei der EU-Kommission für eine entsprechende Korrektur der Verordnung (EG) Nr. 304/2003 zu ergreifen und sich darüber hinaus bei den Staaten, die das Rotterdamer Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben, für eine baldige Ratifizierung einzusetzen.