Unterrichtung durch die Bundesregierung
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel (Neufassung) KOM (2008) 49 endg.; Ratsdok. 6725/08

Übermittelt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie am 25. Februar 2008 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. März 1993 (BGBl. I S. 313), zuletzt geändert durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 5. September 2006 (BGBl. I S. 2098).

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat die Vorlage am 05. Februar 2008 dem Bundesrat zugeleitet.

Die Vorlage ist von der Kommission am 11. Februar 2008 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 137/87 = AE-Nr. 870387,
Drucksache 334/88 = AE-Nr. 881366,
Drucksache 262/00 = AE-Nr. 001224 und
Druckache 817/05 (PDF) = AE-Nr. 052947 sowie AE-Nr. 061000

Begründung

1. Vorgeschichte

Die Vereinfachung der Richtlinie 76/768/EWG des Rates vom 27. Juli 1976 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel1 (die " Kosmetikrichtlinie ") ist in der Mitteilung der Kommission "Umsetzung des Lissabon-Programms der Gemeinschaft: Eine Strategie zur Vereinfachung des ordnungspolitischen Umfelds"2 und in der Mitteilung der Kommission über die Jährliche Strategieplanung für 20073 angekündigt worden.

Mit dem Programm werden drei Ziele verfolgt:

2. Öffentliche Anhörung

Eine Anhörung der Interessenträger fand vom 12. Januar 2007 bis zum 16. März 2007 statt. Im Verlauf der öffentlichen Anhörung gingen bei der Kommission 72 Antworten ein. Davon stammten 46 aus der Wirtschaft (Feinchemikalien, Kosmetika und andere4), 18 von nationalen und regionalen Behörden, vier von Fachleuten aus Wissenschaft/Gesundheitswesen, drei von Verbraucherverbänden und eine von einer Tierschutzorganisation. In regionaler Aufgliederung gingen sieben Beiträge von EU weiten Verbänden ein, 15 aus Deutschland, neun aus Frankreich, je drei aus dem Vereinigten Königreich, Österreich und Schweden, je zwei aus Litauen, Belgien/Luxemburg, Dänemark, Norwegen, Tschechien, Spanien, Polen und Irland, je einer aus Finnland, Malta, Ungarn, den Niederlanden, Slowenien, Griechenland, der Slowakei, Lettland und der Schweiz sowie sieben aus Drittländern außerhalb Europas.

Im Großen und Ganzen ergab die Anhörung die Bestätigung, dass die Kosmetikrichtlinie neu gefasst und zahlreiche Bestimmungen geklärt werden müssen. Bei der Anhörung der Interessenträger wurde ferner betont, dass die neu gefasste Richtlinie die Form einer Verordnung erhalten solle, um ein hohes Maß an Schutz für die menschliche Gesundheit EU-weit ebenso sicherzustellen wie einen Binnenmarkt für kosmetische Mittel. Hinsichtlich der Produktsicherheit wurde in den Antworten auf die Anhörung der Interessenträger die Notwendigkeit betont, die Verantwortung des Herstellers für die Sicherheit von in Verkehr gebrachten kosmetischen Mitteln klarer und deutlicher herauszustellen. Eine Zusammenfassung der Antworten enthält Anhang 1 des Folgenabschätzungsberichts.

3. Folgenabschätzung

Auf Grundlage der Ergebnisse der Anhörung der Interessenträger und dreier Untersuchungen zu unterschiedlichen Aspekten europäischer Rechtsvorschriften im Bereich Kosmetik5 hat die Kommission eine Folgenabschätzung der unterschiedlichen möglichen Strategien zur Erreichung der unter 1. aufgeführten Ziele durchgeführt. Der Ausschuss für Folgenabschätzung der Europäischen Kommission6 hat eine Entwurfsfassung dieser Folgenabschätzung im August 2007 geprüft und vorbehaltlich einiger Änderungen genehmigt.

Die Analyse und der Vergleich der verschiedenen möglichen Strategien und ihrer Folgen legen folgende Schlussfolgerungen nahe:

Im Hinblick auf Ziel 1 wird in der Folgenabschätzung eine Änderung der Kosmetikrichtlinie als einzig wirksamer Weg angesehen, um dieses Ziel zu erreichen und dabei den Regelungsaufwand erheblich zu senken. So zeigt die Folgenabschätzung beispielsweise die Möglichkeit auf, die Verwaltungskosten für die Meldung bei Giftnotrufstellen um ungefähr 80 % zu senken. Die Klärung und Straffung mehrerer Bestimmungen - einschließlich solcher über die Etikettierung - erleichtert die Einhaltung der Vorschriften, ohne die Produktsicherheit zu beeinträchtigen.

In Bezug auf Ziel 2 wird in der Folgenabschätzung eine Neufassung in der Form einer Verordnung befürwortet. Begründet wird dies insbesondere damit, dass die Kosmetikrichtlinie sehr ausführlich ist und oft geändert wird (in den letzten Jahren ungefähr drei- bis fünfmal jährlich). Obwohl die Unterschiede zwischen den 27 nationalen Umsetzungsgesetzen gering sind, verursachen sie dennoch zusätzliche Kosten für die Wirtschaft, ohne die Produktsicherheit zu verbessern.

Hinsichtlich Ziel 3 wird in der Folgenabschätzung gefordert, die "Produzentenhaftung" und die "präskriptive Regulierung einzelner Bestandteile" besser gegeneinander abzuwägen. Dies ist ein wesentlicher Aspekt, da die Kosmetikrichtlinie noch immer ihrem ursprünglichen, vor 30 Jahren entwickelten Ansatz folgt, nämlich alle in kosmetischen Mitteln verwendeten Stoffe einzeln, d. h. "Bestandteil für Bestandteil" zu regeln. Es ist heute unbestritten, dass dieser Ansatz allein nicht ausreicht, um zu gewährleisten, dass die in Verkehr gebrachten kosmetischen Mittel sicher sind. Vielmehr sind die Gesichtspunkte Produzentenhaftung und Marktüberwachung auszubauen, um zu gewährleisten, dass die Erzeugnisse dieses innovativen Wirtschaftsbereichs in Zukunft sicher sind. Vorgeschlagen werden unter anderem:

Der hinsichtlich der Folgen wichtigste Punkt ist die Einführung klarer Mindestanforderungen für die Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel. Bislang enthielt die Kosmetikrichtlinie keine klaren rechtlichen Anforderungen an den Inhalt einer Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel. Die Folge war ein vergleichsweise hohes Maß an Nichteinhaltung der Vorschriften. Klare Mindestanforderungen führen zu Kostensteigerungen für solche Firmen, die bislang vor dem Inverkehrbringen eines Erzeugnisses auf eine gründliche Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel verzichtet haben.

Gleichwohl zeigt die Folgenabschätzung, dass die Auswirkungen dieser Anforderungen von mehreren Maßnahmen abgemildert werden. So lässt sich der erhöhte Aufwand weitgehend durch den erheblichen Rückgang der Verwaltungskosten ausgleichen. Etwa verbleibender Mehraufwand lässt sich damit rechtfertigen, dass für Verbraucherinnen und Verbraucher die gründlichen Sicherheitsbewertungen, die diese Option vorsieht, von Vorteil sind.

4. Rechtsgrundlage und Subsidiarität

Die Kosmetikrichtlinie stützt sich auf Artikel 95 EG-Vertrag. Mit ihr soll ein Binnenmarkt für kosmetische Mittel und gleichzeitig ein hohes Maß an Schutz der menschlichen Gesundheit gewährleistet werden.

Vor der Annahme der Kosmetikrichtlinie unterschieden sich die Bestimmungen der in den Mitgliedstaaten geltenden Gesetze, Verordnungen oder Verwaltungsakte voneinander. Diese rechtlichen Unterschiede zwangen die Hersteller kosmetischer Mittel in der Gemeinschaft, ihre Erzeugung nach dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat auszurichten. Infolgedessen behindern die unterschiedlichen nationalen Vorschriften den Warenverkehr mit diesen Erzeugnissen und wirken sich damit unmittelbar auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes aus. Um dies zu ändern, mussten auf Gemeinschaftsebene Vorschriften für Zusammensetzung, Etikettierung und Verpackung von kosmetischen Mitteln festgelegt werden. Dieses Ziel ließ sich auf nationaler Ebene nur in sehr begrenztem Umfang erreichen.

Dieses Argument hat auch heute noch Gültigkeit: Die Gemeinschaft muss tätig werden, um eine Zersplitterung des Marktes zu vermeiden und ein hohes und gleiches Maß an Schutz der europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewährleisten.

Durch die Kosmetikrichtlinie werden Regeln zum Schutz der menschlichen Gesundheit bei Verwendung von in der Gemeinschaft in Verkehr gebrachten kosmetischen Mitteln umfassend harmonisiert. Folglich bedürfen Änderungen dieses Rechtsrahmens eines Tätigwerdens der Gemeinschaft und genügen dem Subsidiaritätsprinzip in Artikel 5 EG-Vertrag.

5. Kodifizierung der 55 Änderungen der Kosmetikrichtlinie und Annahme des Textes als Verordnung

Die Kosmetikrichtlinie ist 55-mal geändert worden. Gemäß diesem Vorschlag sind diese 55 Änderungen zu einem Rechtstext zusammengefasst worden. Als Rechtsform wurde die der Verordnung gewählt. Dadurch vereinfacht sich eine harmonisierte Anwendung, und es entfällt die Notwendigkeit, die sehr ins Einzelne gehenden Vorschriften der Kosmetikrichtlinie in einzelstaatliches Recht umzusetzen.

6. Inhaltliche Änderungen

Gemäß der interinstitutionellen Vereinbarung vom 28. November 2001 über die systematische Neufassung von Rechtsakten7 werden inhaltliche Änderungen grau unterlegt.

Die wesentlichen Änderungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

6.1. Vereinfachung der Verwaltung von Kosmetik-Rechtsvorschriften

6.1.1. Einführung von Begriffsbestimmungen

Durch Artikel 2 sowie durch die Präambel zu den Anhängen II bis VI des Vorschlags werden Begriffsbestimmungen eingeführt. Bisher enthält die Kosmetikrichtlinie praktisch keine Legaldefinitionen. Dies erhöht die Rechtsunsicherheit und macht die Befolgung der Vorschriften teurer und aufwendiger als nötig. Im Vorschlag wird die Kohärenz mit bestehenden Begriffsbestimmungen auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs gewahrt - insbesondere hinsichtlich der Vorschläge für einen gemeinsamen Rechtsrahmen für Rechtsvorschriften nach dem neuen Konzept8.

6.1.2. Glossar der Bezeichnungen von Bestandteilen

Artikel 28 des Vorschlages sieht die Einführung eines vereinfachten Systems zur Aktualisierung eines Glossars der Bezeichnungen von Bestandteilen vor. Dieses Glossar hat im Wesentlichen die Funktion eines "Verzeichnisses der Bezeichnungen von Bestandteilen", das bereits in der Kosmetikrichtlinie vorgesehen war9. Es enthält die Bezeichnung aller maßgeblichen kosmetischen Bestandteile (ungefähr 10 000).

Die verwendeten Namen gehören keiner Landessprache an und sind in der Regel erheblich kürzer als die chemische Bezeichnung. Dadurch ist es nicht erforderlich, die Liste der Bestandteile auf den Etiketten zu übersetzen. Darüber hinaus sind diese Bezeichnungen weltweit akzeptiert, wodurch die Ausfuhr für EU-Unternehmen erheblich erleichtert und folglich die außenwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit verbessert wird.

6.2. Ausbau bestimmter Maßnahmen zur künftigen Gewährleistung der Produktsicherheit

6.2.1. Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel

In Anhang I des Vorschlags sind die inhaltlichen Anforderungen für die Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel aufgeführt.

Das Konzept einer Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel ist nicht neu. Schon die Kosmetikrichtlinie enthielt die Anforderung, vor dem Inverkehrbringen eines Erzeugnisses eine solche Bewertung durchzuführen10. Allerdings wurde niemals festgelegt, welche Informationen diese Sicherheitsbewertung beinhalten sollte, so dass die Sicherheitsbewertung nie die Bedeutung erlangte, die ihr im gegenwärtigen Rechtsrahmen zugedacht war.

Ein wesentliches Element dieser Neufassung besteht in der Klärung, welche Informationen die Sicherheitsbewertung kosmetischer Mittel beinhalten muss, um die Sicherheit eines in Verkehr gebrachten kosmetischen Mittels auch tatsächlich zu belegen.

6.2.2. Ausbau der Marktüberwachung

6.3. K/e/f-Stoffe

In Artikel 12 Absatz 2 wird eine differenzierte Regelung für Stoffe eingeführt, die als krebserregend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind ("k/e/f").

K/e/f-Stoffe werden aufgrund ihrer immanenten Eigenschaften ("Gefahr") eingestuft, ohne die Exposition zu berücksichtigen, d. h. ihren künftigen Gebrauch. Der Unterschied zwischen Gefahr und Risiko lässt sich am besten mit einem Beispiel erklären: Ein Löwe ist eine "Gefahr" (Löwen an sich sind für Menschen gefährlich), aber ein Löwe stellt nicht notwendigerweise ein "Risiko" dar, (wenn er z.B. in einem Zoo hinter einem Zaun gehalten wird und satt ist).

K/e/f-Stoffe werden in drei Kategorien eingestuft, "1", "2" und "3", je nachdem inwieweit ihre krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften erwiesen sind11.

Bislang waren Stoffe der K/e/f-Kategorien 1 und 2 in kosmetischen Mitteln automatisch verboten. K/e/f-3-Stoffe waren verboten, sofern nicht der wissenschaftliche Ausschuss anhand der Expositionsdaten befunden hatte, dass die Verwendung des Stoffes in Kosmetika sicher ist.12.

Durch das automatische Verbot von Stoffen der Kategorien kef 1 und 2 ohne die Möglichkeit einer Ausnahme wurde die Regelung kosmetischer Mittel von einer Gefahrenabstufung abhängig, und zwar ohne Berücksichtigung der Exposition und der tatsächlichen Verwendung des Stoffes. Das konnte zu absurden Situationen führen. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit - aber durchaus nicht das einzige - ist Ethanol. Ethanol (d. h. Alkohol) findet weiten Gebrauch in kosmetischen Mitteln. Seine Einstufung als K/e/f-1-Stoff wurde 2006 erwogen. Die Angelegenheit ist noch nicht entschieden. Eine Einstufung des Stoffes in die Kategorie k/e/f 1 hätte enorme Auswirkungen auf die Kosmetikindustrie der EU, ohne dass die Industrie auch nur die Möglichkeit hätte, nachzuweisen, dass seine Verwendung in kosmetischen Mitteln nach Maßgabe der Expositionsdaten unbedenklich ist. Andererseits darf dieser Stoff in Nahrungsmitteln mit einer weitaus höheren Exposition verwendet werden.

In Artikel 12 Absatz 2 des Vorschlages soll ein Risikomanagementverfahren für Stoffe der Kategorien k/e/f 1 und 2 vorgeschlagen werden, das die Verwendung dieser Stoffe unter strengen Auflagen gestattet, sofern der Gebrauch dieser Stoffe vom Wissenschaftlichen Ausschuss "Konsumgüter" für sicher befunden worden ist.

6.4. Andere inhaltliche Änderungen

Neben den unter Ziffer 6.1 bis 6.3 aufgeführten Änderungen sieht der Vorschlag folgende inhaltlichen Änderungen vor:

7. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag sieht die Schaffung einer zentralen elektronischen Schnittstelle für die Meldung von Erzeugnissen an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vor. Die entsprechenden Auswirkungen auf den Haushalt werden im Finanzbogen im Anhang dieses Vorschlags erörtert.

8. Weitere Angaben

8.1. Aufhebung von Rechtsvorschriften

Die Annahme dieses Vorschlags wird die Aufhebung eines Basisrechtsaktes, seiner 55 Änderungen sowie einer Durchführungsrichtlinie der Kommission zur Folge haben.

8.2. Europäischer Wirtschaftsraum

Der Vorschlag ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.