Punkt 16 der 857. Sitzung des Bundesrates am 3. April 2009
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 15 Nummer 4a - neu - (§ 73b Absatz 1, Absatz 4 und 4a SGB V)
In Artikel 15 ist nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:
"4a. § 73b wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 wird das Wort "haben" durch das Wort "bieten" und das Wort "anzubieten" durch das Wort "an" ersetzt.
- b) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
- (4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 schließen Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen Verträge.
Die Verträge können abgeschlossen werden mit
- 1. vertragsärztlichen Leistungserbringern, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Absatz 1a teilnehmen,
- 2. Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
- 3. Trägern von Einrichtungen, die eine hausarztzentrierte Versorgung durch vertragsärztliche Leistungserbringer, die an der hausärztlichen Versorgung nach § 73 Absatz 1a teilnehmen, anbieten,
- 4. Kassenärztliche Vereinigungen.
Ein Anspruch auf Vertragsabschluss besteht nicht. Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ist unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien öffentlich auszuschreiben.
Sofern durch die Ausschreibung kein Vertrag nach Satz 1 zustande kommt, ist mit einer Gemeinschaft, die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer nach § 73 Absatz 1a des Bezirkes der Kassenärztlichen Vereinigung vertritt, ein Vertrag nach Satz 1 zu schließen.
Wenn im Zuständigkeitsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung keine Gemeinschaft nach Satz 5 ausreichend mandatiert ist oder ein Vertrag nach Satz 5 nicht binnen zwölf Monaten nach Beginn der Ausschreibung nach Satz 2 zustande kommt, schließen die Krankenkassen einen Vertrag nach Satz 1 mit der Kassenärztlichen Vereinigung.
Soweit die hausärztliche Versorgung der Versicherten durch Verträge nach Satz 1 durchgeführt wird, ist der Sicherstellungsauftrag nach § 75 Absatz 1 eingeschränkt. Die Krankenkassen können den der hausarztzentrierten Versorgung zuzurechnenden Notdienst gegen Aufwendungsersatz, der pauschalisiert werden kann, durch die Kassenärztliche Vereinigung sicherstellen lassen."
- (4) Zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Absatz 1 schließen Krankenkassen allein oder in Kooperation mit anderen Krankenkassen Verträge.
- c) Absatz 4a wird aufgehoben."
Begründung
Die Änderung verfolgt das Hauptziel, dass allen in der GKV Versicherten die Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung ermöglicht wird.
Dabei sollen drei Ziele gleichzeitig verfolgt werden:
- 1. Das Angebot der hausarztzentrierten Versorgung für ihre Versicherten soll von jeder Krankenkasse realisiert werden (Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung).
- 2. Die Krankenkassen sollen miteinander um die beste Versorgungsform konkurrieren können (Stärkung des Wettbewerbs).
- 3. Allen in Frage kommenden Leistungserbringern sollen grundsätzlich gleiche Chancen hinsichtlich der Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung eingeräumt werden.
Im Einzelnen:
- a) Angebote zur hausarztzentrierten Versorgung sind wegen ihrer perspektivisch zu erwartenden kostendämpfenden Wirkung sinnvoll.
Jedoch dürfen die Krankenkassen nicht zum Abschluss solcher Verträge mit stringent vorgegebenen Partnern gezwungen werden. Damit würde das Wettbewerbsprinzip verletzt (vgl. Buchstabe b). Deshalb ist § 73b Absatz 1 SGB V sprachlich neutral zu formulieren.
- b) Die aktuelle Gesetzeslage verpflichtet die Kassen vorrangig zum Abschluss von Verträgen mit den Verbänden der Hausärzte, sofern sie die Ärzteschaft mehrheitlich vertreten. Hierdurch kann eine Monopolstellung bestimmter Ärztegruppen entstehen. Die Neufassung von § 73b Absatz 4 SGB V stellt daher die chancengleiche Ausschreibung durch die Krankenkassen, in welche alle Interessenvertretungen der an der hausärztlichen Versorgung Teilnehmenden einzubeziehen sind, in den Vordergrund. Ein nachgelagertes Stufenverfahren sichert das Zustandekommen der HzV-Verträge auch dann, wenn die Ausschreibung zu keinem Vertragsabschluss führt. Dazu ist vorgesehen, dass ein Vertrag mit einem Verband der Hausärzte abgeschlossen wird, wenn dieser die Interessen wenigstens der Hälfte der Hausärzte des KV-Bezirks vertritt. Ist in einem KV-Bezirk kein Verband tätig, der diese Voraussetzung erfüllt, wird als ultima ratio ein Vertrag mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abgeschlossen.
- c) Im Rahmen der Ausschreibungsverfahren sind Schiedsverfahren entbehrlich, ebenso für den Fall, dass sich die Hausarztverbände und die Krankenkassen nicht einigen können, da letztendlich der Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung die finale Auffanglösung darstellt. Für eventuelle Schiedsverfahren zwischen den Kassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen existieren ausreichende Regelungen. § 73b Absatz 4a SGB V wird somit obsolet.