C(2017) 4122 final
Siehe Drucksache 819/16(B)
Brüssel, 19.06.2017
Sehr geehrte Frau Bundesratspräsidentin, die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zur Mitteilung " EU-Recht: Bessere Ergebnisse durch bessere Anwendung" (C(2016) 8600). Die Kommission begrüßt den Beitrag des Bundesrates und möchte diese Gelegenheit für einige Erläuterungen nutzen.
In seiner Stellungnahme begrüßt der Bundesrat den in der Mitteilung der Kommission verfolgten Ansatz, der wirksamen Umsetzung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften denselben Stellenwert beizumessen wie der Entwicklung neuer Rechtsvorschriften und stärkeres Augenmerk auf die Durchsetzung des EU-Rechts zu richten. In diesem Zusammenhang möchte die Kommission darauf hinweisen, dass die Mitteilung für die Rechtsdurchsetzung im Falle von Verstößen einen strategischeren, wirksameren und auf Verhältnismäßigkeit bedachten Ansatz aufzeigt, der stärker auf systemimmanente Probleme, bei denen die Durchsetzungsmaßnahmen der Kommission tatsächlich etwas bewirken können, sowie auf politische Prioritäten abstellt.
Diese neue Politik ist keine isolierte Initiative, sondern Teil einer Reihe weiterer Maßnahmen, die die Kommission ergreifen wird, um die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des EU-Rechts zu unterstützen und gemeinsam mit ihnen sicherzustellen, dass die EU-Rechtsvorschriften zeitnah, korrekt und wirksam angewendet werden. Mit Blick auf eine bessere Rechtsetzung in allen Rechtsbereichen wird die Kommission Fragen der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften und allgemeinere Fragen der Rechtsdurchsetzung sowie politische Erwägungen systematischer mit den Mitgliedstaaten erörtern. Ferner wird sie die Prüfung der Umsetzung und der Konformität der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung des EU-Rechts verbessern und dabei strukturierter, systematischer und effizienter vorgehen.
Frau Malu DREYER
Präsidentin des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
10117 Berlin Deutschland
Bei etwaigen Verstößen gegen das EU-Recht müssen die Kommission und die Mitgliedstaaten frühzeitig Lösungen finden. Die Kommission wird in diesem Zusammenhang Vertragsverletzungsverfahren und Beschwerden Priorität einräumen und in erster Linie die schwerwiegendsten Verstöße gegen das EU-Recht verfolgen. Die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des EU-Rechts und eine strategischere Vorgehensweise bei der Verfolgung schwerwiegender Verstöße gegen das EU-Recht ergänzen einander.
Diese Kommission setzt sich dafür ein, in den wichtigen Fragen zügiger die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten, damit sie ihre politischen Prioritäten umsetzen kann. Die positive Bilanz von EU-Pilot erkennt sie zwar gerne cm, doch muss bei einer unverzüglichen Untersuchung der schwerwiegendsten Verstöße gegen Rechtsvorschriften der EU nun ein anderer Ansatz verfolgt werden. EU-Pilot wurde 2008 als informeller Dialog eingerichtet, um bei etwaigen Verstößen gegen das EU-Recht in geeigneten Fällen frühzeitig Lösungen zu finden. Dieser Dialog entwickelte sich jedoch zu einem zusätzlichen formellen Verfahren, das die Ausschöpfung der Vorteile des EU-Rechts für Bürger und Unternehmen verlangsamte. Der Ablauf eines Vertragsverletzungsverfahrens ist im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Artikel 258) geregelt. EU-Pilot ist dagegen nicht in den EU-Verträgen vorgesehen. Die Kommission möchte mit ihrem Vorschlag zu den Grundlagen, d.h. zu den in den Verträgen vorgesehenen Verfahren, zurückkehren. Gemäß den EU-Verträgen sollen die Kommission und die Mitgliedstaaten in der vorprozessualen Phase des Vertragsverletzungsverfahrens in einen Dialog treten, um die Einhaltung des EU-Rechts zu gewährleisten und eine Anrufung des Gerichtshofs zu vermeiden. Wenn sofort ein Aufforderungsschreiben übermittelt wird, so bietet sich dadurch die Gelegenheit zum Dialog. Dieser Schritt sollte weder als Eskalation bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten verstanden werden noch als Hindernis für eine einvernehmliche Lösung der in dem Schreiben dargelegten Probleme. Nach Auffassung der Kommission ist diese Vorgehensweise erforderlich, um sicherzustellen, dass die schwerwiegendsten Verstöße gegen das EU-Recht unverzüglich und wirksam verfolgt werden.
Das soll jedoch nicht bedeuten, dass EU-Pilot überholt wäre; im Gegenteil, die Kommission wird dieses wichtige Instrument weiterhin immer dann einsetzen, wenn sie dies in einem konkreten Fall als sinnvoll erachtet. Diese Einschätzung wird sich selbstverständlich auf eine Beurteilung der spezifischen Umstände und Fakten stützen. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission im Rahmen der laufenden Überarbeitung der Arbeitsvereinbarungen zu EU-Pilot mehr Klarheit über die Aspekte schaffen, die bei dieser Beurteilung zu berücksichtigen sind. Ich möchte Ihnen für Ihre Stellungnahme danken. Ihre Vorschläge werden derzeit sorgfältig geprüft.
Alles in allem sollten die Änderungen in Bezug auf EU-Pilot vor dem Hintergrund einer neuen Durchsetzungspolitik betrachtet werden. Dafür steht eine breite Palette von Instrumenten zur Verfügung, angefangen hei Präventivmaßnahmen und frühzeitiger Problemlösung bis hin zu proaktiver Überwachung und gezielter Durchsetzung des EU-Rechts. Das soll jedoch nicht bedeuten, dass die Kommission davon abrückt, unser gemeinsames Ziel - die ordnungsgemäße Anwendung des EU-Rechts zum Nutzen der Bürger und Unternehmen im Wege der Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten zu verfolgen.
Die Kommission hofft, dass die in der Stellungnahme des Bundesrats aufgeworfenen Fragen mit diesen Ausfiihrungen geklärt werden konnten. und sieht der Fortsetzung des politischen Dialogs erwartungsvoll entgegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Frans Timmermanns
Erster Vizepräsident