A. Problem und Ziel
Durch das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Teilhabechancengesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, Arbeitgeber durch Lohnkostenzuschüsse zu fördern, wenn diese Personen einstellen, welche der Zielgruppe des Gesetzes angehören. Insbesondere das Instrument "Teilhabe am Arbeitsmarkt" ( § 16i SGB II) hat für die Förderpraxis der Jobcenter eine hohe Bedeutung erlangt. Obschon dieses Instrument von den Leistungsbeziehenden und den potentiellen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insgesamt gut angenommen wird, enthält die bestehende Regelung noch Förderhürden, welche die Aufnahme sinnvoller Beschäftigung durch die betroffenen Arbeitsuchenden behindern. Das neue Förderinstrument ist für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die aufgrund von landesgesetzlichen Vorschriften (z.B. Landesmindestlohngesetze, Tariftreue- und Vergabegesetze) verpflichtet sind, ein Arbeitsentgelt zu zahlen, das über dem allgemeinen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) liegt, wenig attraktivom Während die bestehende Regelung bereits Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erfasst, die aufgrund einer Tarifbindung oder nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zur Zahlung eines über dem allgemeinen Mindestlohn liegenden Arbeitsentgeltes verpflichtet sind, fehlt eine entsprechende Regelung für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die einer entsprechenden Verpflichtung aufgrund einer landesgesetzlichen Bestimmung unterliegen. Die Differenz zwischen (landesgesetzlich) vorgeschriebenem Lohn und maximalem Förderbetrag muss in diesem Fall die betroffene Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber selbst tragen. Dies stellt nicht nur eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern dar, sondern konterkariert letztlich auch den Sinn und Zweck der Regelung, die Chancen von Langzeitarbeitslosen auf Zugang zum Arbeitsmarkt insgesamt zu verbessern. Diese bestehende Hemmschwelle bei der Einstellung Langzeitarbeitsloser ist zu überwinden.
B. Lösung
Eine Änderung des § 16i Abs. 2 Satz 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch ermöglicht die Förderung auf Basis von über dem Mindestlohn liegenden, landesgesetzlich geregelten Entgelten. Damit wird eine Benachteiligung der in den Anwendungsbereich entsprechender Landesnormen fallender potentieller Arbeitgeber abgebaut und die Anreizwirkung zur Einstellung von Langzeitarbeitslosen erhöht.
C. Alternativen
Keine.
D. Kosten
Die Gesetzesänderung wird zu Mehrausgaben im Rahmen des bundesfinanzierten Eingliederungsbudgets der Jobcenter führen. Eine verlässliche Gesamtschätzung dieser Mehrkosten ist nicht möglich.
Gesetzesantrag der Länder Bremen, Berlin
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB II-Änderungsgesetz)
Der Präsident des Senats Bremen, der Freien Hansestadt Bremen 22. Januar 2020
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
im Namen der Länder Bremen und Berlin übersende ich hiermit den Antrag Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB II-Änderungsgesetz)
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 14. Februar 2020 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Bovenschulte
Bürgermeister
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (... SGB II-Änderungsgesetz)
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
In § 16i Absatz 2 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789) geändert worden ist, werden nach dem Wort "Arbeitgeber" die Wörter "aufgrund einer landesgesetzlichen Regelung," eingefügt.
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Der Bundesrat strebt mit der Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) eine Verbesserung der Fördermöglichkeit der Teilhabe am Arbeitsmarkt an, indem die im Zuge des Gesetzes zur Schaffung neuer Teilhabechancen für Langzeitarbeitslose auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt (10. SGB II-Änderungsgesetz - Teilhabechancengesetz) beabsichtigte Anreizwirkung für die Beschäftigung Langzeitarbeitsloser auf dem allgemeinen und sozialen Arbeitsmarkt weiter erhöht wird.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Um diesen Zweck zu erreichen, sollen förderrechtliche Hemmnisse hinsichtlich der Bemessung des Lohnkostenzuschusses bei Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, die aufgrund landesgesetzlicher Regelungen zur Zahlung eines höheren Entgeltes als dem allgemeinen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) verpflichtet sind, abgebaut werden. Die Regelung des § 16i Absatz 2 Satz 2 SGB II ist dahingehend zu ergänzen, dass auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber angemessen bezuschusst werden, wenn sie aufgrund landesgesetzlicher Bestimmungen zur Zahlung eines über dem allgemeinen Mindestlohn nach MiLoG liegenden Arbeitsentgelts verpflichtet sind. Damit wird eine Benachteiligung der in den Anwendungsbereich entsprechender Landesnormen fallender potentieller Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber abgebaut und die Anreizwirkung zur Einstellung von Langzeitarbeitslosen erhöht.
III. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderungen im SGB II folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 (Arbeitsvermittlung) und Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 (öffentliche Fürsorge) in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 des Grundgesetzes. Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, da hier die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet und die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich machen ( Artikel 72 Absatz 2 Grundgesetz). Nur durch die Gesetzgebung des Bundes lassen sich einheitliche Lebensverhältnisse gewährleisten. In der Bundesrepublik Deutschland bestehen hinsichtlich des Beschäftigungsstandes, der Arbeitsmarktlage und des Einkommensniveaus erhebliche regionale Unterschiede. Durch eine einheitliche Bundesgesetzgebung im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der Arbeitsvermittlung wird verhindert, dass sich das Sozialgefüge innerhalb der Bundesrepublik Deutschland auseinanderentwickelt.
Die Regelungen in Artikel 1 zur Änderung des SGB II zielen auf die Ergänzung bundeseinheitlicher Bedingungen für die Förderung von Langzeitarbeitslosen mit Lohnkostenzuschüssen. Bundeseinheitliche Regelungen sind zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich.
IV. Alternative
Alternative Lösungswege sind nicht ersichtlich.
V. Kosten
Die Gesetzesänderung wird zu Mehrausgaben im Rahmen des bundesfinanzierten Eingliederungsbudgets der Jobcenter führen. Eine verlässliche Gesamtschätzung dieser Mehrkosten ist nicht möglich.
Überwiegend werden sich Mehrkosten aus der Förderung der bloßen Differenz zwischen dem auf Grundlage des allgemeinen Mindestlohnes nach dem Mindestlohngesetz bemessenen Lohnkostenzuschusses und des Lohnkostenzuschusses bei Bemessung auf Grund des zu zahlenden Entgeltes nach landesgesetzlicher Regelung ergeben.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Die bisherige Regelung in § 16i Absatz 2 SGB II, wonach die Höhe des Lohnkostenzuschusses bei der Förderung der Teilhabe am Arbeitsmarkt grundsätzlich nach dem Mindestlohn bemessen wird, schafft Unbilligkeiten für diejenigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die aufgrund landesrechtlicher Regelungen (z.B. Landesmindestlohngesetzen oder Tariftreue- und Vergabegesetzen) zur Zahlung eines höheren Entgelts verpflichtet sind. Während die Regelung bereits Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erfasst, die aufgrund einer Tarifbindung oder nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen zur Zahlung eines über dem allgemeinen Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) liegenden Arbeitsentgeltes verpflichtet sind, fehlte bislang eine entsprechende Regelung für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die einer entsprechenden Verpflichtung aufgrund einer landesgesetzlichen Bestimmung unterliegen. Die Folge war, dass die Differenz zwischen dem förderfähigen Entgelt auf Basis des allgemeinen Mindestlohnes nach dem MiLoG und dem verpflichtend zu zahlenden Entgelt aufgrund von landesgesetzlichen Regelungen als nicht förderfähiger Betrag durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber zu tragen war. Hierdurch wurde die beabsichtigte Anreizwirkung zur Beschäftigung Langzeitarbeitsloser in derartig gelagerten Fällen deutlich reduziert.
Durch die Einbeziehung der aufgrund einer landesgesetzlichen Regelung zur Zahlung von über dem allgemeinen Mindestlohn nach dem MiLoG liegenden Entgelten verpflichteten Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern in § 16i Absatz 2 Satz 2 SGB II wird diese Anreizlücke geschlossen. Mit der Änderung wird sichergestellt, dass in diesen Fällen eine Bemessung der Förderung auf Grundlage des zu zahlenden Arbeitsentgeltes erfolgt.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Die Änderung soll schnellstmöglich in Kraft treten, um den Jobcentern eine sichere Planungsgrundlage für das Jahr 2020 zu ermöglichen.