885. Sitzung des Bundesrates am 8. Juli 2011
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt im Grundsatz den vorliegenden Verordnungsvorschlag.
- 2. Im Rahmen der Bestimmung des Anwendungsbereichs des Verordnungsvorschlags sollte jedoch klargestellt werden, dass die Verordnung nur für Sachverhalte gilt, die einen Bezug zu mehr als einem Mitgliedstaat haben, da dieser Umstand ansonsten unmittelbar nur in der Begründung (Ziffer 3.1 der Begründung, BR-Drucksache 157/11 (PDF), Seite 4) formuliert ist.
- 3. Die Begriffsbestimmung des "ehelichen Güterstands" als "sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die im Verhältnis der Ehegatten untereinander sowie zwischen ihnen und Dritten gelten" (Artikel 2 Buchstabe a), erscheint zu weit gefasst. Unter den Wortlaut der Regelung würden z.B. auch Arbeitsverträge zwischen Ehegatten oder Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs im Sinne von § 1357 Absatz 1 BGB fallen. Die Begriffsbestimmung in Artikel 2 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags sollte in die Richtung eingegrenzt werden, dass nur die durch die Trauung begründete Sonderordnung für das Vermögen der Ehegatten und deren Abwicklung im Fall von Tod und Scheidung erfasst wird.
- 4. Die Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache sollte nicht zwingend von einer entsprechenden Vereinbarung der Ehegatten abhängig gemacht werden (Artikel 4). Mit Blick auf die Schutzbedürftigkeit des schwächeren Ehegatten erscheint eine Regelung sinnvoller, wonach eine Zuständigkeit des Gerichts der Ehesache während der Anhängigkeit der Ehesache auch auf Antrag eines Ehegatten begründet werden kann.
- 5. Um eine Benachteiligung des schwächeren Vertragspartners zu vermeiden, sollten in Artikel 18 zeitliche Grenzen für die Rechtswahl der Ehegatten - insbesondere im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Ehescheidung - vorgesehen werden.
- 6. Artikel 32 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags (Anerkennung öffentlicher Urkunden) gibt Anlass zu Bedenken. Es erscheint unklar, weshalb die Wirkung der Anerkennung öffentlicher Urkunden in dieser Vorschrift eigens erklärt wird. Im Vorschlag für eine Verordnung über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (BR-Drucksache 780/09 (PDF) , Artikel 34) findet sich kein entsprechender Absatz. Nach dem Wortlaut des Artikels 32 Absatz 2 des vorliegenden Verordnungsvorschlags soll es lediglich um die "Beweiskraft" und die "Vermutung der Rechtsgültigkeit" gehen. Liest man jedoch die Begründung (BR-Drucksache 157/11 (PDF) , Ziffer 5.4, Seite 10) und vor allem den Erwägungsgrund 28 dazu, entsteht der Anschein, dass durch Artikel 32 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags eine Erstreckung der rechtlichen Wirkungen öffentlicher Urkunden vom Ursprungsstaat in den Staat des anerkennenden Gerichts beabsichtigt sein könnte. Eine derartige Wirkungserstreckung ist abzulehnen. Vielmehr muss es dabei bleiben, dass sich die rechtlichen Wirkungen der Urkunde jeweils nach dem aufgrund der Regelungen des Internationalen Privatrechts einschlägigen Recht bestimmen.
B
- 7. Der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Ausschuss für Familie und Senioren empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß § § 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.