Der Bundesrat hat in seiner 922. Sitzung am 23. Mai 2014 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Zielrichtung des Richtlinienvorschlags: die Beseitigung der bestehenden aufsichtsrechtlichen Hindernisse für grenzüberschreitend tätige Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, die Gewährleistung einer guten Unternehmensführung und eines guten Risikomanagements sowie die Bereitstellung klarer und relevanter Informationen für die Versorgungsanwärterinnen und -anwärter und Leistungsempfängerinnen und -empfänger.
- 2. Der Bundesrat begrüßt ferner, dass der Richtlinienvorschlag nicht mehr, wie ursprünglich geplant, die Einführung quantitativer Solvabilitätsvorschriften (Eigenkapitalunterlegung und technische Rückstellungen) für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge enthält. Die Schaffung europäischer Vorgaben zur Eigenmittelausstattung für Pensionsfonds würde eine Überreglementierung darstellen. In Mitgliedstaaten wie Deutschland, in denen bereits ausreichende Instrumentarien zur Sicherung von Betriebsrenten bestehen, würden neue Solvenzanforderungen die betriebliche Altersvorsorge ohne einen Erhöhungswert für die Sicherheit mit zusätzlichen Kosten belasten und damit dem notwendigen Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge zuwiderlaufen. Die Bundesregierung wird gebeten, auch weiterhin der Einführung von quantitativen Solvabilitätsvorschriften für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge entgegenzutreten.
- 3. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass der bestehende arbeits- und sozialrechtliche Schutz in der betrieblichen Altersversorgung im gesamten Richtlinienvorschlag besser zum Ausdruck kommen sollte, indem den Mitgliedstaaten entsprechender Umsetzungsspielraum gewährt wird. Eine weitgehende Übertragung individueller Verbraucherschutzregeln, z.B. Informationspflichten, auf kollektive Altersversorgungssysteme bedeutet Kostensteigerungen ohne Mehrwert für die Begünstigten.
- 4. In diesem Zusammenhang wird insbesondere die EU-weite Harmonisierung durch delegierte Rechtsakte im Richtlinienvorschlag (Artikel 24 Absatz 3 zur Vergütungspolitik, Artikel 30 für die rentenbezogene Risikobewertung und Artikel 54 für den Rentenanwartschaftsbescheid) kritisch gesehen. Wie schon in der Stellungnahme des Bundesrates vom 19. Dezember 2013 (BR-Drucksache 768/13(B) , Ziffer 2) dargelegt, sollten delegierte Rechtsakte grundsätzlich auf ein absolutes Minimum beschränkt werden.
- 5. Der Bundesrat befürwortet grundsätzlich die Einführung klarer Regeln für die Anforderungen an die Ausübung der Tätigkeit (Governance). Entscheidend sollte jedoch sein, dass die neuen Anforderungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und einen Mehrwert mit sich bringen. Kritisch zu sehen sind daher unkalkulierbare Risiken für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, die sich z.B. aus den im Richtlinienvorschlag nicht näher festgelegten Standards für die Risikobewertung ergeben könnten.
- 6. Er begrüßt die Verbesserungen der Informationen an die Berechtigten durch die Einführung eines EU-weiten Rentenanwartschaftsbescheids. Für die in Deutschland üblichen Betriebsrentenzusagen erscheinen die relativ detaillierten Vorgaben unverhältnismäßig hoch und das Kosten-/Nutzenverhältnis der vorgesehenen Informationspflichten fraglich, soweit sie über die nach nationalen Vorschriften erforderlichen Vorgaben hinausgehen. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten gibt es in Deutschland keine reinen Beitragszusagen. Zudem ist der besondere Charakter kollektiver Betriebsrentensysteme ohne Wahlmöglichkeit der Arbeitnehmerinnen und -nehmer zu berücksichtigen. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben sollten, die Anforderungen ihren jeweiligen Betriebsrentensystemen anzupassen.