A. Problem und Ziel
- Trotz der tiefen Wirtschaftskrise hat sich der Arbeitsmarkt bislang noch als vergleichsweise robust erwiesen. Mit Hilfe der massiven Verbesserungen bei der Kurzarbeit konnten hunderttausende Arbeitsplätze gerettet werden. Zwei Personengruppen sind aber trotz der erfolgreichen Anstrengungen zur Beschäftigungssicherung vom derzeitigen Einbruch des wirtschaftlichen Wachstums besonders betroffen: Ältere Menschen über 50 und jüngere Menschen unter 25 Jahren. Für beide Gruppen weist die Statistik in diesem Jahr einen überproportional hohen Anstieg der Arbeitslosigkeit aus. Beide Personengruppen benötigen eine gezielte Unterstützung; dies gilt in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise umso mehr.
- Die demografische Entwicklung macht es erforderlich, das Beschäftigungspotential der Älteren voll auszuschöpfen. Würden diese Beschäftigten in der gegenwärtigen Krise entlassen, würde wertvolles Erfahrungswissen verloren gehen. Erfahrungswissen, das in der Zukunft noch besser genutzt werden muss, um so dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Deshalb müssen zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um diese Beschäftigten jetzt in den Unternehmen zu halten.
- Gleichzeitig sind zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um jüngeren Menschen nach dem Erwerb des Berufsabschlusses den Berufseinstieg zu erleichtern.
- Unternehmen müssen dabei unterstützt werden, auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten zukunftsgerecht auszubilden. Die Sicherheit, junge Menschen nach Abschluss ihrer Ausbildung durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert übernehmen zu können, schafft - auch im Hinblick auf die nach wie vor hohe Zahl an Altbewerbern - zusätzliche Ausbildungsanreize.
- Zugleich gilt es zu berücksichtigen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch ihre jeweilige Tätigkeit und ihre Arbeitszeit unterschiedlich stark belastet werden. Diese Tatsache ist unabhängig von der schrittweisen Anhebung der Regelaltersgrenze und muss sozialpolitisch berücksichtigt werden. Notwendig ist daher die Weiterentwicklung von Instrumenten, die einen flexiblen Übergang aus dem Erwerbsleben in die Ruhestandsphase, die einerseits individuelle Entscheidungsmöglichkeiten verbessern bzw. neu eröffnen, und andererseits einer nachhaltigen Finanzierung des Sozialstaates entsprechen.
B. Lösung
- Als Sofortmaßnahme wird die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit für Arbeitgeber, die eine durch Altersteilzeit frei werdende Stelle mit einem Arbeitnehmer nach Abschluss der Ausbildung - in Kleinunternehmen auch mit einem Auszubildenden - besetzen, um fünf Jahre bis 31. Dezember 2014 verlängert. Auf diese Weise wird eine Beschäftigungsbrücke über die Krise geschlagen.
C. Alternativen
- Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Finanzielle Auswirkungen
- Die gesetzlichen Änderungen führen in den Jahren 2010 bis 2018 jeweils zu Brutto-Mehrausgaben der Bundesagentur für Arbeit zwischen 20 und 720 Mio. Euro.
in Millionen Euro Mehrausgaben der BA 2010 20 2011 30 2012 270 2013 500 2014 720 2015 700 2016 690 2017 450 2018 220
- Diesen Ausgaben stehen Einsparungen in einer Größenordnung von 35 Mio. Euro gegenüber.
2. Vollzugsaufwand
- Die Verlängerung der Förderung von Altersteilzeit bei Wiederbesetzung der frei werdenden Stellen mit Auszubildenden und Ausbildungsabsolventen bedeutet einen fortbestehenden Verwaltungsaufwand bei der Bundesagentur für Arbeit, allerdings in geringerem Umfang als bisher, da die Zahl der jährlichen zusätzlichen Förderfälle voraussichtlich geringer ausfällt.
E. Sonstige Kosten
- Keine.
Gesetzesantrag der Länder Rheinland-Pfalz, Bremen
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Altersteilzeitgesetzes (... Altersteilzeitänderungsgesetz - ... AltTZÄndG)
Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 18. November 2009
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Rheinland-Pfalz und Bremen haben beschlossen, den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten
- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Altersteilzeitgesetzes (... Altersteilzeitänderungsgesetz - ... AltTZÄndG)
zuzuleiten mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte Sie, diesen Gesetzesantrag gemäß § 36 Absatz 2 GO BR in die Tagesordnung der 864. Sitzung des Bundesrates am 27. November 2009 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Altersteilzeitgesetzes (... Altersteilzeitänderungsgesetz - ... AltTZÄndG)
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Altersteilzeitgesetzes
Das Altersteilzeitgesetz vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises vom 28. März 2009 (BGBl. I S. 634) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In § 1 Absatz 2 wird die Angabe "31. Dezember 2009" durch die Angabe "31. Dezember 2014" ersetzt.
- 2. § 3 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a werden die Wörter "einen bei einer Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer, einen Bezieher von Arbeitslosengeld II oder" gestrichen
- b) In Absatz 3 werden die Wörter "eines bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmers oder" gestrichen.
- 3. In § 16 wird die Angabe "1. Januar 2010" durch die Angabe "1. Januar 2015" ersetzt.
Artikel 2
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
1. Zielsetzung und Auswirkungen
Die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise hat weltweit zu einem - teilweise dramatischen - Anstieg von Arbeitslosigkeit geführt. Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich demgegenüber - insbesondere infolge der massiven Verbesserungen bei der Kurzarbeit - bisher als vergleichsweise robust erwiesen. Es muss sichergestellt werden, dass dies so bleibt. Dabei ist besonderes Augenmerk auf zwei Personengruppen zu legen: Ältere im Alter von 50 bis 64 Jahren und jüngere Menschen unter 25 Jahren. Bei diesen Beschäftigten besteht in Zeiten konjunktureller Schwächephasen erfahrungsgemäß ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden. In diesem Jahr ist ein überproportional hoher Anstieg von älteren und jüngeren Menschen in Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Deshalb soll hier mit gezielten beschäftigungsstabilisierenden Maßnahmen geholfen werden.
Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist es erforderlich, das Beschäftigungspotenzial der Älteren zu steigern, um deren Erfahrungswissen besser zu nutzen und dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen nach langer Lebensarbeitsleistung nicht in die Arbeitslosigkeit gedrängt werden. Kündigungen müssen verhindert und für alle Beteiligten attraktive Alternativen geschaffen werden. Die Sicherung der Beschäftigungsverhältnisse wird flankiert durch weitere Fortschritte bei der Gestaltung altersgerechter Arbeitsbedingungen.
Auf der anderen Seite ist es unerlässlich, gerade in Krisenzeiten jungen Nachwuchskräften eine Perspektive am Arbeitsmarkt zu bieten. Die Bundesagentur für Arbeit, die Wirtschaft und die Bundesregierung unternehmen, auch aufgrund der Vereinbarungen im Ausbildungspakt, größte Anstrengungen, das betriebliche Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen. Dennoch gibt es in jedem Jahr Bewerber, die nicht mit einem betrieblichen Ausbildungsplatz versorgt werden können. Insbesondere die Zahl von Altbewerbern, die die Schule bereits in früheren Jahren verlassen haben und bislang vergeblich einen Ausbildungsplatz suchten, ist nach wie vor viel zu hoch. Dieses Problem wird durch die derzeitige Krise noch verschärft. Gleichzeitig benötigen die fertig Ausgebildeten nach dem Ende ihrer Ausbildung eine Perspektive für den Berufseinstieg. Der Start ins Berufsleben darf nicht mit Arbeitslosigkeit beginnen.
Es müssen jetzt verstärkt Anreize gesetzt werden, damit die Unternehmen ihren älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht kündigen, sondern diese in Beschäftigung halten und den Jüngeren eine Perspektive bieten.
Mit der Verlängerung der Altersteilzeitförderung durch die Bundesagentur für Arbeit wird ein Anreiz geschaffen, auch in der gegenwärtigen schwierigen wirtschaftlichen Lage an den älteren Beschäftigten festzuhalten. Die Beschäftigungsverhältnisse älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden für die kommenden Jahre stabilisiert und die Chancen Jüngerer auf einen Ausbildungsplatz und anschließende Übernahme verbessert.
Auf diese Weise wird eine Beschäftigungsbrücke über die Krise geschlagen.
2. Wesentlicher Inhalt
Die Möglichkeit zur Förderung von Arbeitgebern durch die Agentur für Arbeit, die aus Anlass des Übergangs eines Arbeitnehmers in die Altersteilzeit einen anderen Arbeitnehmer auf einem hierdurch freigewordenen Arbeitsplatz beschäftigen, soll in den kommenden Jahren auch für Neufälle erhalten bleiben. Hierzu wird der förderrechtlich relevante Stichtag, ab dem die die Verringerung der Arbeitszeit im Rahmen der Altersteilzeit erfolgt sein muss, vom 31. Dezember 2009 um fünf Jahre auf den 31. Dezember 2014 verschoben.
Gleichzeitig werden die Förderkriterien enger gefasst. Eine Förderung ist zukünftig für Neufälle nur noch möglich, wenn auf dem freigemachten oder durch Umsetzung frei gewordenen Arbeitsplatz eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer nach Abschluss der Ausbildung oder in kleineren Betrieben alternativ auch eine Auszubildende oder ein Auszubildender beschäftigt wird. Die Einstellung einer bislang arbeitslosen Arbeitnehmerin oder eines bislang arbeitslosen Arbeitnehmers kann zukünftig dagegen keinen Anspruch auf Förderung mehr begründen.
3. Gleichstellungspolitische Bedeutung
Der Gesetzentwurf wurde auf seine Gleichstellungsrelevanz überprüft. Von den Änderungen des Altersteilzeitgesetzes profitieren Frauen und Männer gleichermaßen. Die Änderungen haben daher keinen Einfluss auf die Gleichbehandlung der Geschlechter.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 Nummer 1 (Änderung des § 1 des Altersteilzeitgesetzes)
Mit der Änderung wird die Förderung der Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit um fünf Jahre verlängert. Die Verlängerung von fünf Jahren stellt sicher, dass für alle derzeit über 50-Jährigen eine mit Mitteln der Arbeitsförderung geförderte Altersteilzeit in Betracht kommt. Für Unternehmen wird ein Anreiz geschaffen, an Beschäftigungsverhältnissen mit über 50-Jährigen festzuhalten und jungen Nachwuchskräften eine Perspektive am Arbeitsmarkt zu bieten.
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a (Änderung des § 3 Abs. 1 des Altersteilzeitgesetzes)
Mit dieser Regelung werden die Förderkriterien präzisiert und enger gefasst. Nur noch diejenigen Betriebe werden durch die Bundesagentur für Arbeit gefördert, die den in Folge von Altersteilzeit frei gewordenen Arbeitsplatz mit einem Arbeitnehmer nach Abschluss der Ausbildung oder - in Kleinbetrieben - mit einem Auszubildenden wiederbesetzen.
Die bisherige Förderung bei Wiederbesetzung mit einem Arbeitslosen entfällt.
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe b (Änderung des § 3 Abs. 3 des Altersteilzeitgesetzes)
Folgeänderung zu Buchstabe a.
Zu Artikel 1 Nummer 3
Folgeänderung zu Nummer 1; die Änderung regelt, dass die Verminderung der Arbeitszeit auf die Hälfte spätestens am 31. Dezember 2014 erfolgt sein muss.
Zu Artikel 2
Das Inkrafttreten zum 1. Januar 2010 gewährleistet, dass die neue Förderung unmittelbar an die bisherige Förderung anschließt.