959. Sitzung des Bundesrates am 7. Juli 2017
A
Der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Allgemeines
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Verordnungsvorschlag der Kommission, mit dem die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 unter den Gesichtspunkten der Proportionalität und Verhältnismäßigkeit für kleinere finanzielle Gegenparteien sowie für nichtfinanzielle Gegenparteien vereinfacht werden soll, ohne dabei das primäre Ziel der Sicherung der Finanzstabilität zu gefährden.
- 2. Der Bundesrat begrüßt den durch den vorliegenden Verordnungsvorschlag intendierten Abbau von Kosten und Belastungen bestimmter Gegenparteien von Derivategeschäften.
- 3. Zudem unterstützt er das Vorhaben der Kommission, die Clearingpflichten noch zielgenauer bei den Gegenparteien anzusetzen, bei denen dies zur Erreichung der Ziele der Verordnung notwendig erscheint. Nur wenn die Clearingpflicht an relevanten Märkten, wie zum Beispiel bei den Altersversorgungssystemen, schnell wirksam wird, kann das zentrale Clearing seine Funktion zur Sicherung der Finanzstabilität in noch höherem Maße erfüllen.
Aussetzung der Clearingverpflichtung (Artikel 6b des Verordnungsvorschlags)
- 4. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich gegen die nun geplante Schaffung ausufernder Möglichkeiten für eine Aussetzung von Clearingverpflichtungen einzusetzen. Die vorgesehenen Ermächtigungen bedeuten - gerade auch wegen der sehr stark auslegungsfähigen Voraussetzungen - vor allem eine Ausweitung der Befugnisse auf administrativer Ebene bis hin zum "Freibrief". Die Entscheidung über die Clearingpflicht und die Bedingungen, unter denen diese Pflicht ausgesetzt wird, sollte aber nicht von der Verwaltung, sondern in den wesentlichen Grundzügen vom Gesetzgeber getroffen werden.
Zu den Bedingungen dürften extreme, eilbedürftige und eng zu definierende Ausnahmekonstellationen gehören, die eine befristete Aussetzung rechtfertigen können.
Zugang zum zentralen Clearing (Artikel 4 Absatz 3a des Verordnungsvorschlags)
- 5. Der Bundesrat begrüßt die Überlegungen der Kommission zur Stärkung des Zugangs zum zentralen Clearing für Endkunden (Artikel 4 Absatz 3a des Verordnungsvorschlags). Die vorgesehene Öffnung des Zugangs zu einem indirekten Clearing über ein faires und diskriminierungsfreies Marktumfeld ist ein positiver erster Schritt.
- 6. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich darüber hinaus dafür einzusetzen, dass in der Verordnung Möglichkeiten und Strukturen geschaffen werden, die Modelle direkten Clearings (Endkunde als Clearingmitglied) fördern. Verstärktes direktes Clearing trägt zur Abmilderung derzeitiger Risikokonzentrationen auf wenige große Clearingmitglieder und damit zur Vermeidung finanzstabilitätsgefährdender Strukturen bei. Vor diesem Hintergrund sollte im weiteren Gesetzgebungsverfahren untersucht werden, welche Hindernisse derzeit einem direkten Clearingzugang von Marktteilnehmern entgegenstehen. Maßnahmen für ein verstärktes direktes Clearing dürfen aber kein Aufweichen der Anforderungen an eine Clearingmitgliedschaft bedeuten.
Gruppeninterne Geschäfte ( Artikel 11 des Verordnungsvorschlags)
- 7. Der Bundesrat regt vor dem Hintergrund der Zielsetzung der verhältnismäßigen Ausgestaltung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 an, Artikel 11 des Verordnungsvorschlags auf seine Angemessenheit hinsichtlich gruppeninterner Geschäfte zu überprüfen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Privilegierung gemäß Artikel 11 Absatz 5 des Verordnungsvorschlags alleine von gruppeninternen Geschäften zwischen Gegenparteien, die im selben Mitgliedstaat ansässig sind, unnötig eng gefasst ist. Zumindest auch Gegenparteien, die in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind, sollten dieselben Privilegierungen erhalten, da sich bei gruppeninternen Geschäften keine erhöhten Risiken für den Finanzmarkt ergeben.
B
- 8. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.