Der Bundesrat hat in seiner 984. Sitzung am 20. Dezember 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe c (§ 5 Absatz 2 VerpackG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren parlamentarischen Verfahren zu prüfen, ob in das Gesetz eine abschließende Liste mit allen unter das vorgesehene Verbot fallenden Stoffen aufgenommen werden kann.
Begründung:
Der Begriff "Kunststoff" ist nicht eindeutig. Es sollte daher geprüft werden, ob eine abschließend normierte Liste mit allen unter das vorgesehene Verbot fallenden Stoffen erstellt werden kann, um die notwendige Rechtssicherheit zu erzeugen und den Rechtsunterworfenen die Anwendung der neuen Verbotsregelung zu erleichtern.
2. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 34a - neu - VerpackG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:
"2a. Nach § 34 wird folgender § 34a eingefügt:
" § 34a Übergangsvorschrift zu § 5 Absatz 2
Letztvertreiber dürfen vorhandene Vorräte an Kunststofftragetaschen, mit oder ohne Tragegriff, mit einer Wandstärke von weniger als 50 Mikrometern noch innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nach dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Verpackungsgesetzes bestimmungsgemäß verwenden." "
Begründung:
Aufgrund der in den letzten Jahren erfolgreichen Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Reduzierung des Gebrauchs von Kunststofftragetaschen gibt es beim Einzelhandel nach übereinstimmenden Aussagen der Wirtschaftsverbände noch vergleichsweise hohe Vorräte von Kunststofftragetaschen. Diese sollten übergangsweise binnen eines angemessenen Zeitraums noch bestimmungsgemäß verwendet werden dürfen. Eine Vernichtung wäre ökologisch nicht sinnvoll und würde insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen des Einzelhandels, die ohnehin unter einem hohen Wettbewerbsdruck stehen, wirtschaftlich erheblich belasten. Deshalb ist den Unternehmen ein ausreichender Übergangszeitraum einzuräumen, um vorhandene Bestände an Kunststofftragetaschen zu verbrauchen.
3. Zu Artikel 1 Nummer 2b - neu - (§ 34b - neu - VerpackG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 2a - neu - folgende Nummer 2b einzufügen:
"2b. Nach § 34a wird folgender § 34b eingefügt:
" § 34b Einziehung
Ist eine Ordnungswidrigkeit nach § 34 Absatz 1 begangen worden, so können Gegenstände eingezogen werden,
- 1. auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht oder
- 2. die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind.
§ 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist anzuwenden." "
Begründung:
Vor Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes (VerpackG) am 1. Januar 2019 bestand die Möglichkeit, Gegenstände einzuziehen, die sich auf bestimmte Bußgeldtatbestände der Verpackungsverordnung (VerpackV) bezogen oder die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind. Dies ergab sich durch einen Verweis der mit Ablauf des 31. Dezember 2018 außer Kraft getretenen Verpackungsverordnung in § 15 Absatz 1 auf § 69 Absatz 1 Nummer 8 KrWG.
§ 70 KrWG regelt die Möglichkeit der Einziehung und bezieht sich dabei u.a. ausdrücklich auf § 69 Absatz 1 Nummer 8 KrWG. Das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Verpackungsgesetz enthält in § 34 nun eigenständige Bußgeldvorschriften und nimmt dabei nicht auf § 70 KrWG Bezug.
Da eine Einziehung von Gegenständen nach den §§ 22 und 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) nur dann zulässig ist, soweit das entsprechende Gesetz es ausdrücklich zulässt, ist nach derzeitigem Wortlaut des Verpackungsgesetzes eine Einziehung nach den §§ 22, 23 OWiG nicht möglich. Der vorliegende Änderungsvorschlag soll dieses Vollzugshindernis beheben, indem er in das Verpackungsgesetz einen neuen § 34b einfügt, der die Möglichkeit einer Einziehung von Gegenständen unter den Voraussetzungen der §§ 22, 23 OWiG nun ausdrücklich vorsieht. Diese Änderung ist vollzugsrelevant und daher dringlich.
4. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren parlamentarischen Verfahren die Auswirkungen des Gesetzentwurfs insbesondere auf den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft zu prüfen und angemessen zu berücksichtigen. Es erscheint - anders, als von der Bundesregierung ausgeführt - zweifelhaft, dass durch das angestrebte Verbot kein Erfüllungsaufwand entsteht.
Begründung:
Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Gesetzentwurf für die Wirtschaft keinen Erfüllungsaufwand verursacht und daher keinen Anwendungsfall der "One in, one out"-Regel begründet. Diese Aussage erscheint zweifelhaft, da es notwendigerweise in zahlreichen Unternehmen einer Umstellung im Bereich des Angebots von Transportverpackungen an die Kunden bedarf. Bereits die Bemühungen der Wirtschaft im Rahmen der bisherigen freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Reduzierung von Kunststofftragetaschen haben gezeigt, dass diese Reduzierung nicht kostenlos ist und einer Umstellung der Organisation bedarf. Auch ist nicht davon auszugehen, dass Alternativen zu Kunststoffverpackungen bei gleicher Funktion nicht kostenintensiver sind als diese, weil ein Verbot andernfalls nicht erforderlich wäre. Die Auswirkungen des Vorhabens auf den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft sollten deshalb im weiteren Verfahren angemessen berücksichtigt werden.
5. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass der steigende Außer-Haus-Verzehr von Heißgetränken zu einer ansteigenden Menge von Einwegheißgetränkebechern führt. Jedes Jahr nutzen die Deutschen 2,8 Milliarden Einwegbecher für ihren Kaffee und verursachen so Unmengen an Müll. Hinzu kommen weitere Serviceverpackungen für Speisen (Pizzakarton etc.). Derzeit verursachen Mehrwegverpackungssysteme für Speisen und Getränke für den Außer-Haus-Verzehr bei Gastronomiebetrieben höhere Kosten als Einwegsysteme. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass für eine Trendumkehr ökonomische oder auch ordnungsrechtliche Instrumente zu nutzen sind, die die Wettbewerbsbedingungen für Wiederverwendungssysteme gegenüber Einwegartikeln verbessern.
Die hierfür notwendigen Spielräume für den Bundesgesetzgeber eröffnet die Richtlinie (EU) Nr. 2019/904 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt (Einwegkunststoffrichtlinie), die in ihren wesentlichen Teilen bis zum 3. Juli 2021 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden muss.
Der Bundesrat bittet, bereits im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu dem vorliegenden Ersten Gesetz zur Änderung des Verpackungsgesetzes zu prüfen, welche ökonomischen oder ordnungsrechtlichen Regelungen zur Minderung des Verbrauchs an Einweg-Serviceverpackungen und zur Stärkung von Mehrwegsystemen geeignet sind und gesetzlich geregelt werden können.
- b) Aus der Sicht des Bundesrates können Einsatzquoten für Recyclate sinnvoll sein, um die Branchenzusammenarbeit zwischen Inverkehrbringern, Verpackungsproduzenten und Entsorgungs- bzw. Recyclingwirtschaft zu forcieren. Ein Einsatz eines Mindestanteils von Sekundärrohstoffen ist auch bei Verpackungen sinnvoll. Dies gilt insbesondere in Bereichen, in denen aus betriebswirtschaftlichen Gründen die hochwertige Sekundärrohstoffgenerierung höhere Kosten verursacht als die Herstellung von Gütern aus Primärrohstoffen, obwohl erstere deutliche Vorteile beim Klima- und Ressourcenschutz mit sich bringt. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, Einsatzquoten für Recyclate bei ausgewählten Kunststoffverpackungen zu etablieren, um eine geschlossene und hochwertige Kreislaufwirtschaft zu fördern.
- c) Der Bundesrat stellt fest, dass § 21 des Verpackungsgesetzes zur ökologischen Gestaltung der Beteiligungsentgelte bereits jetzt zu Innovation, Investition und branchenübergreifender Zusammenarbeit bei der ökologischeren Gestaltung von Verpackungen geführt hat. Die zu beobachtenden Veränderungen zeigen, dass neben der Vermeidung von Verkaufsverpackungen durch Mehrweglösungen auch die bessere stoffliche Verwertung durch Design for Recycling möglich ist. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, die Vorgaben des § 21 Verpackungsgesetz bei einer weiteren Änderung des Gesetzes dahingehend zu konkretisieren, dass objektiv Vorteile, auch finanzielle, für diejenigen Inverkehrbringer entstehen, die mehr Sekundärrohstoffe einsetzen und gleichzeitig technisch machbare, schad- und störstofffreie sowie für eine gemeinschaftliche Kreislaufführung nach der Verpackungsnutzung optimierte Verpackungen einsetzen.
- d) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der Einsatz gesundheitlich unbedenklicher Druckfarben, insbesondere im Bereich grafischer Erzeugnisse, durch Regelungen zur Produktverantwortung forciert werden sollte, um den Einsatz von Altpapier für Lebensmittelverpackungen zu ermöglichen.