Gesetzesantrag der Freistaaten Bayern, Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs
(Wohnraumaktivierung im Außenbereich)

A. Problem

Das Spannungsverhältnis zwischen den beiden großen Herausforderungen der Wohnbaulandmobilisierung einerseits und des Flächensparens andererseits bedarf gerade auch im Außenbereich ausgewogener, interessengerechter und auch kreativer Lösungen. Dabei gilt es, bereits überbaute Flächen bzw. vorhandene Siedlungsansätze unter Wahrung des Gebots zur größtmöglichen Schonung des Außenbereichs sinnvoll für den Wohnungsbau zu nutzen.

B. Lösung

Diesem Ziel dient dieser Gesetzesantrag.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Keiner.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Keiner.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Keiner.

F. Weitere Kosten

Keine.

Gesetzesantrag der Freistaaten Bayern, Sachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (Wohnraumaktivierung im Außenbereich)

Der Bayerische Ministerpräsident München, 18. September 2018

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung und der Sächsischen Staatsregierung wird der als Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (Wohnraumaktivierung im Außenbereich) mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diesen gemäß Artikel 76 Absatz 1 GG im Bundestag einbringen möge.

Es wird gebeten, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 970. Sitzung am 21. September 2018 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Baugesetzbuchs (Wohnraumaktivierung im Außenbereich)

Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Baugesetzbuchs

Das Baugesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. November 2017(BGBl. I S. 3634) wird wie folgt geändert:

1. § 35 Absatz 4 wird wie folgt geändert:

a. Der Einleitungssatz in Satz 1 Nr. 1 wird wie folgt gefasst:

"die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das bei seiner Errichtung einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gedient hat und das sich im Eigentum des Inhabers eines solchen Betriebs befindet, unter folgenden Voraussetzungen:"

b. Satz 1 Nr. 2c) wird wie folgt gefasst:

"das vorhandene Gebäude wurde oder wird für längere Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und"

c. Satz 1 Nr. 4 wird wie folgt gefasst:

"die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltswerts dient, "

d. Es wird in Satz 1 folgende neue Nr. 6 eingefügt:

"die Errichtung eines neuen Wohngebäudes im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zu einem vorhandenen, vom Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzten Wohngebäude unter folgenden Voraussetzungen:

e. Die bisherige Nr. 6 in Satz 1 wird zu Nr. 7.

f. Satz 2 wird wie folgt neu gefasst:

"In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine Wohnzwecken dienende Nutzung zugewiesen werden soll, wenn keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend"

2. § 245b Absatz 1 erhält folgende Fassung:

"Die Länder können bestimmen, dass die Voraussetzung nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 Buchstabe a nicht anzuwenden ist."

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Anlass und Zielsetzung der Regelung

Dem Gesetzentwurf liegt die Zielsetzung zugrunde, bereits überbaute Flächen bzw. vorhandene Siedlungsansätze im Außenbereich unter Wahrung des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs sinnvoll für den Wohnungsbau zu nutzen. Vor dem Hintergrund von vielerorts auch im ländlichen Raum dringend benötigtem Wohnraum wird ein Anreiz gesetzt, Potentiale in baulich bereits in Anspruch genommenen Bereichen auszuschöpfen. Dort, wo im Außenbereich bereits Wohnbebauung vorhanden ist, soll diese erleichtert einer Nutzungsänderung zugeführt, ggf. aber auch leichter durch Neubauten ersetzt und in Abhängigkeit vom Wohnbedarf der Eigentümer auch maßvoll erweitert bzw. ergänzt werden können.

Damit soll auch den sich verändernden funktionalen, technischen und energetischen Anforderungen und Bedürfnissen Rechnung getragen werden.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Baugesetzbuchs)

Zu Nummer 1 lit.a

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB wird dem Bedürfnis der Praxis Rechnung getragen, auch wiederholte Nutzungsänderungen zu ermöglichen, z.B. nachfolgend die Nutzungsarten Landwirtschaft-Handwerk-Wohnen. Bisher war nur eine einmalige Nutzungsänderung von Landwirtschaft z.B. in Wohnen möglich.

Zu Nummer 1 lit.b

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c) BauGB wird die Regelung für den Ersatzbau gelockert, wonach der Eigentümer bis zum Ende in dem Gebäude, das "Missstände oder Mängel" aufweist, gewohnt haben muss (sog. "Rheumaklausel"). Stattdessen sollte es künftig allein der Entscheidung eines Eigentümers, der ggf. auch früher schon für einen längeren Zeitraum in dem Gebäude gewohnt hat, überlassen bleiben, ob eine Ersetzung des alten Wohngebäudes durch ein modernes Wohngebäude für ihn zweckmäßig ist. Kein Eigentümer wird "ohne Not" ein gut erhaltenes und seinen Bedürfnissen entsprechendes Wohngebäude abreißen und durch ein neues ersetzen (wenn er es für sich selbst weiterhin nutzen möchte).

Zu Nummer 1 lit.c

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BauGB wird die Zulassung der Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten Gebäuden dadurch erleichtert, dass das Tatbestandsmerkmal des "das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäudes" wegfällt.

Auf die Ausführungen im Allgemeinen Teil (A. I.) wird Bezug genommen. Hier kann Wohnraum geschaffen werden, wo bereits Fläche in Anspruch genommen ist.

Zu Nummer 1 lit.d

Durch den vorgeschlagenen (neuen) § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB soll - mit der Zielrichtung der Förderung insbesondere auch von jungen Familienmitgliedern - ein zusätzliches Wohngebäude z.B. auf der (ehemaligen) landwirtschaftlichen Hofstelle ermöglicht werden.

Wegen dieser unmittelbaren Nähe, dem räumlichen Zusammenhang und dem landwirtschaftlichen Bezug erscheint der Eingriff in den Außenbereich vertretbar. Es wird damit insbesondere auch ein erheblicher Beitrag zur Stärkung des ländlichen Raums geleistet und zudem ein wichtiger familienpolitischer Akzent gesetzt, v.a. in Form der gegenseitigen familiären Unterstützung (z.B. Beaufsichtigung von Kindern, Pflege) im Sinn des generationenübergreifenden Wohnens.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Flächenspar-Klausel des § 35 Abs. 5 Satz 1 BauGB für diese Vorhaben besonders zu berücksichtigen ist. Danach sind diese "...in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen."

Zu Nummer 1 lit.e

Die Änderung ist redaktionell bedingt.

Zu Nummer 1 lit.f

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB wird die Regelung für die Neuerrichtung eines Gebäudes (nach Nutzungsänderung) dadurch erleichtert, dass das Tatbestandsmerkmal des "das Bild der Kulturlandschaft wahrenden Gebäudes" wegfällt. Dieses Tatbestandsmerkmale hat in der Praxis große Abgrenzungsschwierigkeiten bereitet und durchaus auch zu einem - vom Gesetzgeber nicht gewollten - Leerlaufen dieser Teilprivilegierung geführt.

Die eingefügte Beschränkung auf Wohngebäude dient dem im Allgemeinen Teil (A. I) dargestellten Gesetzeszweck.

Zu Nummer 2

Hinsichtlich der Voraussetzung in der neuen Vorschrift des § 35 Absatz 4 Nummer 6 Buchstabe a, dass das vorhandene Gebäude bei seiner Errichtung einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gedient hat, sollen die Länder ermächtigt werden zu bestimmen, dass diese nicht Anwendung findet. In solchen Fallkonstellationen, in denen kein land- oder forstwirtschaftlicher Bezug des Bestandsgebäudes gegeben ist, z.B. bei vorhandener ausschließlich straßenseitiger Bebauung ("Straßendörfer"), kann aber gleichwohl der Bedarf bestehen, im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zum vorhandenen Gebäude ein weiteres Wohnhaus durch den Eigentümer oder durch Familienangehörige aus den zu § 35 Absatz 4 Nummer 6 genannten, familienpolitisch wünschenswerten Gründen zu errichten.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Ein möglichst umgehendes Inkrafttreten ist anzustreben.