Antrag des Landes Hessen
Entschließung des Bundesrates - Scharfes Schwert gegen lahmes Internet

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, 10. September 2018

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die anliegende Entschließung des Bundesrates - Scharfes Schwert gegen lahmes Internet mit dem Antrag zuzuleiten, die Entschließung zu fassen.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 970. Plenarsitzung am 21. September 2018 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Bouffier

Entschließung des Bundesrates - Scharfes Schwert gegen lahmes Internet

Der Bundesrat möge beschließen:

Begründung:

Die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaftsteilnehmer mit schnellen Internetzugängen ist mit Blick auf die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands essentiell. Der Ausbau des Breitbandnetzes wird daher von Bund, Ländern, Kommunen und Telekommunikationsanbietern vorangetrieben. Es genügen jedoch nicht allein Investitionen in eine bessere digitale Infrastruktur, sondern der Erfolg dieser Maßnahmen muss sich daran messen lassen, welche Breitband-Geschwindigkeit bei den Haushalten und Unternehmen tatsächlich ankommt.

Dem Jahresbericht Breitbandmessung der Bundesnetzagentur ist jedoch zu entnehmen: Über alle Bandbreiteklassen und Anbieter hinweg erhielten im Download 28,4 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer nicht einmal die Hälfte der vertraglich vereinbarten maximalen Datenübertragungsrate; gerade einmal bei 12 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer wurde diese voll erreicht oder überschritten. Beim Upload fallen die Zahlen etwas positiver aus. Es ist nicht die erste Untersuchung die zeigt, dass Kundinnen und Kunden oftmals nicht die vertraglich vereinbarte maximale Datenübertragungsrate erhalten.

Damit Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen einschätzen können, welche Leistung der Anbieter am Ende tatsächlich zur Verfügung stellen kann, soll der Anbieter vor Vertragsabschluss Informationen über den Leistungsumfang in der Nachbarschaft übersenden. Kann der Anbieter seine zugesicherten Leistungen nicht einhalten, muss das spürbare Konsequenzen für die Unternehmen haben. Bisher steht den Kundinnen und Kunden zwar ein Kündigungsrecht zu. Da es aber oft keine leistungsstärkere Alternative zum gewählten Anbieter gibt, bleibt dieses Instrument ohne konkreten Nutzen.

Es ist inakzeptabel, dass Telekommunikationsunternehmen, die ihren Kundinnen und Kunden nicht die vereinbarte Leistung zur Verfügung stellen, keine Konsequenzen zu befürchten haben. Die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Wirtschaftskunden müssen gewahrt werden. Die Bundesregierung muss deshalb gesetzlich nachsteuern. Zwar gab es mit der Umsetzung der Verordnung zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (TK Transparenzverordnung - TKTransparenzV) vom 19. Dezember 2016 durch das Verhängen von Bußgeldern durch die Bundesnetzagentur und die Verbesserung der Informationspflichten durch das sogenannte Produktinformationsblatt positive Signale. Die Praxis zeigt aber, dass dies nicht ausreicht. Verbraucherinnen und Verbraucher haben nach wie vor keine durchsetzbaren Rechte, falls es zu wiederholten Abweichungen der vertraglich vereinbarten Datenübertragungsrate kommt. Ziel sollte es sein, einen transparenten Markt zu schaffen, in dem Verbraucherinnen und Verbraucher vor Mogelpackungen geschützt werden. Regelmäßige Geschwindigkeitsunterschreitungen sind gerade in Zeiten eines steigenden Bedarfs an hohen Bandbreiten ein wachsendes Ärgernis, insbesondere wenn kostenpflichtige Dienste nicht einwandfrei genutzt werden können. Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen hier rechtliche wie auch technische Sicherheiten. Die allgemeinen Kündigungsregeln im Zivilrecht können dies nicht abschließend gewährleisten.

Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft, die ein Recht auf Erfüllung der vereinbarten Geschwindigkeit haben, müssen daher den vereinbarten Preis mindern können, wenn die Leitungsgeschwindigkeit nicht der versprochenen Bandbreite entspricht. Bei erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Dienstqualitätsparametern von Internetzugangsdiensten sollten pauschalierte Schadenersatzansprüche erhoben werden können. Neben Problemen mit der Geschwindigkeit bei Internetzugangsdiensten beschweren sich Verbraucherinnen und Verbraucher oft über Verzögerung, Verzögerungsschwankungen und Paketverlust. Unter Verzögerung (oder auch Latenz/Ping-Wert genannt) versteht man die Ladezeit für den Aufbau einer Webseite. Bei einem Paketverlust gehen bestimmte Daten verloren, das heißt das Bild ruckelt oder es fehlen bestimmte Abschnitte auf einer Seite. Beide Aspekte sind neben der Geschwindigkeit, also der Bandbreite, wichtige Parameter für die Qualität des Anschlusses. Die Rechtsdurchsetzung soll durch eine Beweiserleichterung vereinfacht werden. Daher sollen die Breitbandmessungen der Bundesnetzagentur als Grundlage für eine widerlegbare Vermutung einer nicht vertragskonformen Leistung des Anbieters von Internetzugangsdiensten dienen. Damit müsste der Anbieter in einem möglichen Gerichtsverfahren nachweisen, dass er die versprochene Leistung tatsächlich erbracht hat.