COM (2018) 378 final; Ratsdok. 9620/18
Der Bundesrat hat in seiner 970. Sitzung am 21. September 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission angestrebte Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, um die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der Beweisaufnahme weiter zu verbessern und zu beschleunigen.
- 2. Er begrüßt, dass die Übermittlung von Ersuchen und Mitteilungen nach der vorgeschlagenen Verordnung in Zukunft grundsätzlich nur noch elektronisch über ein dezentrales IT-System erfolgen soll.
- 3. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass die Frist für die technische Umsetzung von 24 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung deutlich zu kurz bemessen ist. Die Schaffung einer Schnittstelle zu dem dezentralen IT-System und die Herstellung der Interoperabilität mit der Kommunikationsinfrastruktur erfordern erfahrungsgemäß einen erheblichen Vorbereitungs- und Umsetzungsaufwand und daher einen zeitlichen Vorlauf von mehreren Jahren. Auch im Hinblick auf die Kostentragungspflicht der Mitgliedstaaten ist eine Umsetzung innerhalb von zwei Jahren nicht möglich, da in diesem kurzen Zeitraum die notwendigen Haushaltsmittel nicht sicher bereitgestellt werden können.
- 4. Der Bundesrat hält es deshalb für erforderlich, die Umsetzungsfrist deutlich zu verlängern oder den Mitgliedstaaten mehr Spielraum bei der Umstellung auf die elektronische Übermittlung einzuräumen.
- 5. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die geplante Streichung von Artikel 17 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags noch einmal überdacht werden sollte. Da das ersuchende Gericht auf fremdem Hoheitsgebiet selbst keine Zwangsmaßnahmen, wie etwa eine zwangsweise Vorführung eines Zeugen, anordnen und durchführen kann, wäre es zwingend auf die Unterstützung durch ein Gericht des Mitgliedstaats, in dem die Beweisaufnahme stattfinden soll, angewiesen. In der vorgeschlagenen Verordnung wären daher auf jeden Fall noch weitere Regelungen erforderlich, die das Verfahren der Zusammenarbeit näher regeln. Ungeachtet der rechtlichen Ausgestaltung dürfte sich die notwendige Abstimmung zwischen dem ersuchenden Gericht und dem um Zwangsmaßnahmen ersuchten Gericht über das weitere gemeinsame Vorgehen (neuer Termin mit Zwangsvorführung) auch in tatsächlicher Hinsicht schwierig gestalten und zu erheblichen Verzögerungen führen. In Anbetracht dieser praktischen Schwierigkeiten stellt sich die Frage, ob in den Fällen, in denen ein Zeuge nicht freiwillig an einer Vernehmung mitwirkt, ein Ersuchen gemäß Artikel 4 fortfolgende des Verordnungsvorschlags nicht grundsätzlich die bessere Alternative gegenüber einer komplizierten Kombination aus unmittelbarer Beweisaufnahme und ergänzender Rechtshilfe bezüglich des Zwangsmitteleinsatzes darstellt.
- 6. Er hält das nach Artikel 22a des Verordnungsvorschlags vorgesehene Programm und die nach Artikel 23 des Verordnungsvorschlags vorgesehene Evaluierung für sinnvolle Instrumente. Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten hierbei stärker eingebunden werden sollten. Jedenfalls sollte sichergestellt sein, dass den Mitgliedstaaten hierdurch kein unverhältnismäßiger Aufwand entsteht und die Kommission den Mitgliedstaaten rechtzeitig vor Beginn des Erhebungszeitraums mitteilt, welche Daten und Informationen sie benötigt. Eine nachträgliche Erhebung ist erfahrungsgemäß nicht oder nur mit großem Aufwand möglich.
- 7. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.