Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung
(Forschungszulagengesetz - FZulG)

979. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2019

Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Gesetzentwurf insgesamt

6. Zu § 3 Absatz 7 Satz 2 - neu - FZulG

Dem § 3 Absatz 7 ist folgender Satz anzufügen:

"Bei Kooperationsvorhaben im Sinne des § 2 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 mit einem oder mehreren nichtsteuerpflichtigen Einrichtungen für Forschung und Wissensverbreitung können deren förderfähige Aufwendungen durch den anspruchsberechtigten Kooperationspartner geltend gemacht werden; bei begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die von einer nichtsteuerpflichtigen Einrichtung für Forschung und Wissensverbreitung im Auftrag eines Dritten im Sinne des § 2 Absatz 4 Satz 2 durchgeführt werden, können deren förderfähige Aufwendungen durch den Dritten geltend gemacht werden."

Begründung:

Ziel der Änderung ist es, eine Benachteiligung von Forschungsvorhaben zu vermeiden, die gemeinsam mit nicht steuerpflichtigen öffentlichen Einrichtungen für Forschung und Wissensverbreitung durchgeführt werden. Bestehende Innovationspotenziale sind auch in diesem Rahmen gleichermaßen zu fördern.

7. Zu § 6 Absatz 2 Satz 1 FZulG

In § 6 Absatz 2 Satz 1 sind die Wörter "geplante und durchgeführte" durch die Wörter "geplante oder durchgeführte" zu ersetzen.

Begründung:

Durch die Formulierung "und durchgeführte" entsteht der Eindruck, dass die Forschungszulage erst dann beantragt werden kann, wenn das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (FuE-Vorhaben) abgeschlossen worden ist.

Nach der Gesetzesbegründung zu § 5 Absatz 4 kann die Beantragung und Bescheinigung jedoch bereits vor Durchführung des FuE-Vorhabens erfolgen.

Zudem wird in der Begründung zu § 5 ausgeführt:

"Die Forschungszulage wird nicht für ein (gesamtes) FuE-Vorhaben gewährt, sondern es wird abschnittsweise auf den jeweils in einem Wirtschaftsjahr für begünstigte FuE-Vorhaben im vorstehenden Sinne angefallenen förderfähigen Aufwand abgestellt."

Dabei sollte Wert auf ein möglichst einfaches und bürokratiearmes Verfahren gelegt werden. Auch sollten Synergieeffekte mit den bereits bestehenden Verfahren im Bereich der direkten Forschungsförderung genutzt werden.

Der Bundesrat sieht noch erhebliche Möglichkeiten, den Gesetzentwurf in diesem Sinne weiterzuentwickeln und zu verbessern. So sollte auf das aufwändige und komplizierte zweistufige Prüfverfahren verzichtet werden. Dieses sieht vor, dass eine noch durch Rechtsverordnung zu benennende Stelle die Förderwürdigkeit der Forschungsvorhaben dem Grunde nach bescheinigt, während die zuständige Finanzbehörde die Aufwendungen der Höhe nach zu prüfen hat.

Anstatt hier neue Verwaltungsstrukturen zu schaffen, sollte auf die Kenntnisse der Behörden zurückgegriffen werden, die bereits heute für die direkte Forschungsförderung zuständig sind. Diese besitzen das notwendige Knowhow, um die Voraussetzungen für die Gewährung der steuerlichen Forschungszulage sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu prüfen. Daher sollten diese abschließend über die Höhe der Forschungszulage entscheiden. Diese Entscheidung sollte als Grundlagenbescheid für die Auszahlung der Forschungszulage durch die zuständigen Finanzämter genutzt werden.

Begründung:

Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen "insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren". Diesem Ziel wird der Gesetzentwurf bislang nicht gerecht. Er sieht lediglich die Förderung eigener Forschungstätigkeit vor, die überwiegend von Großbetrieben und Konzernen mit eigenen Forschungsabteilungen ausgeführt wird. Kleine und mittlere Unternehmen verfügen in der Regel nicht über eigene Forschungsabteilungen oder Mitarbeiter, die sich ausschließlich der Forschung widmen. Sie bedienen sich zumeist Dritter im Rahmen der Auftragsforschung. Diese Aufwendungen können nach dem Gesetzentwurf bislang nicht beim Auftraggeber, also dem kleinen und mittleren Unternehmen, geltend gemacht werden. Dies muss zur Förderung gerade dieser Unternehmen geändert werden.

Um eine doppelte Förderung desselben Forschungsvorhabens beim Auftragnehmer als eigene Forschungstätigkeit und beim Auftraggeber als Auftragsforschung zu vermeiden, sollte in diesen Fällen die Förderung auf den Auftraggeber beschränkt werden.

Maßstab für die Gewährung der Forschungszulage sind die Lohnkosten. Da die dem Auftraggeber für die Auftragsforschung in Rechnung gestellten Beträge die reinen Lohnkosten übersteigen dürften, ist die Forschungszulage im Rahmen der Auftragsforschung auf die Lohnkosten zu begrenzen, um eine Besserstellung der Auftragsforschung gegenüber der eigenen Forschungstätigkeit zu vermeiden. Denkbar wäre es, dass der Auftragnehmer die Lohnkosten in der Rechnung gesondert ausweisen muss, damit diese dann Bemessungsgrundlage für die Gewährung der Forschungszulage beim Auftraggeber sein können.

Begründung:

In Deutschland gibt es eine beträchtliche Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, die anlassbezogen forschen, so dass sie keine eigenen Forschungskapazitäten vorhalten, sondern externe Forschungseinrichtungen beauftragen. Neben den geringeren Kosten bestehen die Vorteile dieses Modells insbesondere darin, dass Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Wissen auf dem aktuellen Stand der Forschung anbieten können, wodurch sich derartige Kooperationen als sehr erfolgreich erwiesen haben. Bleiben diese Forschungsvorhaben von der Forschungszulage ausgeschlossen, wird der Fördererfolg beeinträchtigt, indem vorhandene Innovationspotenziale ungenutzt bleiben. Dies wäre vor allem auch deshalb problematisch, da über eine die Projektförderung ergänzende steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung größenbedingte Nachteile kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Erlangung öffentlicher Fördermittel kompensiert werden sollen.

Bei der Ausgestaltung einer ergänzenden Förderung der Auftragsforschung beim Auftraggeber dürfen aus Sicht des Bundesrates die Entgelte nur insoweit zulagenfähig sein, als darin Lohnkostenbestandteile enthalten sind. Der Auftragnehmer muss dem Auftraggeber nachprüfbar die hierfür erforderlichen Kalkulationsgrundlagen zur Verfügung stellen. Ebenso muss durch geeignete Regelungen sichergestellt werden, dass es zu keiner Doppelförderung beim Auftraggeber und beim Auftragnehmer kommt.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht eine Förderung unabhängig von der Größe eines Unternehmens vor. Im besonderen Maße benötigen KMU eine stärkere Unterstützung ihrer Forschung und Entwicklung (FuE). Die Ergebnisse für das Jahr 2017 der FuE-Datenerhebung der Wissenschaftsstatistik im Stifterverband im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zeigen, dass Investitionen in Wissen vor allem in den großen Unternehmen stattgefunden haben. Es entfallen rund 87 Prozent der gesamten internen FuE-Aufwendungen und etwa drei Viertel des gesamten FuE-Personals auf Großunternehmen mit 500 oder mehr Beschäftigten. Dagegen investieren KMU rund 8 Prozent der gesamten internen FuE-Aufwendungen und beschäftigen nur 16 Prozent des gesamten FuE-Personals. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, Forschung und Entwicklung von KMU gezielt zu unterstützen.

Begründung:

Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregierung, dass insbesondere die kleinen und mittelgroßen Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren sollen. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf steht die Forschungszulage in ihrer Grundausrichtung jedoch allen Unternehmen offen, die Forschung und Entwicklung betreiben. Im Interesse einer zielgenauen Förderung sollte daher die Zulage auf kleine und mittlere Unternehmen (beispielsweise mit einer Mitarbeiterzahl von nicht mehr als 250) ausgerichtet werden.

Begründung:

Forschung und Entwicklung (FuE) ist langfristig der maßgebende Treiber für die Steigerung der betrieblichen Produktivität. Dabei ist es gerade für KMU besonders wichtig, dass die Forschungs- und Innovationsaktivitäten auch steuerlich unterstützt werden. Fehlende finanzielle Mittel aufgrund geringerer Ressourcen und Finanzierungsrestriktionen stellen für diese Unternehmen oftmals größere Hürden für FuE dar als für Großunternehmen. Der Bundesrat hat in seiner 946. Sitzung am 17. Juni 2016 in seiner Entschließung zur Einführung einer steuerlichen Förderung von FuE für den Mittelstand in Deutschland (BR-Drucksache 227/16(B) HTML PDF ) festgestellt, dass in Deutschland neben einer projektorientierten FuE-Förderung eine stetige, verlässliche und direkte Unterstützung von KMU im Bereich von FuE in Form einer steuerlichen Forschungsförderung etabliert werden sollte. Der Bundesrat hält daran fest, dass insbesondere KMU einer wirksamen steuerlichen Forschungsförderung bedürfen. Dies spiegelt sich auch im europäischen Beihilferecht wider.

Artikel 25 Nummer 6a der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (ABl. L 187 vom 26. Juni 2014 S. 1) erlaubt, die Beihilfeintensitäten für industrielle Forschung von 50 Prozent und experimentelle Entwicklung von 25 Prozent der beihilfefähigen Kosten für mittlere Unternehmen um 10 Prozent und für kleine Unternehmen um 20 Prozent zu erhöhen. Durch eine Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen oder mit Forschungseinrichtungen ist eine maximal mögliche Beihilfeintensität von 80 Prozent möglich.

Eine steuerliche Förderung, welche - wie im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen - die förderfähigen Kosten auf einen jährlichen Höchstbetrag von 2 Millionen Euro begrenzt und zudem regelt, dass Kosten, soweit sie im Rahmen anderer Förderungen geltend gemacht werden, von der steuerlichen Förderung ausgeschlossen sind, wird dem Anliegen einer gezielten Förderung von KMU nur unzureichend gerecht. KMU verfügen im Unterschied zu großen Unternehmen über ein weitaus geringeres Forschungsbudget, sodass der Höchstbetrag für sie kaum zum Tragen kommen würde. Kosten für FuE bestehen im Allgemeinen weit überwiegend aus Lohnaufwand. KMU hätten im Unterschied zu Großunternehmen nicht die Möglichkeit, für Aufwendungen über dem Grenzbetrag von 2 Millionen Euro andere Fördermittel zu nutzen, vielmehr hätten KMU hinsichtlich des Lohnaufwands nur die Wahl zwischen der bereits bestehenden Projektförderung und der steuerlichen Förderung.

Um für KMU eine tatsächliche Verbesserung der Förderung von FuE zu bewirken, ist ein Nebeneinander der Forschungszulage mit der bewährten Projektförderung erforderlich. Die Forschungszulage sollte daher auf die Projektförderung anrechenbar sein, so dass KMU nicht gehindert sind, insgesamt die Höchstbeträge nach europäischem Beihilferecht auszuschöpfen.

Begründung zu Ziffern 27 und 28:

Beim Einsatz von EU-Strukturfondsmitteln muss das so genannte Zusätzlichkeitsprinzip, auch Additionalitätsprinzip genannt, gemäß Artikel 95 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 beachtet werden. Danach dürfen EU-Mittel nicht an die Stelle öffentlicher Strukturausgaben oder Ausgaben gleicher Art der Mitgliedstaaten treten. Daraus folgt unter anderem, dass Pflichtausgaben beispielsweise auf gesetzlicher Grundlage nicht EFRE/ESF-förderfähig sind. Inwieweit dieses Zusätzlichkeitsprinzip hier einschlägig ist, bedarf einer Überprüfung. Es muss sichergestellt werden, ggf. in Form einer Anpassung des Gesetzestextes, dass nicht aufgrund der Fördermöglichkeit durch nationale Mittel (Forschungszulage) keine EU-Strukturfondsmittel mehr für die gleiche Bemessungsgrundlage (Lohnkosten von FuE-Beschäftigten) eingesetzt werden dürfen.

Sollten künftig EU-Strukturfondsmittel für FuE-Projekte von Unternehmen aufgrund des Forschungszulagengesetzes nur noch für den Teil der über der steuerlichen Bemessungsgrenze von jährlich 2 Millionen Euro liegenden FuE-Lohnkosten gewährt werden dürfen, würde dies die bisherige FuE-Förderung in Ländern, die dafür EU-Strukturfondsmittel einsetzen, stark einschränken. Das Ziel der Bundesregierung, dass mit der steuerlichen Forschungsförderung insbesondere die kleinen und mittelgroßen Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren, würde damit deutlich verfehlt.

Begründung:

Die steuerliche FuE-Förderung stellt ein Instrument dar, dass die Finanzierungsmöglichkeiten von KMU in der Breite verbessern, somit Anreize für FuE setzen und damit die Anzahl kontinuierlich forschender Unternehmen erhöhen soll. Damit ersetzt sie aber keinesfalls die erfolgreiche, auf spezifische Projekte ausgerichtete direkte FuE-Projektförderung.

Begründung zu Ziffern 1, 10, 13, 15 und 24 (nur gegenüber dem Plenum):

Unter vergleichbaren Industrieländern ist Deutschland eines der wenigen Länder, die nicht über das wirksame Instrument einer steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung verfügen. Als ressourcenarmes Hochtechnologieland kann es sich aber gerade die Bundesrepublik nicht leisten, in einem an Intensität gewinnenden globalen Innovationswettlauf zurückzufallen. Dies betrifft insbesondere die mittelständische Wirtschaft. Ohne steuerliche Anreize läuft Deutschland Gefahr, dass die heimischen Betriebe ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen ins Ausland verlagern. Es ist daher allerhöchste Zeit, dass Deutschland hier nachzieht, um im internationalen Wettbewerb Schritt zu halten.

Verschiedene Untersuchungen belegen, dass die Innovationsaktivitäten kleiner und mittlerer Unternehmen schon seit einigen Jahren rückläufig sind. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt und die Innovationskraft der KMU gestärkt werden. Im Falle einer Nichtberücksichtigung der Auftragsforschung würde sich der Nachteil im Innovationswettbewerb der KMU weiter verschärfen. Denn KMU sind mehr noch als Großunternehmen auf Wissen auf dem aktuellsten Stand der Forschung angewiesen, das an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen vorgehalten bzw. erarbeitet wird. Deshalb ist die Einbeziehung der Auftragsforschung in das Förderinstrumentarium zwingend erforderlich.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich inmitten tiefgreifender Transformationsprozesse. Deshalb stellt die steuerliche Forschungsförderung eine optimale Ergänzung zu Programmen der direkten Förderung einzelner Forschungsprojekte dar und muss mit einer angemessen hohen Fördersumme je Unternehmen ausgestaltet sein, um auch im Bereich der disruptiven Innovationen Anreize setzen zu können. Der bürokratische Aufwand muss dabei für die beantragenden Unternehmen so gering wie nötig und der Beantragungsprozess so schnell wie möglich gehalten werden.

Begründung zu Ziffern 4, 5, 12, 16, 19 und 20 (nur gegenüber dem Plenum):

Der Gesetzentwurf genügt in Teilen nicht dem Anspruch, einen wesentlichen Impuls zur Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen von Unternehmen zu setzen. Insbesondere die Beschränkung der Bemessungsgrundlage auf die Lohnkosten, die nur nachträgliche Auszahlung der Zulage, die unzureichende Berücksichtigung der Auftragsforschung sowie die bisher fehlenden Regelungen für eine bürokratiearme Ausgestaltung der Zulagenerteilung sind - auch im internationalen Vergleich der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung - kritisch zu sehen.