Der Bundesrat hat in seiner 958. Sitzung am 2. Juni 2017 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Grundsätzliches
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass in der Union einfache und klare Regelungen zum Umgang mit personenbezogenen Daten geschaffen werden sollen.
Er begrüßt zudem im Interesse klarer Rahmenbedingungen für den digitalen Binnenmarkt den Verordnungsvorschlag, welcher die Verordnung (EU) Nr. 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutz-Grundverordnung) im Bereich der elektronischen Kommunikation ergänzen soll, nachdem Artikel 95 der Datenschutz-Grundverordnung bislang den Fortbestand der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation vom 12. Juli 2002 (eDatenschutz-Richtlinie) neben der ab 25. Mai 2018 unmittelbar anzuwendenden Datenschutz-Grundverordnung vorsieht und dadurch vielfältige Rechtsunsicherheiten für die Betreiber elektronischer Kommunikationsnetze und Kommunikationsdienste und deren Nutzerinnen und Nutzer begründet.
Der Bundesrat begrüßt die Zielsetzung des Verordnungsvorschlags, ein hohes Niveau des Schutzes der Privatsphäre für die Nutzerinnen und Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmenden zu gewährleisten.
Die vorgeschlagene Verordnung enthält eine Vielzahl verbraucherfreundlicher Ansätze, die es zu unterstützen gilt.
- 2. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Datenschutz-Grundverordnung einen wichtigen Beitrag zur Schaffung eines einheitlichen Mindestdatenschutzniveaus für personenbezogene Daten innerhalb der EU darstellt. Er begrüßt insbesondere den dadurch entstehenden einheitlichen Rechtsrahmen und die damit verbundene Rechtssicherheit. Diese Ziele sollen für Anbieter und Nutzerinnen und Nutzer elektronischer Kommunikationsdienste durch den Verordnungsvorschlag ebenfalls erreicht werden. Wenngleich die Ziele und Grundsätze der e-Datenschutz-Richtlinie weiter Geltung beanspruchen, wird sie auf Grund der seit ihrem Inkrafttreten vollzogenen technischen und wirtschaftlichen Entwicklungen der Lebenswirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger nicht mehr vollständig gerecht.
- 3. Der Bundesrat begrüßt weiterhin, dass die Kommission den allgemeinen Rechtsrahmen der Datenschutz-Grundverordnung präzisieren und ergänzen möchte, soweit es elektronische Kommunikationsdienste betrifft. Denn die eDatenschutz-Richtlinie, die zuletzt im Jahr 2009 überprüft wurde, ist durch technische und wirtschaftliche Entwicklungen überholt. Etwa kommunizieren Verbraucherinnen und Verbraucher statt per Telefon und SMS mittlerweile selbstverständlich auch oder sogar überwiegend über sogenannte OvertheTop-Dienste (zum Beispiel Messengerdienste). Deshalb ist es erforderlich, den Rechtsrahmen entsprechend anzupassen, um Schutzlücken zu schließen.
- 4. Der Bundesrat begrüßt auch den technologischen Fortschritt in Bezug auf datengestützte Dienste. Er ist der Auffassung, dass Big-Data-Verfahren und das Internet der Dinge wichtige wirtschaftliche Zukunftsfelder darstellen.
- 5. Der Bundesrat hält gleichwohl eine grundsätzliche Überprüfung und Nachbesserung des Verordnungsvorschlags auch unter Inkaufnahme von Verzögerungen des Rechtsetzungsverfahrens für unerlässlich, um neben Detailmängeln grundsätzliche Defizite bei der Abgrenzung des Rechtsaktes zur Datenschutz-Grundverordnung, dem notwendigen Ausgleich zwischen dem Schutz der elektronischen Kommunikation und Sicherheitsbelangen sowie der Ausgestaltung des Aufsichtsregimes zu beheben.
Rechtssichere Abgrenzung zum Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung
- 6. Der Bundesrat weist darauf hin, dass besondere Sorgfalt bei der Regelung des Verhältnisses des vorgelegten Verordnungsvorschlags zu den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung geboten ist, um Rechtsunsicherheit zu vermeiden.
- 7. Der Bundesrat hält es für erforderlich, den Fortbestand besonderer Regelungen für den Schutz personenbezogener Daten jedenfalls bei der Bereitstellung und Nutzung elektronischer Kommunikationsdienste angesichts des durch die Datenschutz-Grundverordnung geschaffenen umfassenden Rechtsrahmens kritisch zu hinterfragen. Rechtfertigen Besonderheiten, insbesondere der Schutz der Vertraulichkeit von Kommunikation, spezifische Regelungen, ist deren Verhältnis zu den übrigen Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung klar und eindeutig zu bestimmen. Der Bundesrat sieht diese Anforderungen insbesondere bei den Regelungen des Kapitels II des vorliegenden Verordnungsvorschlags nicht erfüllt und bittet die Bundesregierung deshalb, sich für eine grundlegende Überarbeitung des Verordnungsvorschlags einzusetzen, in der die Notwendigkeit jeder Einzelregelung sowie der Umfang der jeweiligen Abweichungen zur Datenschutz-Grundverordnung überprüft und genauer als in der aus der bestehenden eDatenschutz-Richtlinie übernommenen generellen Abgrenzungsklausel des Artikels 1 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags bestimmt werden.
Ausgleich zwischen dem Schutz der Kommunikation und Sicherheitsbelangen
- 8.
- a) Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass der Verordnungsvorschlag mit Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d die Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten unter anderem zu Zwecken der Verhütung und Verfolgung von Straftaten durch die zuständigen Behörden unberührt lässt. Gleichzeitig hält es der Bundesrat aber für erforderlich, dass er nicht nur den europaweiten Rechtsrahmen zum Schutz von Kommunikationsdaten bestimmt, sondern auch für den Ausgleich zwischen diesem grundrechtlich gebotenen Schutz und den Erfordernissen der effektiven Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität in weiterem Umfang als durch eine bloße Beschränkungsbefugnis (Artikel 11 des Verordnungsvorschlags) Rechnung trägt, deren Verhältnis zur Begrenzung des Anwendungsbereichs zudem unklar bleibt.
- b) Angesichts dieser offenkundigen sicherheitsrechtlichen Herausforderungen für alle Mitgliedstaaten hält der Bundesrat eine grundsätzliche Neubestimmung und Erweiterung der Ziele für erforderlich, die mit einer Modernisierung des Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation verfolgt werden, bei der die Erfordernisse der gemeinsamen Bekämpfung von Terror, Kriminalität und Cybergefahren durch die Mitgliedstaaten, des effektiven Datenaustausches sowie der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden einbezogen werden sollten. Die stärkere Einbeziehung dieser Belange würde im Übrigen die Grundziele des Digitalen Binnenmarkts stärken, für die Anbieter elektronischer Kommunikationsleistungen einen umfassend harmonisierten Rechtsrahmen zu schaffen, der nicht nur durch kommerzielle, sondern auch durch einheitliche ordnungsrechtliche Grundbedingungen bestimmt wird.
- c) Als Nachfolgeregelung der e-Datenschutz-Richtlinie sollte der Rechtsakt zumindest durch einzelne in der Verordnung selbst berücksichtigte Grundsätze und Mindestregelungen dem zunehmenden Missbrauch elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten für die Verbreitung, Vorbereitung und Durchführung terroristischer und krimineller Gewalttaten Rechnung tragen.
- d) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zumindest darauf hinzuwirken, dass bereits auf EU-Ebene erkannte Handlungserfordernisse, wie die Bereitstellung effektiver örtlicher Ansprechpartner der Sicherheitsbehörden oder andere Mitwirkungspflichten der Kommunikationsdiensteanbieter, in das vorliegende Rechtsetzungsverfahren einbezogen und auch im weiteren Evaluationsprozess (Artikel 28 des Verordnungsvorschlags) weiterverfolgt werden. Diese Ansprechpartner sollten von allen Anbietern mit erheblichen Kundenzahlen umfassend zur Auskunftserteilung bevollmächtigt und zur unverzüglichen Beantwortung sicherheitsbehördlicher Auskunftsersuchen verpflichtet werden.
- e) Der Bundesrat hält es zudem für unzureichend, zentrale Fragen des Spannungsverhältnisses zwischen dem Schutz von Kommunikationsvorgängen und den Erfordernissen effektiver Straftatenvorbeugung und -verfolgung - wie die Vorratsdatenspeicherung - auf allgemeine Ausführungen im Vorblatt zu beschränken. Er bittet deshalb, zumindest die vom Europäischen Gerichtshof in seinen Entscheidungen zur Vorratsdatenspeicherung nicht beanstandeten Regelungen des bisherigen Artikels 15 Absatz 1 Satz 2 der e-Datenschutz-Richtlinie etwa durch Ergänzung von Artikels 11 des Verordnungsvorschlags fortzuführen.
Ausgestaltung des Aufsichtsregimes
- 9.
- a) Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs durch den Verordnungsvorschlag umfangreiche Zusatzaufgaben für die Datenschutzbehörden begründet werden, die sich nicht alleine auf die Vollzugsaufgaben der Bundesbeauftragten für den Datenschutz auswirken, sondern ebenso auch die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder belasten werden. Zusatzaufgaben wie zum Beispiel die Überwachung der vorgesehenen Anforderungen an Endgeräte und Software (Artikel 8 und 10 des Verordnungsvorschlags) begründen zwangsläufig Zielkonflikte und Ressourcenengpässe mit den eigentlichen, durch die Anpassungserfordernisse der Datenschutz-Grundverordnung ohnehin angewachsenen Aufgaben.
- b) Aus seiner Sicht fehlt bei der in dem Verordnungsvorschlag vorgesehenen umfassenden Zuständigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörden und des Europäischen Datenschutzausschusses für die Überwachung der e-PrivacyVerordnung die besondere Rechtfertigung durch Artikel 8 der Grundrechtecharta für die Wahrnehmung der Aufgaben in völliger Unabhängigkeit. Nur diese kann die Durchbrechung des Prinzips parlamentarisch verantworteter Regierungsverantwortung für Verwaltungshandeln und auf Unionsebene für die Verlagerung von Durchführungsverantwortung auf den Europäischen Datenschutzausschuss hinreichend rechtfertigen.
- c) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, auf eine umfassende Überarbeitung der Zuständigkeitsregelungen in Kapitel IV des Verordnungsvorschlags hinzuwirken, die den Mitgliedstaaten umfassende innerstaatliche Zuständigkeitsregelungen belässt und die Erfordernisse unabhängiger Aufgabenwahrnehmung und unionsweiter Koordinierung durch den Europäischen Datenschutzausschuss auf Sachbereiche begrenzt, die unmittelbar mit dem Schutz personenbezogener Daten verbunden sind.
Prüfvorbehalte für das weitere Verfahren
- 10.
- a) Der Bundesrat sieht sich derzeit an einer abschließenden Bewertung des Verordnungsvorschlags gehindert, da wesentliche Begriffe nur durch Verweisungen auf den noch nicht verabschiedeten Kodex für die elektronische Kommunikation (BR-Drucksache 612/16 (PDF) ) bestimmt werden. Er bittet die Bundesregierung, Entscheidungen über den Standpunkt des Rates zu dem Verordnungsvorschlag zunächst von der Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat über diesen Kodex abhängig zu machen und zu gewährleisten, dass ihm vor solchen Entscheidungen Gelegenheit zur erneuten Stellungnahme verbleibt.
- b) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ihm vor wesentlichen Entscheidungen im Rechtsetzungsverfahren über die in Ziffern 7 bis 10a) aufgezeigten Grundsatzfragen Gelegenheit zur erneuten Stellungnahme zu geben, um die erreichten Nachbesserungen bewerten zu können. Er bittet die Bundesregierung zudem, dem Bundesrat vor einer Entscheidung über die Zustimmung Deutschlands zu einem Standpunkt des Rates eine Stellungnahme über die durch den Rechtsakt erforderlichen Anpassungen im Telemedien- und Telekommunikationsrecht zur Verfügung zu stellen.
Zu Einzelfragen
Zum Verhältnis zur Datenschutz-Grundverordnung
- 11.
- a) Der Bundesrat hält eine umfassende und regelungsspezifische Überarbeitung der Abgrenzung zwischen den allgemeinen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung und den besonderen Anforderungen des Verordnungsvorschlags als deren Präzisierung und Ergänzung (Artikel 1 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags) für unerlässlich. Die Mehrzahl der Regelungen für Telekommunikationsdienste lässt nicht erkennen, inwieweit sie im Fall personenbezogener Informationen die Datenschutz-Grundverordnung als lex specialis verdrängen oder von dieser weiterhin ergänzt werden. Dies gilt für allgemeine Anforderungen wie zum Beispiel den Grundsatz der Rechenschaftspflicht oder die Bedingungen für Drittstaatenübermittlungen ebenso wie für spezifische Verarbeitungsbedingungen, zum Beispiel die Regelungen zum sogenannten Offline-Tracking in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags, die sowohl als besondere Informationspflicht wie als Verdrängung des Widerspruchsrechts und der Profilinganforderungen des Artikels 22 der Datenschutz-Grundverordnung verstanden werden können.
- b) Der Bundesrat bittet, im weiteren Rechtsetzungsverfahren jede Regelung daraufhin zu überprüfen, ob die mit ihr verbundenen Abweichungen von der Datenschutz-Grundverordnung die spezifischen Risiken der Nutzung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste begrenzen und damit als bereichsspezifische Ergänzung der Datenschutz-Grundverordnung gerechtfertigt s i.d.R. gelungen wie die Anforderungen an "Unerbetene Kommunikation" (Artikel 16 des Verordnungsvorschlags) führen demgegenüber statt zu einer Ergänzung zu einer Aushöhlung der Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung zur Direktwerbung im Online-Bereich, indem sie den Verarbeitungstatbestand nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f und das spezifische Widerspruchsrecht nach Artikel 21 Absatz 2 der Datenschutz-Grundverordnung durch ein Einwilligungserfordernis ersetzen, das nicht auf automatisierte Anrufsysteme (Artikel 13 Absatz 1 der e-Datenschutz-Richtlinie) beschränkt bleibt.
- c) Auch zur Klärung des Verhältnisses der Rechtsakte bittet der Bundesrat zu präzisieren, welche Regelungen des Verordnungsvorschlags entsprechend Artikel 5 Absatz 1 der e-Datenschutz-Richtlinie weiterhin alleine den eigentlichen Kommunikationsvorgang betreffen sollen.
Anwendungsbereich
- 12. Der Bundesrat begrüßt, dass der Verordnungsvorschlag weiterhin auf spezifische Anforderungen für nicht öffentlich zugängliche Kommunikationsdienste (Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c des Verordnungsvorschlags) verzichtet und damit die allgemeinen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung zum Schutz personenbezogener Daten fortbestehen. Er bittet, im weiteren Rechtsetzungsverfahren auf eine Klarstellung möglichst im Rechtstext hinzuwirken, dass die Ausnahme auch für die die spezifischen internen Kommunikationsstrukturen der Behörden und Gerichte und deren besonderen fachrechtlichen Anforderungen - wie zum Beispiel auf Grund des BSI-Gesetzes oder paralleler landesrechtlicher Bestimmungen - gilt.
Der Bundesrat bittet darüber hinaus, den sachlichen Anwendungsbereich des Regelungsvorschlags anknüpfend an das Marktortprinzip der Datenschutz-Grundverordnung anzupassen, da Artikel 3 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags diesen vorrangig im Hinblick auf Kommunikationsdienste und Endeinrichtungen bestimmt und damit die Geltung weiterer materieller Anforderungen für Drittstaatsanbieter (zum Beispiel Artikel 10 des Verordnungsvorschlags für Softwareanbieter oder Artikel 15 des Verordnungsvorschlags für Betreiber öffentlich zugänglicher Verzeichnisse) unklar bleibt.
- 13. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass der Anwendungsbereich der Verordnung für alle Markteilnehmenden gelten soll, die funktional gleichwertige Kommunikationsdienste für Endnutzerinnen und -nutzer in der Union anbieten, unabhängig davon, ob der Anbieter für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste von den Endnutzerinnen und -nutzern eine Bezahlung verlangt. Damit werden weitgehend gleiche Datenschutz-Regelungen für klassische Telekommunikationsdienste sowie neue Internetdienste, sogenannte Overthe-Top-Anbieter, geschaffen, die eine interpersonelle Kommunikation wie Voice-over-IP-Telefonie, Sofortnachrichtenübermittlung (Messengerdienste) und webgestützte E-Mail-Dienste ermöglichen. Er stellt fest, dass mit dieser Festlegung eine wichtige Forderung aus seiner Entschließung vom 22. April 2016 (BR-Drucksache 088/16(B) ) nach einer stärkeren Gleichbehandlung von Substitutionsprodukten für Telekommunikationsdienste, wie etwa Messengerdienste, umgesetzt wird. Der Schutz von Grundrechten sollte nicht allein der Selbstregulierung der Branche überlassen werden.
- 14. Allerdings bittet der Bundesrat um Klarstellung, inwieweit diese Gleichbehandlung auch sämtliche Internetanbieter, die Ortungsdienste anbieten (zum Beispiel Mapping Dienste) und folglich ebenso Standortdaten verarbeiten, betrifft. Auch für diese standortbezogenen Dienste hatte er in seiner vorgenannten Entschließung eine stärkere Gleichbehandlung gefordert. Aufgrund der nicht eindeutigen Formulierung in Erwägungsgrund 17 des Verordnungsvorschlags ist eine Klarstellung erforderlich.
- 15. Die vorgeschlagene Verordnung soll auch auf elektronische Kommunikation Anwendung finden, die nicht nur zwischen natürlichen Personen stattfindet, sondern auch zwischen juristischen Personen und Maschinen (M2M-Kommunikation) erfolgt. Dies könnte neue Geschäftsmodelle und Unternehmen betreffen, die die Signalübertragung im Rahmen von M2M-Kommunikation in ihre Produkte einbinden, wie zum Beispiel im Rahmen von vernetzten Fahrzeugen, automatisierten Lieferketten oder Fuhrparklösungen, unter anderem in der Automobilindustrie und der Logistikbranche. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Verordnung auf die Übermittlung von M2M-Kommunikation zielführend ist oder ob dadurch heute gängige Abläufe in der europäischen Wirtschaft in Frage gestellt und Spielräume für Innovationen im Bereich Industrie 4.0, dem Internet der Dinge sowie in anderen neuen Geschäftsfeldern zu stark eingeschränkt werden. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.
Vertraulichkeit von Telekommunikationsdaten, Schutz von Endeinrichtungen
- 16. Der Bundesrat stellt fest, dass die Bestimmungen zum Schutz von Telekommunikationsdaten in Artikel 5 und 6 des Verordnungsvorschlags mit der Einbeziehung des Schutzes juristischer Personen und anderer als interpersonaler Kommunikation weit über den Schutzbereich des Datenschutzrechts und des eigentlichen Telekommunikationsgeheimnisses hinausgehen und für diese Erweiterungen gleichwohl nur die dort etablierten restriktiven Eingriffserlaubnisse vorsehen. Er bittet deshalb, in den Beratungen auf eine grundsätzliche Überprüfung der Regelungssystematik hinzuwirken und Regelungslücken zu überprüfen, da zum Beispiel Artikel 7 Absatz 1 Satz 2 des Verordnungsvorschlags mit der Verweisung auf die Datenschutz-Grundverordnung dem Grunde nach nur für personenbezogene, nicht aber für sonstige Kommunikationsinhalte eine Erlaubnis zur weiteren Verarbeitung begründet.
- 17. Der Bundesrat bittet ferner darum, im weiteren Verordnungsgebungsverfahren zu prüfen, ob die Aufnahme der Pseudonymisierung in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe c des Verordnungsvorschlags zu einer konsistenteren Verarbeitung personenbezogener Daten führen könnte. Durch pseudonyme Datenverarbeitungen im Sinne der Schutzmechanismen der Datenschutz-Grundverordnung würden gegebenenfalls gestaltungsoffenere Wertschöpfungen und Geschäftsmodelle in Europa ermöglicht.
- 18. Der Bundesrat hält Nachbesserungen der Regelungen zum Schutz von Kommunikationsinhalten für erforderlich. Die Zugriffsbefugnisse der Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste (Artikel 6 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags) sollten stärker an den Maßstäben für den grundrechtlichen Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses ausgerichtet werden. Er ist der Auffassung, dass der in Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags geregelte Zugriff auf die Inhalte von E-Mails, SMS und anderen Formen elektronischer Kommunikation, soweit er nicht für die Erbringung bestimmter Dienste notwendig ist, nur unter engen Voraussetzungen zulässig sein darf. Auf Grund des weitreichenden Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation sollte geprüft werden, ob die Anforderungen an die Ausdrücklichkeit und Freiwilligkeit der Einwilligung nach Artikel 9 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 4 Nummer 11 und Artikel 7 der Datenschutz-Grundverordnung ausreichend sind. Außerdem sollte geregelt werden, dass und aus welchen Gründen die Aufsichtsbehörde die Datenverarbeitung nach Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags untersagen kann. Mögliche Zusatzkriterien wären die Forderung einer ausdrücklichen Einwilligung wie beim Schutz sensitiver Daten (Artikel 9 der Datenschutz-Grundverordnung) statt einer einfachen und damit auch konkludent zulässigen Einwilligung entsprechend Artikel 7 der Datenschutz-Grundverordnung sowie ihre verfahrensrechtliche Absicherung durch eine Befristung, die die Betreiber wie im Bereich von Sicherheitsanforderungen in regelmäßigen Abständen zur Aktualisierung ihrer Verarbeitungserlaubnis anhält. Zudem sollte anknüpfend an Erwägungsgrund 19 des Verordnungsvorschlags im Normtext klargestellt werden, dass die Konsultationspflicht nach Artikel 36 der Datenschutz-Grundverordnung auf einer vorherigen Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 der Datenschutz-Grundverordnung aufbaut, die im Interesse der Transparenz mit ihren wesentlichen Inhalten veröffentlicht werden sollte.
- 19. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch im Bereich der elektronischen Kommunikationsdienste der Grundsatz der Datensparsamkeit gelten muss. So sollte Artikel 7 des Verordnungsvorschlags - anders als im vorliegenden Vorschlag - grundsätzlich die Löschung der Daten vorsehen und nur in Fällen, in denen eine Löschung aus technischen Gründen nicht möglich ist, eine Anonymisierung zulassen.
- 20. Der Bundesrat bittet, im weiteren Rechtsetzungsverfahren zu klären, ob das in Artikel 8 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags begründete Verbot der Nutzung von Verarbeitungsfunktionen von Endeinrichtungen dem Wortlaut nach auch jede Zusendung von Spam-Mails als Verarbeitung erfassen und damit der Sanktion des Artikels 23 Absatz 2 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags unterstellen soll, und auf entsprechende Klarstellungen hinzuwirken.
Er hält Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d des Verordnungsvorschlags für verfehlt, da diese Vorschrift zwar einerseits vorgibt, dem Schutz der in Endeinrichtungen der Endnutzerinnen und -nutzer gespeicherten oder sich auf diese beziehenden Informationen dienen zu wollen, andererseits jedoch ebendiesen Schutz dadurch aufhebt, dass dies "für die Messung des Webpublikums nötig" ist. Damit hätte das kommerzielle Interesse des Betreibers des von Endnutzenden gewünschten Dienstes der Informationsgesellschaft an einer Reichweitenmessung beispielsweise den gleichen Stellenwert wie die seitens der Endnutzenden gegebene Einwilligung (vergleiche Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags). Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich - in Anlehnung an die Regelung des § 15 Absatz 3 Telemediengesetz - für weitere inhaltliche Voraussetzungen einzusetzen, die sowohl die Verwendung von Pseudonymen als auch ein Widerspruchsrecht vorsehen.
- 21. Er regt an zu prüfen, ob die verantwortlichen Stellen verpflichtet werden können, nach einer Frist von beispielsweise sechs Monaten Cookies und andere zur Nutzung von Verarbeitungs- und Speicherfunktionen auf Endeinrichtungen verwendete Mittel im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags zu entfernen oder zu deaktivieren, um die Folgen der Einwilligungsfiktion auf Grund der Browsereinstellung nach Artikel 9 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags zu begrenzen.
- 22. Der Bundesrat hält eine umfassende Überarbeitung der Regelungen zum Offline-Tracking in Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags für unerlässlich. Er kritisiert, dass das zunehmende Offline-Tracking von Kundinnen und Kunden in Bahnhöfen, Flughäfen und Geschäften anhand der Informationen, die ihre Smartphones bei der Suche nach WLAN- oder Bluetooth-Signalen mitsenden, nur unzureichend in dem Verordnungsvorschlag reguliert wird. Smartphones und andere Geräte versenden eindeutig wiedererkennbare Signale, um eine Telefon-, Internet-, WLAN- oder Bluetooth-Verbindung zu ermöglichen. Diese Signale können von Unternehmen, wie beispielsweise dem Einzelhandel, verwendet werden, um die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Offline-Welt zu tracken. So können sie Verbraucherinnen und Verbraucher wiedererkennen, wenn sie zum wiederholten Male ein Geschäft betreten, oder ihre Bewegungen innerhalb des Geschäftes nachverfolgen. Je nach eingesetzter Technik ist ein solches Tracking über eine Entfernung von mehreren hundert Metern möglich. Diese immer wichtiger werdende Form des Trackings soll nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags zukünftig ohne vorheriges Einverständnis dann erlaubt sein, wenn eine öffentlich wahrnehmbare Information darüber angezeigt wird, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zweck das Tracking stattfindet. Verbraucherinnen und Verbraucher lediglich mit Hilfe von Schildern oder Ähnlichem zu informieren, wenn sie einen derart überwachten Bereich betreten, ist nicht ausreichend. Dies gilt umso mehr, soweit Minderjährige betroffen sind, da diese auf Grund ihres Alters die Tragweite von Offline-Tracking nicht absehen können und deshalb besonders schutzbedürftig sind. Nach Meinung des Bundesrates würde die vorgeschlagene Bestimmung, die als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Nachverfolgung der Datenendgerätestandorte (zum Beispiel sogenanntes WiFi-Tracking) die bloße Anzeige eines entsprechenden "deutlichen Hinweises" als ausreichend ansieht, das Schutzniveau erheblich absenken. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass auch für das Offline-Tracking eine vorherige Einwilligung der Betroffenen erforderlich ist. Er unterstützt deshalb auch die Bedenken und Empfehlungen, die die Artikel-29-Datenschutzgruppe in ihrer Stellungnahme vom 4. April 2017 aufgezeigt hat.
- 23. Der Bundesrat begrüßt die Regelung in Artikel 9 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags, welche eine Anwendbarkeit der strengen Einwilligungsvoraussetzungen der Datenschutz-Grundverordnung vorschreibt. Dies gilt insbesondere für die Regelung in Artikel 7 Absatz 4 der Datenschutz-Grundverordnung, welche die Möglichkeiten von Unternehmen zur Koppelung eines Vertragsangebotes an die Einwilligung zur Datennutzung allgemein begrenzen wird.
- 24. Der Bundesrat bittet, im Rahmen des Artikels 9 des Verordnungsvorschlags das Verhältnis von Einwilligungen, die über Softwareeinstellungen vorgenommen wurden, und Einwilligungen, die unabhängig davon abgegeben wurden, zu klären und sicherzustellen, dass der Wunsch von Verbraucherinnen und Verbrauchern respektiert wird. Eine Konkretisierung von Artikel 9 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags ist erforderlich. Unternehmen dürfen den Wunsch der Nutzerinnen und Nutzer nicht umgehen können, indem sie ihnen - unabhängig von ihrer Softwareeinstellung - eine Einwilligung abringen, die sie nicht bewusst abgeben wollten. Die vorgeschlagenen Regelungen zum Tracking betreffen nicht nur Browser-Cookies, also Dateien, die auf den Endgeräten der Nutzerinnen und Nutzer gespeichert werden, um sie wiederzuerkennen, sondern jegliche Tracking-Technologie.
- 25. Der Bundesrat begrüßt, dass mit der Regelung in Artikel 9 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags der besonderen Bedeutung und Reichweite einer erteilten Einwilligung Rechnung getragen wird, indem die Endnutzenden ihre erteilte Einwilligung jederzeit widerrufen können und in regelmäßigen Abständen an diese Möglichkeit erinnert werden müssen. Er bittet um Prüfung, wie diese Schutzmaßnahmen im Interesse der Endnutzenden weiter ausgebaut werden können, beispielsweise durch die gesetzliche Vorgabe, dass die Endnutzenden ihre Einwilligung ausdrücklich zu erteilen haben. Schließlich betrifft Artikel 9 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags Einwilligungen in die Verarbeitung von elektronischen Kommunikationsmetadaten und Kommunikationsinhalten von Betroffenen und somit Daten von besonderer Schutzbedürftigkeit. Diesem Rechtsgedanken folgend, stellt auch die Datenschutz-Grundverordnung die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten (zum Beispiel Gesundheitsdaten) unter einen strengen Einwilligungsvorbehalt, indem gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Datenschutz-Grundverordnung eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen vorausgesetzt wird.
Verpflichtungen zur Anpassung von Kommunikationsnetze-Software
- 26. Der Bundesrat weist darauf hin, dass durch den Begriff "In Verkehr gebrachte Software" in Artikel 10 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags grundsätzlich auch jegliche Software eingeschlossen sein sollte, die Kommunikation ermöglicht, also auch Betriebssysteme oder Software, die nur mit einer entsprechenden Hardware vertrieben wird, und bittet um Klarstellung in der Verordnung. Die bisher beschriebenen Einstellungsmöglichkeiten sind darauf begrenzt, Drittparteien das Speichern von Informationen auf den Endgeräten bzw. den Abruf von diesen zu verhindern. Die Einstellungsmöglichkeiten müssen nach seiner Auffassung aber auch die Möglichkeit der Einwilligung in das Tracking generell - über Cookies und ähnliche Techniken hinaus - bieten, um beispielsweise eine Einwilligung in das Fingerprinting über die Einstellungen zu ermöglichen bzw. diese Form des Trackings zu untersagen, etwa durch Do-Not-Track-Einstellungen.
- 27. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass für Anbieter von Hardware und Software, die für Kommunikation verwendet werden, die Verpflichtungen des Privacyby-Design und -Default gelten sollten. Nur so können Nutzerinnen und Nutzer wirksam vor Tracking geschützt werden. Dabei stellt Artikel 10 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags lediglich auf Software ab. Eine entsprechende Ergänzung des Artikels 10 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags um Hardware ist somit erforderlich. Dies würde die Datenschutz-Grundverordnung in sinnvoller und notwendiger Weise ergänzen. Ansonsten würde es für die Nutzerinnen und Nutzer dazu führen, dass sie in einer Vielzahl von Applikationen eine Vielzahl von Einstellungen vornehmen müssen. Oftmals werden sie bei der Installation der Applikation nicht einschätzen können, welche der Einstellungen für sie vorteilhaft sind. Jede Hard- und Software sollte nach Auffassung des Bundesrates mit der datenschutzfreundlichsten Voreinstellung ausgeliefert werden.
- 28. Der Bundesrat hält es sowohl aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit, aber auch aus Gründen der Praktikabilität für angezeigt, dass in Artikel 10 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags im Normtext stärker herausgearbeitet wird, was unter dem Merkmal der "Einwilligung" zu verstehen ist bzw. verstanden werden kann. Richtschnur für diese Ergänzungen sollte der Erwägungsgrund 32 der Datenschutz-Grundverordnung sein, der unter anderem auch konkludentes Handeln als mögliche Form einer Einwilligung vorsieht. Der Bundesrat bittet, im Interesse von Rechtssicherheit und Vollzugstauglichkeit darauf hinzuwirken, dass die in Artikel 10 Absatz 3 des Verordnungsvorschlags begründeten Pflichten zur Anpassung von Software praxisrelevanten Fallgestaltungen angepasst werden, in denen der Anbieter von Software wie zum Beispiel bei zahlreichen Open Source-Angeboten seine Programme nur zum Abruf bereitstellt und damit nur eine Aktualisierung anbietet, nicht aber für die Information der Programmnutzerinnen und -nutzer nach Artikel 10 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags Gewähr bieten kann.
Beschränkungsbefugnisse
- 29.
- a) Der Bundesrat hält schon im Hinblick auf den erweiterten Anwendungsbereich des Verordnungsvorschlags gegenüber dem geltenden Recht eine vollständige Angleichung der mitgliedstaatlichen Regelungsbefugnisse gemäß Artikel 11 des Verordnungsvorschlags an die Regelungsermächtigungen des Artikels 23 der Datenschutz-Grundverordnung für geboten. Damit ist zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten zum Beispiel zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz (Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung), zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen oder zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu abweichenden Regelungen befugt bleiben.
- b) Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob ergänzend zu den in Artikel 11 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags vorgesehenen Unterrichtungspflichten auch eine Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über statistische Angaben über Anfragen auf Zugang zu elektronischen Kommunikationsdaten aufgenommen werden sollte, die Transparenz gewährleistet und sich in der Praxis von Kommunikationsdiensteanbietern bereits etabliert hat.
Anwendung auf öffentliche Stellen und Gerichte
- 30. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Justiz- und Verwaltungsbehörden im Rahmen ihrer nach nationalem Recht zugewiesenen Aufgaben und Kompetenzen nicht "Betreiber", sondern lediglich "Endnutzer" elektronischer Kommunikationsdienste im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags in Verbindung mit Artikel 2 Nummer 14 des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (BR-Drucksache 612/16 (PDF) ) sind. Daher bedarf es für die Verarbeitung elektronischer Kommunikationsdaten im Sinne der Artikel 5 bis 8 des Verordnungsvorschlags durch sie keiner gesonderten Erlaubnis im Verordnungstext. Dies gilt werbefi des Bundesrats insbesondere auch dann, wenn die Justiz- und Verwaltungsbehörden für die formwahrende und sichere Kommunikation mit den Gerichten und Behörden eine spezielle Software zur Verfügung stellen, wie etwa das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), das besondere Behördenpostfach (beBPo), aber auch Bürgerservicekonten.
- 31. Der Bundesrat bittet aus Gründen der Rechtssicherheit, die elektronische Kommunikation in Verfahren der Justiz- und Verwaltungsbehörden vom Anwendungsbereich der Verordnung auszunehmen oder den Mitgliedstaaten über Artikel 11 des Verordnungsvorschlags weitere Beschränkungen zu ermöglichen - vergleichbar den Vorschriften des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe f und j der Datenschutz-Grundverordnung zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und von Gerichtsverfahren bzw. der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche.
- 32. Der Bundesrat ist außerdem der Auffassung, dass gerichtliche Register (insbesondere Handelsregister, Genossenschaftsregister, Partnerschaftsregister, Güterrechtsregister, Grundbuch und Schiffsregister) nicht dem Begriff des "öffentlich zugänglichen Verzeichnisses" des Artikels 15 des Verordnungsvorschlags unterfallen. Ein öffentlich zugängliches Verzeichnis ist gemäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe d des Verordnungsvorschlags ein "Verzeichnis der Endnutzerinnen und Endnutzer elektronischer Kommunikationsdienste in gedruckter oder elektronischer Form, das veröffentlicht oder der Öffentlichkeit bzw. einem Teil der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, auch mithilfe eines Verzeichnisauskunftsdienstes". Gerichtliche Register sind aber keine solchen Verzeichnisse der Endnutzerinnen und Endnutzer an sich. Vielmehr handelt es sich um öffentliche Register mit sachlichen Inhalten. Er bittet, in der Verordnung klarzustellen, dass gerichtliche Register nicht den Regelungen für "öffentlich zugängliche Verzeichnisse" unterfallen.
Unerbetene Kommunikation
- 33. Der Bundesrat bittet klarzustellen, dass jedenfalls die elektronische Kommunikation im Rahmen eines bestehenden Vertrags (zum Beispiel Übermittlung von Rechnungen, Mahnungen, Rückfragen, Zusatzinformationen oder Verbrauchs- oder Messdaten bei Serviceverträgen) oder einer laufenden Kundenbeziehung weiter uneingeschränkt möglich ist und nicht unter den Begriff der "unerwünschten Kommunikation" im Sinne des Artikels 16 des Verordnungsvorschlags fällt. Der Begriff der "unerbetenen elektronischen Kommunikation" ist bislang zu unklar und zu weit gefasst und beschränkt sich nicht nur auf unerwünschte Werbung.
- 34. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass eine Einwilligung im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 des Verordnungsvorschlags ausdrücklich zu erfolgen hat. Anderenfalls droht ein Widerspruch zu den nationalen Regelungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), wonach ein Werbeanruf ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung der Verbraucherin bzw. des Verbrauchers unlauter ist.
- 35. Der Bundesrat regt an, dass Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags und Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags nicht alternativ ("oder") zueinanderstehen, sondern kumulativ ("und"). Bisher sollen persönliche Direktwerbeanrufe zulässig sein unter der Voraussetzung, dass entweder eine Rufnummer angezeigt wird, unter der der Anrufende auch tatsächlich erreichbar ist (Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags), oder dass anhand einer besonderen Vorwahl ein Anruf als persönlicher Direktwerbeanruf kenntlich gemacht wird (Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags). Bleibt es bei einer lediglich alternativen Ausgestaltung der Voraussetzungen, ist zu befürchten, dass persönliche Direktwerbeanrufe - die Verbraucherinnen und Verbraucher vielfach als besonders belästigend empfinden - lediglich unter den Voraussetzungen von Artikel 16 Absatz 3 Buchstabe a des Verordnungsvorschlags als "milderes Mittel" für den Anrufenden erfolgen. Dabei wäre es aus verbraucherpolitischer Sicht gerade wünschenswert, dass der Anrufende nicht nur verpflichtet wird, eine Rufnummer anzuzeigen, unter der er tatsächlich erreichbar ist, sondern der Anruf schon anhand der Rufnummer selbst als persönlicher Direktwerbeanruf zu erkennen ist. Denn dies würde Verbraucherinnen und Verbrauchern ermöglichen, den Anruf nicht erst annehmen zu müssen, um ihn als persönlichen Direktwerbeanruf zu identifizieren. Schließlich macht der Hinweis in Erwägungsgrund 36 des Verordnungsvorschlags, dass persönliche Direktwerbeanrufe auf Grund von Personalkosten für die Anrufenden teurer seien, während dem Angerufenen keine Kosten entstünden, Verbraucherinnen und Verbraucher nicht weniger schutzbedürftig.
- 36. Der Bundesrat spricht sich gegen die Öffnungsklausel gemäß Artikel 16 Absatz 4 des Verordnungsvorschlags aus, wonach die Mitgliedstaaten persönliche Direktanrufe erlauben können, solange der Angerufene nicht widersprochen hat. Dies ist aus verbraucherpolitischer Sicht abzulehnen, da Verbraucherinnen und Verbraucher diese Anrufe vielfach als besonders belästigend empfinden. Es ist daher nicht sachgemäß, von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu verlangen, sich aktiv gegen diese Anrufe in der Form eines Widerspruchs zu wehren.
- 37. Der Bundesrat bittet um Erweiterung des Verordnungsvorschlags um ein Verbandsklagerecht. Andernfalls droht insbesondere im Bereich des Verbraucherschutzes eine Senkung des Schutzniveaus. Denn etwa Verstöße gegen unerbetene Kommunikation gemäß Artikel 16 des Verordnungsvorschlags (zum Beispiel persönliche Direktwerbeanrufe) könnten dann nicht mehr wie bisher beispielsweise durch Verbraucherverbände verfolgt werden. Denn Verbraucherverbände zählen gemäß § 8 Absatz 3 UWG zu den anspruchsberechtigten Stellen, die aktuell gegen unerlaubte Werbeanrufe vorgehen können.
Informationspflichten bei Störungen
- 38. Er befürwortet die in Artikel 17 des Verordnungsvorschlags vorgesehenen Mitteilungspflichten der Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste über Sicherheitsrisiken und Abhilfemöglichkeiten gegenüber ihren Nutzenden. Ergänzend sollte aber über Erwägungsgrund 37 des Verordnungsvorschlags hinaus klargestellt werden, dass anderweitige Mitteilungspflichten von Diensteanbietern und Betreibern von Telekommunikationsnetzen, wie zum Beispiel nach Artikeln 33 und 34 der Datenschutz-Grundverordnung oder den zur Abwehr von Cybergefahren zuständigen Behörden, unberührt bleiben.
Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden
- 39. Der Bundesrat bittet des Weiteren darum, im weiteren Verfahren zu überprüfen, ob die generelle Verweisung auf die Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörden gemäß Kapitel VI und VII der Datenschutz-Grundverordnung in Artikel 18 des Verordnungsvorschlags angesichts der regelmäßig grenzüberschreitenden Sachverhalte im Bereich der elektronischen Kommunikation um spezifische Zuständigkeits- und Abstimmungsregelungen ergänzt werden sollte, die die Effektivität des sogenannten One-Stop-Shop-Prinzips auch bei der Anwendung der e-Privacy-Verordnung gewährleisten.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich für eine Öffnungsklausel in Artikel 18 des Verordnungsvorschlags einzusetzen, die es den Mitgliedstaaten erlaubt, auch effektive andere Aufsichtsstrukturen zu wählen. Andernfalls droht ein Widerspruch zu den derzeit auf nationaler Ebene bestehenden Aufsichtsstrukturen.
Beschwerde und Rechtsschutz
- 40. Der Bundesrat stellt fest, dass Artikel 21 des Verordnungsvorschlags durch die Verweisung auf das Rechtsschutzsystem der Datenschutz-Grundverordnung die nationalen Regelungsbefugnisse zur datenschutzrechtlichen Verbandsklage auch auf den deutlich breiteren Anwendungsbereich der e-Privacy-Verordnung erstreckt und zugleich mit Artikel 21 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags unmittelbar unionsrechtlich begründete Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter und Wettbewerber im Telekommunikationsrecht begründet. Angesichts der schon nach nationalem Recht bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten und der nur zum Teil individualschützenden Verpflichtungen des Verordnungsvorschlags bittet er, im weiteren Rechtsetzungsverfahren die Ziele und die Erforderlichkeit dieser umfassenden zusätzlichen Rechtsschutzmöglichkeiten auch unter Berücksichtigung der vorgesehenen aufsichtsbehördlichen Kontrollrechte zu klären.
- 41. Der Bundesrat begrüßt insbesondere die Verankerung eines Schadensersatzanspruches sowohl für materielle als auch für immaterielle Schäden in Artikel 22 des Verordnungsvorschlags, weil dadurch Verstöße gegen die Verordnung angemessen sanktioniert werden.
Sanktionen
- 42. Der Bundesrat bittet, die mitgliedstaatlichen Befugnisse zur Beschränkung von Sanktionen gemäß Artikel 23 des Verordnungsvorschlags im öffentlichen Bereich umfassend an die Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung anzugleichen und rechtssicher auszugestalten. Bislang übernimmt der Verordnungsvorschlag mit Artikel 23 Absatz 6 und 8 lediglich den Normtext der Datenschutz-Grundverordnung, nicht aber die notwendige Klarstellung zum Verhältnis dieser Vorschriften in Erwägungsgrund 151 der Datenschutz-Grundverordnung, dass sich Artikel 23 Absatz 8 des Verordnungsvorschlags - ebenso wie Artikel 83 Absatz 9 der Datenschutz-Grundverordnung - alleine auf die Rechtsordnungen Dänemarks und Estlands bezieht.
Sonstiges
- 43. Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob zur Erhöhung der Datensicherheit - nicht zuletzt auch mit Blick auf das Internet der Dinge - in der Verordnung sichergestellt werden sollte, dass elektronische Kommunikationsdaten grundsätzlich verschlüsselt übertragen werden.
Direktzuleitung der Stellungnahme
- 44. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.