A. Problem und Ziel
Im novellierten EEG, dessen Regelungen ab dem 1. Januar 2017 in Kraft getreten sind, wurde der bislang gewährte Anspruch auf staatlich festgelegte Fördersätze abgeschafft und stattdessen der Zahlungsanspruch in wettbewerblichen Ausschreibungen ermittelt.
In den drei Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land des Jahres 2017 gingen nahezu alle Zuschläge an Bürgerenergieanlagen (2 700 MW von 2 800 MW) . Den bietenden Bürgerenergiegesellschaften werden durch das EEG mehrere Privilegien eingeräumt, unter anderem besteht für sie die Möglichkeit zu einer Gebotsabgabe ohne vorliegende bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigung und es wird ihnen eine um zwei Jahre verlängerte Realisierungszeit eingeräumt. In den bisherigen Ausschreibungsrunden sind die Defizite der entsprechenden Regelungen im EEG offensichtlich geworden, da sie nicht verhindern konnten, dass einige wenige große Projektierer als Dienstleister neu gegründeter Gesellschaften, welche die formellen Kriterien von Bürgerenergiegesellschaften erfüllen, die Mehrzahl der zugeteilten Bürgerenergieprojekte auf sich vereinten. Damit wurde die als Ausnahmeregelung vorgesehene Regelung in der Praxis zur Regel.
Durch die im Jahr 2017 bereits abgeschlossenen Ausschreibungen mit einem sehr hohen Anteil an erfolgreichen Bürgerenergieprojekten besteht zudem die Gefahr einer Ausbaubaulücke im Jahr 2019. Alle vor dem Jahr 2017 genehmigten Anlagen müssen vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen worden sein, um noch eine Festvergütung zu erhalten. Ab diesem Zeitpunkt sollen eigentlich Anlagen realisiert werden, die im Jahr 2017 in den Ausschreibungen einen Zuschlag erhalten haben. Es ist jedoch zu erwarten, dass bei Bürgerenergieanlagen von der um zwei Jahre verlängerten Realisierungszeit Gebrauch gemacht wird. Der Erwerb einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz benötigt Zeit und zusätzlich sinken die Gestehungskosten, je länger mit der Realisierung abgewartet wird.
Zusätzlich besteht die Gefahr der vollständigen Verdrängung der nicht privilegierten Bieter mit entsprechenden wirtschaftlichen Verwerfungen bei Windenergieanlagenherstellern und der Zulieferindustrie, wenn die ab dem Jahr 2019 realistisch zu erwartende Ausbaulücke eintritt.
Erforderlich ist daher eine Änderung im EEG, die sicherstellt, dass Bieter mit bereits vorliegenden Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und Anlagenkonzeptionen, die kurzfristig realisiert werden können, in den nächsten Ausschreibungsrunden Zuschläge erhalten. Die Ausbaubaulücke im Jahr 2019 sollte daher durch möglichst kurzfristige Sonderausschreibungen nur für Projekte mit bundesimmissionsschutzrechtlicher Genehmigung und mit einer kurzen Realisierungsdauer zwischen Zuschlag und Inbetriebnahme abgemildert werden.
B. Lösung
Die Aussetzung der Sonderregelung für Bürgerenergie für die ersten beiden Ausschreibungsrunden im Jahr 2018 für Windenergieanlagen an Land wird auf alle Ausschreibungen des Jahres 2018 und im ersten Halbjahr des Jahres 2019 verlängert. Dies bedeutet, dass in diesen Ausschreibungsrunden Gebote von allen Bietern, auch Bürgerenergiegesellschaften, nur dann zur Teilnahme an der Ausschreibung zugelassen werden, wenn das Gebot für ein Projekt abgegeben wird, für das bereits eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorliegt. Andere Gebote werden zu diesen Ausschreibungsrunden nicht zugelassen. Durch eine Reduzierung der Realisierungsfrist auf 21 Monate für den Gebotstermin 1. August 2018 wird eine tatsächliche Umsetzung der in diesem Termin bezuschlagten Projekte spätestens Anfang 2020 abgesichert.
Durch ein Vorziehen von Ausschreibungsmengen und eine anschließende Verrechnung soll verhindert werden, dass die an Bürgerenergiegesellschaften zugeteilten Mengen entgegen der gesetzgeberischen Intention der Mengensteuerung zu spät oder gar nicht realisiert werden. Zugleich wird der gesetzliche Ausbaupfad nach § 4 EEG eingehalten.
Die Sonderregelungen ermöglichen eine Lösung für die Jahre 2018 und 2019. Damit aber ab dem Gebotstermin am 1. Februar 2020 nicht erneut eine Verdrängung der nicht privilegierten Bieter und in der Folge eine Zubaulücke entstehen, wird es mittelfristig weiterer Änderungen des EEG bedürfen.
C. Alternativen
Keine
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Es sind keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte zu erwarten.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Die Auswirkungen auf die Strompreisentwicklung sind nicht exakt abschätzbar, jedoch auf jeden Fall marginal, da es sich um bloße Verschiebungen innerhalb des ohnehin in § 4 EEG vorgesehenen Ausbaupfades handelt.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Über den bereits bei der letzten Novelle des EEG festgestellten Erfüllungsaufwand (siehe Bundestagsdrucksache 18/8860) hinaus werden keine weitere Belastungen erwartet.
E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Über den bereits bei der letzten Novelle des EEG festgestellten Erfüllungsaufwand des Bundes (siehe Bundestagsdrucksache 18/8860) hinaus sind minimale Auswirkungen durch Änderung des Ausschreibungsdesigns bei der Bundesnetzagentur zu erwarten. Da letztlich die Zahl der von der Bundesnetzagentur zu bearbeitenden Ausschreibungen nicht erhöht wird, sondern sich nur Ausschreibungsmengen zwischen Ausschreibungsterminen verschieben, wird davon ausgegangen, dass dies mit den dafür bereits vorgesehenen Personalkapazitäten erledigt werden kann. Länder und Kommunen sind nicht betroffen.
F. Weitere Kosten
Keine
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
Der Bundesrat hat in seiner 964. Sitzung am 2. Februar 2018 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen
Anlage
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2532) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 28 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
(1) Bei Windenergieanlagen an Land ist das Ausschreibungsvolumen
- 1. im Jahr 2017
- a) zu dem Gebotstermin am 1. Mai 800 Megawatt zu installierender Leistung und
- b) zu den Gebotsterminen am 1. August und 1. November jeweils 1 000 Megawatt zu installierender Leistung,
- 2. im Jahr 2018 zu den Gebotsterminen am 1. Februar und 1. Mai jeweils 700 Megawatt sowie zu den Gebotsterminen am 1. August 1 150 Megawatt und 1. Oktober 1 650 Megawatt zu installierender Leistung,
- 3. im Jahr 2019 zu den Gebotsterminen am 1. Februar, 1. Mai, 1. August und 1. Oktober jeweils 700 Megawatt zu installierender Leistung und
- 4. ab dem Jahr 2020
- a) zu dem jährlichen Gebotstermin am 1. Februar jeweils 1 000 Megawatt zu installierender Leistung und
- b) zu den jährlichen Gebotsterminen am 1. Juni und 1. Oktober jeweils 950 Megawatt zu installierender Leistung. Ab dem Jahr 2023 werden die in Satz 1 Nummer 4 festgelegten Ausschreibungsmengen jeweils um 200 MW der zu installierenden Leistung zu den einzelnen Gebotsterminen eines jeden Jahres reduziert, insgesamt aber um maximal die Menge, um die die zu den Gebotsterminen am 1. August und 1. Oktober 2018 bezuschlagte zu installierende Leistung den Wert von 1 400 MW übersteigt abzüglich der Menge, die bei den Gebotsterminen im Jahr 2017 an Bürgerenergiegesellschaften nach § 36g bezuschlagt wurde und bis zum Ablauf der Frist zur Realisierung nicht in Betrieb genommen oder entwertet worden ist."
2. § 104 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 8 Satz 1 werden die Wörter "und 1. Mai 2018" durch die Wörter ", 1. Mai 2018, 1. August 2018, 1. Oktober 2018, 1. Februar 2019 und 1. Mai 2019" ersetzt.
- b) Folgender Absatz 9 wird angefügt:
(9) In den Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land zu dem Gebotstermin 1. August 2018 ist § 36e Absatz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zuschlag bei Geboten für Windenergieanlagen an Land 21 Monate nach der öffentlichen Bekanntgabe des Zuschlags erlischt, soweit die Anlagen nicht bis zu diesem Zeitpunkt in Betrieb genommen worden sind."
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung, Notwendigkeit der Regelungen und wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Im novellierten EEG, dessen Regelungen ab dem 1. Januar 2017 in Kraft getreten sind, wurde der bislang gewährte Anspruch auf staatlich festgelegte Fördersätze abgeschafft und stattdessen wird der Zahlungsanspruch in wettbewerblichen Ausschreibungen ermittelt. Die Ergebnisse der Ausschreibungsrunden des Jahres 2017 zeigten jedoch im Hinblick auf die Sonderregelungen für Bürgerenergiegesellschaften Defizite. Die Sonderregelungen haben nicht verhindern können, dass einige wenige große Projektierer als Dienstleister neu gegründeter Gesellschaften, welche die formellen Kriterien von Bürgerenergiegesellschaften erfüllen, die Mehrzahl der bezuschlagten Bürgerenergieprojekte auf sich vereinen konnten. Damit wurde die als Ausnahmeregelung vorgesehene Regelung in der Praxis zur Regel.
Zudem besteht die Gefahr einer Ausbaulücke im Jahr 2019. Alle vor dem Jahr 2017 genehmigten Anlagen müssen vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen worden sein, um noch eine Festvergütung zu erhalten. Ab diesem Zeitpunkt sollen eigentlich Anlagen realisiert werden, die im Jahr 2017 in den Ausschreibungen einen Zuschlag erhalten haben. Es ist jedoch zu erwarten, dass bei Bürgerenergieanlagen von der um zwei Jahre verlängerten Realisierungszeit Gebrauch gemacht wird. Der Erwerb einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz benötigt Zeit und zusätzlich sinken die Gestehungskosten, je länger mit der Realisierung abgewartet wird.
Zusätzlich besteht die Gefahr der vollständigen Verdrängung der nicht privilegierten Bieter mit entsprechenden wirtschaftlichen Verwerfungen bei Windenergieanlagenherstellern und der Zulieferindustrie, wenn die ab dem Jahr 2019 realistisch zu erwartende Ausbaulücke eintritt.
Durch das Vorziehen der Ausschreibungsmengen und eine anschließende Verrechnung soll verhindert werden, dass die an Bürgerenergiegesellschaften bezuschlagten Mengen entgegen der gesetzgeberischen Intention der Mengensteuerung zu spät oder gar nicht realisiert werden. Zugleich wird der gesetzliche Ausbaupfad nach § 4 EEG eingehalten.
II. Alternativen
Keine.
III. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderungen ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 24 des Grundgesetzes; die Bestimmungen fallen in den Bereich der Luftreinhaltung.
IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Das Gesetz steht im Einklang mit dem Recht der Europäischen Union. Das Gesetz ist außerdem mit den völkerrechtlichen Verträgen vereinbar, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des EEG)
Zu Nummer 1
Die vorgesehene Änderung des § 28 Absatz 1 EEG erhöht durch Neufassung von Satz 1 Nummer 2 die Ausschreibungsmenge des Jahres 2018 um insgesamt 1 400 MW mit dem Ziel, ab dem Jahr 2019 eine Ausbaulücke zu verhindern. Im selben Jahr 2019 erfolgt zugleich über die neue Ziffer 3 eine Rückkehr zum bisher vorgesehenen Ausbaupfad. Die alte Ziffer 3 wird die neue Ziffer 4.
Die Erhöhung im Jahr 2018 soll über den neuen § 28 Absatz 1 Satz 2 bei den Ausschreibungsmengen ab dem Jahr 2023 jeweils um 200 MW zu den entsprechenden Gebotsterminen wieder ausgeglichen werden. Die vorgezogene Menge wird dem Ausbaupfad gemäß § 4 EEG entsprechend nach Ablauf der Umsetzungsfrist für Bürgerenergie den Ausschreibungsmengen wieder entnommen, so dass der erwarteten Verzögerung Rechnung getragen wird. Der Beginn im Jahr 2023 korreliert mit der Umsetzungsfrist für Bürgerenergieprojekte nach § 36g EEG von 4,5 Jahren, berechnet nach der letzten Bezuschlagung im November 2017 zuzüglich eines halben Jahres zur Auswertung der Realisierungsquote für die Bundesnetzagentur. Die Verrechnung setzt damit ein, sobald das Ausfallrisiko durch Vorliegen einer Realisierungsquote bewertet werden konnte. Dieser Ausgleich wird auf sieben Gebotstermine gestreckt, um Verwerfungen in der Windenergiebranche durch einen zu schnellen Ausgleich zu verhindern.
Zu Nummer 2
Die vorgesehene Änderung von § 104 Absatz 8 EEG verlängert die Aussetzung der Sonderregelung zum Genehmigungserfordernis um ein Jahr auf alle Ausschreibungsrunden des Jahres 2018 und im ersten Halbjahr des Jahres 2019. Der Gesetzgeber bekommt hierdurch die Möglichkeit, die Ergebnisse der Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land zu evaluieren und notwendige weitere Änderungen des EEG vorzubereiten. Die Projektierer erhalten dadurch die notwendige Sicherheit zur Entwicklung von neuen Projekten. Dies gilt auch für Anlagenhersteller und Zulieferindustrie.
Durch eine Reduzierung der Realisierungsfrist auf 21 Monate für den Gebotstermin 1. August 2018 wird eine tatsächliche Umsetzung der in diesem Termin bezuschlagten Projekte spätestens Anfang 2020 abgesichert.
Zu Artikel 2
Der Artikel 2 regelt das Inkrafttreten dieses Gesetzes.