Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 6. Juli 2006 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Charta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 und des diesbezüglichen Aktionsprogramms,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 75/129/EWG des Rates vom 17. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen1,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 94/45/EG des Rates vom 22. September 1994 über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen2 (Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat),
- - unter Hinweis auf die raschen Umgestaltungen und wirtschaftlichen Veränderungen, von denen Unternehmen in allen Mitgliedstaaten in positiver oder negativer Hinsicht betroffen sein können,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. März 2006 Standortverlagerungen im Zusammenhang mit der regionalen Entwicklung3, seine Entschließung vom 15. März 2006 zu Umstrukturierung und Beschäftigung4 und seine zahlreichen vorangegangenen Entschließungen zu Unternehmensumstrukturierungen, Auslagerungen, Unternehmenszusammenschlüssen und Unternehmensschließungen, insbesondere seine Entschließung vom 13. März 2003 zu der Schließung von Unternehmen nach der Gewährung von EU-Zuschüssen5,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft6,
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Firmen Managemententscheidungen treffen sollten, die das wirtschaftliche Wachstum ihrer Unternehmen sichern, und dass die Umstrukturierung von Unternehmen den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt wahren sollte, wenn die erforderlichen Veränderungen die Herausforderungen einer Stärkung der Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaft in Verbindung mit der Entschlossenheit zum Schutz des Gemeinwohls und der Umwelt aufgreifen,
B. in der Erwägung, dass die Strategie von Lissabon darauf abzielt, die Europäische Union zum weltweit wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum zu machen, in dem stetiges Wachstum sowie die Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen und ein engerer sozialer Zusammenhalt möglich sind,
C. in der Erwägung, dass Umstrukturierungen sozial- und umweltverträglich sein müssen, da sie sonst den Zielsetzungen der Strategie von Lissabon zur Förderung von Vollbeschäftigung, qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen, sozialem und territorialem Zusammenhalt sowie nachhaltiger Entwicklung entgegenstehen können,
- 1. fordert die Kommission auf, im Hinblick auf Umstrukturierungen von Unternehmen und ihren sozialen Auswirkungen entschlossener vorzugehen, wie bereits in seiner Entschließung vom 12. Februar 2004 zur Krise im Stahlsektor (AST/Thyssen Krupp)7 gefordert wurde;
- 2. ist der Ansicht, dass Beihilfen aus öffentlichen Mitteln von langfristigen Zusagen der Unternehmensleitung hinsichtlich Beschäftigung und lokale Entwicklung abhängig gemacht werden sollten;
- 3. fordert die Kommission sowie die Mitgliedstaaten auf, die Subventionen im Rahmen von Hilfsprogrammen zu streichen und die Rückzahlung dieser Subventionen von Unternehmen zu verlangen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen;
- 4. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, einen europäischen Dialog über die industrielle Umstrukturierung sowie über strukturelle Reformen des Arbeitsmarkts zu fördern, um die Vorteile der Globalisierung zu sichern und zugleich ihre nachteiligen sozialen Auswirkungen möglichst gering zu halten;
- 5. erinnert die Kommission an die Bedeutung einer gut funktionierenden Richtlinie über den Europäischen Betriebsrat, die gewährleistet, dass die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ordnungsgemäß erfolgt,
- 6. fordert die Kommission auf, sicherzustellen, dass die Unternehmen ihre soziale und finanzielle Verantwortung übernehmen, auf unternehmerisch verantwortungsvolle Weise handeln und einen fairen Umgang mit allen Betroffenen pflegen, auch mit den lokalen und regionalen Behörden und Gemeinschaften, in denen sie angesiedelt sind;
- 7. fordert die Kommission auf, unverzüglich eine Beurteilung der Anwendung der Richtlinie 75/129/EWG durchzuführen und Vorschläge für Maßnahmen vorzulegen, die die Einhaltung der Richtlinie gewährleisten;
- 8. begrüßt die bevorstehende Einrichtung des Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, mit dem die Arbeitnehmer unterstützt und die Sozial- und Bildungseinrichtungen im Hinblick auf Massenentlassungen verbessert werden sollen, und fordert den Rat auf, so rasch wie möglich nach der ersten Lesung des Europäischen Parlaments seinen Gemeinsamen Standpunkt zu verabschieden, und dafür zu sorgen, dass er rückwirkend in den Fällen zur Anwendung gelangen kann, in denen die Auswirkungen aktueller Schließungen auch 2007 spürbar sind;
- 9. bekundet seine Solidarität mit allen von Entlassungen betroffenen Arbeitnehmern, ihren Familien und ihren Gemeinschaften;
- 10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europäischen Gewerkschaftsbund und der Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas zu übermitteln.
1 AB1. L 48 vom 22.2.1975, S. 29. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 92/56/EWG (AB1. L 245 vom 26.8.1992, S. 3).
2 AB1. L 254 vom 30.9.1994, S. 64.
3 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0077.
4 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0088.
5 AB1. C 61 E vom 10.3.2004, S. 425.
6 AB1. L 80 vom 23.3.2002, S. 29.
7 AB1. C 97 E vom 22.4.2004, S. 637.