Unterrichtung durch die Bundesregierung
Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen:

Modernisierung des Sozialschutzes für die Entwicklung einer hochwertigen, zugänglichen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege

Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 3. Mai 2004 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).

Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 21. April 2004 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.


Hinweis: vgl.
Drucksache 077/03 (PDF) = AE-Nr. 030373 und
Drucksache 420/03 (PDF) = AE-Nr. 032039

1. Einleitung

Die in den Mitgliedstaaten bestehenden Sozialschutzsysteme sollen den allgemeinen Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung sichern. Ihr Aufbau hat es ermöglicht das einst durch Krankheit, hohes Alter oder Unfall bedingte Armutsrisiko deutlich einzudämmen und erheblich zu einem besseren Gesundheitszustand der europäischen Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten beigetragen1. Sie sind also ein wichtiger Bestandteil des europäischen Sozialmodells, zumal die Qualität der Gesundheitsversorgung in Europa auf unserem Planeten ihresgleichen sucht.

Die vorliegende, im Frühjahrsbericht 20042 angekündigte Mitteilung soll zur Festlegung eines gemeinsamen Rahmens beitragen, damit die einzelstaatlichen Bemühungen um Reform und Entwicklung der vom Sozialschutz finanzierten Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege durch Anwendung der "offenen Koordinierungsmethode" unterstützt werden können. In der vom Europäischen Parlament am 11. März dieses Jahres angenommene Entschließung wird zu einer verstärkten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Gesundheit und der Langzeitbetreuung aufgerufen und von der Kommission dahingehende Vorschläge im Frühjahr 2004 eingefordert, damit der Rat die "offene Koordinierungsmethode" in diesem Bereich anwenden und gemeinsame Ziele verabschieden kann.

Diese Mitteilung ergänzt diejenige, die aus den Vorschlägen des "Reflexionsprozesses auf hoher Ebene über die Patientenmobilität und die Entwicklungen der gesundheitlichen Versorgung in der Europäischen Union" (nachstehend: "Mitteilung über die Patientenmobilität") hervorgegangen ist, die wiederum auf die Initiative der Kommissionsmitglieder David Byrne und Anna Diamantopoulou zurückgeht, und an der Vertreter der Gesundheitsministerien und der Kommission beteiligt waren3. Die beide von der Kommission zusammen angenommene Mitteilungen enthalten eine Gesamtstrategie zur Ausgestaltung einer gemeinsamen Vision für die europäischen Gesundheitssysteme und die Sozialschutzsysteme.

Der Sozialschutz ermöglicht innerhalb der Gesellschaft insgesamt die Umverteilung von Kosten, die häufig die Möglichkeiten des Einzelnen übersteigen: so wird vermieden dass die Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung zur Verarmung führt und dass ein geringes Einkommen den Zugang zum Gesundheitssystem ernsthaft erschwert. Diese Ergebnisse werden durch sehr verschiedenartige Systeme erzielt - Versicherungssysteme oder Direktleistungssysteme - und der Vertrag belässt die Verantwortung dafür primär bei den Mitgliedstaaten. Die Bedeutung dieser Verantwortung und die Notwendigkeit einer besseren Zusammenarbeit auf europäischer Ebene wurde unter anderem in den Schlussfolgerungen des "Reflexionsprozesses auf hoher Ebene" hervorgehoben.

Die Bedeutung der Gesundheitssysteme für den Rückgang von Armut und Krankheit, ihr Beitrag zum sozialen Zusammenhalt und ihre Rolle auf dem Arbeitsmarkt sowie die Folgen der Bevölkerungsalterung sind auf Unionsebene seit langem anerkannt.

Schon 1992 wurde in einer Empfehlung des Rates4 den Mitgliedstaaten nahegelegt, "auf die Beibehaltung und gegebenenfalls die Weiterentwicklung eines hochwertigen Gesundheitsversorgungssystems [zu achten], das der Entwicklung der Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere der Bedürfnisse aufgrund der Abhängigkeit alter Menschen, der Entwicklung von Krankheiten und Heilverfahren sowie der erforderlichen Intensivierung der Vorsorge angepasst ist". 1999 wurde das Gesundheitswesen5 vom Rat als einer von vier Bereichen identifiziert, die einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bedürfen.

Nach den Tagungen des Europäischen Rats in Lissabon und Göteborg, wo die notwendige Reform und Anpassung der Sozialschutzsysteme hervorgehoben wurde, darunter auch des Gesundheitswesens, um der Bevölkerungsalterung etwas entgegenzusetzen und den sozialen Zusammenhalt zu sichern, hat die Kommission drei Prinzipien6 identifiziert, die den Rahmen dieser Reform bilden. Diese Prinzipien wurden vom Europäischen Rat in Barcelona im März 20027 angenommen:

Zugänglichkeit der Versorgung auf den Grundlagen von Universalität, Angemessenheit und Solidarität, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der verschiedenen am stärksten benachteiligten Gruppen und Einzelpersonen, jedoch auch derjenigen, die aufwändiger und dauernder Pflege bedürfen;

Angebot einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung, die sich an den wissenschaftlichen Fortschritt und an die mit dem Alter aufkommenden Bedürfnisse anpasst und der eine Bewertung ihres gesundheitlichen Nutzens zugrunde liegt; Maßnahmen zur Sicherung der langfristigen Finanzierbarkeit der Versorgung, wobei ein besserer Wirkungsgrad des Systems angestrebt wird.

2. Zugänglichkeit, Qualität, Finanzierbarkeit: Herausforderung für die Gesundheitssysteme, Schlüssel zum Erfolg der Lissabonner Strategie

Im gemeinsamen Bericht der Kommission und des Rates über die Unterstützung nationaler Strategien für die Zukunft der Gesundheitsversorgung und der Altenpflege vom 10. März 2003 wird betont, dass die technologischen und therapeutischen Innovationen, die Verbesserung des Wohlbefindens und der Information der Patienten sowie die Bevölkerungsalterung heute neue Probleme aufwerfen, was die Fähigkeit der nationalen Systeme betrifft, Zugänglichkeit und Qualität zu gewährleisten und die langfristige Finanzierbarkeit zu sichern. Dies sind gemeinsame Herausforderungen für alle Systeme, die gewisse Probleme aufwerfen: fortbestehende Ungleichheit und Zugangsprobleme, obwohl die Systeme grundsätzlich den allgemeinen Zugang sichern; manchmal gemessen an den Bedürfnissen der Bevölkerung unzureichendes Angebot an qualitativ hochwertigen Leistungen mit übermäßigen langen Wartezeiten; wachsende finanzielle Unausgeglichenheit mancher Systeme.

Die neuen Mitgliedstaaten werden diese Unterschiede verstärken und manche Merkmale der gegenwärtigen EU-15 verschärfen. Die wichtigsten Gesundheitsindikatoren sind meist nicht so gut wie in der EU-15, insbesondere bei den Männern, und diese Länder investieren weitaus weniger Ressourcen in ihr Gesundheitssystem, trotz eines ständigen Wachstums seit Ende der 90er Jahre. Auch die Alterung der in den Gesundheitsberufen tätigen Personen ist dort spürbarer als in der EU-15. Die "Lissabonner Strategie" bildet daher einen kohärenten Rahmen für die Aufholarbeit bei Niveau und Qualität der Gesundheitsversorgung, unterstützt durch vielfältige Instrumente, darunter die "offene Koordinierungsmethode".

Gleichzeitig bewirkt die Integration der Union eine zunehmende Wechselwirkung zwischen den Gesundheitssystemen:

Die Gesundheitsversorgung wurde in der Rechtsprechung des Gerichtshofs als Dienstleistung im Sinne des Vertrages anerkannt, und die Patienten als Empfänger dieser Dienstleistungen müssen die im Vertrag verankerte Dienstleistungsfreiheit in Anspruch nehmen können8. Die Modernisierung der Verordnung 1408/719 berücksichtigt diese Dimension und ihre Anwendung wird in einem Vorschlag vom 13. Januar 2004 für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt präzisiert, der eine Definition der Krankenhausversorgung enthält10.

Die Bürger der Union nutzen in wachsendem Umfang ihr Recht auf Mobilität11, lassen sich in einem anderen Mitgliedstaat nieder, begeben sich vorübergehend dort hin auch um dort Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen.

Gleichzeitig wurde diese Wechselwirkung von der Ausgestaltung von Politikbereichen auf Unionsebene begleitet, die sich auf die Gesundheitssysteme und auf die Gesundheit der Europäer insgesamt auswirken. Diese Entwicklungen waren jedoch nie Gegenstand einer umfassenden Strategie, die zugleich die Entwicklung und Modernisierung des Angebots und die Finanzierung der Gesundheitsversorgung, die Mobilität der Patienten und Beschäftigten in der erweiterten Union, die Zusammenarbeit zwischen Regionen und Gesundheitssystemen, aber auch die Einbeziehung des Hauptziels - eines hohen Gesundheitsschutzniveaus - in die Politikbereiche der Gemeinschaft insgesamt erfasst. Der "Frühjahrsbericht 2004" fordert daher die verstärkte Koordinierung der einzelstaatlichen Politik, um die Modernisierungs- und Entwicklungsbemühungen aller - alter wie neuer - Mitgliedstaaten in diesem Bereich zu unterstützen. Es handelt sich also um eine umfassende Strategie für die Gesundheitssysteme, die heute in zwei Mitteilungen der Kommission vorgestellt wird:

Diese Mitteilung schlägt gemeinsame Ziele für die Entwicklung und Modernisierung des Angebots und die Finanzierung der Gesundheitsversorgung vor, die es den einzelnen Mitgliedstaaten erlauben, ihre einzelstaatliche Strategie festzulegen und die Erfahrungen und "bewährten Verfahren" der anderen zu nutzen. Diese Koordinierung der einzelstaatlichen Politik soll die drei anderen großen Sozialschutzbereiche - Renten, Eingliederung und lohnende Arbeit - ergänzen, die seit 2000 verstärkt koordiniert werden.

Eine weitere Mitteilung schließt an die aus dem "Reflexionsprozess auf hoher Ebene" (HLPR) hervorgegangenen Empfehlungen an. Sie enthält eine Reihe konkreter Vorschläge aus verschiedenen Bereichen, in die sich das vom Vertrag proklamierte Ziel eines hohen Gesundheitsschutzniveaus in die Politikbereiche der Gemeinschaft einbeziehen lässt.

Außerdem sind das Gesundheitsversorgungs- und Langzeitpflegeangebot und deren Finanzierung aus drei weiteren Gründen Schlüsselelemente der Strategie zur wirtschaftlichen und sozialen Modernisierung, die im März 2000 in Lissabon eingeleitet wurde.

Der soziale Zusammenhalt wird durch den Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung verstärkt, die auf Universalität, Angemessenheit und Solidarität beruht. Ein besserer Zugang zur Gesundheitsversorgung ist als Mittel zur Mobilisierung des Arbeitskräftepotenzials angesichts der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung anerkannt. Jüngste Studien12 belegen in dieser Hinsicht, dass die Gesundheitspolitik als ein Instrument für aktive beschäftigungspolitische Maßnahmen betrachtet werden sollte, denn durch sie läßt sich die soziale und berufliche Eingliederungsfähigkeit der Arbeitssuchenden verbessern. Wie aus dem Entwurf für einen gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung13 hervorgeht, haben gerade die am stärksten benachteiligten Gruppen die meisten und größten Gesundheitsprobleme: beispielsweise halten 16 % des unteren Einkommensquintils ihren Gesundheitszustand für schlecht, dagegen nur 7 % des oberen Quintils14.

Gerade diese Personen haben jedoch die meisten Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung mit langen Wartezeiten, hohen Behandlungskosten (gemessen an ihrem Einkommen), komplizierten Verwaltungsverfahren und allgemein unzureichender Prävention (Früherkennung, Impfung).

Der Sektor Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege15 machte 2002 rund 10 % der Gesamtbeschäftigung in der Union 15 aus, gegenüber 4,1 % bis 7,1 % in den neuen Mitgliedstaaten. Mit 1,7 Millionen neuen Stellen von 1997 bis 2002 in der EU-15 steht dieser Sektor bei der Schaffung von Arbeitsplätzen an zweiter Stelle. Damit die Herausforderungen der Bevölkerungsentwicklung und des technologischen Fortschritts bewältigt werden können, werden unbedingt Fachkräfte in ausreichender Zahl gebraucht, und diesen müssen gute Arbeitsplätze geboten werden. Dabei wird die Alterung der Erwerbsbevölkerung besonders deutlich spürbar. 2002 waren in der EU-15 und der E-25 11 % der Beschäftigten des Gesundheitswesens und 55 bis 64 Jahr alt und dieser Anteil ist unter den Ärzten noch höher16. Ein Großteil der im Gesundheitswesen Beschäftigten (27 % in der EU-15 und der EU-25 gehört zur Altersgruppe von 45 bis 54 Jahren, so dass in den kommenden Jahren ein "demografischer Schock" großen Ausmaßes vorauszusehen ist. Dieses altersbedingte Ausscheiden steht im Gesamtzusammenhang der Bevölkerungsalterung und das bedeutet dass der Sektor Gesundheitsversorgung und "soziale Dienstleistungen" sich bei der Einstellung neuer Mitarbeiter dem Wettbewerb anderer Sektoren stellen muss.

Eine bessere Qualität der Arbeitsplätze wird daher unbedingt erforderlich sein, wenn man ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben vermeiden will, insbesondere an den Arbeitsplätzen mit der schwersten und belastendsten Arbeit und bei Arbeitnehmern von über 55 Jahren, jedoch auch, um Neueinstellungen zu begünstigen. Eine bessere Produktivität und Effizienz der Dienstleister wird auch ein Schlüsselfaktor für die zukunftsfähige Entwicklung des Sektors sein. "e-Health" gefördert im Rahmen des Aktionsplans eEurope 0517, soll bei der Information, Prävention, Verbesserung des Versorgungsangebots und lebenslanges Lernen der im Gesundheitswesen Beschäftigten18 eine wichtige Rolle spielen.

Die Alterung der Bevölkerung wird sich in zweierlei Hinsicht auf die Gesundheitsversorgung und die Betreuung der älteren Menschen auswirken: Es wird mehr Menschen im Alter von über 65 Jahren (+64 % zwischen 2002 und 2050, je nach dem von Eurostat zugrunde gelegten Szenario) und mehr Personen von über 80 Jahren geben (im gleichen Zeitraum von 14,8 auf 37,9 Millionen). Diese Entwicklungen, die primär eine Verbesserung des Gesundheitszustands der Europäer belegen bedeuten auch mehr altersbedingte Krankheiten und werfen die Frage nach der Langzeitpflege auf. Die Alterung der Bevölkerung geht nämlich damit einher, dass immer mehr alte Personen allein leben, weil die Familien abgewandert sind und wegen der stärkeren Erwerbsbeteiligung der Frauen, die noch einen Großteil der "informellen Pflege" leisten. Um den Bedürfnissen dieser Bevölkerung zu entsprechen wird ein umfassendes Dienstleistungsangebot gebraucht, darunter auch häusliche Pflege, für die sich zunehmend eine Mehrzahl der Personen entscheiden wird und spezialisierte Einrichtungen, was eine verstärkten Koordinierung zwischen den Leistungserbringern verlangt, die häufig allein arbeiten (Intensivpflegedienste, Grundversorgung, Sozialfürsorge).

Um dies zu bewältigen, muss die Reform der Sozialschutzsysteme umfassend und koordiniert vorangetrieben werden. Die Mitteilung der Kommission Stärkung der sozialen Dimension der Lissaboner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz19 hat aufgezeigt, dass die Gesundheitsversorgung und die Betreuung alter Menschen Bereiche sind, in denen eine "Straffung des Koordinierungsprozesses im Sozialschutz ("Streamlining"), angewandt werden muss. Diese "Straffung" wird die politischen Signale zugunsten einer Modernisierung der Systeme und zur Gewährleistung ihrer Kohärenz mit den übrigen Koordinierungsprozessen der "Lissaboner Strategie" verstärken.

Ergeben wird sich daraus:

Eine bessere Kohärenz mit den im Bereich des Sozialschutzes (Rentenreform, soziale Eingliederung) laufenden Prozessen, denn viele Themen sind von gemeinsamem Interesse20. Im Rahmen der Straffung dieser Prozesse wird eine wichtige Aufgabe darin bestehen, die Probleme zu identifizieren, die zu gemeinsamen Zielen für alle Zweige des Sozialschutzes werden könnten, etwa Fragen im Zusammenhang mit der geschlechtsspezifischen Dimension, der Bedeutung der Gesundheitsversorgung für ein aktives Altern oder die Rolle der Sozialschutzsysteme im Zusammenhang mit beschäftigungspolitischen Anreizen.

Eine verstärkte Koordinierung mit anderen politischen Prozessen: europäische Beschäftigungsstrategie, insbesondere in Bezug auf die Herausforderung, die sich durch die Alterung der in diesen Sektoren beschäftigten Arbeitskräfte stellt und "Grundzüge der Wirtschaftspolitik". Durch die Straffung sollten die Fragen im Zusammenhang mit Gesundheit und Langzeitpflege sich besser in die Lissabonner Strategie einfügen, was der Bedeutung entspricht, die sie für die Bürger haben. Wie im Frühjahrsbericht 2004 vorgesehen, wird die Kommission im Jahr 2005 die Modalitäten für die Einbeziehung der Gesundheit der Bevölkerung in die Lissabonner Strategie und ihren Beitrag zum Wachstum und zur nachaltigen Entwicklung prüfen.

Dabei wird die "offene Koordinierungsmethode" ein flexibles Instrument sein, das die unterschiedlichen Gegebenheiten und die einzelstaatlichen Zuständigkeiten repektiert und dadurch den Besonderheiten der Gesundheitssysteme innerhalb der verschiedenen Zweige des sozialen Schutzes besonders entgegenkommt.

Die gemeinsamen Ziele - ein Pfeiler davon ist das Gesundheitswesen - bieten einen gemeinsamen politischen Rahmen für die Reformen, erhöhen deren Transparenz und legen den Schwerpunkt auf die gemeinsamen Herausforderungen im Gesundheitswesen.

Die offene Koordinierungsmethode wird dafür sorgen, dass viele Akteure aus diesem Bereich einbezogen werden, darunter die Sozialpartner und die Patientenvertretung, deren Rolle sich immer deutlicher abzeichnet.

Durch Erfahrungsaustausch wird der Kenntnisstand der Akteure über die Reformmöglichkeiten verbessert. Gemeinsame Indikatoren werden diesen Austausch fördern.

Schließlich wird die "offene Koordinierungsmethode" ein globales und integriertes Herangehen an die gegenwärtigen der Systeme Probleme begünstigen, indem die verschiedenen Instrumente und Maßnahmen in diesem Bereich eng miteinander verknüpft werden.

3. Gemeinsame Ziele für die Entwicklung der Gesundheitssysteme

Der Rückgang des durch Krankheit, Unfall oder Alter bedingten Armutsrisikos und die deutliche Verbesserung des Gesundheitszustands der Europäer sind wesentliche Errungenschaften des Sozialschutzsysteme. Diese müssen weiterhin eine hochwertige Versorgung bieten, universell - d.h. für die gesamte Bevölkerung - und solidarisch - d.h., ohne dass ein Zusammenhang mit dem Reichtum besteht, auf der Grundlage von Beiträgen der Allgemeinheit - zugänglich und finanzierbar sein. Zugänglichkeit, Qualität und Finanzierbarkeit sind also ein umfassendes Ganzes.

Ein Schlüssel für die Entwicklung und Reform der Systeme liegt außerdem in ihrer Fähigkeit, eine effiziente Verwaltung einzuführen, die sich auf die Beteiligung und Mitverantwortung der betroffenen Akteure stützt - dazu zählen Sozialpartner, regionale und örtliche Behörden, Patienten und die Zivilgesellschaft - und die Koordinierung zwischen Leistungserbringern der Gesundheitswesens, Finanzierungsträgern, Nichtregierungsorganisationen und öffentlicher Hand. Auf europäischer Ebene wäre ein konkreter Beitrag der sektoralen Sozialpartner zu den Reformbemühungen begrüßenswert.

Auf der Grundlage der Orientierungen, die im März 2002 vom Europäischen Rat in Barcelona gebilligt wurden und gestützt auf den gemeinsamen Bericht der Kommission und des Rates vom März 2003 schlägt die Kommission folgende gemeinsame Ziele vor, die die Entwicklung der Systeme in der erweiterten Union unterstützen sollen.

3.1. Sicherung des Zugangs zur Gesundheitsversorgung: Universalität, Angemessenheit, Solidarität

Ein beachtlicher Erfolg der europäischen Gesundheitssysteme war es, dass sie eine hochwertige Gesundheitsversorgung allgemein zugänglich gemacht haben. Sie sollen weiterhin verhüten, dass es durch Krankheiten, Unfälle oder hohes Alter zu Verarmung und sozialer Ausgrenzung kommt, sowohl für die Patienten als auch für ihre Familien. Ihr universeller Erfassungsbereich muss auf einer solidarischen Grundlage beruhen, deren Modalitäten jedem System eigen sind. Diese Solidarität muss besonders diejenigen begünstigen, die über ein niedriges Einkommen verfügen, und Menschen, deren Gesundheitszustand aufwändiger, dauernder oder kostspieliger Pflege bedürfen, der Palliativmedizin und der Sterbebegleitung. Für bestimmte Gruppen oder Einzelpersonen bestehen jedoch besondere Zugangsprobleme, was ihre soziale und berufliche Eingliederung in Frage stellt. Die ungleiche regionale Verteilung des Versorgungsangebots bzw. ein gemessen am Bedarf unzureichendes Angebot führen zu ungewöhnlich langen Wartezeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung. Einstellungs- und Verwaltungsprobleme bei gewissen Mitarbeiterkategorien wirken sich ähnlich aus. Die Versorgungssysteme müssen ein ausreichendes und den Bedürfnissen der Bevölkerung angepasstes Angebot aufbauen.

Ziele:

Sicherung eines Zugangs zu einer hochwertigen Versorgung auf der Grundlage von Universalität, Angemessenheit und Solidarität.

Verhütung des durch Krankheit, Unfall, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit im hohen Alter bedingten Armuts- bzw. Ausgrenzungsrisikos sowohl für die Patienten als auch für ihre Familien.

Die Mitgliedstaaten vereinbaren unter Berücksichtigung der Besonderheiten ihrer jeweiligen Systeme Folgendes:

Ein hochwertiges und bedarfsgerechtes Versorgungsangebot für die gesamte Bevölkerung. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei Personen gelten, die dauernder Pflege bedürfen, Personen und Gruppen mit besonderen Zugangsschwierigkeiten - etwa ethnischen Minderheiten oder Zuwanderern - sowie Personen mit geringem Einkommen.

Sicherung der finanziellen und physischen Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgungssysteme für behinderte Personen.

Angemessenes Betreuungsangebot für ältere Menschen, insbesondere durch verstärkte Koordinierung zwischen Sozialfürsorge, Grundversorgung, Krankenhausversorgung und Facheinrichtungen.

Förderung der Instrumente für die Palliativmedizin und Sterbebegleitung.

Verringerung - soweit erforderlich - der regionalen Unausgewogenheit des Versorgungsangebots.

Soweit erforderlich, Entwicklung angemessener, mit qualifiziertem Personal ausgestatteter Strukturen, um das Angebot zu verbessern und die Fristen für den Zugang zur Behandlung zu verkürzen, insbesondere, wenn diese Fristen nachteilige Auswirkungen auf die Gesundheit und Lebensqualität der Patienten haben. Im Politikbereich "wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt" kann der Ausbau der Infrastruktur, insbesondere der Krankenhäuser gefördert werden: die für die Strukturfonds zuständigen Stellen, insbesondere der EFRE und der Kohäsionsfonds müssen prüfen, wie sich diese Unterstützung in den förderfähigen Regionen in vollem Umfang nutzen läßt.

Förderung einer Personalverwaltung, durch die sich die Folgen der Bevölkerungsalterung im Sektor Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege auffangen lassen, insbesondere Maßnahmen zur Vermeidung und zum Auffangen von Mangelsituationen in manchen Mitarbeiterkategorien durch ausreichende Investition in die Erstausbildung und Weiterbildung und durch Verbesserung der Arbeitsplatzqualität, einschließlich Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz. Der Beitrag des europäischen Sozialfonds muss in diesem Zusammenhang voll ausgeschöpft werden. Die Mitteilung zur Patientenmobilität ergänzt auch dieses Ziel, da sie vorschlägt, die grenzüberschreitende Mobilität in Gesundheitsberufen zu fördern und unseren Kenntnisstand über die betreffenden Wanderbewegungen zu verbessern.

Berücksichtigung der spezifischen Probleme von Männern und Frauen bei all diesen Maßnahmen, insbesondere in der Personalpolitik und bei der Förderung der Arbeitsplatzqualität.

3.2. Förderung der Versorgungsqualität

Hauptziel der europäischen Gesundheitssysteme muss es weiterhin sein, sowohl Zugänglichkeit als auch gute Qualität zu bieten. Dieses Ziel zu erreichen ist jedoch heute sehr viel komplexer geworden, als es bei der Schaffung dieser Systeme war, und zwar aus zwei Hauptgründen :

Die Auswirkungen des technischen Fortschritts bleiben ungewiss, insbesondere im Zusammenhang mit einer alternden Gesellschaft. Dieser Fortschritt kann die Effizienz des Versorgungssystems verbessern, die Lebenserwartung bei guter Gesundheit verlängern und die Kosten erhöhen, insbesondere bei neuen Medikamenten. Daneben wirkt sich der bessere Bildungsstand insbesondere in den geburtenstarken Jahrgängen, die jetzt allmählich in Rente gehen, möglicherweise in gleicher Richtung aus: Er begünstigt gesundheitsbewusstere Verhaltensweisen und Prävention, erhöht jedoch die Nachfrage, besonders bei Innovationen.

Das Versorgungsangebot ist heute reichhaltiger, vielfältiger und komplexer als bei Einführung der Versorgungssysteme. Den insgesamt in die Gesundheit investierten Ressourcen liegt eine politische Entscheidung zugrunde und diese Investition wird sich langfristig positiv auf die Wirtschaft auswirken. Angesichts begrenzter öffentlicher Ressourcen wirkt sich die Investition in einem Sektor jedoch zwangsläufig auf die anderen Sektoren aus21. Die in die Gesundheit investierten größtenteils öffentlichen Ressourcen müssen also so effizient und wirksam wie möglich zur Verbesserung der Gesundheit genutzt werden.

Diese durch die Alterung verstärkten Entwicklungen werden mehr und mehr dazu zwingen bei den verfügbaren Medikamenten, Behandlungen und Betreuungsweisen die Qualität und den tatsächlichen Nutzen für die Betroffenen zu bewerten. Dazu sind nötig: ein präventiver Ansatz, durch den sich das "Wohlbefinden" insgesamt verbessern lässt, eine wirksame Steuerung der Versorgungssysteme, gestützt auf eine verstärkte Koordinierung zwischen allen Akteuren, und deren stärkere Verantwortlichkeit für die Ressourcenverwaltung und das Versorgungsangebot.

Ziel:

Förderung einer hochwertigen Versorgung, um den Gesundheitszustand und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern Im Einzelnen und je nach den Besonderheiten ihres jeweiligen Systems sollten die Mitgliedstaaten für Folgendes sorgen:

Förderung der Verfahren und Behandlungen, die einen wirklichen Nutzen für die Gesundheit und Lebensqualität haben, unter Zugrundelegung einer angemessenen wissenschaftlichen Bewertung. Kosten und Nutzen der Medikamente, der Geräte und Behandlungen müssen nach den Verfahren der jeweiligen einzelstaatlichen Systeme und unter Aufbau einer europäischen Zusammenarbeit in diesem Bereich bewertet werden.

Einbeziehung der geschlechtsspezifischen Dimension bei der Festlegung der Präventions- und Gesundheitspolitik, um die spezifischen Probleme von Männern und Frauen besser zu berücksichtigen und ihre Betreuung effizienter zu gestalten.

Sicherung eines hohen Erstausbildungs- und Weiterbildungsniveaus der Fachkräfte im Rahmen des lebenslangen Lernens.

Ausbau der Maßnahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ausgehend von der Gefährdungsprävention und unter Gewährleistung einer besseren Arbeitsqualität für alle Arbeitnehmer, und insbesondere für die alternden Arbeitnehmer, im Hinblick auf eine geringere vorzeitige Sterblichkeit (vor 65 Jahren) und auf die Verlängerung der Lebensdauer ohne größere Zeiten der Erwerbsunfähigkeit.

Aufteilung der Finanz- und Humanressourcen auf Regionen, Dienste und verschiedene Versorgungsarten je nach tatsächlichem Bedarf, damit eine optimale Auswirkung auf die Gesundheit und Lebensqualität der Leistungsempfänger erzielt wird. Die Mitteilung über die Patientenmobilität ergänzt dieses Ziel durch den Vorschlag, "Referenzzentren" zu identifizieren und deren Vernetzung zu fördern.

Förderung einer Verwaltung, die die Anpassungsfähigkeit der Systeme an den Bedarf begünstigt insbesondere durch wirksame Koordinierung unter den betreffenden Sektoren (öffentliche Haushalte, Versicherungen, Gesundheitsberufe, Krankenhäuser, Präventionsstellen, einschließlich der am Gesundheitssystem beteiligten Lehranstalten sowie regionalen und örtlichen Behörden, der Patienten und Bürger).

Festlegung der Rechte der Patienten und ihrer Familie sowie der Modalitäten für die Mitwirkung der organisierten Zivilgesellschaft. Die Mitteilung zur Patientenmobilität ergänzt dieses Ziel durch den Vorschlag, die verfügbaren Informationen über die Rechte des Einzelnen und die europäischen und einzelstaatlichen Regeln für die Übernahme der Behandlungskosten zusammenzutragen und zu verbessern.

3.3. Sicherung der langfristigen Finanzierbarkeit einer zugänglichen und hochwertigen Gesundheitsversorgung

Weiterhin hochwertige und zugängliche Gesundheitsleistungen zu bieten, ohne die Finanzierung anderer vorrangiger Sektoren oder Politiken zu beeinträchtigen, ist eine große Herausforderung für alle - alte wie neue - Mitgliedstaaten. Sie stehen vor der Notwendigkeit, eine angemessene Finanzierung ihres Gesundheitssystems zu sichern damit es unter Anpassung an neue Bedürfnisse, die sich insbesondere aus der Alterung und dem technischen Fortschritt ergeben, hochwertige Leistungen bietet. Ein Großteil der Gesundheits- und Pflegekosten für ältere Menschen wird von den öffentlichen Haushalten getragen, die den Stabilitäts- und Wachstumspakt einhalten müssen. Um zu gewährleisten, dass öffentliche Mittel in ausreichendem

Maße für die Bedürfnisse des Gesundheitssystems zur Verfügung stehen, brauchen die Mitgliedstaaten gesunde und stabile Haushaltspositionen. Der beschleunigte Abbau der öffentlichen Verschuldung und die Steigerung der Erwerbsquoten sind wichtige Instrumente, die zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen.

In diesem Zusammenhang führen die Mitgliedstaaten seit langem Maßnahmen oder Reformen durch, um das finanzielle Gleichgewicht der Systeme zu sichern, wobei sie sich verschiedener Instrumente bedienen: Erstattungssätze für eine verantwortungsbewusstere Nachfrage bzw. zu Nachfragelenkung; Preis und Umfang der Verrichtungen, um bestimmte Produkte oder Verschreibungen unter Kontrolle zu halten Budgettierung, besonders im Krankenhauswesen; Entwicklung von Steuerungsinstrumenten, aufgrund von Gesundheitszielen, bisherigen Ergebnissen und behandelten Krankheiten, verstärkter Verantwortlichkeit der Ärzte und der Investoren für die Ressourcenverwaltung; Festlegung neuer Gleichgewichte zwischen verschiedenen denkbaren Finanzierungsmodalitäten, insbesondere, um die Verantwortlichkeit der beteiligten Akteure zu verstärken. Es gibt angesichts dieser Herausforderung keine Universallösung: das Bemühen um die langfristige Finanzierbarkeit muss fortgesetzt werden und man muss sich dabei auf eine Kombination dieser verschiedenen Instrumente stützen.

Insgesamt müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, um zu gewährleisten, dass die öffentliche Finanzierung der Gesundheitsversorgung und der Langzeitpflege vernünftig gestaltet wird; dabei geht es besonders um eine bessere Qualität und Wirksamkeit der öffentlichen Ausgaben.

Ziel :

Sicherung der langfristigen Finanzierbarkeit einer hochwertigen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung Insbesondere - und unter Berücksichtigung der Besonderheiten ihres jeweiligen Systems - sollten die Mitgliedstaaten für Folgendes sorgen:

Entwicklung der systematischen Prävention und Beratung bei Eintritt in die Versorgungskette, damit die Inanspruchnahme einer aufwendigen Betreuung - insbesondere Krankenhausbetreuung und Intensivpflege - sich verringern lässt, und im Hinblick darauf eine bessere Koordinierung zwischen den verschiedenen Leistungserbringern (Grundversorgung, Krankenhäuser, örtliche Sozialdienste).

Dieses Ziel ergänzt somit die Maßnahmen im Rahmen des Aktionsprogramms der Gemeinschaft für die Gesundheit22, durch das Präventionsbemühungen gefördert werden um den Gesundheitszustand zu verbessern und die späteren Aufwendungen für die Gesundheitsversorgung zu verringern.

Erreichen einer tragbaren Ausgabenentwicklung durch Maßnahmen, die den Besonderheiten der einzelnen Systeme Rechnung tragen, beispielsweise durch geeignete Anreize für Leistungserbringer und Patienten oder durch Maßnahmen zur Förderung neuer Behandlungen oder neuer Produkte, die bei geringeren Kosten den gleichen Dienst leisten.

Sicherung einer angemessenen Finanzierung des Systems, um auf die neuen Bedürfnisse in Zusammenhang mit Alterung, gesellschaftlichem Wandel und technischem Fortschritt einzugehen.

Angebot von Gesundheitsleistungen mit einem möglichst günstigen Kosten-Nutzen-Verhältnis, insbesondere durch Bewertung des effektiven gesundheitlichen Nutzens von Medikamenten, Verfahren und Betreuungsarten und durch eine Finanzierung auf der Grundlage von Aktivität und tatsächlichen Bedürfnissen.

Besserer Wirkungsgrad des Systems, insbesondere durch Dezentralisierung, Einbindung in die Verantwortung und Einbeziehung der verschiedenen Akteure (örtliche und regionale Behörden, Träger der sozialen Sicherheit und andere Geldgeber, Angehörige der Gesundheitsberufe und Krankenhäuser, Patienten) in die Verwaltung der Ressourcen und die Gestaltung des Versorgungsangebots.

4. Die nächsten Schritte

Für die Organisation und Finanzierungsweise des Gesundheitswesens und die Betreuung älterer Menschen sind zunächst die Mitgliedstaaten zuständig, die bei der Ausübung dieser Kompetenz die Grundfreiheiten und Rechtsnormen des Vertrags respektieren müssen. Der Zusatznutzen der "offenen Koordinierungsmethode" besteht folglich darin, gemeinsame Herausforderungen zu erkennen und die Reformbemühungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Wünschenswert wäre es, auf der Grundlage dieser Mitteilung 2004 eine Einigung über die "gemeinsamen Ziele" zu erreichen. Die Mitgliedstaaten, darunter auch die neue beigetretenen Staaten, sollten vor dem nächsten "Frühjahrsgipfel" im März 2005 "Länderberichte" über die gegenwärtigen Herausforderungen, vor dem ihr System auf nationaler Ebene steht, die laufenden Reformen und mittelfristigen politischen Orientierungen vorlegen. Diese Berichte sollten statistische Daten enthalten und gegebenenfalls bezifferte Zielsetzungen. Sie sollten in diesem Vorstadium knapp gefasst sein.

Anschließend sollen sie von der Kommission analysiert werden, damit diese die Standpunkte und Beiträge der Mitgliedstaaten bei der Festlegung der "gemeinsamen Ziele" des "gestrafften" Sozialschutzprozesses berücksichtigen kann. Aus dieser "Straffung" wird 2006 eine erste Reihe "Entwicklungs- und Reformstrategien" für die Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege im Zeitraum 2006-2009 hervorgehen.

Die Ergebnisse aus der Prüfung dieser Strategien würden dann im gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung 2007 präsentiert.

Angesichts der vielfältigen Themen und Implikationen, auf die sich die "gemeinsamen Ziele" erstrecken, sollten der Ausschuss für Sozialschutz und die anderen zuständigen Gremien (Beschäftigungsausschuss, Ausschuss für Wirtschaftspolitik, künftige " Hochrangige Gruppe für das Gesundheitswesen und die medizinischen Versorgung", die parallel von der Kommission geschafft wird) eine enge Zusammenarbeit einführen, unter anderem mit Ausarbeitung eines Arbeitsprogramms, aus dem hervorgeht, welches Gremium für welche Themen zuständig ist.

Im Zusammenhang mit den Indikatoren wird die Kommission vorschlagen, ab 2004 mögliche Indikatoren für diese Ziele zu identifizieren und die "Länderberichte" vom Frühjahr 2004 werden einzelstaatlichen Daten dazu beitragen. Auf diese Weise wird sich eine erste Vergleichstabelle der verschiedenen einzelstaatlichen Ausgangssituationen aufstellen und deren Fortschritt in Bezug auf die verkündeten Ziele messen lassen. Ausgangspunkt für diese Arbeit sollten die seit mehreren Jahren im Rahmen des Aktionsprogramms für Gesundheitsüberwachung23, später des Aktionsprogramms für Gesundheit sein, durchgeführten Aktionen zur Erarbeitung eines Prototyps des künftigen gemeinschaftlichen Gesundheitsüberwachungssystems sein. Weiteres Ausgangsmaterial werden die Arbeiten von Eurostat auf dem Gebiet der Gesundheitsstatistik bieten. Darüber hinaus ist auch eine Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie OECD und WHO erforderlich.