Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305416 - vom 25. April 2006.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 15. März 2006 angenommen.
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Sozialschutz und sozialer Eingliederung (2005/2097(INI))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission mit dem Titel "Entwurf des gemeinsamen Berichts über Sozialschutz und soziale Eingliederung" (KOM (2005) 0014),
- - unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen mit dem Titel "Anhang zum Entwurf des gemeinsamen Berichts über Sozialschutz und soziale Eingliederung" (SEK(2005)0069),
- - unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zur sozialen Eingliederung in den neuen Mitgliedstaaten: Eine Synthese der gemeinsamen Memoranden zur sozialen Eingliederung (SEK(2004)0848),
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Brüssel vom 22. und 23 März 2005,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2005 zur Halbzeitüberprüfung der Lissabon-Strategie1,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Santa Maria da Feira vom 19. und 20. Juni 2000, insbesondere der Vereinbarung, dass Indikatoren als gemeinsame Bezugswerte bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Beseitigung der Armut festgelegt werden sollten,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission zur sozialpolitischen Agenda (KOM (2005) 0033),
- - unter Hinweis auf die Entscheidung 2005/600/EG des Rates vom 12. Juli 2005 über Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten2,
- - unter Hinweis auf den Beschluss Nr. 50/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Dezember 2001 zur Einführung eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung der Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung3,
- - unter Hinweis auf Artikel 27 Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention, wonach die vertragschließenden Staaten das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard anerkennen,
- - unter Hinweis auf Artikel 27 Absatz 2 und Absatz 3 der UN-Kinderrechtskonvention, worin die vorrangige Verantwortung der Eltern in diesem Punkt hervorgehoben wird, während den Regierungen die Rolle zufällt, geeignete Maßnahmen zu treffen, um den Eltern und anderen für das Kind verantwortlichen Personen bei der Verwirklichung dieses Rechts zu helfen, und bei Bedürftigkeit materielle Hilfs- und Unterstützungsprogramme insbesondere im Hinblick auf Ernährung, Bekleidung und Wohnung vorzusehen,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz (KOM (2003) 0261),
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Modernisierung des Sozialschutzes für die Entwicklung einer hochwertigen, zugänglichen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege: Unterstützung der einzelstaatlichen Strategien durch die "offene Koordinierungsmethode" (KOM (2004) 0304),
- - unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission mit dem Titel "Angesichts des demografischen Wandels - eine neue Solidarität zwischen den Generationen" (KOM (2005) 0094),
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 11. Juni 2002 zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Entwurf zum Gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung4,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. Juni 2003 zur Anwendung der offenen Methode der Koordinierung5,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. September 2003 zu dem Gemeinsamen Bericht der Kommission und des Rates über angemessene und nachhaltige Renten6,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 28. April 2005 zur Modernisierung des Sozialschutzes und zur Entwicklung einer hochwertigen Gesundheitsversorgung7,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. Mai 2005 zu der sozialpolitischen Agenda für den Zeitraum 2006-20108,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. Juni 2005 zu der sozialen Eingliederung in den neuen Mitgliedstaaten9,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6-0028/2006),
A. in der Erwägung, dass auf der Tagung des Europäischen Rates von Lissabon im März 2000 ein neues strategisches Ziel der Europäischen Union festgelegt wurde, in dessen Rahmen langfristiges Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung, sozialer Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung in einer wissensbasierten Gesellschaft, die auf Knowhow und Innovation beruht, erreicht werden sollen; in der Erwägung, dass die Ziele der Strategie nach fünf Jahren bei weitem noch nicht erreicht sind,
B. in der Erwägung, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Tagung des Europäischen Rates von Nizza im Jahr 2000 vorgenommen haben, bis zum Jahr 2010 eine deutliche und messbare Verringerung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu erreichen,
C. in der Erwägung, dass soziale Eingliederung zur Menschenwürde als einem Grundrecht gehört
D. in der Erwägung, dass soziale Eingliederung unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar und auf wirksame Art und Weise zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung beitragen kann,
E. in der Erwägung, dass soziale Eingliederung eine Frage des sozialen Zusammenhalts ist ein Grundwert der Europäischen Union und ein Instrument zur Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung, d.h. dass sie es ermöglicht, die Verschwendung menschlicher Ressourcen und die gravierenden Folgen des demografischen Wandels zu bekämpfen,
F. in der Erwägung, dass statistischen Angaben der OECD zufolge der Altersdurchschnitt der Bevölkerung der dieser Organisation angehörenden Staaten steigt - gegenwärtig entfallen auf 100 Beschäftigte 38 Rentner - und sich dieses Verhältnis bei einer unveränderten Beschäftigungspolitik noch verschlechtern könnte, sodass dann bis zu 70 Rentner auf 100 Beschäftigte entfallen würden,
G. in der Erwägung, dass die Modernisierung des Sozialschutzes nicht nur bedeuten sollte, die finanzielle Tragbarkeit zu gewährleisten, sondern vielmehr, die von den einzelnen Menschen nicht allein zu meisternden Risiken gemeinsam zu tragen und das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung zu fördern, um sie nachhaltig zu machen,
H. unter erneutem Hinweis darauf, dass der Sozialschutz auf der Grundlage der Universalität, der Gleichheit und der Solidarität ein grundlegendes Element des europäischen Sozialmodells bildet,
Allgemeines
- 1. begrüßt den oben genannten ersten gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung auf der Ebene von 25 Mitgliedstaaten, der sich mit den Fortschritten befasst die von den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung der vom Europäischen Rat von Lissabon vereinbarten Ziele erreicht wurden; stellt fest, dass gemäß dem Bericht wichtige Erfolge bei der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und der Beseitigung der Armut bis 2010 erzielt und die Mitgliedstaaten außerdem bei der Reform ihrer sozialen Sicherungssysteme unterstützt werden sollen, um deren Fähigkeit zur Erbringung hochwertiger Dienstleistungen und ihre Angemessenheit und Nachhaltigkeit auch in Zukunft sicherzustellen;
- 2. stellt fest, dass die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in dem gemeinsamen Bericht nach wie vor als größte Herausforderung für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten bezeichnet wird, da die anhand des Einkommens ermittelten Zahlen zu Armut und sozialer Ausgrenzung in der gesamten Union signifikant hoch sind und belegen, dass mehr als 68 Millionen Menschen oder 15 Prozent der EU-Bevölkerung dem Armutsrisiko ausgesetzt sind;
- 3. stellt fest, dass trotz der erheblichen strukturellen Verbesserungen, die in den letzten zehn Jahren auf den EU-Arbeitsmärkten erreicht wurden, Beschäftigungsniveau und Erwerbsbeteiligungsquote nach wie vor unzureichend sind und die Arbeitslosigkeit in einer Reihe von Mitgliedstaaten weiterhin hohe Werte erreicht, vor allem bei bestimmten Gruppen wie jungen Menschen, älteren Arbeitskräften, Frauen und besonders benachteiligten Personen; stellt außerdem fest, dass die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt außer einer nationalen Dimension auch eine lokale oder regionale Dimension besitzt;
- 4. weist darauf hin, dass der jüngste Wirtschaftsabschwung, mit dem ein Anstieg der Arbeitslosigkeit und eine Abnahme der Beschäftigungsmöglichkeiten einherging, mehr Menschen dem Risiko von Armut und sozialer Ausgrenzung aussetzt und die Position des bereits benachteiligten Personenkreises zusätzlich schwächt; dies gilt vor allem für einige Mitgliedstaaten, die von Langzeitarbeitslosigkeit oder Nichterwerbstätigkeit betroffen sind;
- 5. betont, dass Erwerbstätigkeit als wirksamster Schutz gegen Armut gesehen werden muss und dass daher der finanzielle Vorteil einer Erwerbstätigkeit durch Anreizmaßnahmen zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit und die Festlegung qualitativer Ziele für die angebotenen Stellen aufrechterhalten werden muss;
Soziale Eingliederung
- 6. ist in dieser Hinsicht der Auffassung, dass Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung unterstützt und ausgedehnt werden müssen, um die Lage der am stärksten von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen, wie Gelegenheitsarbeitern, Arbeitslosen, meist von Frauen geführte Einelternhaushalte, älteren Alleinlebenden, Frauen, Familien mit mehreren unterhaltsberechtigten Personen, benachteiligten Kinder sowie ethnischen Minderheiten, kranken oder behinderten Menschen, Wohnungslosen, Opfern von Menschenhandel sowie Opfern von Drogen- und Alkoholabhängigkeit zu verbessern
- 7. hält es für entscheidend, anzuerkennen, dass benachteiligte Menschen, darunter Behinderte, Angehörige ethnischer Minderheiten und Menschen mit Migrationshintergrund, große Schwierigkeiten haben, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden oder ihren Platz dort zu behalten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Eingliederung von benachteiligten Menschen zu unterstützen, um soziale Ausgrenzung zu vermeiden bzw. zu bekämpfen, die Ausbildung voranzutreiben und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Fortbildung und beruflichen Aufstieg, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sowie das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zur Gesundheitsversorgung und auf eine angemessene Unterkunft zu fördern und die Nachhaltigkeit der Sozialschutzsysteme sicherzustellen; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mehr vergleichbare Daten erforderlich sind;
- 8. betont, dass die Bekämpfung von Nachteilen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Verbesserung der Qualifizierung der Arbeitskräfte - ungeachtet ihres Alters und Geschlechts sowie der Zugehörigkeit zu einer ethnischen und nationalen Minderheiten - wichtige Instrumente sind, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen hebt ferner hervor, dass es besonders wichtig ist, sich mit diesen Ungleichheiten auseinandersetzen, um die Ziele von Lissabon im Hinblick auf Beschäftigung, Arbeitsplatzqualität und soziale Eingliederung zu erreichen;
- 9. betont in diesem Zusammenhang, dass es im Falle der Roma-Minderheit erstrebenswert ist, jeden erdenklichen Anreiz zu schaffen, um das Interesse der Mitglieder dieser Minderheit für die weitere Ausbildung ihrer Kinder und die Entfaltung der positiven Eigenschaften und Fähigkeiten ihrer Kinder zu wecken;
- 10. fordert die Mitgliedstaaten auf, bewährte Verfahren auszutauschen, um das frühzeitige Verlassen der Bildungssysteme zu verhindern, das Bildungsniveau - insbesondere in Sprachen und neuen Technologien - zu erhöhen, den Übergang von der Schule ins Erwerbsleben zu erleichtern, den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung für benachteiligte Gruppen zu erhöhen, wobei auch weniger qualifizierte und ältere Arbeitnehmer einzubeziehen sind und das Fundament für den Zugang aller zum lebenslangen Lernen gelegt werden muss; hebt hervor, dass diese Strategien alle beteiligten Parteien, einschließlich der Sozialpartner, aber auch die Zivilgesellschaft und die Bildungsanbieter einbinden sollten, wobei jedoch dem Staat eine wesentliche Rolle dabei zukommt, ein staatliches und hochwertiges Schulwesen zu gewährleisten;
- 11. empfiehlt den Mitgliedstaaten, um die Ausgrenzung von Personen, die über 50 Jahre alt sind zu verringern und deren Verbleib auf dem Arbeitsmarkt zu erleichtern, der Gefahr eines Ausschlusses aus der Arbeitswelt durch Erweiterung des Zugangs zu lebenslangem Lernen vorzubeugen;
- 12. ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass eine stärkere Einbindung der Arbeitgeber in den Prozess des lebenslangen Lernens in Anbetracht der Tatsache, dass qualifizierte Arbeitskräfte einen Vorteil für den Arbeitgeber darstellen, selbstverständlich sein sollte;
- 13. weist jedoch darauf hin, dass in bestimmten Fällen weder ein ausreichendes Bildungsniveau noch wiederholte Umschulungen eine Garantie für den Erhalt eines Arbeitsplatzes sind; betont daher die Notwendigkeit, gemeinnützige öffentliche Dienstleistungen stärker zu nutzen;
- 14. hebt hervor, dass in den Neunziger Jahren die Kinderarmut in 14 der 17 Mitgliedstaaten, für die Daten vorliegen10, zugenommen hat; macht darauf aufmerksam dass anhaltende Kinderarmut hauptsächlich Einelternfamilien betrifft, Familien mit drei oder mehr unterhaltsberechtigten Kindern, Zuwanderer, Angehörige ethnischer Minderheiten sowie Familien mit arbeitslosen oder unterbeschäftigten Eltern; betont, dass sowohl auf nationaler wie auf EU-Ebene besondere Anstrengungen unternommen werden sollten, um zu verhindern, dass sich Armut von einer Generation auf die nächste vererbt, und dass einschlägige Bemühungen angemessen finanziell auszustatten sind (wie z.B. durch verstärkte Verwendung der Strukturfonds, insbesondere des Europäischen Sozialfonds); betont, dass bei den Indikatoren die Perspektive der Kinder und der allein lebenden Personen zu berücksichtigen ist, obwohl die Kinderarmut bekanntlich nicht verringert werden kann, ohne die Armut der Familien zu verringern und den Zugang aller zu hochwertigen öffentlichen Dienstleistungen zu gewährleisten;
- 15. weist auf die Tatsache hin, dass nach Angaben von Eurostat ein Drittel der Kinder in der Europäischen Union außerehelich geboren wird und sich diese Zahl von Jahr zu Jahr erhöht; ist der Auffassung, dass diese Entwicklung zeigt, dass es notwendig ist, nach einem wirksamen Mechanismus zu suchen, der das Funktionieren der unterschiedlichen Typen von Familie als Institution unterstützt;
- 16. ist der Auffassung, dass die für Kinder und Kinderbetreuung zuständigen sozialen Dienste eine wichtige Vorbedingung für die Verhütung und Verringerung von Kinderarmut und sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung sind, da sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern; betont die Notwendigkeit, allen Kindern einen einfachen und gleichberechtigten Zugang zur Bildung zu garantieren; erkennt die wichtige Rolle von Privatpersonen an, um diese Art von Dienstleistungen zu erbringen;
- 17. fordert die Kommission auf, ein Grünbuch zur Kinderarmut vorzulegen, in dem klare Ziele und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Kinderarmut und Schritte für die soziale Eingliederung armer Kinder formuliert werden;
- 18. ersucht die Kommission, ihre Arbeiten zur Einführung eines "Paktes für die Kinder" zu beschleunigen mit dem Ziel, Fortschritte in Bezug auf die Förderung der Rechte des Kindes im Rahmen der Innen- und Außenpolitik der Europäischen Union zu erreichen;
- 19. weist auf die Bedürfnisse junger Menschen hin, die Schwierigkeiten mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Eingliederung haben beim Übergang von der Ausbildung zur Arbeitswelt und stärker als andere Gefahr laufen, Opfer der sozialen Ausgrenzung zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, zu gewährleisten, dass als eigenständige Priorität spezielle Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit getroffen werden und zwar in Form spezieller politischer Maßnahmen und Ausbildungsangebote, indem unter anderem zu Eigeninitiative und der Entwicklung von Unternehmergeist ermutigt wird;
- 20. ersucht die Mitgliedstaaten, umfassende Strategien zur Förderung der wirtschaftlichen, sozialen kulturellen und ökologischen Entwicklung der entlegenen und unterentwickelten Inselregionen bzw. städtischen und ländlichen Regionen zu entwickeln um die Probleme von Ausgrenzung und Armut zu bewältigen und zu verhindern dass diese von Generation zu Generation weitergegeben werden;
- 21. betont die Notwendigkeit, Frauen stärker in die Beschäftigung einzubeziehen, indem die Hindernisse für den Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt beseitigt und insbesondere ältere Frauen ermutigt werden, länger erwerbstätig zu bleiben;
- 22. empfiehlt den Mitgliedstaaten, eine Politik des Wachstums und der Frauenerwerbstätigkeit durch die Erleichterung des Zugangs von Frauen zu qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und die Förderung der Gleichbehandlung im Bereich des Arbeitsentgelts zu unterstützen;
- 23. betont, dass die Steigerung der Frauenerwerbstätigkeit nicht nur als notwendiger Schutz gegen das Armutsrisiko, dem vor allem Frauen ausgesetzt sind, sondern auch als Mittel zur Aufrechterhaltung des durch die Überalterung der Bevölkerung bedrohten Gleichgewichts zwischen der Zahl der Erwerbstätigen und der Nichterwerbstätigen gesehen werden muss;
- 24. fordert die Mitgliedstaaten daher auf, ihre Aufmerksamkeit auf die Beseitigung der Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt zu konzentrieren, wie geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, atypische Arbeitsverhältnisse, Geschlechtertrennung nach Branchen und Berufen, das Lohngefälle und den unterschiedlichen Status von Männern und Frauen sowie die beschränkte Mitwirkung von Frauen in Führungspositionen; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten persönliche Entscheidungen betreffend die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und den Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen Betreuungsangeboten für Kinder und andere Anspruchsberechtigte auf diese Weise erleichtern sollten; ist außerdem der Ansicht, dass es sicherzustellen gilt, dass bei allen Maßnahmen und Programmen der Geschlechteraspekt berücksichtigt wird;
- 25. ersucht die Mitgliedstaaten ferner, Maßnahmen in dem Sinne zu ergreifen, dass sich Unterbrechungen der Berufstätigkeit wegen Mutterschafts- oder Elternurlaub nicht länger nachteilig auf die Berechnung der Rentenansprüche von Frauen auswirken;
- 26. fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihrem Kampf gegen die hohen Ausgrenzungsrisiken für ethnische Minderheiten und Migranten neben allgemeinen Maßnahmen auch Sensibilisierungsmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um diese Zielgruppen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, die effektive Anwendung der Rechtsvorschriften gegen Menschenhandel und der Antidiskriminierungsvorschriften zu verstärken und die soziale Eingliederung der Betroffenen durch spezifische Bestimmungen und umfassende Programme für spezielle Bildungsangebote zu erleichtern und für menschenwürdige Lebens- und Wohnbedingungen zu sorgen, da dies eine Vorbedingung für die soziale Eingliederung darstellt;
- 27. fordert die Kommission auf, Vorschläge vorzulegen, mit denen geeignete gesetzliche Grundlagen geschaffen werden sollen, um die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und die Chancengleichheit und vollständige Beteiligung dieser Menschen am Arbeitsmarkt, an der Gesellschaft und der Politik zu fördern, insbesondere einen Vorschlag für eine Richtlinie auf der Grundlage von Artikel 13 des EG-Vertrags für die noch nicht abgedeckten Bereiche;
- 28. betont die Notwendigkeit, die Wohnsituation, insbesondere die Zugänglichkeit, für die benachteiligten Gruppen zu verbessern, die besonders von Armut betroffen sind, wie benachteiligte Menschen oder ältere Personen, die nicht für sich selbst sorgen können; fordert den Wohnungslosen mehr Aufmerksamkeit zu widmen, insbesondere mittels Betreuungsangeboten, der Vermittlung von Kernqualifikationen und der Förderung ihrer sozialen Integration, was staatliche Maßnahmen, vor allem in Bezug auf Wohnung, Gesundheit und Bildung erfordert, um sicherzustellen, dass diese Menschen Zugang zu diesen Angeboten haben;
- 29. ist in diesem Zusammenhang ferner der Auffassung, dass die gesamte europäische Gesellschaft permanent, und dies ab der Grundschule, solche Kernqualifikationen erlernen sollte, deren Vermittlung nicht nur auf die Förderung der Fähigkeit ausgerichtet ist, für sich selbst zu sorgen, sondern auch Solidarität gegenüber benachteiligten Personenkreisen lehrt;
- 30. unterstützt uneingeschränkt die Absicht der Kommission, 2007 zum Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle zu erklären; ist der Ansicht, dass dies dazu beitragen sollte die Bedeutung dieses Themas hervorzuheben, den EU-weit erreichten Fortschritt zu bewerten und den Rahmen für weitere politische Maßnahmen und Initiativen zu schaffen um die Antidiskriminierungsvorschriften der Europäischen Union in den Vordergrund zu rücken, die sich gegen mittelbare und unmittelbare Diskriminierung wenden und die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen einzubeziehen
- 31. begrüßt die Erkenntnis, dass die sozial am stärksten benachteiligten Personen im Allgemeinen den ungünstigsten sozioökologischen Bedingungen ausgesetzt sind und dass dies bei der Behandlung der sozialen Ausgrenzung gebührend berücksichtigt werden sollte;
- 32. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu verklagen, die die auf Artikel 13 des EG-Vertrags basierenden Antidiskriminierungsrichtlinien nicht anwenden oder nicht fristgerecht umgesetzt haben;
- 33. bekräftigt die Notwendigkeit einer verbesserten harmonisierten Datenerfassung und der Entwicklung gemeinsamer Indikatoren, die den Alters- und Geschlechtsunterschieden Rechnung tragen, da diese Indikatoren eine wichtige Rolle bei der Überwachung und Bewertung von Maßnahmen gegen Armut und soziale Ausgrenzung spielen;
- 34. ist der Auffassung, dass das Thema soziale Eingliederung durchgängige Berücksichtigung bei der Politikgestaltung finden sollte, und zwar durch systematische vorherige wie nachherige Bewertung auf nationaler wie auf EU-Ebene;
- 35. betont, dass der Prozess der sozialen Eingliederung auch tatsächlich die Hauptakteure auf lokaler bzw. regionaler Ebene einbeziehen sollte, so die für die soziale Eingliederung zuständigen örtlichen Behörden, die Sozialpartner, die Nichtregierungsorganisationen und die Menschen, die Armut und soziale Ausgrenzung erleben
- 36. unterstützt die Absicht der Kommission, der Aufgabe der Armutsbekämpfung besondere Aufmerksamkeit zu widmen durch Organisation des Europäischen Jahres der Bekämpfung von Ausgrenzung und Armut;
Sozialschutz
- 37. vertritt die Auffassung, dass der rasche Wandel im Zuge der Globalisierung und die breite Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien die Bedrohung durch soziale Risiken erhöht und wirksame soziale Schutzmaßnahmen erfordert, um das Recht aller auf Sozialschutz zu garantieren;
- 38. weist darauf hin, dass Sozialversicherungs- und Sozialleistungssysteme oft nur langsam auf flexiblere Formen von Beschäftigung und Selbständigkeit reagieren und keine angemessene Unterstützung bieten und dass sich dies als ein Hindernis für Personen erweisen kann, die eine Beschäftigung aufnehmen; ist daher der Auffassung, dass dies bei der Modernisierung der Systeme berücksichtigt werden sollte;
- 39. vertritt die Auffassung, dass die gegenwärtigen demografischen Trends - alternde Erwerbstätigenbevölkerung und Abnahme der Erwerbsbevölkerung - mittel- und längerfristig eine Herausforderung für die finanzielle Nachhaltigkeit der Sozialschutzsysteme darstellen;
- 40. verweist in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit, die Entwicklung und Verwirklichung umfassender Strategien des Alterns zu fördern, um Beschäftigte in die Lage zu versetzen, länger erwerbstätig zu bleiben, und Arbeitgeber zu ermuntern, ältere Arbeitskräfte einzustellen bzw. weiterzubeschäftigen;
- 41. fordert die Kommission dringend auf, Vorschläge zu unterbreiten, um einen geeigneten Rechtsrahmen auszuarbeiten, um die Diskriminierung von Personen aufgrund des Alters zu beseitigen;
- 42. ist diesbezüglich der Ansicht, dass dem Europäischen Sozialfonds bei der Eingliederung und Wiedereingliederung älterer Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt und, allgemeiner gesagt, bei der sozialen Eingliederung von Schutzbedürftigen und bzw. oder sozial ausgeschlossenen Gruppen eine wichtige Rolle zukommen kann;
- 43. vertritt die Auffassung, dass mit Blick auf die finanzielle Nachhaltigkeit der Altersversorgungssysteme Wirtschaftswachstum und eine hinlängliche Produktivität ebenso notwendig sind wie hohe Beschäftigungsquoten und die aktive Förderung des lebenslangen Lernens, der Qualität der Arbeit und einer gesunden und sicheren Arbeitsumgebung;
- 44. empfiehlt, dass die Rentensysteme nicht nur ein breites Angebot verschiedener Sozial- und Zusatzversicherungen (gesetzlich oder privat) beinhalten, sondern auch ein Höchstmaß an sozialer Gerechtigkeit im Bereich der Renten gewährleisten;
- 45. ist der Ansicht, dass es gilt, bei Reformen der staatlichen Altersversorgungssysteme einen Anstieg der steuerlichen Gesamtbelastung des Faktors Arbeit zu vermeiden, um negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu verhindern; gleichzeitig gilt es jedoch das Verhältnis zwischen Steuern auf Arbeit und Steuern auf andere Einnahmequellen ausgewogen zu gestalten;
- 46. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre administrativen und institutionellen Kapazitäten zu erhöhen was auch die Verbesserung der Chancengleichheit beim Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen einschließt, insbesondere auf dem Gebiet der Gesundheit und der Langzeitpflege, der sozialen Sicherheit und der sozialen Dienste, einschließlich Beratung in Bezug auf soziale Rechte, spezielle Angebote für Kinder, Transport- bzw. Mobilitätsdienste, Wiedereingliederungsmöglichkeiten mit dem Schwerpunkt Integration in den Arbeitsmarkt sowie Berufsbildungsangebote;
- 47. erwartet das Dokument der Kommission über Mindesteinkommen als potenziell nützlichen Beitrag zu der Debatte über soziale Eingliederung und sozialen Schutz;
- 48. begrüßt den Beschluss des Rates zur Anwendung der offenen Koordinierungsmethode im Bereich Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege; weist darauf hin, dass die Organisation und das Erbringen von Diensten und der Gesundheitspflege zur Zuständigkeit der Mitgliedstaaten gehört und auch weiterhin gehören sollte; bekräftigt seine Zustimmung für die drei grundsätzlichen Ziele der Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege: allgemeiner Zugang unabhängig von Einkommen oder Vermögen, hochwertige Qualität und langfristige Finanzierbarkeit;
- 49. betont, dass besondere Aufmerksamkeit Personen gelten muss, die langfristiger oder kostspieliger Pflege bedürfen, sowie solchen, die besondere Schwierigkeiten mit dem Zugang zur Pflege haben; betont, dass Gesundheitssysteme, um die Gesundheit zu fördern und zu schützen, nicht nur das Versicherungs-, sondern auch das Solidaritätsprinzip berücksichtigen müssen;
- 50. ist der Auffassung, dass auch diejenigen sozialen Dienste verstärkt werden müssen, die für die Betreuung von abhängigen Personen notwendig sind, d.h. von Menschen, die nicht in der Lage sind, elementare Handlungen des täglichen Lebens selbst auszuführen
- 51. stellt fest, dass staatliche Altersversorgungssysteme zwar auch weiterhin einen großen Anteil am Rentnereinkommen ausmachen sollen, die private Vorsorge mittels betrieblicher oder privater Modelle jedoch eine ergänzende Rolle beim Erwerb zusätzlicher Rentenansprüche spielen kann;
- 52. betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, für die Koordinierung verständlicher Informations- und Überwachungssysteme zu sorgen, die aufzeigen, welche Folgen sich für das Einkommen und den Lebensstandard ergeben;
- 53. betont die Bedeutung einer kontinuierlichen Bewertung der Effizienz von Pensionssystemen im Hinblick auf finanzielle Nachhaltigkeit und die Erreichung sozialer Ziele;
- 54. fordert den Europäischen Rat auf, zur Straffung und Vereinfachung der offenen Koordinierungsmethode auf dem Frühjahrsgipfel 2006 einen integrierten Rahmen in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung zu beschließen und eine einheitliche Liste gemeinsamer Ziele in den Bereichen soziale Eingliederung, Renten, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege anzunehmen;
- 55. sieht in der Schaffung eines integrierten Rahmens und einer Straffung der Koordinierung in den Bereichen Sozialschutz und soziale Eingliederung die Möglichkeit, im Rahmen des Lissabon-Prozesses die eigenständige sozioökonomische Bedeutung der sozialen Dimension des Sozialschutzes gegenüber den wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungen zu stärken;
- 56. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, im Rahmen der offenen Methode im Bereich Sozialschutz und soziale Eingliederung künftig verstärkt auch Fragen der Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu behandeln, wobei besonderes Augenmerk auf den Zugang zur Kinderbetreuung, die Einkommenssituation von Familien und die Beschäftigungsraten von Müttern zu legen ist;
- 57. fordert die Mitgliedstaaten auf, das Potenzial der offenen Koordinierungsmethode als Instrument der Politikgestaltung in den Bereichen Beschäftigung, Sozialschutz, soziale Eingliederung, Altersversorgung und Gesundheit optimal zu nutzen;
- 58. fordert die Mitgliedstaaten - besonders die neuen Mitgliedstaaten - auf, ihre Altersversorgungssysteme zu revidieren und dabei der wesentlich kürzeren mittleren Lebenserwartung von Männern und den erheblichen Unterschieden beim Arbeitsentgelt von Männern und Frauen Rechnung zu tragen, die sich in der Höhe der Renten von verwitweten Rentnerinnen und Rentnern niederschlagen, sodass diese häufig unterhalb der Armutsgrenze leben müssen;
- 59. betont, dass die Weiterentwicklung und Bewahrung der sozialen Sicherungssysteme in engem Zusammenhang mit den Lissabon-Zielen steht und einen wichtigen Beitrag zu mehr Beschäftigung und Wachstum, zu größerer Solidarität und zur besseren sozialen Eingliederung leisten kann;
- 60. bekräftigt seine Überzeugung, dass seine Rolle bei der Anwendung der offenen Koordinierungsmethode - in seiner Eigenschaft als das Organ, das die Bürger Europas direkt vertritt - geklärt und verstärkt werden muss, damit der Prozess demokratische Legitimität erhält;
- 61. fordert den Rat und die Kommission auf, Verhandlungen mit dem Parlament über eine interinstitutionelle Vereinbarung aufzunehmen, in der die Regeln für die Auswahl der Politikbereiche festgelegt werden, in denen die offene Koordinierungsmethode zur Anwendung kommt, und eine kohärente Anwendung der Methode mit der uneingeschränkten und gleichberechtigten Mitwirkung des Europäischen Parlaments vorgesehen wird;
- 62. unterstreicht, dass eine derartige interinstitutionelle Vereinbarung Regeln für die Mitwirkung des Parlaments an der Aufstellung von Zielvorgaben und Indikatoren sowie den Zugang zu Dokumenten, die Teilnahme an Sitzungen, die Beobachtung und Überprüfung der Fortschritte, die Information über Berichte und bewährte Verfahren sowie ein Verfahren für die Weiterentwicklung der offenen Koordinierungsmethode zur Gemeinschaftsmethode beinhalten muss;
- 63. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss für Sozialschutz, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Beitrittsländern und den Kandidatenländern zu übermitteln.
1 ABl. C 320 E vom 15.12.2005, S. 164.
2 ABl. L 205 vom 6.8.2005, S. 21.
3 ABl. L 10 vom 12.1.2002, S.1.
4 ABl. C 261 E vom 30.10.2003, S. 136.
5 ABl. C 68 E vom 18.3.2004, S. 604.
6 ABl. C 77 E vom 26.3.2004, S. 251.
7 ABl. C 45 E vom 23.2.2006, S. 134.
8 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0210.
9 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0244.
10 UNICEF Report Card Nr. 6 Child Poverty in Rich Countries 2005.