Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 313355 - vom 22. August 2007.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 12. Juli 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf Artikel 152 des EG-Vertrags,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz anlässlich seiner Sitzung vom 1.und 2. Juni 20041,
- - in Kenntnis des Vorschlags der Kommission für ein Aktionsprogramm im Bereich der öffentlichen Gesundheit 2007-2013 (KOM (2006) 0234),
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Dezember 2005 zum Gesetzgebungs- und Arbeitsprogramm der Kommission für 20062,
- - in Kenntnis der "Europäischen Strategie zur Vorbeugung und Bekämpfung nicht übertragbarer Krankheiten" der Weltgesundheitsorganisation3,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen und strategischen Ziele in Bezug auf Frauen und Gesundheit der Pekinger Erklärung und Aktionsplattform, die auf der Vierten Weltfrauenkonferenz der Vereinten Nationen am 15. September 1995 angenommen wurden,
- - in Kenntnis der europäischen Leitlinien zur Verhütung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen4,
- - unter Hinweis auf die von der Konferenz über Herzgesundheit, die am 28. und 29. Juni 2005 in Luxemburg stattfand, angenommenen Erklärung5,
- - unter Hinweis auf die Konferenz "Women"s Health at Heart", die am 7. März 2006 in Brüssel stattfand6,
- - unter Hinweis auf die Europäische Charta für Herzgesundheit vom Juni 20077,
- - in Kenntnis der Initiative des finnischen Ratsvorsitzes zur Einbeziehung von Gesundheitsaspekten in alle Politikbereiche8,
- - in Kenntnis des Siebten Forschungsrahmenprogramms (2007-2013)9,
- - gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass laut der europäischen Statistik über Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus dem Jahr 2005 1,9 Mio. Frauen und Männer in der Europäischen Union jährlich an Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben und diese somit die weitaus größte Todesursache sind; in der Erwägung, dass sich Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf Frauen und Männer unterschiedlich auswirken; in der Erwägung, dass die Wahrscheinlichkeit, an einem Schlaganfall oder einem Herzinfarkt zu sterben, für Frauen größer ist als für Männer, sowie in der Erwägung, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen oft nicht richtig diagnostiziert und behandelt werden10,
B. in der Erwägung, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit 42 % fast die Hälfte aller Todesfälle in der Europäischen Union verursachen11,
C. in der Erwägung, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit 18 % die zweithäufigste Ursache von krankheitsbedingten Belastungen (Krankheit und Tod) in der Europäischen Union sind12,
D. in der Erwägung, dass sich die Gesamtkosten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Europäischen Union auf 169 Mrd. Euro belaufen, wobei 105 Mrd. Euro auf die Behandlung dieser Krankheiten in der Europäischen Union entfallen und der Produktivitätsverlust und die Kosten der informellen Pflege mit 64 Mrd. Euro zu Buche schlagen13,
E. in der Erwägung, dass Gesundheit ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit oder Gebrechen ist,
F. in der Erwägung, dass der Wandel der demographischen Struktur der Europäischen Union eine Verlängerung des Arbeitslebens erfordert und dass Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen insofern negative Auswirkungen haben, als sie zu einer Schwächung der Arbeitskräfte führen14,
G. in der Erwägung, dass den Indikatoren des OECD-Berichts von 0515 zufolge nur etwa drei Prozent der derzeitigen Gesundheitsausgaben für Prävention und Programme zur Förderung der öffentlichen Gesundheit aufgewendet werden,
H. in der Erwägung, dass die wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekanntlich in Zusammenhang mit dem Konsum von Tabak und Alkohol, einem übermäßig hohem Bauchfettanteil, der zu Stoffwechselstörungen führen kann, einem hohen Gehalt an Glukose, Fett und Cholesterin im Blut sowie einem hohen Blutdruck stehen,
I. in der Erwägung, dass die Mehrzahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch eine veränderte Lebensführung sowie bei stark gefährdeten Personen durch Früherkennung und eine richtige Diagnostizierung verhindert werden kann,
J. in der Erwägung, dass es laut WHO am kostengünstigsten ist, die Risiken in der Gesamtbevölkerung durch bevölkerungsweite Aktionen zu senken, bei denen wirksame Maßnahmen mit einer breit angelegten Gesundheitsförderung kombiniert werden16,
K. in der Erwägung, dass es keine nennenswerte europäische Strategie zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt,
L. in der Erwägung, dass in den Schlussfolgerungen der Konferenz "Women"s Health at Heart" vom März 2006 an den Rat die Forderung erging, auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission eine Empfehlung in Bezug auf eine greifbare EU-weite Strategie zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verabschieden, die u. a. die Förderung der Gesundheit des Herz- Kreislaufsystems, Mechanismen zur Unterstützung der Strategien und Maßnahmen der Mitgliedstaaten, Leitlinien für die Risikoabschätzung, optimale Präventionsmethoden, Behandlung, Rehabilitation und Vorsorgeuntersuchungen sowie die Ausbildung von Ärzten durch Ärzte umfasst,
M. in der Erwägung, dass es bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt, was ihre Verbreitung, die Vorbeugung und die medizinische Versorgung angeht, und dass es Sache der EU ist, diese Ungleichheiten zu bekämpfen und die Lücken zu schließen,
N. in der Erwägung, dass das Geschlecht ein wesentlicher Faktor bei der Entstehung, Diagnose und Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Vorbeugung dagegen ist; in der Erwägung, dass der Geschlechtszugehörigkeit im Gesundheitssektor nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird, was sich negativ auf die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen auswirkt,
O. unter Hinweis darauf, dass es die Kommission in seiner oben genannten Entschließung vom 15. Dezember 2005 aufgefordert hat, eine sorgfältige Nachbearbeitung ihrer Mitteilungen über den Kampf gegen Adipositas, Herzkrankheiten, Diabetes, Krebs, Geisteskrankheiten und HIV/AIDS zu gewährleisten,
P. in der Erwägung, dass die Bekämpfung anderer stark verbreiteter Krankheiten 2006 in überwältigendem Maße vom Europäischen Parlament unterstützt wurde, und zwar mit der Erklärung vom 27. April 2006 zu Diabetes17 und der Entschließung vom 25. Oktober 2006 zu Brustkrebs in der erweiterten Union18, dass eine solche Unterstützung für die Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Todesursache Nr. 1, derzeit aber leider nicht gegeben ist,
- 1. fordert die Kommission auf, eine Empfehlung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einschließlich Bluthochdruck, sowie zur Früherkennung bei stark gefährdeten Menschen und zu den Vorbeugungsstrategien in Europa abzugeben und dabei die geschlechtsbedingten Unterschiede zu berücksichtigen, um die Gleichstellung der Geschlechter im Gesundheitssektor zu gewährleisten;
- 2. fordert die Kommission auf, eine Umfrage durchzuführen, um die Ausstattung großer öffentlicher Räume, wie z.B. Bahnhöfe und U-Bahnstationen, Flughäfen und Stadien, mit Geräten zur medizinischen Erstversorgung zu fördern, beispielsweise mit Geräten zur frühzeitigen Defibrillation für Personen, die einen Herzstillstand erlitten haben (Herzfibrillation);
- 3. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Vorkehrung zur Überwachung von Risikofaktoren auszubauen und zu stärken;
- 4. fordert die Mitgliedstaaten auf, Strategien zur Förderung der öffentlichen Gesundheit zu verabschieden bzw. ihre jeweiligen Strategien in diesem Bereich daraufhin zu überprüfen, ob in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen Fragen wie Gesundheitsförderung, Aufklärung der Bevölkerung und Früherkennung bei stark gefährdeten Personen einbezogen und Folgenabschätzungen im Bereich des Gesundheitswesens entwickelt werden sollten, mit denen sich die Belastung der einzelstaatlichen Gesundheitssysteme erfassen lässt, und dabei die geschlechtsbedingten Unterschiede zu berücksichtigen, um die Gleichstellung der Geschlechter im Gesundheitssektor zu gewährleisten;
- 5. fordert die Mitgliedstaaten auf, einzelstaatliche Leitlinien zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufzustellen, einschließlich standardisierter Leitlinien für vorbildliche Methoden zur Ermittlung stark gefährdeter Personen;
- 6. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, bei der Festlegung von Zielvorgaben für die Gestaltung der Vorsorgeuntersuchungen und der Bekämpfung von Bluthochdruck einen Konsens zu erzielen;
- 7. ruft die Mitgliedstaaten auf, Kampagnen zur Förderung der Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems zu entwickeln und durchzuführen sowie für stark gefährdete Personengruppen Programme zur Früherkennung aufzulegen und Präventionsstrategien zu konzipieren, zumal dies die kostenwirksamste Methode zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt;
- 8. fordert die Mitgliedstaaten eindringlich auf, sich bei der Förderung der Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems und den Strategien zur Prävention in Absprache mit allen einschlägigen Interessengruppen für einen multisektoriellen Ansatz zu entscheiden;
- 9. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Aktionspläne betreffend Risikofaktoren, die durch den Lebensstil bedingt sind, weiterzuentwickeln, um einen gesunden Lebensstil zu fördern;
- 10. fordert, dass die weitere Erforschung der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und die Förderung der Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems auch künftig auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene finanziell unterstützt wird, u. a. die Erforschung der Risikofaktoren, der Prävalenz und der genetischen Faktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen;
- 11. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Öffentlichkeit mit Aufklärungsprogrammen stärker für die Risikofaktoren im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sensibilisieren und Programme durchzuführen, die speziell auf die Fortbildung der im Gesundheitswesen tätigen Berufsgruppen ausgerichtet sind;
- 12. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verbreitung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Bevölkerung zu messen und ihre nationalen Programme zu evaluieren, um Vergleichswerte zu erfassen, anhand derer die nationalen Gesundheitsbehörden konkrete Ziele festsetzen können, wenn sie gezielte Initiativen durchführen;
- 13. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Umsetzung der neuesten, von der Gemeinsamen Europäischen Task Force vorgelegten Europäischen Leitlinien zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu unterstützen;
- 14. fordert die Kommission auf, Initiativen von interessierten Kreisen, die sich für die Verbesserung der Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems durch Maßnahmen wie Eindämmung des Tabakkonsums, bessere Ernährung und körperliche Bewegung zur Vorbeugung von Fettleibigkeit und Bluthochdruck und den damit zusammenhängenden Komplikationen einsetzen, zu unterstützen und die Zusammenarbeit mit ihnen zu fördern;
- 15. fordert die Kommission mit Nachdruck auf, an ihre früheren Initiativen anzuknüpfen, was den Austausch vorbildlicher Methoden bei der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zwischen den Mitgliedstaaten anbelangt;
- 16. fordert die Kommission auf, zwischen allen an der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen interessierten Gruppen einen regelmäßigen Erfahrungs-, Informations- und Datenaustausch über die Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems zu fördern;
- 17. fordert die Kommission auf, die Vergleichbarkeit der Daten zu verbessern, indem eine Datenbank für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zur Beobachtung der Prävalenz, der Mortalität, der Morbidität und der Risikofaktoren in allen Mitgliedstaaten eingerichtet wird;
- 18. fordert die Kommission eindringlich auf, entsprechend den Schlussfolgerungen des Rates zur Berücksichtigung der Gesundheit in allen Politikfeldern Methoden zur Bewertung der Auswirkungen auf die Gesundheit zu entwickeln, um messen zu können, welche Belastungen auf die volkswirtschaftliche Produktivität in Europa durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck in den einzelnen Mitgliedstaaten zukommen;
- 19. begrüßt die jüngste Ankündigung der Kommission, sie werde eine Gesundheitsstrategie entwickeln, und fordert sie nachdrücklich auf, ihre Bemühungen auf die Notwendigkeit zu konzentrieren, dass alle Europäer unabhängig von ihrer Nationalität gleichen Zugang zur Vorbeugung, Behandlung, Diagnostizierung und Bekämpfung dieser Krankheiten haben;
- 20. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten auf die bestehenden Möglichkeiten der Finanzierung von Methoden für die Vorsorgeuntersuchung und die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Bluthochdruck sowie auf die weitere Erforschung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen innerhalb des Siebten. Forschungsrahmenprogramms, der Strukturfonds und des Europäischen Entwicklungsfonds hinzuweisen;
- 21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1 http://www.consilium.europa.eu/ueDocs/cms_Data/docs/pressData/en/lsa/80729.pdf
- 2 ABl. C 286 E vom 23.11.2006, S. 487.
- 3 EUR/RC56/R2.
- 4 Eur J Cardiovasc Prev Rehabil,10. Dez. 2003 (Suppl 1):S. 1-78.
- 5 http://www.worldheartday.com/articulos/LuxembourgDeclaracion.pdf
- 6 www.cvhconference.org
- 7 www.heartcharter.en
- 8 http://www.stm.fi/Resource.phx/eng/subjt/inter/eu2006/hiap/index.htx.i1153.pdf
- 9 Beschluss Nr. 1982/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. L 412 vom 30.12.2006, S. 1).
- 10 Studie über die Diskriminierung von Frauen und Mädchen im Gesundheitssektor, Fachabteilung C, PE 378.295 (nur in englischer Sprache).
- 11 Ibid.
- 12 Ibid.
- 13 Ibid.
- 14 High Blood Pressure and Health Policy, Kanavos/Õstergren/Weber et al., 2007.
- 15 Health at a Glance - OECD Indicators 2005. November 2005.
- 16 WHO Information sheet - Cardiovascular diseases: prevention and control, WHO, 2003, Quelle: http://www.who.int/dietphysicalactivity/media/en/gsfs_cvd.pdf .
- 17 ABl. C 296 E vom 6.12.2006, S. 273.
- 18 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0449.