Der Bundesrat hat in seiner 814. Sitzung am 23. September 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass Nanowissenschaften und Nanotechnologien eine herausragende und zukünftig weiter wachsende Rolle für die wirtschaftliche und wissenschaftliche Leistungsfähigkeit Europas spielen werden. Er begrüßt vor diesem Hintergrund grundsätzlich den von der Kommission vorgelegten Aktionsplan Nanowissenschaften und Nanotechnologien für Europa 2005 bis 2009. Der Aktionsplan bietet das Fundament für den Ausbau der Nanotechnologien zu einem wesentlichen Innovationsmotor in Europa. Die darin vorgesehenen Maßnahmen sind somit geeignet, die wissenschaftliche Grundlage für einen verantwortungsvollen Umgang mit Nanowissenschaften und Nanotechnologien zu schaffen.
- 2. Nach Auffassung des Bundesrates gehört die Nanotechnologie zu den zukunftsweisenden Schlüsseltechnologien, an die entsprechend hohe Erwartungen sowohl der Wissenschaft als auch der Nutzer geknüpft werden. Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Technologie sind vielfältig. Beispielsweise können schon heute über Aerosole verschiedene Lungenerkrankungen behandelt werden.
- 3. Der Bundesrat verweist zugleich darauf, dass im Zusammenhang mit den industriell genutzten Nanopartikeln die Frage möglicher Gesundheitsrisiken noch einer Klärung bedarf. Er begrüßt es deshalb, dass im Rahmen des Aktionsplans ein breites Spektrum von Studien unter anderem zur Ermittlung der in Zukunft zu erwartenden Exposition durchgeführt werden soll.
- 4. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Menschen hierzulande überwiegend im Innern von Gebäuden aufhalten, wird die Bundesregierung gebeten, darauf hinzuwirken, dass in die geplanten Studien zur Expositionsabschätzung gegenüber den Nanopartikeln die Belastung der Innenraumluft mit diesen Partikeln einbezogen wird.
- 5. Erfahrungen mit anderen Technologien zeigen die Notwendigkeit, Befürchtungen bezüglich der Sicherheit von Anwendungen und Nutzungen der Nanotechnologien aufzugreifen und die Ergebnisse der geplanten Untersuchungen so früh wie möglich mit den Verbrauchern zu kommunizieren. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, die notwendigen Informationsmaterialien zur Durchführung einer sachgerechten Risikokommunikation durch das Bundesamt für Risikoabschätzung erarbeiten zu lassen.
- 6. Der Bundesrat befürchtet jedoch, dass insbesondere die zur Wahrung der öffentlichen Gesundheit, Sicherheit sowie des Umwelt- und Verbraucherschutzes vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich des Chemikalien- und Umweltrechts zu neuen bürokratischen und zulassungsrechtlichen Hürden bei der Nutzung von Nanotechnologien führen werden, die für Unternehmen und Forscher nicht bzw. nur schwer handhabbar sind und somit Innovationen durch Nanotechnologien in Europa verhindern könnten. Insbesondere eine Behandlung von Nanomaterialien entsprechend der Behandlung neuer chemischer Substanzen bedarf zunächst einer wissenschaftlichen Klärung, nach welchen Kriterien eine solche Einordnung erfolgen soll.
- 7. Der Bundesrat hält es für notwendig, dass die Einrichtung der Zentralen Stelle zur Koordinierung der Nanotechnologie-Aktivitäten auf EU-Ebene so erfolgt, dass anderen Akteuren die Freiräume gelassen werden, die eine freie Entfaltung und Weiterentwicklung der Nanotechnologien in allen Wirtschafts- und Wissenschaftsbereichen ermöglichen.
- 8. Er fordert die Bundesregierung auf, im weiteren Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass bei Änderungen im Bereich des Aktionsplans für Europa 2005 bis 2009 über Nanowissenschaften und Nanotechnologien die genannte Position des Bundesrates berücksichtigt wird.