Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zu Wissenschaft und Technologie - Leitlinien für die Forschungsförderung der Europäischen Union

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 305440 - vom 22. April 2005. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 10. März 2005 angenommen.
Stellungnahme des Bundesrates: Drucksache 524/04(Beschluss) PDF

Das Europäische Parlament,


1 Rat der Europäischen Union, 26.11.2004 - 14687/04 (Presse: 323):
2 ABI. L 232 vorn 29.8.2002, S. 1.
3 ABI. C 87 E vom 7.4.2004, S. 60.
4 ABI. C 103 E vom 29.4.2004, S. 838.
1 http://www.ercexpertgroup.org/documents/ercexpertgroup_final_report.pdf
2 http://www.cordis.lu/fp6/instruments_review/
3 http://europa.eu.int/coram/councils/bx041105/kok_report_en.pdf
4 http://europa.eu.int/comm/dgs/information_society/evaluation/pdf/5_y_a/ist_5ya_final_140105.pdf
5 ftp://ftp.cordis.lu/pub/technologyplatforms/docs/tp_report_defweb_en.pdf

in der Erwägung, dass

A. der Fortschritt bei der Schaffung des Europäischen Forschungsraums (EFR) unter Einbeziehung sowohl des sechsten Rahmenprogramms (RP6) als auch anderer Initiativen im Bereich Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (FTE)-Bereich ein erster Schritt zur Umsetzung der Lissabon-Strategie ist, wodurch eine neue Dynamik im Forschungsbereich entstand und neue Instrumente zur Schaffung eines EFR eingeführt wurden,

B. die Kommission konsequent vorging in dem sie der Forschung und Innovationen in ihren Vorschlägen für die neue Finanzielle Vorausschau der EU höchste Bedeutung beimaß sowie vorschlug, die Haushaltsmittel für das Siebte Rahmenprogramm (RP7) zu verdoppeln; in der Erwägung ferner, dass einige Mitgliedstaaten, die Nettozahler sind, den Wunsch geäußert haben, dass für den Gemeinschaftshaushalt eine Obergrenze von 1% des BIP der Union festgelegt wird, und dass die finanzielle Vorausschau 2007-2013 im Einklang stehen muss mit dem Vorschlag der Kommission, den Haushalt für das RP7 auf das Doppelte aufzustocken,

C. im Bericht Kok festgestellt wurde, dass dringendes Handeln seitens der Politik erforderlich ist, um die "Attraktivität Europas für Forscher und Wissenschaftler zu steigern" und "Forschung und Wissenschaft" höchste Priorität einzuräumen, da diese wesentliche Voraussetzungen für das Erreichen der Lissabon - Ziele sind, und dass es ferner notwendig ist, einen ganzheitlichen Ansatz zu wählen, um Entwicklung und Aufnahme der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) sicherzustellen,

D. im Marimon-Bericht die Instrumente des RP6 gutgeheißen werden und die Notwendigkeit der Kontinuität bei der Planung der Forschungsprogramme betont wird, in diesem Bericht aber auch einige Korrekturmaßnahmen vorgeschlagen werden,

E. im Sonderbericht Nr. 1/2004 des Rechnungshofs über die Verwaltung indirekter FTE-Aktionen des RP5 für Forschung und technologische Entwicklung festgestellt wurde, dass die Bestimmungen für die Teilnahme an gemeinschaftlichen FTE-Rahmenprogrammen unnötig komplex seien und dies zu schwerwiegenden Problemen geführt habe, insbesondere für kleinere Organisationen mit weniger entwickelten Verwaltungsstrukturen,

F. die Grundlagenforschung für erfolgreiche Innovationen und langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union von entscheidender Bedeutung ist und eine eingehende Diskussion auf europäischer Ebene seit zwei Jahren über die Notwendigkeit einer Struktur (Europäischer Forschungsrat) zur Unterstützung einer mit wissenschaftlicher Autonomie ausgestatteten Grundlagenforschung in allen wissenschaftlichen Bereichen im Gange ist,

G. die EU schätzungsweise 700 000 neue, gut ausgebildete Forscher bis 2010 braucht, wenn das Ziel von Investitionen in Höhe von 3% des BIP in Forschung und Entwicklung erreicht werden soll, und dass bei der Förderung von Forschern dem erfolgreichen Marie-Curie-Programm eine besondere Bedeutung zukommt,

H. Hochgeschwindigkeitsnetze mit großer Kapazität im Bereich der elektronischen Kommunikation und sonstige IKT-Instrumente und -Infrastrukturen die Art und Weise verändern, in der Forscher kommunizieren, zusammenarbeiten und Innovation schaffen, und es notwendig ist, für eine kontinuierliche und angemessene gemeinschaftliche Unterstützung für Forschungsnetzinfrastrukturen im Rahmen des GEANT-Projekts zu sorgen,

I. es erforderlich ist, die Rahmenbedingungen für die private Forschung zu verbessern, da zwei Drittel der Forschungsinvestitionen, die erforderlich sind, um das 3%-Ziel zu erreichen, aus dem Wirtschaftssektor kommen sollen,

J. es notwendig ist, bei den jungen Menschen eine neue Begeisterung für die Wissenschaft zu wecken und wissenschaftliche Laufbahnen zu fördern, wobei vor allem der Beteiligung von Frauen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss,

K. die Mobilität der Forscher in der EU und auch die Mobilität zwischen EU und Drittländern, öffentlichen und privaten Forschungszentren, Universitäten und Industrie sowie zwischen verschiedenen Unternehmenssektoren wesentliche Elemente im Hinblick auf Wissenszuwachs, Innovation und nachhaltige Entwicklung sind,

L. die Klein- und Kleinstunternehmen mit niedrigem bis mittlerem Technologieniveau, einschließlich der traditionellen Gewerbe, ein beträchtliches und unzureichend genutztes Potenzial für Innovation, Technologietransfer sowie Forschung und Entwicklung bergen, das es im Geist und nach den Leitlinien der Europäischen Charta für Kleinunternehmen zu fördern gilt,

M. bessere Verknüpfungen zwischen der Welt der Forschung und der Industrie, insbesondere den KMU, angestrebt werden sollten, wobei vor allem örtliche Netze unterstützt werden sollten, die die Wirtschaft und akademische Einrichtungen verbinden; in der Erwägung, dass eine intensive Diskussion über die Schaffung europäischer Technologieinitiativen im Gange und die Anwendung des Gemeinschaftspatents eine Vorbedingung für eine erfolgreiche europäische Forschungspolitik ist,

N. nach Unterstützung einer wirksameren Forschungs- und Innovationspolitik dadurch gestrebt werden muss, dass flankierenden politischen Maßnahmen Aufmerksamkeit gewidmet wird, etwa der Vollendung des Binnenmarktes und Bestimmungen betreffend das geistige Eigentum, die ein Gleichgewicht zwischen Schutz und Wettbewerb anstreben, wobei KMU ein besserer Zugang gewährt wird und Investitionen des privaten und öffentlichen Sektors in neue Technologien und Inhalte gefördert werden,

0. das Wettbewerbsproblem der europäischen Wirtschaft u.a. aus einem sogenannten Paradoxon zwischen Schaffung wissenschaftlicher Kenntnis (die in der EU ausreichend vorhanden ist) und dem unzureichenden Vermögen entspringt, diese Kenntnis in Innovationen und insbesondere in die Produktion umzusetzen; ferner in der Erwägung, dass die Beteiligung der Industrie an der Festsetzung der Prioritäten im Hinblick auf die finanzielle Unterstützung daran etwas verbessern kann und daher eine Beteiligung der Industrie am RP7 und eine Verbesserung der Stellung der KMU in diesem angestrebt werden muss,

P. es, um der gegenwärtigen Marginalisierung von KMU Einhalt zu gebieten, empfehlenswert wäre, das Potenzial neuer, maßgeschneiderter Verfahren zur Unterstützung ihrer Rolle bei Innovationen zu erkunden, wozu unter anderem gehören:

Q. eine bessere Koordinierung von Forschungshaushalten, Strukturfonds und sämtlichen anderen öffentlichen und privaten Finanzierungsquellen auf gemeinschaftlicher, nationaler und regionaler Ebene angestrebt werden sollte,

Inhaltsübersicht
Europa verdient eine bessere Forschung
Grundlagenforschung und Europäischer Forschungsrat
Menschliche Ressourcen
Technologietransfer
Thematische Prioritäten

Europa verdient eine bessere Forschung

Grundlagenforschung und Europäischer Forschungsrat

Menschliche Ressourcen

23. fordert die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten auf, die Förderung des Zugangs und der Karriereaussichten von Frauen im Forschungsbereich, auch über positive Maßnahmen, als eine Priorität zu betrachten; schlägt gemeinschaftliche Initiativen vor, die sich auf die Beseitigung kultureller Stereotype und Barrieren richten, welche Frauen davon abhalten, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen;

24. ermutigt die Mitgliedstaaten, ihre Ausbildungssysteme im Hinblick auf einen besseren Stellenwert der Wissenschaft an Schulen und Universitäten zu überprüfen und Studenten zu unterstützen, die eine Laufbahn in diesem Bereich anstreben;

25. ist entschieden der Auffassung, dass das erfolgreiche Marie-Curie-Programm, das von den Antragstellern begrüßt wird, mit den vorhandenen Instrumenten fortgeführt werden muss und darüber hinaus sicherstellen soll, dass internationale Nachwuchs- und Spitzenwissenschaftler für die europäische Forschungsarbeit gewonnen werden können; würdigt den Erfolg der Marie-Curie-Aktionen und empfiehlt eine erhebliche Aufstockung der diesbezüglichen Mittel;

26. ist entschieden der Auffassung, dass sowohl auf Ebene der Mitgliedstaaten wie auch auf Gemeinschaftsebene Bedingungen für eine verbesserte Mobilität der Forscher auf sämtlichen Laufbahnstufen geschaffen werden müssen, die die Mobilität sowohl des nicht fest angestellten als auch des fest angestellten akademischen Personals zu einem "Massenphänomen" machen, einschließlich der wechselseitigen Mobilität zwischen Industrie, Universitäten und Forschungszentren; hält eine Harmonisierung der Forscherlaufbahnen sowie ihrer Arbeitsbedingungen auf Gemeinschaftsebene für einen entscheidenden Schritt, um die Mobilität der Forscher zu einem Pfeiler des EFR zu machen; ist in diesem Zusammenhang der Ansicht, dass die Festlegung klarer gemeinsamer Standards auf Gemeinschaftsebene für den Zugang zur akademischen Laufbahn sowie eine "Europäische Qualifizierung", auf deren Grundlage Forscher an Universitäten oder im Forschungssystem der Mitgliedstaaten angestellt werden könnten, eine erhebliche Verbesserung bedeuten würden;

27. fordert, die gegenseitige Anerkennung der Doktorate der Mitgliedstaaten voranzutreiben, um die Hindernisse, die der Mobilität von Forschern und Wissenschaftlern im Wege stehen, zu beseitigen und einen einheitlichen europäischen Forschungsraum in der EU zu fördern;

28. unterstreicht, dass die Bereitstellung von erstklassigen Forschungsgebäuden, -einrichtungen und -infrastrukturen eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die europäischen Wissenschafts- und Forschungszentren für die besten Forscher der Welt attraktiv werden und Forschungsergebnisse von Weltrang erreicht werden, und unterstützt daher den Vorschlag der Kommission, Mittel für diesen Zweck bereitzustellen; wünscht eine Stärkung der Rolle des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) bei der Verwirklichung einer europäischen Infrastrukturpolitik;

29. fordert die europäischen Universitäten, Forschungseinrichtungen und in der Forschung tätigen Unternehmen nachdrücklich auf, ihre Laufbahnstrukturen und Hierarchien flexibler zu gestalten, so dass für junge und innovative Wissenschaftler Anreize geschaffen werden, einschließlich erheblicher finanzieller Vorteile in Form von Spin-offs und anderer verbesserter Vergütungen;

Technologietransfer

Thematische Prioritäten

45. ist der Auffassung, dass sich die Festlegung der thematischen Prioritäten im Rahmen des zu erwartenden Beschlusses des Europäischen Parlaments und des Rates über das RP7 mit den Zielen der Lissabon - Agenda vor Augen ergeben sollte und dass sie außerdem das Ergebnis eingehender Diskussionen zwischen den europäischen, nationalen und regionalen Institutionen sowie der Wissenschaft und den Beteiligten in der Zivilgesellschaft einschließlich der Wirtschaft sein sollte;

46. ist der Auffassung, dass das RP7 auf den thematischen Prioritäten des RP6 aufbauen sollte, um die Kontinuität zu wahren, dass es gleichzeitig aber auch neuen Schlüsselbereichen in Wissenschaft und Forschung Rechnung tragen sollte, die eine ausschlaggebende Rolle für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas, die Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Verbesserung des Wohls der Bürgerinnen und Bürgern spielen, und stimmt der Einbeziehung der Weltraumforschung und des relativ neuen Bereichs der Sicherheitsforschung in die thematischen Prioritäten zu, ist gleichzeitig aber der Auffassung, dass das RP7 die Forschung in folgenden Bereichen angemessen unterstützen sollte:

47. ist der Auffassung, dass es, um die wachsenden weltweiten Umweltgefährdungen zu meistern, entscheidend darauf ankommt, dass die europäische Forschungspolitik F&E in Bereichen, die sich mit Naturkatastrophen befassen, nachdrücklich fördert;

48. ist der Auffassung, dass die EU die Finanzierung der zur Zeit unterfinanzierten Erforschung von Krankheiten sicherstellen sollte, die die Bürger von Entwicklungsländern befallen;

49. ist der Auffassung, dass das RP7 Forschung und Entwicklung auch in hochinnovativen Bereichen langsamer wachsender Wissenschaftsdisziplinen und Wirtschaftsbereiche unterstützen sollte;

50. betont, dass die Europäische Union konkrete Maßnahmen ergreifen muss, um die Wissenschaft den Bürgerinnen und Bürgern näherzubringen, beispielsweise durch Initiierung der öffentlichen Diskussion über wichtige wissenschaftliche und technologische Fragen, und dass sich diese auch in der europäischen Forschungspolitik und im kommenden RP widerspiegeln sollte;

51. fordert die Kommission auf, dem Gedanken des Tierschutzes gebührend Rechnung zu tragen, indem erstens Alternativen zu Tierversuchen unterstützt werden und zweitens die Zahl der Tierversuche in den finanzierten Projekten auf ein Minimum reduziert wird;

52. ist der Auffassung, dass im Rahmenprogramm stärkeres Augenmerk auf die interdisziplinäre Forschung gelegt werden sollte, um vermehrt neue Impulse und Denkansätze zu liefern

53. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Bewerberländer zu übermitteln.