Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 319/08 (PDF) = AE-Nr. 080078,
Drucksache 616/09 (PDF) = AE-Nr. 090467,
Drucksache 246/10 (PDF) = AE-Nr. 100286 und
Drucksache 663/10 (PDF) = AE-Nr. 100827
1. Das Europäische Sicherheitsmodell: Gemeinsam Europa sicherer machen
Die meisten Europäer müssen sich in ihrem Alltag nicht weiter Gedanken über ihre Sicherheit machen. Allerdings ist unsere Bevölkerung auch ernsten Bedrohungen ausgesetzt, die immer größere Ausmaße und ausgeklügeltere Formen annehmen. Viele der heutigen Sicherheitsgefahren sind grenzüberschreitend und nicht auf bestimmte Bereiche einzugrenzen. Kein Mitgliedstaat kann auf sich gestellt mit diesen Bedrohungen fertig werden. Bürger und Wirtschaft sind beunruhigt. 80 % der Bevölkerung erwartet, dass die EU mehr gegen organisiertes Verbrechen und Terrorismus unternimmt.1
Bei der Abwehr neu auftretender Bedrohungen und der Verbesserung der Sicherheitslage in Europa wurde bereits viel erreicht. Nachdem nun der Vertrag von Lissabon2 in Kraft ist, kann die EU weitere entschlossene Maßnahmen in Angriff nehmen und sich dabei auf das Stockholmer Programm und den Aktionsplan zur Umsetzung dieses Programms3 stützen. In der Strategie der inneren Sicherheit, die Anfang 2010 unter dem spanischen Vorsitz angenommen wurde,4 sind die Herausforderungen, Grundsätze und Leitlinien für EU-Strategien gegen diese Bedrohungen dargelegt. Die Kommission wurde aufgefordert, Maßnahmen zur Umsetzung der Strategie vorzuschlagen. Die vorliegende Mitteilung kann sich somit auf bereits getroffene Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Organen stützen. Sie enthält Vorschläge für Maßnahmen, mit denen wir in den nächsten vier Jahren gemeinsam schwere und organisierte Kriminalität, Terrorismus und Cyberkriminalität wirksamer bekämpfen und ihnen vorbeugen, die Außengrenzen besser sichern und unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber natürlichen und vom Menschen verursachten Katastrophen erhöhen können.
Ein gemeinsames Programm für gemeinsame Herausforderungen
In Fragen unserer inneren Sicherheit besteht die Aufgabe der EU darin, gemeinsame
Strategien und Rechtsvorschriften zu erarbeiten und die operative Zusammenarbeit von Polizei und Justiz, Grenz- und Krisenschutz zu fördern. Die EU leistet mit ihren innen- und außenpolitischen Maßnahmen einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung unserer Sicherheitsziele.
Die vorliegende EU-Strategie der inneren Sicherheit entwirft deshalb ein gemeinsames Programm für Mitgliedstaaten, Europäisches Parlament, Kommission, Rat, EU-Agenturen und -Ämter und andere Einrichtungen, darunter die Organisationen der Zivilgesellschaft und örtliche Behörden. Dieses Programm sollte von einer starken Sicherheitsbranche der EU unterstützt werden, in der Hersteller und Diensteanbieter eng mit den Endnutzern zusammenarbeiten. Unsere gemeinsamen Anstrengungen zur Bewältigung der heutigen Sicherheitsherausforderungen werden auch zur Stärkung und Weiterentwicklung des europäischen Modells der sozialen Marktwirtschaft beitragen, das in der Strategie Europa 2020 skizziert wurde.
Sicherheitspolitik auf der Grundlage gemeinsamer Werte
Die EU-Strategie der inneren Sicherheit sowie die Instrumente und Maßnahmen zu deren Umsetzung müssen auf gemeinsamen Werten aufbauen, u.a. auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit und der Achtung der Grundrechte, die in der EU-Grundrechtecharta niedergelegt sind.5 Solidarität muss das Grundprinzip unseres Krisenmanagementkonzepts sein. Die Terrorismusbekämpfungsstrategien sollten in einem angemessenen Verhältnis zum Ausmaß der Bedrohungen stehen und vor allem auf die Vereitelung künftiger Anschläge abzielen. Werden Informationen zum Zweck der Strafverfolgung in der EU ausgetauscht, müssen wir zudem für den Schutz der Privatsphäre des Einzelnen und seines Grundrechts auf Datenschutz sorgen.
Innere Sicherheit mit weltweiter Dimension
Die innere Sicherheit kann nicht isoliert vom Rest der Welt gewährleistet werden. Daher muss darauf geachtet werden, dass die innen- und außenpolitischen Aspekte der EU-Sicherheit kohärent und komplementär sind. Die Werte, auf denen die Strategie der inneren Sicherheit beruht, und ihre Prioritäten, darunter unser Engagement für die Menschenrechte, für Demokratie, Frieden und Stabilität in unseren Nachbarländern und anderswo, sind ein fester Bestandteil des Konzepts der europäischen Sicherheitsstrategie.6 Es heißt darin, dass die Beziehungen zu unseren Partnern, insbesondere zu den Vereinigten Staaten, im Kampf gegen das schwere und organisierte Verbrechen und Terrorismus von grundlegender Bedeutung sind.
Die Sicherheit sollte Bestandteil aller einschlägigen strategischen Partnerschaften sein. Auch im Dialog mit unseren Partnern über eine Finanzierung durch die EU im Rahmen von Partnerschaftsabkommen muss Sicherheit eine Rolle spielen. Vor allem sollten prioritäre Anliegen im Bereich der inneren Sicherheit in politischen Dialogen mit Drittländern und regionalen Organisationen zur Sprache gebracht werden, wenn dies für die Bekämpfung mehrerer Bedrohungen, wie Menschen- und Drogenhandel sowie Terrorismus, nützlich und relevant ist. Die EU wird ihr Augenmerk besonders auf die Drittstaaten und Regionen richten, die nicht nur aus außenpolitischen Erwägungen, sondern auch aus Gründen der inneren Sicherheit Unterstützung und Expertenwissen aus der EU und den Mitgliedstaaten erhalten sollten. Der neue Europäische Auswärtige Dienst ermöglicht eine noch intensivere Zusammenarbeit und Zusammenlegung von Wissen und kann dabei auf die Fähigkeiten und Erkenntnisse der Mitgliedstaaten, des Rates und der Kommission zurückgreifen. Den EU-Delegationen vor allem in prioritären Ländern sollte Fachwissen in Sicherheitsfragen zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise sollten Europol-Verbindungsbeamte sowie Verbindungsrichter und -staatsanwälte7 dorthin entsandt werden. Die Aufgaben und Zuständigkeiten dieser Experten werden von der Kommission und dem Europäischen Auswärtigen Dienst gemeinsam festgelegt.
2. Fünf strategische Ziele für die Innere Sicherheit
In der vorliegenden Mitteilung sind die dringlichsten Herausforderungen für die Sicherheit der EU in den nächsten Jahren dargelegt. Für 2011-2014 werden fünf strategische Ziele und darauf ausgelegte Maßnahmen vorgeschlagen. Zusammen mit den bisherigen Anstrengungen und Initiativen werden sie dazu beitragen, die EU sicherer zu machen.
Die schwere und organisierte Kriminalität hat verschiedene Ausprägungen: Menschenhandel, Drogen- und Waffenhandel, Geldwäsche sowie illegale Abfallverbringung und -entsorgung innerhalb von Europa und anderswo. Selbst das, was den Anschein nach Kleinkriminalität ist, wie Einbrüche und Autodiebstahl, der Handel mit Fälschungen und gefährlichen Waren und die Machenschaften von umherziehenden Banden, sind oft lokale Erscheinungen weltweiter krimineller Netzwerke. Gegen diese Kriminalität muss Europa gemeinsam vorgehen. Dies gilt gleichermaßen für den Terrorismus: In unseren Ländern könnte es leicht zu weiteren ähnlichen Anschlägen kommen, wie wir sie 2004 in Madrid und 2005 in London erlebt haben. Wir müssen mehr tun und enger zusammenarbeiten, um neue Anschläge zu verhindern.
Eine Bedrohung geht zunehmend von der Cyberkriminalität aus. Europa bietet wegen der modernen Internetinfrastruktur, der vielen Internetnutzer und des internetgestützten Handels und der entsprechenden Zahlungssysteme eine breite Angriffsfläche für Cyberkriminalität. Bürger, Unternehmen, Behörden und kritische Infrastruktur müssen besser gegen Kriminelle geschützt werden, die die neuen Technologien ausnutzen. Auch die Grenzsicherung erfordert ein noch besser abgestimmtes Vorgehen. Da wir gemeinsame Außengrenzen haben, müssen Schmuggel und andere illegale grenzüberschreitende Machenschaften auf europäischer Ebene angegangen werden. Eine wirksame Kontrolle der Außengrenzen der EU ist daher eine wesentliche Komponente für die Freizügigkeit in Europa.
Darüber hinaus häufen sich in den letzten Jahren in Europa und in den unmittelbaren Nachbarstaaten Naturkatastrophen und vom Menschen verursachte Katastrophen, die zudem immer größere Ausmaße annehmen. Das zeigt, wie wichtig eine stärkere, besser abgestimmte und integrierte europäische Krisen- und Katastrophenabwehr ist und dass die bereits vorgesehenen Katastrophenschutzmaßnahmen und -vorschriften umgesetzt werden müssen.
Ziel 1: Schwächung internationaler krimineller Netzwerke
Trotz intensiverer Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Justizbehörden innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den Mitgliedstaaten sind internationale kriminelle Netze sehr aktiv und streichen mit ihren Straftaten enorme Summen ein. Dieses Geld wird nicht nur zur Bestechung und Einschüchterung der Bevölkerung, sondern oft auch dazu eingesetzt, die Wirtschaft zu infiltrieren und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu untergraben.
Die Bekämpfung des Verbrechens erfordert daher, dass kriminelle Netzwerke geschwächt und den Straftätern der finanzielle Anreiz genommen wird. Dazu sollte die operative Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden noch verstärkt werden. Die Behörden aller einschlägigen Bereiche und Ebenen sollten zusammenarbeiten, um die Wirtschaft zu schützen, Erträge aus Straftaten sollten wirksam aufgespürt und beschlagnahmt werden. Außerdem müssen wir die Hürden überwinden, die durch die unterschiedlichen Ansätze der Mitgliedstaaten entstehen, erforderlichenfalls durch Vorschriften über die justizielle Zusammenarbeit. So soll die gegenseitige Anerkennung ausgeweitet und sollen gemeinsame Definitionen von Straftatbeständen und Mindeststrafmaße festgelegt werden.8
Maßnahme 1: Aufdeckung und Zerschlagung krimineller Netzwerke
Um kriminelle Netzwerke aufdecken und zerschlagen zu können, müssen die Operationsmethoden der Netzmitglieder und ihre Finanzen verfolgt werden.
Die Kommission wird daher 2011 einen EU-Rechtsakt über die Erfassung von Fluggastdaten bei Flügen aus der EU und in die EU vorschlagen. Diese Daten werden von den Behörden der Mitgliedstaaten ausgewertet, um terroristische Straftaten und schwere Verbrechen zu vereiteln und zu verfolgen.
Ob Finanzmittel aus krimineller Quelle stammen und wohin die Mittel fließen, lässt sich anhand von Informationen über Unternehmenseigner und über die Treuhandkonten, über die die Mittel transferiert werden, feststellen. In der Praxis ist es für die Strafverfolgungs- und Justizbehörden, andere Untersuchungsbehörden wie das OLAF sowie für Fachleute des Privatsektors nicht leicht, an solche Informationen heranzukommen. Die EU sollte daher in Erwägung ziehen, die Geldwäscherichtlinien der EU spätestens 2013 zu ändern, um Rechtspersonen und rechtliche Regelungen transparenter zu machen, wie es in den Gesprächen mit den internationalen Partnern der EU im Rahmen der Financial Action Task Force gefordert wurde. Um die Bewegungen von Schwarzgeld besser nachverfolgen zu können, haben die Mitgliedstaaten ein Bankkonten-Zentralregister eingerichtet. Damit solche Register für Strafverfolgungszwecke optimal genutzt werden, wird die Kommission 2012 einschlägige Leitlinien ausarbeiten. Um die kriminelle Herkunft von Geldern aufdecken zu können, sollten die Strafverfolgungs- und Justizbehörden die nötigen Mittel für die Erfassung, Auswertung und gegebenenfalls Weitergabe von Informationen erhalten und in diesen Verfahren geschult werden, wobei nach Möglichkeit die Fortbildungsprogramme der nationalen Exzellenzzentren für Finanzkriminalität und der Europäischen Polizeiakademie (EPA) genutzt werden sollten. Die Kommission wird 2012 hierfür eine Strategie vorschlagen.
Dadurch dass die kriminellen Netzwerke grenzüberschreitend agieren, müssen Polizei, Zoll, Grenzschutz und Justizbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten ergänzend zu den Tätigkeiten von Eurojust, Europol und OLAF verstärkt gemeinsame Operationen durchführen. Solche Operationen, in die auch gemeinsame Ermittlungsteams9 einbezogen werden, sollten - wenn nötig kurzfristig - mit voller Unterstützung der Kommission durchgeführt werden, wenn sie im Einklang mit den Prioritäten, strategischen Zielen und Plänen stehen, die der Rat nach einschlägigen Bedrohungsanalysen festgelegt hat10.
Darüber hinaus sollten Kommission und Mitgliedstaaten weiterhin dafür sorgen, dass der Europäische Haftbefehl praktisch zur Anwendung kommt, und darüber sowie über die Implikationen für die Grundrechte Bericht erstatten.
Maßnahme 2: Schutz der Wirtschaft vor krimineller Infiltration
Durch Bestechung versuchen kriminelle Netzwerke, ihre Gewinne in die legale Wirtschaft zu investieren. So untergraben sie das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen und das Wirtschaftssystem. Ein nachhaltiger politischer Wille zur Bekämpfung der Korruption ist entscheidend. Die EU muss daher Maßnahmen ergreifen und für den Austausch bewährter Praktiken sorgen. Die Kommission wird 2011 zudem einen Vorschlag für die Unterstützung der Korruptionsbekämpfungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten und deren Überwachung vorlegen.
Um die Wirtschaft vor Infiltration durch kriminelle Netzwerke zu schützen, sollten Strategien zur Einbeziehung von Behörden und Regulierungsstellen, die für die Erteilung von Genehmigungen, Zulassungen, die Auftragsvergabe oder für Subventionen zuständig sind, entwickelt werden (administrativer Ansatz). Um die Mitgliedstaaten praktisch zu unterstützen, wird die Kommission 2011 wird ein Netz nationaler Kontaktstellen einrichten, um bewährte Praktiken zu entwickeln, und konkrete Pilotprojekte finanzieren.
Mit nachgeahmten Waren erzielen kriminelle Organisationen große Gewinne, verzerren den Handel im Binnenmarkt, schädigen die europäische Wirtschaft und gefährden die Gesundheit und Sicherheit der Bürger. Die Kommission wird daher mit einem Aktionsplan gegen die Marken- und Produktpiraterie geeignete Maßnahmen zur wirksameren Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum ergreifen. Um zwischenzeitlich gegen den Handel mit nachgeahmten Waren über das Internet vorzugehen, sollten die Zollbehörden der Mitgliedstaaten und die Kommission gegebenenfalls ihre zollrechtlichen Bestimmungen entsprechend anpassen, Kontaktstellen in den nationalen Zollbehörden einrichten und bewährte Praktiken austauschen.
Maßnahme 3: Einziehung von Erträgen aus Straftaten
Den kriminellen Netzwerken muss der finanzielle Anreiz genommen werden. Deshalb müssen die Mitgliedstaaten alles daran setzen, um die Erträge aus Straftaten zu beschlagnahmen, einzufrieren, zu verwalten und zu konfiszieren, und den erneuten Zugriff der Straftäter auf diese Erträge verhindern.
Dazu wird die Kommission 2011 einen Rechtsakt vorschlagen, mit dem die Bestimmungen der EU über die Einziehung 11 verschärft werden sollen. Insbesondere sollen die Möglichkeiten der Einziehung gegenüber Dritten 12 ausgebaut, die Beschlagnahmebefugnisse13 erweitert und die gegenseitige Anerkennung von Einziehungsentscheidungen ohne vorhergehende Verurteilung 14 unter den Mitgliedstaaten erleichtert werden.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet15, spätestens 2014 Vermögensabschöpfungsstellen einzurichten, sie mit den nötigen Mitteln und Befugnissen auszustatten, für entsprechende Schulungsmaßnahmen zu sorgen und sicherzustellen, dass sie Informationen austauschen können. Die Kommission wird bis 2013 gemeinsame Indikatoren entwickeln, anhand deren die Mitgliedstaaten die Tätigkeit dieser Stellen bewerten können. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten bis 2014 organisatorische Vorkehrungen treffen, um sicherzustellen, dass das eingefrorene Vermögen vor der endgültigen Einziehung nicht an Wert verliert. Beispielsweise können sie dazu Vermögensverwaltungsstellen einrichten. Parallel dazu wird die Kommission 2013 einen Leitfaden mit bewährten Praktiken vorlegen, mit denen verhindert werden kann, dass kriminelle Vereinigungen beschlagnahmtes Vermögen zurückerwerben.
Ziel 2: Maßnahmen gegen Terrorismus, Radikalisierung und die Rekrutierung von Terroristen
Vom Terrorismus geht nach wie vor eine akute Bedrohung aus, die ständig neue Formen annimmt. 16 Wie die Anschläge in Mumbai von 2008, der versuchte Anschlag auf einen Flug von Amsterdam nach Detroit Weihnachten 2009 und die vereitelten Anschlagspläne in mehreren Mitgliedstaaten in jüngster Zeit gezeigt haben, ändern Terrororganisationen ihre Strategie. Die Bedrohung geht inzwischen nicht mehr nur vom organisierten Terrorismus aus, sondern auch von Einzelkämpfern, die möglicherweise durch extremistische Propaganda radikalisiert wurden und sich Ausbildungsmaterial und Anleitungen aus dem Internet beschafft haben. Auch wir müssen unsere Terrorbekämpfungsstrategien ändern, um durch einen kohärenten europäischen Ansatz, der auch präventiv angelegt ist, sicherzustellen, dass wir den Terroristen einen Schritt voraus sind. 17 Darüber hinaus sollte die EU kritische Infrastrukturen ermitteln, die für die Gesellschaft und die Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung sind, etwa im Verkehrssektor oder im Bereich der Energieerzeugung und - versorgung, und Pläne zu ihrem Schutz erarbeiten18.
Für die praktische Umsetzung sind in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig, die zu diesem Zweck wirksame, koordinierte Maßnahmen ergreifen müssen und dabei die volle Unterstützung der Kommission und Hilfe vom EU-Koordinator für die Terrorismusbekämpfung erhalten.
Maßnahme 1: Einbindung der Bevölkerung in die Verantwortung zur Verhinderung von Radikalisierung und Rekrutierung von Terroristen
Einer Radikalisierung, die immer auch die Gefahr terroristischer Anschläge in sich birgt, kann am besten vorgebeugt werden, indem in unmittelbarer Umgebung der Personen, die am empfänglichsten dafür sind, und bei den am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen angesetzt wird. Dies setzt eine enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden und der Zivilgesellschaft sowie die Einbindung wichtiger Personengruppen innerhalb bestimmter anfälliger Gemeinschaften voraus. Die Maßnahmen gegen Radikalisierung und Rekrutierung sind größtenteils Sache der Mitgliedstaaten und sollten es auch bleiben.
Mehrere Mitgliedstaaten entwickeln derzeit geeignete Vorgehensweisen in diesem Bereich. Darüber hinaus haben einige Städte in der EU Konzepte für die Arbeit mit der lokalen Bevölkerung und Präventionsstrategien erarbeitet. Diese Initiativen waren oft erfolgreich. Die Kommission wird weiterhin die Weitergabe von solchen Erfahrungen fördern19.
Erstens wird sich die Kommission bis 2011 in Zusammenarbeit mit dem Ausschuss der Regionen für die Schaffung eines EU-Aufklärungsnetzwerks gegen Radikalisierung einsetzen, das von einem Online-Forum und EU-weiten Konferenzen unterstützt werden und Erfahrungen, Kenntnisse und bewährte Praktiken zur Sensibilisierung für das Problem der Radikalisierung und Kommunikationstechniken zusammentragen soll, um gegen die Verbreitung terroristischen Gedankenguts vorzugehen. Diesem Netzwerk werden politische Entscheidungsträger, Mitarbeiter von Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden, Staatsanwälte, Hochschulmitarbeiter, an der Basis tätige Personen und Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter Opfergruppen, angehören. Die Mitgliedstaaten sollten auf der Grundlage der durch das Netz erarbeiteten Konzepte virtuelle und reelle Foren schaffen, in denen die Bevölkerung offen debattieren kann und glaubwürdige Rollenvorbilder und Meinungsführer Gelegenheit haben, positive Botschaften zu vermitteln, die ein Gegengewicht zum terroristischen Gedankengut darstellen. Die Kommission wird auch die Arbeit der Ausführliche Informationen sind dem Dokument "Terrorismusbekämpfung: wichtigste Errungenschaften und künftige Herausforderungen" (KOM (2010) 386) zu entnehmen.
Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützen, die extremistische Gewaltpropaganda im Internet exponieren, übersetzen und widerlegen.
Zweitens wird die Kommission 2012 eine Ministerkonferenz zum Thema der Prävention von Radikalisierung und Rekrutierung organisieren, auf der die Mitgliedstaaten Gelegenheit haben werden, Beispiele erfolgreicher Aktionen gegen Extremismus zu präsentieren.
Drittens wird die Kommission zur Unterstützung der Bemühungen der Mitgliedstaaten auf der Grundlage dieser Initiativen und Diskussionen ein Handbuch mit Maßnahmen und Erfahrungen verfassen, deren Spektrum von der Prävention der Radikalisierung über die Unterbindung der Anwerbung von Terroristen bis hin zur Förderung der Abkehr vom Terrorismus und der Resozialisierung reicht.
Maßnahme 2: Unterbindung der Geld- und Materialbeschaffung durch Terroristen und Überwachung ihrer Transaktionen
Die Kommission wird 2011, gestützt auf Artikel 75 AEUV, möglicherweise einen Rahmen für Verwaltungsmaßnahmen zum Einfrieren von Vermögen vorlegen, um gegen Terrorismus und damit verbundene Aktivitäten vorgehen zu können. Die Aktionspläne der EU zur Verhinderung des Zugangs zu Explosivstoffen(2008) sowie zu chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Stoffen (CBRN)(2009) müssen durch legislative und nichtlegislative Maßnahmen prioritär umgesetzt werden. Das schließt auch die Verabschiedung einer Verordnung zur Einschränkung des freien Handels mit chemischen Grundstoffen für Sprengstoffe ein, die die Kommission 2010 vorgeschlagen hat. Geplant ist außerdem der Aufbau eines Europäischen Netzes von auf CBRN spezialisierten Einheiten der Strafverfolgungsbehörden, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Plänen auch die CBRN-Risiken berücksichtigen. Zudem soll Europol zu Strafverfolgungszwecken ein Frühwarnsystem für Vorfälle mit CBRN-Substanzen erhalten. Diese Maßnahmen erfordern eine enge Abstimmung mit den Mitgliedstaaten. Gegebenenfalls sollten auch öffentlichprivate Partnerschaften gebildet werden. Um möglichst zu verhindern, dass terroristische Vereinigungen und Staaten Zugang zu Materialien erhalten, die zur Herstellung von Sprengstoffen und Massenvernichtungswaffen verwendet werden könnten (biologische, chemische oder nukleare Stoffe), sollte die EU ihr System zur Kontrolle der Ausfuhr von Dual-Use-Gütern verschärfen und für die Anwendung des Systems an den Grenzen der EU und auf internationaler Ebene sorgen.
Nach Unterzeichnung des Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika über das Programm zum Aufspüren der Finanzierung des Terrorismus wird die Kommission 2011 ein EU-Konzept für die Extraktion und Auswertung von in der EU gespeicherten Finanztransaktionsdaten entwickeln.
Maßnahme 3: Schutz der Verkehrsträger
Die Kommission nimmt kontinuierlich eine Bewertung der Bedrohungen und Risiken vor und wird auf dieser Grundlage das EU-Konzept für die Flug- und Seeverkehrssicherheit weiterentwickeln. Dabei wird sie auch den Fortschritten in der Sicherheitsforschung und der Sicherheitstechnik Rechnung tragen und EU-Programme wie Galileo und die GMES-Erdbeobachtungsinitiative 20 nutzen. Indem sie versucht, eine noch bessere Balance zwischen größtmöglicher Sicherheit und Reisekomfort, Kostendämpfung und dem Schutz der Privatsphäre und Gesundheit herzustellen, erhofft sie sich die Unterstützung durch die Öffentlichkeit. Zudem wird sie sich um eine weitere Verschärfung der Kontrollen und der Regelungen zu ihrer Durchsetzung, auch im Frachtbetrieb, einsetzen. Sehr wichtig ist internationale Zusammenarbeit, die dazu beitragen kann, die Sicherheitsstandards weltweit anzuheben, gleichzeitig für eine effiziente Ressourcennutzung zu sorgen und doppelte Sicherheitskontrollen zu vermeiden.
Ein aktiverer europäischer Ansatz für den sehr breit gefächerten und komplexen Bereich der Gefahrenabwehr im Landverkehr und besonders im landgebundenen Personenverkehr ist möglich und gerechtfertigt.21 Die Kommission möchte ihre Tätigkeit im Bereich der Sicherheit im städtischen Nahverkehr durch Maßnahmen für
- a) den lokalen und regionalen Schienenverkehr und
- b) den Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr, einschließlich der zugehörigen Infrastruktur, ergänzen. Bisher beschränkte sich die EU aus Gründen der Subsidiarität und mangels einer internationalen Organisation ähnlich der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation oder Internationalen Luftfahrtorganisation, die eine abgestimmte europäische Politik erfordern würde, auf den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken. Nach Meinung der Kommission empfiehlt es sich unter Berücksichtigung der Erfahrungen in den Bereichen Flug- und Seeverkehrssicherheit, zunächst die Möglichkeit der Einrichtung eines ständigen Ausschusses für die Gefahrenabwehr im Landverkehr unter dem Vorsitz der Kommission, dem Verkehrs- und Strafvollzugsexperten angehören sollten, sowie eines Forums für den Meinungsaustausch zwischen öffentlichen und privaten Interessengruppen auszuloten. Nach den jüngsten Ereignissen wurden die laufenden Tätigkeiten zur Verbesserung und Verstärkung der Verfahren zur Überwachung von Transitluftfracht aus Drittländern beschleunigt.
Fragen der Verkehrssicherheit werden in einer einschlägigen Mitteilung ausführlich behandelt, deren Veröffentlichung für 2011 vorgesehen ist.
Ziel 3: Besserer Schutz der Bürger und Unternehmen im Cyberspace
Die Sicherheit von IT-Netzen ist eine Grundvoraussetzung für eine gut funktionierende Informationsgesellschaft. Nachzulesen ist dies in der jüngst veröffentlichten Digitalen Agenda für Europa 22, die sich mit Fragen der Cyberkriminalität, der Computersicherheit, der Sicherheit im Internet und des Datenschutzes befasst, die für das Vertrauen der Nutzer in das Netz und deren Schutz von grundlegender Bedeutung sind. Die rasche Entwicklung und Einführung neuer Informationstechnologien hat auch neue Formen krimineller Aktivitäten hervorgebracht. Die Cyberkriminalität ist ein weltweites Phänomen, das im EU-Binnenmarkt enormen Schaden verursacht. Das Internet ist so aufgebaut, dass Grenzen keine Rolle spielen. Die Strafverfolgung muss hingegen nach wie vor an den Staatsgrenzen haltmachen. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Anstrengungen auf EU-Ebene bündeln. Das "High Tech Crime Centre" von Europol sorgt für eine Koordinierung der Strafverfolgung, doch sind noch weitere Maßnahmen erforderlich.
Maßnahme 1: Aufbau von Kapazitäten bei der Strafverfolgung und in der Justiz
Spätestens 2013 soll die EU über ein Zentrum für Cyberkriminalität verfügen, das in den bestehenden institutionellen Rahmen integriert werden und es den Mitgliedstaaten und den Organen der EU erlauben soll, operationelle und analytische Kapazitäten für einschlägige Ermittlungen aufzubauen und die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern zu verstärken. 23 Durch das Zentrum sollen die Bewertung und Überwachung der vorhandenen Präventions- und Ermittlungsmaßnahmen verbessert, die Entwicklung von Ausbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für die Strafverfolgungs- und Justizbehörden unterstützt, für eine Zusammenarbeit mit der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) gesorgt und eine Verbindung zu einem Netz nationaler/staatlicher Computer- Notfallteams hergestellt werden. Das Zentrum für Cyberkriminalität sollte zur Zentralstelle für die Bekämpfung der Cyberkriminalität in der EU werden.
Die Mitgliedstaaten sollten ihrerseits einheitliche Standards für Polizeibeamte, Richter, Staatsanwälte und Forensik-Experten festlegen, die in einer Cyberstraftat ermitteln bzw. sie strafrechtlich verfolgen. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, bis 2013 in Absprache mit Eurojust, der EPA und Europol ihre nationalen Sensibilisierungs- und Ausbildungskapazitäten für Cyberkriminalität auszubauen und Exzellenzzentren entweder nur für ihr Land oder gemeinsam mit einem Partnerland einzurichten. Diese Zentren sollten mit Hochschulen und der Industrie eng zusammenarbeiten.
Maßnahme 2: Zusammenarbeit mit der Industrie zur Aktivierung und zum Schutz der Bürger
Alle Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Auffälligkeiten im Cyberspace ohne großen Aufwand gemeldet werden können. Nach Überprüfung der Meldung wird die Information in eine nationale und gegebenenfalls eine europäische Plattform für Hinweise auf Internetstraftaten eingespeist. Gestützt auf die nützlichen Arbeiten im Rahmen des Programms "Mehr Sicherheit im Internet" sollten die Mitgliedstaaten zudem sicherstellen, dass den Bürgern leicht zugängliche Informationen über Online-Bedrohungen und grundlegende Vorsichtsmaßnahmen zur Verfügung stehen. So sollte darüber informiert werden, wie der Einzelne seine Privatsphäre im Internet schützen kann, wie zweifelhafte Kontaktaufnahmen erkannt und gemeldet werden können, welche grundlegenden Antiviren- und Zugangsschutzprogramme installiert werden können, wie Passwörter verwaltet werden sollten und wie Phishing-, Pharming- und andere Angriffe festgestellt werden können. Die Kommission wird 2013 einen zentralen Pool einrichten, der mit gemeinsamen Ressourcen ausgestattet ist und bewährte Praktiken der Mitgliedstaaten und der Industrie in Echtzeit anwendet.
Auch muss die Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor auf europäischer Ebene durch die europäische öffentlichprivate Partnerschaft für Robustheit (EP3R) untermauert werden. In diesem Rahmen sollten weitere innovative Maßnahmen und Instrumente zur Verbesserung der Sicherheit, darunter auch der Sicherheit der kritischen Infrastruktur, sowie der Robustheit des Netzes und der Informationsinfrastruktur entwickelt werden. Die EP3R sollte auch mit Partnern aus Drittländern zusammenarbeiten, um das globale Risikomanagement bei IT-Netzen zu verstärken.
Gegen illegale Internetinhalte - darunter Aufrufe zum Terrorismus - sollte durch Leitlinien zur Zusammenarbeit vorgegangen werden, die auf Anmelde- und Löschverfahren basieren. Die Kommission plant, bis 2011 gemeinsam mit Internetdiensteanbietern, Strafverfolgungsbehörden und gemeinnützigen Organisationen solche Leitlinien auszuarbeiten. Über eine Internetplattform mit der Bezeichnung "Contact Initiative against Cybercrime for Industry and Law Enforcement" (Kontaktinitiative gegen Cyberkriminalität für Industrie und Strafverfolgung) möchte die Kommission Kontakte zu interessierten Kreisen knüpfen und die Kontakte unter diesen fördern.
Maßnahme 3: Verbesserung des Reaktionsvermögens gegenüber Cyberangriffen
Es sind verschiedene Maßnahmen nötig, um Versuche, in Informationssysteme einzudringen oder sie lahmzulegen, im Vorfeld zu verhindern beziehungsweise sie zu erkennen und umgehend darauf zu reagieren. Erstens sollten die Mitgliedstaaten und auch die EU-Organe selbst bis 2012 jeweils über ein gut funktionierendes Computer-Notfallteam (CERT) verfügen. Wichtig ist, dass diese Notfallteams bei der Verhütung und Abwendung von Cyberangriffen mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeiten. Zweitens müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen/staatlichen CERT bis 2012 miteinander vernetzen, damit Europa insgesamt besser gerüstet ist. Dies ist die Voraussetzung, damit, unterstützt von Kommission und ENISA, bis 2013 ein Europäisches Informations- und Warnsystem (EISAS) für die breitere Öffentlichkeit aufgebaut und ein Netz von Kontaktstellen zwischen Einrichtungen, die Informationen liefern können, und den zuständigen staatlichen Stellen errichtet werden kann. Drittens sollten die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der ENISA jeweils eigene Notfallpläne erarbeiten und in regelmäßigen Abständen auf nationaler und europäischer Ebene die Abwehr von Cyberangriffen und die Datenwiedergewinnung nach einem Systemabsturz üben. ENISA wird diese Maßnahmen unterstützen, indem es zur Verbesserung der Sicherheitsstandards der Notfallteams in Europa beiträgt.
Ziel 4: Erhöhung der Sicherheit durch Maßnahmen an den Außengrenzen
Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ist es für die EU einfacher geworden, Synergien zwischen den verschiedenen Vorgehensweisen bei der Grenzverwaltung im Bereich des Personen- und Warenverkehrs herzustellen, die dem Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten Rechnung tragen24. Im Bereich des Personenverkehrs kann die EU ihre Strategie für ein integriertes Grenzmanagement gleichzeitig auf die Steuerung der Migration und auf Kriminalitätsbekämpfung ausrichten. Die EU-Strategie basiert auf drei Pfeilern:
- - dem verstärkten Einsatz neuer Technologien für Grenzkontrollen (zweite Generation des Schengener Informationssystems (SIS II), Visainformationssystem (VIS), Ein-/Ausreise-Informationssystem und das Registrierungsprogramm für Reisende)
- - dem verstärkten Rückgriff auf neue Technologien zur Grenzüberwachung (europäisches Grenzüberwachungssystem EUROSUR) unter Zuhilfenahme von Diensten des Europäischen Erdbeobachtungsprogramms GMES und der schrittweisen Einführung eines gemeinsamen Informationsraums für den maritimen Bereich der EU25 und - einer stärkeren Koordinierung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten durch Frontex.
Im Bereich des Warenverkehrs hat die 2005 aus Sicherheitserwägungen vorgenommene Änderung des gemeinschaftlichen Zollkodex 26 die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Grenzen sicherer und gleichzeitig für unbedenkliche Waren durchlässiger werden. Sämtliches Frachtgut mit Ziel EU wird aus Sicherheitsgründen einer Risikoanalyse unterzogen, die auf gemeinsamen Kriterien und Standards basiert. So lassen sich die vorhandenen Ressourcen viel effektiver nutzen, weil sie sich gezielt dem mit einem möglichen Sicherheitsrisiko behafteten Frachtgut widmen können. Das System basiert auf der frühen Information über Warenbewegungen durch die Wirtschaftsbeteiligten, dem Aufbau eines gemeinsamen Rahmens für das Risikomanagement sowie auf dem Konzept des "zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten", das für alle Waren gelten soll, die in die EU eingeführt und aus der EU ausgeführt werden sollen. Diese Instrumente ergänzen einander und ergeben ein Gesamtkonzept, das derzeit weiterentwickelt wird, um der immer raffinierter vorgehenden organisierten Kriminalität Herr zu werden, der die Mitgliedstaaten allein nicht beizukommen vermögen.
Maßnahme 1: Volle Ausschöpfung des EUROSUR-Potenzials
Die Kommission wird 2011 als Beitrag zur inneren Sicherheit und zur Kriminalitätsbekämpfung einen Legislativvorschlag für EUROSUR vorlegen. Durch EUROSUR erhalten die Behörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, gegenseitig operative Informationen, soweit sie die Überwachung der Grenzen betreffen, auszutauschen, und auf taktischer, operativer und strategischer Ebene untereinander sowie mit Frontex zusammenzuarbeiten 27. Für EUROSUR wird auf neue Technologien zurückgegriffen werden, die im Rahmen von mit EU-Mitteln finanzierten Forschungsprojekten entwickelt worden sind, wie beispielsweise die Satellitentechnik zum Aufspüren und Verfolgen von Zielen an den Seegrenzen, etwa von Schnellbooten, mit denen Drogen in die EU verbracht werden.
In den letzten Jahren sind zwei größere Initiativen zur operativen Zusammenarbeit an den Seegrenzen auf den Weg gebracht worden - eine Initiative zu Menschenhandel und Schleusertum unter der Federführung von Frontex und eine weitere Initiative zum Drogenschmuggel im Rahmen von MAOC-N28 und CeCLAD-M29. 2011 wird die EU auf dem Weg hin zu einer integrierten operativen Aktion an den EU-Seegrenzen ein Pilotprojekt an ihrer südlichen und südwestlichen Grenze starten. Daran beteiligt sind neben den oben genannten beiden Zentren die Kommission, Frontex und Europol. Durch das Pilotprojekt sollen Synergien bei der Risikoanalyse und der Datenüberwachung für verschiedene Arten von Bedrohungen, an deren Abwehr ein gemeinsames Interesse besteht, wie Drogenschmuggel und Schleusertum, geschaffen werden30.
Maßnahme 2: Verstärkung des Frontex-Beitrags zur Kriminalitätsbekämpfung an den Außengrenzen
Im Zuge ihrer operativen Arbeit fallen Frontex wichtige Informationen über Mitglieder von Schleuserbanden oder Drogenringen zu. Derzeit dürfen diese Informationen jedoch nicht für Risikoanalysen oder die gezieltere Planung künftiger gemeinsamer Operationen herangezogen werden. Einschlägige Informationen über mögliche Straftäter kommen auch nicht bei den zuständigen nationalen Behörden oder bei Europol an, die weitere Ermittlungen anstellen könnten. Ebenso wenig darf Europol Einblick in seine analytischen Arbeitsdateien gewähren. Ausgehend von ihren bisherigen Erfahrungen und angesichts des Gesamtkonzepts der EU auf dem Gebiet des Informationsmanagements 31 ist die Kommission der Ansicht, dass die Zerschlagung krimineller Vereinigungen ein Stück weit erleichtert werden könnte, wenn Frontex in begrenztem Umfang nach Festlegung genauer Vorschriften für die Datenverwaltung die Möglichkeit erhielte, diese Informationen zu verarbeiten und zu nutzen. Allerdings darf dies nicht zu Überschneidungen in der Arbeit von Frontex und Europol führen.
Von 2011 an wird die Kommission anhand von Beiträgen sowohl von Frontex als auch von Europol am Ende eines jeden Jahres einen Bericht über bestimmte Arten der grenzüberschreitenden Kriminalität wie Menschenhandel, Schleusertum und Warenschmuggel vorlegen. Anhand dieses Berichts soll ab 2012 der Bedarf an gemeinsamen Operationen im Rahmen von Frontex sowie zwischen Polizei-, Zoll- und sonstigen einschlägigen Strafverfolgungsbehörden untersucht werden.
Maßnahme 3: Gemeinsames Risikomanagement für den die EU-Außengrenzen überschreitenden Warenverkehr
In den letzten Jahren ist in rechtlicher und in struktureller Hinsicht Einiges geschehen, um die Sicherheit von internationalen Lieferketten und Warenbewegungen über die EU-Außengrenzen hinweg zu verbessern. Der von den Zollbehörden geschaffene gemeinsame Rahmen für das Risikomanagement (Common Risk Management Framework/CRMF) sorgt für die fortlaufende Überprüfung der elektronischen Handelsdaten vor der Einfuhr (bzw. Ausfuhr), um das Sicherheitsrisiko für die EU und ihre Bürger abzuwägen, und beinhaltet gezielte Maßnahmen zur Eindämmung diesen Risiken. Der CRMF ermöglicht auch die Durchführung strengerer Kontrollen in Bereichen, die als prioritär eingestuft wurden, und die Umsetzung anderer Prioritäten etwa im Bereich des Handels oder des Schutzes der finanziellen Interessen. Der regelmäßige Austausch von risikorelevanten Informationen auf EU-Ebene ist ebenfalls Bestandteil des Systems.
In den kommenden Jahren wird eine der wesentlichen Aufgaben darin bestehen, dafür zu sorgen, dass das Risikomanagement und die damit verbundene Risikoanalyse sowie die aufgrund der Risikobewertung durchgeführten Kontrollen in allen Mitgliedstaaten auf demselben hohen Niveau erfolgen. Neben dem oben erwähnten jährlichen Bericht über Warenschmuggel wird die Kommission zur Eindämmung gemeinsamer Risiken auf EU-Ebene eine Analyse der Zollinformationen vornehmen. Um die Grenzen besser zu sichern, sollten Informationen auf EU-Ebene gebündelt werden. Damit die Zollkontrollen an den Außengrenzen das erforderliche Maß an Sicherheit bringen, wird die Kommission 2011 nach Möglichkeiten suchen, wie sich auf EU-Ebene die Ermittlung von Risiken und deren Analyse verbessern lassen, und gegebenenfalls entsprechende Vorschläge vorlegen.
Maßnahme 4: Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden
Die Mitgliedstaaten sollten bis Ende 2011 mit der Entwicklung gemeinsamer Risikoanalysen beginnen. Daran beteiligt werden sollten sämtliche Behörden, die eine Sicherheitsaufgabe wahrnehmen, d.h. Polizei-, Grenzschutz- und Zollbehörden, deren Aufgabe es ist, Schlupflöcher und Bedrohungen aller Art an den Außengrenzen aufzuspüren, z.B. wiederholtes Einschleusen von Menschen und Drogen aus demselben Gebiet an denselben Grenzübergängen. Diese Analysen sollen die jährlichen Berichte der Kommission zur grenzüberschreitenden Kriminalität, in die auch Beiträge von Frontex und Europol einfließen, ergänzen. Bis Ende diesen Jahres wird die Kommission eine Studie über vorbildliche Verfahren bei der Zusammenarbeit zwischen Grenzschutz und Zoll an den EU-Außengrenzen fertig stellen. Über die Art ihrer Verbreitung wird ebenfalls nachzudenken sein. 2012 wird die Kommission Vorschläge unterbreiten, wie die verschiedenen nationalen Behörden (Polizei, Grenzschutz und Zoll) ihre Grenzkontrollen besser koordinieren können. Darüber hinaus wird die Kommission bis 2014 zusammen mit Frontex, Europol und dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylanten Mindeststandards und vorbildliche Verfahren für gemeinsame Risikoanalysen, gemeinsame Ermittlungen, gemeinsame Operationen und den Austausch von relevanten Erkenntnissen zwischen den Behörden erarbeiten.
Ziel 5: Verbesserung der Widerstandsfähigkeit Europas gegenüber Krisen und Katastrophen
Die Krisen und Katastrophen, von denen die EU heimgesucht werden kann, sind vielfältig: sie reichen von Katastrophen, die dem Klimawandel zugeschrieben werden, über Terror- und Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen, die böswillige oder unbeabsichtigte Freisetzung von Krankheitserregern und plötzliche Grippeepidemien bis hin zu Katastrophen wegen Versagens der Infrastruktur. Diese sektorübergreifenden Bedrohungen erfordern Verbesserungen an den althergebrachten Krisenbewältigungs- und Katastrophenschutzmaßnahmen, die effizienter und kohärenter werden müssen. Hierzu bedarf es der Solidarität im Ernstfall sowie verantwortungsvoller Präventions- und Vorsorgemaßnahmen, wobei besonderes Augenmerk auf eine bessere Abschätzung aller potenziellen Gefahren - auch auf EU-Ebene - gelegt werden sollte.
Maßnahme 1: Anwendung der Solidaritätsklausel
Die Solidaritätsklausel im Vertrag von Lissabon 32 erlegt der EU und ihren Mitgliedstaaten die Verpflichtung zum gegenseitigen Beistand auf, wenn ein Mitgliedstaat Opfer eines Terroranschlags oder einer Naturkatastrophe oder einer von Menschenhand verursachten Katastrophe wird. Durch die Klausel sieht sich die EU veranlasst, ihre Krisenpräventions- und Krisenabwehrmechanismen besser zu organisieren und effizienter zu gestalten. Die gemeinsame Aufgabe der EU wird darin bestehen, die Solidaritätsklausel in die Praxis umzusetzen. Zu diesem Zweck werden die Hohe Vertreterin und die Kommission 2011 einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen.
Maßnahme 2: Entwicklung einer Bedrohung s- und Risikobewertung smethode, die allen Gefahren Rechnung trägt
Noch in diesem Jahr wird die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten im Bereich des Katastrophenschutzes EU-Richtlinien zur Risikobewertung und Risikokartierung erarbeiten. Sie wird sich dazu eines breit angelegten Ansatzes bedienen, der verschiedenen Gefahren und Risiken Rechnung trägt und im Prinzip für alle natürlichen und vom Menschen verursachten Katastrophen gelten soll. Bis Ende 2011 sollten dann die Mitgliedstaaten eigene Risikomanagement- und Risikoanalysemethoden entwickeln. Hiervon ausgehend wird die Kommission bis Ende 2012 eine sektorenübergreifende Übersicht über die größten natürlichen oder von Menschen verursachten Risiken erstellen, mit denen die EU in Zukunft konfrontiert sein kann 33. Außerdem werden im Mittelpunkt der für 2011 geplanten Kommissionsinitiative zur Sicherstellung der öffentlichen Gesundheit eine bessere Koordinierung des EU-Risikomanagements sowie der Ausbau der vorhandenen Strukturen und Mechanismen im Bereich der öffentlichen Gesundheit stehen.
Was die Einschätzung der Bedrohungslage betrifft, wird die Kommission Bemühungen unterstützen, die zum besseren Verständnis der unterschiedlich definierten Gefährdungsstufen beitragen und bei etwaigen Änderungen die Kommunikation erleichtern. Bis 2012 sollen die Mitgliedstaaten ihre eigenen Bedrohungsanalysen für terroristische Anschläge und sonstige arglistig herbeigeführte Bedrohungen erstellen. Ab 2013 wird die Kommission zusammen mit dem EU-Koordinator für Terrorismusbekämpfung und den Mitgliedstaaten in regelmäßigen Abständen auf der Grundlage nationaler Einschätzungen Übersichten über aktuelle Bedrohungen erstellen.
Bis 2014 sollte die EU eine kohärente Risikomanagementstrategie entwickeln, bei der die Bedrohungs- und Risikobewertungen in die Entscheidungsprozesse miteinfließen.
Maßnahme 3: Vernetzung der verschiedenen Lagebeobachtungszentren
Ein wirksames, koordiniertes Vorgehen im Krisenfall setzt die Fähigkeit voraus, sich sofort einen genauen und umfassenden Überblick über die Situation zu verschaffen. Aus allen einschlägigen Quellen müssen Informationen über die Lage innerhalb und außerhalb der Union eingeholt und anschließend analysiert, bewertet und mit den Mitgliedstaaten und den operativen und fachlich zuständigen Dienststellen in den EU-Organen ausgetauscht werden. Mit vollständig vernetzten sicheren Anlagen, der richtigen Ausstattung und entsprechend geschultem Personal kann die EU ein Gesamtkonzept für den Krisenfall entwickeln, das auf einer gemeinsamen Einschätzung der Lage beruht.
Ausgehend von den vorhandenen Möglichkeiten und bisherigen Erfahrungen wird die Kommission bis 2012 die vorhandenen sektorspezifischen Frühwarnsysteme und Kooperationsmechanismen für den Krisenfall34, sei es im Gesundheitswesen, beim Zivilschutz oder in der Atom- und Terrorüberwachung, stärker miteinander vernetzen und dabei auf operative Programme der EU zurückgreifen. Dies trägt zu einem verbesserten Informationsaustausch - auch mit den EU-Agenturen und dem Europäischen Auswärtigen Dienst einschließlich des Lagezentrums - bei und ermöglicht im Bedarfsfall die Erstellung gemeinsamer Berichte über die Bewertung der Risiken und der Bedrohungslage in der EU.
Voraussetzung für eine wirksame Koordinierung zwischen den Organen, Einrichtungen und Agenturen der EU ist ein tragfähiges Gesamtkonzept zum Schutz geheimer Informationen. Die Kommission beabsichtigt daher, hierzu 2011 einen Vorschlag vorlegen.
Maßnahme 4: Aufbau europäischer Notfallabwehrkapazitäten für den Katastrophenfall
Die Union sollte in der Lage sein, bei Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU Hilfe zu leisten. Die Erfahrungen der jüngsten Zeit zeigen, dass es noch Raum gibt für Verbesserungen, was die Schnelligkeit des Einsatzes und die Angemessenheit der Maßnahmen, die operative und politische Koordinierung und die Sichtbarkeit der EU-Katastrophenabwehr im Inneren und nach außen betrifft.
In der kürzlich vorgestellten Katastrophenschutzstrategie35 ist vorgesehen, dass die EU eine europäische Notfallabwehrkapazität auf der Grundlage im Voraus bereitgestellter Ressourcen der Mitgliedstaaten und im Voraus vereinbarter Notfallpläne aufbaut. Die Hilfe soll durch den Rückgriff auf gemeinsame Logistikzentren sowie mittels einfacherer und zwingenderer Regeln für die Bündelung und Kofinanzierung von Transportmitteln effizienter und kostengünstiger gestaltet werden. Zu den Kernelementen der Strategie wird die Kommission 2011 Legislativvorschläge vorlegen.
3. Umsetzung der Strategie
Die Umsetzung der Strategie der inneren Sicherheit liegt in der gemeinsamen Verantwortung der EU-Organe, der Mitgliedstaaten und der EU-Agenturen. Deshalb bedarf es dazu eines von allen gemeinsam vereinbarten Umsetzungsprozesses mit einer klaren Verteilung der Rollen und Aufgaben, wobei Rat und Kommission in enger Abstimmung mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst die treibende Kraft bei der Verwirklichung der strategischen Zielsetzungen sind. Die Kommission wird die Tätigkeit des Ständigen Ausschusses für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) unterstützen, um sicherzustellen, dass die operative Zusammenarbeit gefördert und verstärkt und die Koordinierung der Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erleichtert wird.36
Umsetzung
Die Prioritäten müssen sich in der Arbeitsplanung der EU-Agenturen und der Mitgliedstaaten und in den Arbeitsprogrammen der Kommission niederschlagen. Die Kommission wird dafür sorgen, dass für die innere Sicherheit relevante Tätigkeiten, d.h. Sicherheitsforschung, Industriepolitik und Projekte im Rahmen EU-finanzierter Programme, mit den strategischen Zielen im Einklang stehen. Die Finanzierung der Forschung im Sicherheitsbereich erfolgt durch das mehrjährige Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung. Die Kommission wird eine interne Arbeitsgruppe einsetzen, die die Umsetzung aktiv verfolgen soll. Darin soll auch der Europäische Auswärtige Dienst vertreten sein, um die Kohärenz mit der europäischen Sicherheitsstrategie insgesamt sicherzustellen und Synergien zwischen der Politik im Innen- und Außenbereich auch auf dem Gebiet der Risiko- und Bedrohungsbewertungen zu schaffen. Aus demselben Grund sollten auch COSI und der politische Sicherheitsausschuss PSK kooperieren und sich regelmäßig treffen.
Im Zeitraum 2011-2013 könnte die EU erforderlichenfalls Mittel in den Grenzen des derzeitigen mehrjährigen Finanzrahmens bereitstellen. Nach 2013 wird die Finanzierung von Maßnahmen zugunsten der inneren Sicherheit von der Kommission als Teil der Debatte über sämtliche für diesen Zeitraum anstehende Vorschläge geprüft werden. Dabei wird sie auch die Möglichkeit der Einrichtung eines Fonds für die innere Sicherheit in Erwägung ziehen.
Überwachung und Bewertung
Die Kommission wird gemeinsam mit dem Rat die Fortschritte bei der Strategie der inneren Sicherheit verfolgen. Sie wird anhand der Informationen, die die Mitgliedstaaten und Agenturen liefern, dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich Bericht erstatten, wobei nach Möglichkeit auf existierende Berichterstattungsverfahren zurückgegriffen wird. In dem Jahresbericht geht die Kommission auf die wichtigsten Entwicklungen in Bezug auf jedes einzelne strategische Ziel ein und prüft, ob die Maßnahmen auf Ebene der EU und der Mitgliedstaaten Wirkung gezeigt haben, und spricht gegebenenfalls Empfehlungen aus. Der Jahresbericht wird auch einen Anhang zur aktuellen Sicherheitslage beinhalten, den die Kommission mit Hilfe von Beiträgen der einschlägigen Agenturen ausarbeiten wird. Der Bericht könnte auch als Diskussionsgrundlage für die Beratungen des Europäischen Parlaments und des Rates zur inneren Sicherheit herangezogen werden.
Abschliessende Bemerkungen
Die Welt verändert sich und mit ihr die Bedrohungen und Herausforderungen, denen wir uns ausgesetzt sehen. Die Europäische Union muss hierauf die passende Antwort parat haben. Mit den in dieser Strategie beschriebenen Maßnahmen und einer gemeinsamen Herangehensweise befinden wir uns auf dem richtigen Weg. Eine Welt frei von jeglichen Bedrohungen wird es allerdings nicht geben, wie stark und wie gut vorbereitet wir auch immer sein mögen. Um so wichtiger ist es, dass wir unsere Anstrengungen verstärken.
Mit dem Vertrag von Lissabon als neuer Rechtsgrundlage soll die Aktiv-Strategie der inneren Sicherheit die gemeinsame Aufgabe der EU für die nächsten vier Jahre werden. Damit sie erfolgreich ist, müssen alle EU-Akteure an einem Strang ziehen, aber auch mit den außereuropäischen Akteuren zusammenarbeiten. Nur wenn die Mitgliedstaaten sowie die Organe, Einrichtungen und Agenturen der EU ihre Kräfte bündeln und gemeinsam an der Umsetzung der Strategie arbeiten, kann es eine abgestimmte europäische Antwort auf die aktuellen Bedrohungen für unsere Sicherheit geben.
- 1. Standard-Eurobarometer 71.
- 2. Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. (AEUV).
- 3. Stockholmer Programm: Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger (Ratsdokument 17024/09); Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts für die Bürger Europas - Aktionsplan zur Umsetzung des Stockholmer Programms (KOM (2010) 171). Das Stockholmer Programm ist das Programm der EU im Bereich Justiz und Inneres für den Zeitraum 2010-2014.
- 4. Ratsdokument, 5842/2/2010, Strategie der inneren Sicherheit der Europäischen Union: "Hin zu einem europäischen Sicherheitsmodell".
- 5. Strategie zur wirksamen Umsetzung der Charta der Grundrechte durch die Europäische Union (KOM (2010) 573).
- 6. Die Europäische Sicherheitsstrategie: "Ein sicheres Europa in einer besseren Welt" wurde 2003 verabschiedet und 2008 überarbeitet.
- 7. Gemäß dem Beschluss 2009/426/JI des Rates zu Eurojust, der bis Juni 2011 umzusetzen ist.
- 8. Die jüngst vorgelegten Vorschläge für Richtlinien über Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Cyberkriminalität sind ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung. In Artikel 83 Absatz 1 AEUV sind folgende andere Formen schwerer Kriminalität aufgelistet: Terrorismus, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln und organisierte Kriminalität.
- 9. Artikel 88 Absatz 2 Buchstabe b AEUV und Beschluss 2008/615/JI des Rates zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität.
- 10. Schlussfolgerungen 15358/10 des Rates zur Schaffung und Umsetzung eines EU-Politikzyklus zur Bekämpfung der organisierten und schweren internationalen Kriminalität.
- 11. Rahmenbeschluss 2001/500/JI über Geldwäsche und Einziehung.
- 12. Die Einziehung gegenüber Dritten bedeutet die Beschlagnahme von Vermögenswerten, die eine Person, gegen die ermittelt wird oder die überführt wurde, an Dritte weitergegeben hat.
- 13. Erweiterte Beschlagnahmebefugnis bedeutet, dass über die direkten Erträge aus einer Straftat hinaus Vermögenswerte beschlagnahmt werden dürfen, ohne dass eine Verbindung zwischen den mutmaßlichen Erträgen aus Straftaten und der Straftat nachgewiesen werden muss.
- 14. Verfahren zur Einziehung ohne strafrechtliche Verurteilung ermöglichen es, Vermögenswerte einzufrieren und einzuziehen, auch wenn der Eigentümer nicht von einem Strafgericht verurteilt wurde.
- 15. Beschluss 2007/845/JI des Rates verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von mindestens einer Vermögensabschöpfungsstelle in ihrem Hoheitsgebiet.
- 16. Zu den letzten Zahlen siehe Tendenz- und Lagebericht 2010 von Europol zur Terrorismusgefährdung.
- 17. Die Strategie der Europäischen Union zur Terrorismusbekämpfung, Dok. 14469/4/05 des Rates vom November 2005, gibt vier Handlungslinien vor: Prävention, Schutz, Verfolgung, Reaktion.
- 18. Richtlinie 2008/114/EG über europäische kritische Infrastrukturen im Rahmen eines umfassenderen Europäischen Programms zum Schutz kritischer Infrastruktur, das nicht auf den Schutz vor Terroranschlägen beschränkt ist.
- 19. Im Rahmen der EU-Strategie zur Bekämpfung von Radikalisierung und Anwerbung für den Terrorismus (CS/2008/15175) hat die Kommission Forschungsarbeiten und die Einrichtung des Europäischen Netzes der Experten für Radikalisierung unterstützt. Dadurch sollen Erkenntnisse über die Radikalisierung und Rekrutierung gewonnen werden. Außerdem fördert die Kommission Projekte der Mitgliedstaaten beispielsweise zum Zusammenwirken von Polizei und Bürgern ("Community Policing") und zur Kommunikation und Radikalisierung in Gefängnissen und unterstützt das Netzwerk der Vereinigungen von Terrorismusopfern. Darüber hinaus hat sie rund 5 Mio. EUR für Projekte der Opferhilfe bereitgestellt.
- 20. GMES steht für "Global Monitoring for Environment and Security" (Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung).
- 21. Europäischer Rat, März 2004, Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus.
- 22. KOM (2010) 245.
- 23. Die Kommission wird 2011 eine Durchführbarkeitsstudie für das Zentrum fertigstellen.
- 24. Artikel 80 AEUV.
- 25. Kommissionsmitteilung KOM (2009) 538 "Auf dem Weg zur Integration der Meeresüberwachung: Ein gemeinsamer Informationsraum für den maritimen Bereich der EU.
- 26. Verordnung (EG) Nr. 648/2005 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften.
- 27. Vorschläge der Kommission KOM (2008) 68 und KOM (2009) 538 zur Schaffung des Grenzkontrollsystems EUROSUR beziehungsweise zur Errichtung eines Informationsraums (CISE) für den maritimen Bereich der EU. Ein sechsstufiger Fahrplan zur Schaffung des gemeinsamen Informationsraums wurde vor kurzem angenommen (KOM (2010) 584).
- 28. MAOC-N - Maritime Analysis and Operations Centre - Narcotics.
- 29. CeCLAD-M - Centre de Coordination pour la lutte antidrogue en Méditerranée.
- 30. Dieses Projekt stellt eine Ergänzung dar zu den übrigen integrierten Projekten auf dem Gebiet der Seeüberwachung wie BlueMassMed und Marsuno, die die Wirksamkeit der Seeüberwachung auf dem Mittelmeer, dem Atlantik und den europäischen Meeren des Nordens verbessern sollen.
- 31. Überblick über das Informationsmanagement im Bereich Freiheit, Sicherheit und Recht (KOM (2010) 385).
- 32. Artikel 222 AEUV.
- 33. Schlussfolgerungen des Rates vom November 2009 zu einem Gemeinschaftsrahmen für die Katastrophenverhütung in der EU.
- 34. Die Kommission wird für Krisen und Gefahren aller Art und die Koordinierung zwischen den Kommissionsdienststellen auch künftig das ARGUS-System (siehe KOM (2005) 662) und die damit verbundenen Verfahren verwenden und sie weiterentwickeln.
- 35. Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe (KOM (2010) 600).
- 36. Artikel 71 AEUV; siehe auch Beschluss 2010/131/EU des Rates zur Einsetzung des Ständigen Ausschusses für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit.
- 37. Liste der verwendeten Abkürzungen: Europäische Kommission (KOM), Mitgliedstaaten (MS), Europäische Polizeiakademie (EPA), Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA), Maritime Analysis and Operations Centre Narcotics (MAOC-N), Centre de coordination pour la lutte antidrogue en M6dit6rran6e (CECLAD-M), Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (HR).