Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 11. bis 14. Juni 2012 die nachstehend aufgeführten Texte angenommen. Sie wurden dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 29. Juni 2012 zugeleitet.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13. Juni 2012 zur Lage im Sudan und Südsudan (2012/2659(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Sudan,
- - unter Hinweis auf die Resolution 2046 (2012) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 2. Mai 2012 zum Sudan und Südsudan,
- - in Kenntnis der Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Kommission, Catherine Ashton, in der sie die Resolution 2046(2012) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 2. Mai 2012 begrüßt,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 31. Januar 2011 zum Sudan und des Beschlusses des Rates vom 23. Mai 20111, - unter Hinweis auf die am 10. Februar 2012 zwischen dem Sudan und dem Südsudan unterzeichneten Vereinbarung über Nichtangriff und Zusammenarbeit,
- - in Kenntnis der Erklärungen des Sprechers der Hohen Vertreterin der EU, Catherine Ashton, vom 28. März 2012 und vom 11. April 2012 zu den bewaffneten Grenzkonflikten zwischen dem Sudan und dem Südsudan,
- - unter Hinweis auf die Erklärung der Afrikanischen Union vom 17. April 2012, in der der Sudan und der Südsudan aufgefordert werden, verantwortungsvoll zu handeln und den Appellen der AU und der internationalen Gemeinschaft, den derzeitigen Konflikt zwischen den beiden Ländern unverzüglich zu beenden, Folge zu leisten, - unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 16. April 2012 zur Lage im Sudan und im Südsudan, in der er tiefe Besorgnis über die anhaltenden Feindseligkeiten zwischen den beiden Ländern und die sich daraus ergebenden Folgen für die unschuldige Zivilbevölkerung zum Ausdruck bringt,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ban Kimoon, vom 19. April 2012, in der er den Sudan und den Südsudan eindringlich auffordert, ihre Feindseligkeiten zu beenden und damit ein Wiederaufflammen eines Konfliktes abzuwenden, der im Laufe von zwei Jahrzehnten bereits Millionen Menschenleben gefordert hat,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 23. April 2012 (3159. Tagung des Rates "Auswärtige Angelegenheiten") zum Sudan und zum Südsudan, in denen die tiefe Besorgnis der EU über den eskalierenden Konflikt zwischen dem Sudan und dem Südsudan zum Ausdruck gebracht wird,
- - unter Hinweis auf den Fahrplan für den Sudan und den Südsudan, der in dem am 24. April 2012 vom Friedens- und Sicherheitsrat der AU veröffentlichten Kommuniqué dargelegt ist und der von der EU umfassend unterstützt wird,
- - unter Hinweis auf das 2005 geschlossene umfassende Friedensabkommen für den Sudan,
- - unter Hinweis auf die Mission der Vereinten Nationen im Südsudan (UNMISS) und die Interims-Sicherheitstruppe der Vereinten Nationen für Abyei (UNISFA), - unter Hinweis auf die Erklärung der Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU zum Sudan und zum Südsudan, die am 30. Mai 2012 von der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung angenommen wurde,
- - gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die wiederholten grenzüberschreitenden Gewalthandlungen zwischen dem Sudan und dem Südsudan, darunter auch Truppenbewegungen, die Einnahme und Besetzung Hegligs, die Unterstützung von Stellvertreter-Truppen, die Unterstützung der Rebellen der gegnerischen Seite, die Kämpfe zwischen den Sudanesischen Streitkräften (SAF) und der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee (SPLA), dazu geführt haben, dass sich der Konflikt zwischen dem Sudan und dem Südsudan zu einer echten Konfrontation ausgeweitet hat;
B. in der Erwägung, dass durch die Kämpfe zwischen dem Sudan und dem Südsudan und die andauernden Kämpfe in den Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil im Sudan eine ernste humanitäre Lage entstanden ist;
C. in der Erwägung, dass die fehlende Einigung auf vorläufige wirtschaftliche Vereinbarungen zwischen den beiden Ländern, unter anderem über die Nutzung von Erdöl, dazu geführt hat, dass sich Khartum Ölfelder im Süden angeeignet hat und dass der Südsudan beschlossen hat, die Erdölförderung zu unterbrechen, und dass sie somit erheblich zur derzeitigen Krise beigetragen hat;
D. in der Erwägung, dass am 29. Juni 2011 das Abkommen zwischen der Regierung des Sudan und der Regierung des Südsudan über Grenzsicherheit und den Gemeinsamen Mechanismus für politische und Sicherheitsfragen abgeschlossen wurde, welches die Verpflichtung beinhaltet, eine sichere entmilitarisierte Grenzzone einzurichten, und dass am 30. Juli 2011 das Abkommen zwischen der Regierung des Sudan und der Regierung des Südsudan über die Unterstützungsmission für die Grenzüberwachung geschlossen wurde;
E. in der Erwägung, dass der Südsudan seinen unverzüglichen Rückzug aus dem Gebiet Abyei im Einklang mit dem Abkommen zwischen dem Sudan und dem Südsudan vom 20. Juni 2011 angekündigt hat;
F. in der Erwägung, dass die Beschlussentwürfe im Rahmen des Gemeinsamen Mechanismus für politische und Sicherheitsfragen, die den Parteien am 4. April 2012 von der Hochrangigen Umsetzungsgruppe der Afrikanischen Union vorgelegt wurden, eine vernünftige Grundlage für die Schaffung beiderseitiger Sicherheit entlang der gemeinsamen Grenze zwischen dem Sudan und dem Südsudan bilden;
G. in der Erwägung, dass die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 2. Mai 2012 einstimmig angenommene Resolution einen Fahrplan für den Sudan und den Südsudan zur Einstellung aller Feindseligkeiten und zur Lösung ihrer nach der Abspaltung noch bestehenden Probleme innerhalb von drei Monaten enthält;
H. in der Erwägung, dass sowohl der Sudan als auch der Südsudan den Fahrplan begrüßt und sich verpflichtet haben, die Feindseligkeiten umgehend einzustellen, und in der Erwägung, dass die Lage jedoch nach wie vor äußerst angespannt ist;
I. in der Erwägung, dass der Sudan und der Südsudan am 4. Juni 2012 erste Gespräche auf hochrangiger Ebene über Grenzsicherheit aufgenommen haben, nachdem der Bürgerkrieg der Vergangenheit infolge einer Reihe von Zusammenstößen an den Grenzen wieder die Ausmaße eines tiefen Konflikts anzunehmen drohte;
J. in der Erwägung, dass die EU die sofortige Aktivierung des Mechanismus für die Überprüfung und Überwachung der gemeinsamen Grenze für äußerst wichtig hält und in diesem Zusammenhang internationale Beobachter and andere Einsatzkräfte vor Ort stationieren will, um die weitere Entwicklung zu beobachten und dazu beizutragen, dass die Vereinbarungen eingehalten werden;
K. in der Erwägung, dass der Sudan und der Südsudan unter einer schweren Dürre leiden und die Menschen bereits auf der Suche nach Nahrung abwandern, und in der Erwägung, dass Mitarbeitern der Vereinten Nationen zufolge ungefähr eine Million Menschen verhungern könnte, wenn sie in den kommenden Monaten keine Nahrungsmittelhilfe erhalten;
- 1. begrüßt die Tatsache, dass sowohl der Sudan als auch der Südsudan dem Fahrplan zugestimmt haben, der in der Resolution 2046(2012) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 2. Mai 2012 gebilligt wurde, und ihre Zusage bekräftigt haben, die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen; begrüßt die Wiederaufnahme der direkten Verhandlungen in Addis Abeba sowie die Rolle der Afrikanischen Union und die Vermittlung von Thabo Mbeki in diesem Prozess;
- 2. fordert den Sudan und den Südsudan auf, ihren politischen Willen und ihre praktische Bereitschaft zu zeigen, den Weg des Friedens zu beschreiten, indem sie die Sicherheitsbedenken beider Seiten im Wege substanzieller Verhandlungen im Rahmen des Gemeinsamen Mechanismus für politische und Sicherheitsfragen angehen und mit der Einrichtung einer sicheren, entmilitarisierten Grenzzone und dem bedingungslosen Rückzug all ihrer Streitkräfte auf ihre Seite der Grenze im Einklang mit früher geschlossenen Abkommen, unter anderem dem Abkommen über die Unterstützungsmission für die Grenzüberwachung vom 30. Juli 2011, beginnen;
- 3. fordert die sofortige Aktivierung des Gemeinsamen Mechanismus für die Überprüfung und Überwachung der gemeinsamen Grenze durch die Entsendung internationaler Beobachter and anderen Einsatzpersonals vor Ort, um die Einhaltung der Vereinbarungen zu überwachen und zu unterstützen;
- 4. fordert den Sudan und den Südsudan auf, die ausstehenden Aspekte des Abkommens vom 20. Juni 2011 über vorläufige Regelungen für die Verwaltung und Sicherheit des Gebiets Abyei umzusetzen, insbesondere den Abzug aller sudanesischen und südsudanesischen Streitkräfte aus dem Gebiet Abyei; begrüßt den Rückzug der Armee des Südsudan aus Heglig und fordert die Regierung des Sudan auf, das Gleiche zu tun; fordert, dass die sudanesischen Streitkräfte die Luftangriffe auf den Südsudan unverzüglich einstellen;
- 5. fordert den Sudan und den Südsudan auf, den anderen Staat bekämpfenden Rebellengruppen nicht länger Unterschlupf und Unterstützung zu gewähren;
- 6. drängt alle Parteien, sich insbesondere an die Ziffern 7 und 16 des Beschlusses des Friedens- und Sicherheitsrates der Afrikanischen Union vom 24. April 2012 zu halten, in dem erneut darauf hingewiesen wird, dass Staatsgrenzen nicht unter Einsatz von Gewalt verschoben werden dürfen, dass Grenzstreitigkeiten ausschließlich im gegenseitigen Einvernehmen, friedlich und mit politischen Mitteln beigelegt werden dürfen und dass es für den Konflikt in den Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil keine militärische Lösung geben kann;
- 7. fordert die EU auf, weiterhin eng mit ihren internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, insbesondere mit der AU und den VN, sowie zu gewährleisten, dass der Sudan und der Südsudan die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 2. Mai 2012 zum Fahrplan für den Sudan und den Südsudan umsetzen;
- 8. ist tief besorgt über die durch die Kämpfe zwischen dem Sudan und dem Südsudan sowie durch die anhaltenden Kämpfe in den Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil im Sudan entstandene humanitäre Lage; verurteilt entschieden alle gegen Zivilisten gerichteten Gewaltakte, die gegen das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen verstoßen;
- 9. fordert alle Parteien auf, die Menschenrechte zu fördern und zu wahren, auch die Rechte von Frauen und Menschen, die schutzbedürftigen Gruppen angehören, und ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, auch denen, die sich aus dem humanitären Völkerrecht und den völkerrechtlich verankerten Menschenrechtsnormen ergeben, und fordert, dass die Verantwortlichen für Verstöße gegen diese Rechtsnormen, einschließlich sexueller Gewalt, zur Rechenschaft gezogen werden;
- 10. fordert den Sudan und den Südsudan nachdrücklich auf, Zugang zu der betroffenen Bevölkerung in den Konfliktgebieten, insbesondere in den Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil, für humanitäre Zwecke zu gewähren und im Einklang mit dem Völkerrecht und dem humanitären Völkerrecht den sicheren, ungehinderten und unverzüglichen Zugang der Vereinten Nationen und sonstigen humanitären Hilfspersonals sowie die Lieferung von Versorgungsgütern und Ausrüstungsgegenständen zu gewährleisten, damit dieses Personal wirksam seine Aufgabe wahrnehmen kann, der vom Konflikt betroffenen Zivilbevölkerung zu helfen;
- 11. fordert beide Seiten eindringlich auf, hetzerische Rhetorik und feindselige Propaganda einzustellen, die zu gegenseitiger Dämonisierung, zu Fremdenfeindlichkeit und zur Androhung von Gewalt führen; fordert beide Regierungen auf, die volle Verantwortung für den Schutz der Staatsangehörigen des jeweils anderen Landes im Einklang mit internationalen Grundsätzen und in Übereinstimmung mit dem im März 2012 paraphierten Rahmenabkommen über den Status der Angehörigen des anderen Staates und damit zusammenhängende Fragen zu übernehmen;
- 12. begrüßt den Beschluss des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, das Mandat der Mission der Vereinten Nationen im Sudan (UNMIS) zu verlängern und zusätzliche Friedenstruppen in den Sudan zu entsenden; ist der Ansicht, dass eine fortgesetzte Präsenz der Vereinten Nationen für die friedliche Entwicklung zweier lebensfähiger Staaten von größter Bedeutung ist; fordert den Sudan und den Südsudan auf, die Präsenz der Vereinten Nationen gutzuheißen und die Sicherheit der Mission zu gewährleisten;
- 13. fordert den Sudan und den Südsudan mit Nachdruck auf, Einigung über ungeklärte politische und wirtschaftliche Übergangsregelungen zwischen den beiden Ländern, auch über die Nutzung des Erdöls, zu erzielen; bekräftigt, dass die Beilegung der Streitigkeiten über den Grenzverlauf eine Voraussetzung für Frieden und Stabilität in der Region ist;
- 14. fordert den Sudan und den Südsudan auf, das Grenzprogramm der Afrikanischen Union zu nutzen, das den Parteien dabei helfen kann, eine Lösung in Bezug auf den Grenzverlauf und die umstrittenen Gebiete auf der Grundlage afrikanischer bewährter Verfahren und internationaler Grundsätze zu finden;
- 15. ist überzeugt, dass die langfristige Stabilität in der Region eine neue einheitliche, umfassende internationale Strategie erfordert, bei der die EU neben anderen globalen und regionalen Akteuren eine Rolle spielen würde, und die sich nicht nur mit Fragen der Nord-Süd-Beziehungen und der Lage in den Bundesstaaten Südkordofan und Blauer Nil, sondern auch mit dem überfälligen Reformprozess im Sudan und der Vertiefung demokratischer Reformen im Südsudan beschäftigen sollte; fordert die HV/VP und die Kommission auf, die Bereitschaft zu signalisieren, die erforderliche Hilfe zu leisten, wenn die regierende Nationale Kongresspartei (NCP) des Sudan zu einem freien und ungehinderten nationalen Dialog bereit ist, der darauf abzielt, von allen akzeptierte integrative verfassungsrechtliche Bestimmungen festzulegen, und wirkliche Schritte zur Beendigung der Straffreiheit in Darfur, Südkordofan und Blauer Nil ergreift;
- 16. fordert die Kommission, die EU-Mitgliedstaaten und die internationale Gemeinschaft auf, ihre Finanzierungszusagen für die Region einzuhalten und insbesondere Abhilfe bezüglich des gravierenden Mangels an Nahrungsmittelhilfe, Notunterkünften und Schutz zu schaffen; fordert, dass der Ernährungssicherheit besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird und für konkrete Maßnahmen gesorgt wird, falls die Lage sich verschlechtern sollte;
- 17. beauftragt seine Präsidenten, diese Entschließung der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Sicherheitsrat und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen sowie der EU-Sonderbeauftragten für den Südsudan, der Regierung des Sudan, der Regierung des Südsudan, den Organen der Afrikanischen Union, dem Vorsitzenden der hochrangigen Umsetzungsgruppe der Afrikanischen Union zum Sudan und den Regierungen und Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 zur Lage der Menschenrechte in Tibet (2012/2685(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu China und Tibet, insbesondere die Entschließungen vom 26. Oktober 20112 und vom 24. November 20103, - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen vom 7. April 2011 zum Verbot der Wahl der tibetischen Exil-Regierung in Nepal4,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,
- - unter Hinweis auf Artikel 36 der Verfassung der Volksrepublik China, der allen Bürgern das Recht auf die Freiheit der religiösen Überzeugung garantiert,
- - gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte und des Rechts auf freie Entfaltung der Identität und der Kultur sowie die Achtung der Religions- und Vereinigungsfreiheit Grundprinzipien der Europäischen Union und ihrer Außenpolitik sind;
B. in der Erwägung, dass die EU die Rechte der tibetischen Minderheit bei der 31. Runde des Menschenrechtsdialogs EU-China am 29. Mai 2012 in Brüssel angesprochen hat; in der Erwägung, dass der Menschenrechtsdialog EU-China nicht zu nennenswerten Verbesserungen der Menschenrechtslage der Tibeter geführt hat;
C. in Kenntnis der Tatsache, dass sich die Gesandten Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, an die Regierung der Volksrepublik China gewandt haben, um eine friedliche, für beide Seiten vorteilhafte Lösung der Tibet-Frage zu finden; in der Erwägung, dass die Gespräche zwischen den beiden Seiten zu keinen konkreten Ergebnissen geführt haben und sie derzeit auf Eis liegen;
D. in der Erwägung, dass die staatlichen Stellen der Volksrepublik China mit unverhältnismäßiger Gewalt reagierten, als sie 2008 gegen die Proteste in Tibet vorgingen, und dass sie seither restriktive Sicherheitsmaßnahmen verhängt haben, die die freie Meinungsäußerung, die Vereinigungs- und die Glaubensfreiheit einschränken;
E. in der Erwägung, dass infolge der Proteste im Jahr 2008 vermutlich über 200 Opfer zu beklagen waren, die Zahl der Festgenommenen zwischen 4434 und über 6500 schwankte und es Ende 2010 insgesamt 831 bekannte politische Gefangene in Tibet gab, von denen 360 im Rahmen eines Gerichtsurteils verurteilt worden waren und 12 eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßten;
F. in der Erwägung, dass die Behörden der Volksrepublik China in den tibetischen Gefängnissen angeblich foltern, etwa durch Prügel und den Einsatz von Elektroschockwaffen, langfristige Einzelhaft, Aushungerung und anderweitige ähnliche Maßnahmen, um Geständnisse zu erzwingen;
G. in der Erwägung, dass sich seit 2009 angeblich 38 Tibeter, zumeist Mönche und Nonnen, selbst verbrannt haben, um gegen die restriktive Politik Chinas in Tibet zu demonstrieren und die Rückkehr des Dalai Lama sowie das Recht auf Religionsfreiheit in Aba/Ngaba in der Provinz Sichuan und in anderen Teilen des tibetischen Hochlandes zu unterstützen;
H. in der Erwägung, dass bei einigen Opfern von Selbstverbrennungen nach wie vor unbekannt oder unklar ist, wie es um ihren derzeitigen Gesundheitszustand bestellt ist und wo sie sich aufhalten, z.B. Chimey Palden, Tenpa Darjey, Jamyang Palden, Lobsang Gyatso, Sona Rabyang, Dawa Tsering, Kelsang Wangchuck, Lobsang Kelsang, Lobsang Kunchok und Tapey;
I. in der Erwägung, dass Gedhun Choekyi Nyima, der 11. Panchen Lama, von den Behörden der Volksrepublik China festgenommen und seit 14. Mai 1995 nicht mehr gesehen wurde;
J. in der Erwägung, dass die tibetische Identität, Sprache, Kultur und Religion - das Zeugnis einer historisch reichen Zivilisation - durch die Neuansiedlung von Han-Chinesen auf dem historischen Gebiet Tibets und die Ausrottung des traditionellen Nomadenlebens der Tibeter gefährdet sind;
K. in der Erwägung, dass die EU derzeit mit der Ausarbeitung des Mandats und der Ernennung des EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte befasst ist;
L. in der Erwägung, dass die früheren, an die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik gerichteten Aufforderungen des Europäischen Parlaments, mit ihren chinesischen Kollegen die Lage in Tibet zu erörtern, nicht die erwarteten Ergebnisse erbracht haben;
- 1. bekräftigt, dass sich die strategische Partnerschaft zwischen der EU und der Volksrepublik China auf gemeinsame Grundsätze und Werte stützen sollte;
- 2. fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, ihre Anstrengungen im Rahmen des Menschenrechtsdialogs EU-China mit Blick auf die Verbesserung der Menschenrechtslage der Tibeter zu verstärken und zu intensivieren;
- 3. bedauert in diesem Zusammenhang, dass die chinesischen Staatsorgane nicht bereit sind, den Dialog zweimal im Jahr durchzuführen, und ihre Haltung zu den Modalitäten und zur Häufigkeit der Treffen, insbesondere hinsichtlich der Stärkung der zivilgesellschaftlichen Komponente und der Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den Dialog; fordert die Vizepräsidentin der Kommission/die Hohe Vertreterin der Union auf, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um sicherzustellen, dass der Menschenrechtsdialog wirksamer und ergebnisorientierter gestaltet wird;
- 4. lobt, dass bei der Führung der Tibeter im Exil durch Seine Heiligkeit, den Dalai Lama, ein sehr wichtiger und erfolgreicher Demokratisierungsprozess stattgefunden hat, und die Tatsache, dass er vor kurzem seine politischen Befugnisse und Zuständigkeiten auf den demokratisch gewählten Kalon Tripa der Regierung der Exiltibeter ("Central Tibetan Administration") übertragen hat, der die Hoffnungen des tibetischen Volkes repräsentiert;
- 5. lobt die Entscheidung der demokratisch gewählten neuen tibetischen politischen Führung, an der Politik des goldenen Mittelweges Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, festzuhalten, durch die echte Autonomie für die Tibeter innerhalb der Volksrepublik China und im Rahmen der chinesischen Verfassung angestrebt wird;
- 6. billigt die im Memorandum über echte Autonomie für das tibetische Volk enthaltenen Grundsätze, die von den Gesandten Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, ihren chinesischen Partnern im Jahr 2008 vorgeschlagen wurden und die die Grundlage für eine realistische und nachhaltige politische Lösung der Tibet-Frage bilden;
- 7. weist die Auffassung der Regierung der Volksrepublik China zurück, dass Kontakte von Regierungen mit Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, und Mitgliedern der gewählten tibetischen Führung sowie der Ausdruck von Unterstützung durch Regierungen für eine friedliche Lösung der Tibet-Frage durch Dialog und Verhandlungen einen Verstoß gegen die Ein-China-Politik darstellten;
- 8. fordert die Staatsorgane der Volksrepublik China auf, dem historischen Gebiet Tibets eine Autonomie in des Wortes voller Bedeutung zu gewähren;
- 9. äußert sich enttäuscht darüber, dass die Regierung der Volksrepublik China seit Januar 2010 nicht mehr bereit ist, den Dialog mit den Gesandten Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, fortzusetzen, und legt den chinesischen Staatsorganen nahe, in eine gedeihliche Diskussion mit den Vertretern der Regierung der Exiltibeter ("Central Tibetan Administration") über die Zukunft Tibets einzutreten;
- 10. weist nachdrücklich darauf hin, dass die Staatsorgane der Volksrepublik China die freie Meinungsäußerung, die Vereinigungsfreiheit und die Glaubensfreiheit der Tibeter achten müssen;
- 11. fordert die Staatsorgane der Volksrepublik China mit Nachdruck auf, eine unabhängige internationale Untersuchung der Proteste im Jahr 2008 und ihrer Folgen zu ermöglichen, und fordert die Freilassung der politischen Gefangenen;
- 12. verurteilt jede Form von Folter von Menschen, die sich in Gewahrsam befinden, und ersucht die Staatsorgane der Volksrepublik China, eine unabhängige internationale Inspektion der Gefängnisse und Hafteinrichtungen in Tibet zuzulassen;
- 13. bekräftigt, dass es das anhaltende harte Vorgehen der chinesischen Staatsorgane gegen tibetische Klöster ablehnt, und fordert die chinesische Regierung auf, die Religionsfreiheit sowohl der Bevölkerung Tibets als auch aller seiner Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten;
- 14. besteht darauf, dass die chinesischen Staatsorgane das Schicksal und den Aufenthaltsort aller Opfer von Selbstverbrennung in Tibet bekannt geben;
- 15. bekräftigt seine an die chinesischen Staatsorgane gerichtete Forderung, das Schicksal und den Aufenthaltsort von Chedun Choekyi Nyima, dem 11. Panchen Lama, zu offenbaren;
- 16. fordert die chinesischen Staatsorgane auf, die Freiheit der Tibeter in Bezug auf Sprache, Kultur und Religion sowie andere Grundfreiheiten zu achten und Abstand von der Politik der Neuansiedlung von Han-Chinesen in den historischen Gebieten Tibets und davon zu nehmen, tibetische Nomaden dazu zu zwingen, ihre traditionelle Lebensweise aufzugeben;
- 17. fordert die chinesischen Staatsorgane auf, alle Einschränkungen aufzuheben und unabhängigen Medien, Journalisten und Menschenrechtsbeobachtern ungehinderten Zugang zu und Freizügigkeit in ganz Tibet zu gewähren;
- 18. fordert, dass der EU-Sonderbeauftragte für Menschenrechte, sobald er ernannt wurde, regelmäßig einen Bericht über die Menschenrechtslage in der Volksrepublik China unter besonderer Berücksichtigung Tibets, vorlegt;
- 19. fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik mit Nachdruck auf, einen Sonderkoordinator zu ernennen, dem die Aufgabe obliegt, regelmäßig einen Bericht über Tibet vorzulegen, um die Achtung der Menschenrechte des tibetischen Volkes voranzutreiben, einschließlich seines Rechts auf Bewahrung und Weiterentwicklung seiner charakteristischen Identität und deren religiöser, kultureller und sprachlicher Ausdrucksformen, einen konstruktiven Dialog und Verhandlungen zwischen der Regierung der Volksrepublik China und den Gesandten Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, zu fördern und die tibetischen Flüchtlinge, insbesondere in Nepal und Indien, zu unterstützen;
- 20. fordert die Vizepräsidentin der Kommission/Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik auf, die Menschenrechtslage in Tibet bei jedem Treffen mit den Vertretern der Volksrepublik China anzusprechen;
- 21. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament der Volksrepublik China, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der tibetischen Exil-Regierung, dem tibetischen Exil-Parlament und Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, zu übermitteln.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 zur Ausmerzung der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen (2012/2684(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die im Rahmen des VN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen (CEDAW) und des diesbezüglichen Fakultativprotokolls ausgearbeiteten Berichte sowie das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 24. März 2009 zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Frauen in der Europäischen Union5,
- - unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 5. Dezember 2011 zum Thema "Ending female genital mutilation" (Ausmerzung der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen),
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz) (EPSCO) vom 8. März 2010 zur Ausmerzung der Gewalt gegen Frauen in der Europäischen Union und dessen Appell für einen internationalen Ansatz zur Bekämpfung der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen, - unter Hinweis auf die Konvention des Europarates vom 12. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt,
- - unter Hinweis auf die vom Rat (Allgemeine Angelegenheiten) am 8. Dezember 2008 angenommenen "Leitlinien der EU betreffend Gewalt gegen Frauen und die Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung von Frauen",
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 5. April 2011 zu den Prioritäten und Grundzügen einer neuen EU-Politik zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen6, - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. April 2012 über den Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte in der Welt und über die Politik der EU zu diesem Thema, einschließlich der Auswirkungen auf die strategische Menschenrechtspolitik der EU7,
- - gestützt auf Artikel 110 Absätze 2 und 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen ein nicht wiedergutzumachender Übergriff ist, durch den aus nicht medizinischen Gründen an den weiblichen Genitalien vorsätzlich Veränderungen vorgenommen oder ihnen Verletzungen zugefügt werden mit irreversiblen Folgen, unter denen derzeit 140 Millionen Frauen und Mädchen leiden; in der Erwägung, dass jedes Jahr weitere 3 Millionen Mädchen Gefahr laufen, diesem Eingriff unterzogen zu werden;
B. in der Erwägung, dass nach Schätzungen der WHO mindestens 500 000 Frauen und Mädchen in Europa leben, die Opfer einer Genitalverstümmelung wurden, und 180 000 Mädchen ein solcher Eingriff droht; in der Erwägung, dass Sachverständigen zufolge diese Schätzwerte zu niedrig sind und Migrantinnen der zweiten Generation und solche ohne Ausweispapiere nicht mitgezählt wurden;
C. in der Erwägung, dass jegliche Form der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen eine gesundheitsschädliche traditionelle Praxis darstellt, die nicht als Bestandteil einer Religion betrachtet werden kann, sondern ein Akt der Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist, der einen Verstoß gegen ihre Grundrechte, insbesondere ihr Recht auf persönliche Sicherheit und Unversehrtheit sowie auf körperliche und geistige Gesundheit, sowie einen Angriff auf ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und bei minderjährigen Mädchen einen Fall von Kindesmissbrauch darstellt; in der Erwägung, dass solche Verstöße unter keinen Umständen unter Berufung auf unterschiedliche kulturelle Traditionen oder Initiationsrituale gerechtfertigt werden können;
D. in der Erwägung, dass die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen, die an sich schon eine Verletzung der Menschenrechte darstellt, kurz- und langfristig den betroffenen Frauen und Mädchen sehr gravierende und irreparable Verletzungen der seelischen und körperlichen Gesundheit zufügt sowie deren Rechte missachtet und einen schwerwiegenden Angriff auf ihre Person und ihre Unversehrtheit darstellt und in einigen Fällen sogar zu ihrem Tod führen kann; in der Erwägung, dass die Verwendung primitiver Instrumente und das Fehlen antiseptischer Vorsorgemaßnahmen zu zusätzlichen Gesundheitsschäden führen, sodass Geschlechtsverkehr und Geburten schmerzhaft sein können, die betreffenden Organe irreparabel geschädigt und Komplikationen (beispielsweise Blutungen, Schockzustand, Infektionen, Übertragung des Aids-Virus, Tetanus, gutartige Tumore) sowie gravierende Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt auftreten können;
E. in der Erwägung, dass Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen ein Ausdruck ungleicher Machtverhältnisse und neben anderen gravierenden Formen geschlechtsbezogener Gewalt eine Form der Gewalt gegen Frauen ist, und in der Erwägung, dass der Kampf gegen die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen unbedingt in ein allgemeines kohärentes Konzept zur Bekämpfung geschlechtsbezogener Gewalt und von Gewalt gegen Frauen eingebunden werden muss;
- 1. begrüßt die Entscheidung der Frauenrechtskommission, die auf ihrer 56. Tagung am 8. März 2012 getroffen wurde, wonach die Frage der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen von der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf ihrer bevorstehenden 67. Tagung behandelt werden sollte;
- 2. fordert die Generalversammlung der Vereinten Nationen auf, auf ihrer 67. Tagung eine Resolution zur weltweiten Ausmerzung der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen - entsprechend den Forderungen auf dem Gipfel der Afrikanischen Union vom 2. Juli 2011 - anzunehmen, mit der die Maßnahmen der Mitgliedstaaten harmonisiert werden und die Empfehlungen und Leitlinien für die Entwicklung und Stärkung regionaler und internationaler Rechtsinstrumente und nationaler Rechtsvorschriften enthält;
- 3. stellt fest, dass die Verstümmelung weiblicher Genitalien eine Verletzung der Rechte des Kindes darstellt, da sie in den meisten Fällen bei jungen Mädchen zwischen dem Säuglingsalter und dem Alter von 15 Jahren durchgeführt wird; bekräftigt, dass alle 27 Mitgliedstaaten sich in der VN-Kinderrechtskonvention dazu verpflichtet haben, die Rechte des Kindes zu schützen;
- 4. fordert die Mitgliedstaaten auf, auch künftig internationale Instrumente zu ratifizieren und sie über umfassende Rechtsvorschriften umzusetzen, durch die alle Formen der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen verboten werden und in denen wirksame Sanktionen gegen die Täter vorgesehen sind; stellt fest, dass die Rechtsvorschriften auch ein volles Spektrum von Präventions- und Schutzmaßnahmen umfassen sollten, einschließlich Mechanismen zur Abstimmung, Überwachung und Bewertung der Rechtsdurchsetzung, und dass sie die Bedingungen verbessern sollten, die es Frauen und Mädchen ermöglichen, Fälle von Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen anzuzeigen;
- 5. fordert die einschlägigen Einrichtungen der Vereinten Nationen und die Zivilgesellschaft auf, über die Bereitstellung von Finanzmitteln gezielte innovative Programme aktiv zu unterstützen und bewährte Verfahren zu verbreiten, die den Bedürfnissen und Prioritäten von jungen Frauen in prekären Situationen, einschließlich Opfern von Genitalverstümmelung, die nur schwer Zugang zu entsprechenden Diensten und Programmen bekommen, gerecht werden;
- 6. ersucht den Generalsekretär der Vereinten Nationen, dafür zu sorgen, dass alle einschlägigen Organisationen und Einrichtungen der Vereinten Nationen, insbesondere das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation, die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, der Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen für die Frau, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und das Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte - jede für sich und alle zusammen - dem Schutz vor Genitalverstümmelung und der Förderung der damit zusammenhängenden Rechte der Mädchen in ihren jeweiligen Länderprogrammen in geeigneter Weise und entsprechend den nationalen Prioritäten Rechnung tragen, damit so ihre diesbezüglichen Bemühungen weiter gestärkt werden;
- 7. betont, dass die Zivilgesellschaft und insbesondere Frauenorganisationen unterstützt werden müssen, die sich in ihrer jeweiligen Gemeinschaft für ein Ende der Gewalt gegen Frauen, u.a. der Genitalverstümmelung bei Frauen und Mädchen, einsetzen;
- 8. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass Maßnahmen, durch die geschlechtsbezogene Gewalt bekämpft und die Rolle der Frau gestärkt werden soll, über ihren Aktionsplan 2010 für die Gleichstellung durchgängig in alle Entwicklungsstrategien und -programme der EU einbezogen werden; betont, wie wichtig Sensibilisierung, Mobilisierung auf kommunaler Ebene, Ausbildung und Schulung sowie die Einbeziehung nationaler, regionaler und lokaler Behörden und der Zivilgesellschaft in Partnerländern sind; weist darauf hin, dass Bemühungen zur Eliminierung von Einstellungen und schädlichen Praktiken, die sich negativ auf Mädchen auswirken, nur Erfolg haben werden, wenn alle Hauptbeteiligten in vollem Umfang einbezogen werden, wozu religiöse Führer und Führer von Gemeinschaften sowie diejenigen gehören, die unmittelbar mit Mädchen arbeiten, einschließlich Eltern, Familien und Gemeinschaften;
- 9. fordert die Kommission nachdrücklich auf, der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen im Rahmen einer umfassenden Strategie zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen besondere Aufmerksamkeit zu widmen und gemeinsame Aktionen gegen die Genitalverstümmelung vorzusehen;
- 10. fordert die Kommission nachdrücklich auf, die Ausmerzung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen als vorrangig anzusehen und über die Bereitstellung angemessener Finanzmittel zielgerichtete innovative Programme sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in Drittländern zu unterstützen;
- 11. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, diese illegale Praxis mit entschlossenen Maßnahmen zu bekämpfen;
- 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 zu mangelhaften mit Silikongel gefüllten Brustimplantaten der französischen Firma PIP (2012/2621(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf Artikel 184 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates zur Innovation im Sektor der Medizinprodukte8,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte9,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte10, - unter Hinweis auf die Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über Invitro-Diagnostika11,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 zur Änderung der Richtlinie 93/42/EWG des Rates hinsichtlich Medizinprodukten, die stabile Derivate aus menschlichem Blut oder Blutplasma enthalten12,
- - unter Hinweis auf das Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses "Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken" (SCENIHR) zur Sicherheit von mit Silikon gefüllten Brustimplantaten der Firma PIP (Poly Implant Prothèse) 13, das am 1. Februar 2012 vorgelegt wurde, - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen14 der Hochrangigen Konferenz zum Thema Innovation in der Medizintechnik vom 22. März 2011 in Brüssel,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Juni 2001 zu den für zulässig erklärten Petitionen betreffend Silikonimplantate (Petitionen 0470/1998 und 0771/1998)15,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 2. Februar 2012 zu dem Thema "Kollektiver Rechtsschutz: Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz" 16,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2007/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Änderung der Richtlinien 90/385/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte und 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte sowie der Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten17, - in Kenntnis der Anfrage vom 18. April 2012 an die Kommission betreffend mangelhafte, mit Silikongel gefüllte Brustimplantate der französischen Firma PIP (O-000101/2012 - B7-0118/2012),
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass nach Erkenntnissen der französischen Gesundheitsbehörden Ermittlungen gegen einen französischen Hersteller (Poly Implant Prothèse) aufgrund des Verdachts der missbräuchlichen Verwendung minderwertigen Materials (Industriesilikon) anstelle des Materials laufen, das er in der für die Konformitätsbewertung eingereichten Dokumentation angegeben hatte (zugelassenes medizinisches Silikon);
B. in der Erwägung, dass weder klinische noch epidemiologische Daten über die potenziellen Risiken von PIP-Brustimplantaten vorliegen;
C. in der Erwägung, dass 10-15 % der Implantate der dritten Generation innerhalb von zehn Jahren nach der Implantation reißen;
D. in der Erwägung, dass von den französischen Behörden durchgeführte Produktprüfungen an einer Stichprobe von PIP-Silikonimplantaten ergaben, dass die von PIP hergestellten Hüllen Schwächen aufweisen, die bei anderen im Handel erhältlichen Implantaten nicht auftreten;
E. in der Erwägung, dass in dem von der Kommission Anfang Januar 2012 in Auftrag gegebenen SCENIHR-Bericht betont wird, dass Bedenken bezüglich möglicher Entzündungen infolge gerissener oder ausgelaufener PIP-Silikonimplantate bestehen;
F. in der Erwägung, dass Brustimplantate in der Europäischen Union nicht registriert werden, so dass die Gesamtzahl der Frauen mit Implantaten nicht bekannt ist; in der Erwägung, dass die Zahl der weltweit verkauften mit Silikon gefüllten Brustimplantate der Firma PIP jedoch auf der Grundlage der von der Kommission vorgelegten Angaben auf etwa 400 000 geschätzt wird; in der Erwägung, dass viele Frauen im Vereinigten Königreich (40 000), in Frankreich (30 000), Spanien (10 000), Deutschland (7 500) und Portugal (2 000) Silikon-Brustimplantate der Firma PIP erhalten haben;
G. in der Erwägung, dass sich die Patientinnen darüber bewusst sein müssen, dass Implantate nicht dauerhaft sind und unter Umständen ersetzt oder entfernt werden müssen; in der Erwägung, dass die Patientinnen auch über die Qualität des Implantats und die damit verbundenen potenziellen Risiken aufgeklärt werden müssen;
H. in der Erwägung, dass die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften über Medizinprodukte in nationales Recht diese Betrugsfälle im Gesundheitswesen nicht verhindern konnte, was weltweit zu schwerwiegenden negativen Gesundheitsauswirkungen führen wird bzw. bereits geführt hat;
I. in der Erwägung, dass diese Betrugsfälle ein Versagen auf europäischer und nationaler Ebene aufgezeigt haben, insbesondere die fehlende Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und der internationalen Gemeinschaft in Bezug auf den Informationsaustausch und die Meldung unerwünschter Auswirkungen sowie die mangelhafte Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen, die für die Herstellung von Medizinprodukten verwendet werden;
J. in der Erwägung, dass der Fall der PIP-Implantate sowie der Fall der Hüftimplantate das Scheitern des derzeitigen Systems zur Zertifizierung der Erfüllung der wesentlichen Gesundheits- und Sicherheitsanforderungen und auch der Kontrolle und Überwachung der benannten Stellen durch die nationalen zuständigen Stellen gemäß der Medizinprodukte-Richtlinie 2007/47/EG verdeutlicht haben;
K. in der Erwägung, dass die notwendige Gewährleistung der Patientensicherheit niemals vernachlässigt werden darf, um dem Wunsch nach raschem Zugang zu neuen Medizinprodukten für Patienten nachzukommen,
L. in der Erwägung, dass die Medizinprodukte-Richtlinie 2007/47/EG im Jahr 2012 überarbeitet wird; in der Erwägung, dass unbedingt die Lehren aus der betrügerischen Vermarktung der PIP-Implantate gezogen werden müssen und die Überwachung und Sicherheitskontrollen sowie die Anforderungen für das Inverkehrbringen von Erzeugnissen auf nationaler und europäischer Ebene verschärft werden müssen;
M. in der Erwägung, dass den vorliegenden Daten zufolge viele PIP-Implantate aus nichtmedizinischem Silikon hergestellt wurden, das Bestandteile enthält, die die Implantathülle angreifen und sich im Körpergewebe ablagern;
- 1. stellt fest, dass einige Mitgliedstaaten den Patientinnen empfohlen haben, ihren Chirurgen zu konsultieren oder ihr von der Firma PIP hergestelltes Brustimplantat vorbeugend entfernen zu lassen;
- 2. stellt jedoch fest, dass die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich vorgehen und manche Staaten ihren Bürgerinnen widersprüchliche Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise erteilt und damit Verwirrung unter den Patientinnen hervorgerufen haben;
- 3. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Zusammenarbeit innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens, insbesondere hinsichtlich der Marktüberwachung, der Vigilanz und der Kontrolle, zu verstärken, um strenger zu kontrollieren und so die Sicherheit der Patienten - insbesondere jener Patienten, die ein Medizinprodukt mit einem hohen Risiko verwenden - besser gewährleisten zu können;
- 4. betont, dass die Mitgliedstaaten nach Durchführung einer Bewertung umgehend die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten über die Maßnahmen informieren müssen, die sie getroffen haben bzw. zu treffen beabsichtigen, damit sich solche Vorfälle möglichst nicht wiederholen;
- 5. fordert die Kommission auf, einen angemessenen Rechtsrahmen auszuarbeiten, der die Unbedenklichkeit von Brustimplantaten und von Medizintechnik im Allgemeinen gewährleistet;
- 6. fordert die sofortige Einführung und Umsetzung grundlegender und gezielter Sofortmaßnahmen nach Maßgabe der gegenwärtigen Rechtsvorschriften für Medizinprodukte, die insbesondere darauf abzielen,
- - die Kontrolle von bereits auf dem Markt befindlichen Medizinprodukten - auch in Form von Stichproben - zu verschärfen; - sicherzustellen, dass alle benannten Stellen im Rahmen der Konformitätsbewertung ihre Befugnisse voll ausschöpfen und häufig (mindestens einmal jährlich) unangekündigte Kontrollen in der gesamten Versorgungskette und bei bestimmten Lieferanten durchführen, insbesondere bei Lieferanten von Medizinprodukten mit dem höchsten Risiko sowie denjenigen, für deren Erzeugnisse in Benutzerberichten zunehmend Zwischenfälle gemeldet werden;
- - die Kriterien für die Zulassung und Bewertung von benannten Stellen zu verschärfen - insbesondere im Hinblick auf die nachgewiesene Qualifikation der Vollzeitbeschäftigten und den Rückgriff auf Auftragnehmer sowie auf die Transparenz in Bezug auf die Arbeitsweise und die Aufgaben - und ein europaweites Qualifizierungsmanagementsystem für benannte Stellen, deren Personal, Prüfer und Sachverständige einzuführen;
- - die Marktüberwachung durch die nationalen Behörden sowie den Informationsaustausch zwischen diesen Stellen zu verschärfen, um die unerwünschten Auswirkungen von Medizinprodukten und die Rücknahme solcher Produkte vom Markt zu überwachen, damit eine bessere Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten und eine bessere Nachbereitung von Maßnahmen zur Kontrolle ihrer Vermarktung gewährleistet ist; - die Überwachung der benannten Stellen durch nationale Behörden zu verbessern und die Kohärenz zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten zu gewährleisten;
- - Innovationen in der Medizintechnik zu fördern, da sie für die Bemühungen zur Bewältigung der Gesundheitsprobleme der Gegenwart und Zukunft von wesentlicher Bedeutung sind;
- - die Hersteller von Medizinprodukten zu verpflichten, die zuständigen nationalen Behörde umgehend von jedem Verbot, jeder Einschränkung bzw. jedem in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten laufenden Gerichtsverfahren in Kenntnis zu setzen; - die Funktionsweise des Vigilanzsystems für Medizinprodukte zu verbessern, indem beispielsweise Patienten, Patientenvereinigungen, Patientengruppen und Angehörige der Gesundheitsberufe aktiv aufgefordert werden, unerwünschte und schädliche Auswirkungen der zuständigen Behörde zu melden, ohne dass ihnen dadurch ein übermäßiger bürokratischer Aufwand entsteht, und indem den benannten Stellen systematisch Zugriff auf Berichte über unerwünschte Auswirkungen gewährt und ein zentralisiertes Verfahren für die Sammlung und Behandlung von Meldungen über unerwünschte Auswirkungen und die Rücknahme von Medizinprodukten vom Markt eingerichtet wird;
- - Instrumente einzuführen, die unter Achtung des Datenschutzes die Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten sowie deren langfristige Überwachung im Hinblick auf ihre Sicherheit und Leistung gewährleisten, wie etwa einheitliche Produktidentifizierungssysteme und Implantatregister sowie eine Zusammenfassung der Produkteigenschaften für jedes Medizinprodukt;
- - die Meldung von unerwünschten Auswirkungen durch Patientenorganisationen und Angehörige der Gesundheitsberufe an die nationalen Behörden zu erleichtern;
- - eine einheitliche europäische Datenbank einzurichten, in der Informationen über die auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte, die Registrierung der wirtschaftlichen Aktivitäten, Initiativen zur Vigilanz und zur Überwachung des Marktes, die klinischen Erprobungen, die benannten Stellen und die ausgestellten CE-Qualitätszeichen gesammelt werden;
- 7. fordert die Kommission auf, für bestimmte Kategorien von Medizinprodukten - zumindest bei den Medizinprodukten der Klasse IIb und III - auf das System einer Zulassung vor dem Inverkehrbringen umzustellen;
- 8. fordert die Einführung eines Ausweises für Implantatempfänger - sofern er auf nationaler Ebene nicht bereits existiert -, in dem der eindeutige Produktcode des Implantats, seine besonderen Eigenschaften und möglichen unerwünschten Auswirkungen angegeben werden und der eine Warnung in Bezug auf die potenziellen Gesundheitsgefahren und die Betreuungsmaßnahmen nach der Operation enthält; stellt fest, dass dieser Ausweis vom Chirurgen und vom Patienten unterzeichnet werden und als Zustimmung zur Operation gelten würde;
- 9. empfiehlt Krankenhäusern die Aufbewahrung einer elektronischen Fassung des Ausweises für spätere Datenabfragen und weist darauf hin, dass eine elektronische Fassung auf Antrag des Patienten leicht einer anderen Betreuungseinrichtung im In- oder Ausland übermittelt werden kann;
- 10. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bürger stärker für die potenziellen Risiken im Zusammenhang mit Schönheitsoperationen zu sensibilisieren und die Werbung für Schönheitsoperationen besser zu regulieren, damit sich die Patienten sowohl der Gefahren als auch der Vorteile bewusst sind; betont, dass Frauen darauf hingewiesen werden müssen, dass Brustimplantate nach einem bestimmten Zeitraum, der von Person zu Person unterschiedlich sein kann, ersetzt werden müssen, damit sie die Risiken besser abschätzen können;
- 11. räumt ein, dass Patientinnen, die bereits ein Brustimplantat erhalten haben, im Nachhinein Informationen, Beratung, medizinische Überwachung und medizinischen Beistand sowie Kontrolluntersuchungen in Bezug auf intra- oder extrakapsuläre Brüche benötigen könnten;
- 12. betont, dass die Prüfverfahren und -standards für Brustimplantate verfeinert werden sollten, um die Wechselwirkungen zwischen dem Hüllenmaterial und dem Füllgel und den umgebenden Körperflüssigkeiten und die Materialermüdung und Rissfestigkeit der Hülle und des gesamten Implantats genauer zu erforschen; ist der Ansicht, dass vermehrt Forschungsanregungen für zerstörungsfreie Implantatprüfungsmethoden entwickelt werden müssen;
- 13. empfiehlt dringend, dass die Details von Brustimplantat-Operationen in der EU in einem verpflichtend in jedem Mitgliedstaat zu führenden nationalen Brustimplantatregister aufgezeichnet werden; betont, dass alle Kliniken verpflichtend Meldung an das obligatorische Register erstatten müssten, betont jedoch, dass die Aufnahme der personenbezogenen Angaben zu den Patientinnen deren Zustimmung erfordert; empfiehlt, dass diese nationalen Register miteinander verbunden werden und gegebenenfalls einen Austausch von Informationen ermöglichen, zum Beispiel, wenn gravierende Mängel bei Implantaten festgestellt werden;
- 14. empfiehlt nachdrücklich eine Überarbeitung der Medizinprodukte-Richtlinie, um Kapazitäten für die Aufdeckung von Betrugsfällen und die Minimierung des Betrugsrisikos zu schaffen, insbesondere im Hinblick auf die Bestimmungen zur Marktüberwachung, zur Vigilanz sowie zur Funktionsweise und zu den Aufgaben der benannten Stellen, damit sich ein Betrugsfall wie der von PIP nicht wiederholt;
- 15. fordert die Kommission auf, die Einrichtung eines wirksamen Systems zur Rückverfolgung von Medizinprodukten, die als Implantate dienen, in Erwägung zu ziehen, insbesondere für die mit dem größten Risiko behafteten Medizinprodukte wie jene der Klasse III;
- 16. fordert die Kommission auf, bei der bevorstehenden Überprüfung der Rechtsvorschriften über Medizinprodukte folgende Aspekte zu prüfen: verpflichtender Zulassungsantrag für mit einem Risiko behaftete Medizinprodukte entsprechend den Anforderungen für Arzneimittel oder analog dazu; verpflichtende unangekündigte Kontrollen; bessere Rückverfolgbarkeit von medizinischen Implantaten; engere Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten beim Berichtswesen und bei den Warnhinweisen in Bezug auf schwerwiegende Nebenwirkungen oder Schädigungen durch Medizinprodukte; verbesserte Kontrollen der benannten Stellen und zusätzliche Stichprobenprüfungen an bereits auf dem Markt befindlichen Produkten;
- 17. fordert die Kommission auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Rechtsvorschriften zu Medizinprodukten außerdem zu prüfen, ob während der klinischen Prüfungen, insbesondere für medizinische Implantate, vor der Marktzulassung auch angemessene Versuche am Menschen durchgeführt werden sollten;
- 18. fordert die Mitgliedstaaten auf, zumindest einmal jährlich gründliche, unangekündigte Kontrollen an den Medizinprodukten mit dem höchsten Risiko und an Medizinprodukten durchzuführen, für die in Benutzerberichten zunehmend schädliche Auswirkungen gemeldet werden;
- 19. fordert die Mitgliedstaaten auf, im Falle der Nichteinhaltung Sanktionen zu verhängen;
- 20. ist der Ansicht, dass dieser Betrugsfall einmal mehr verdeutlicht, dass ein System des kollektiven Rechtsschutzes eingerichtet werden muss, um die Forderungen von Verbrauchern und Patienten nach einer Entschädigung zu unterstützen, wie bereits in seiner oben genannten Entschließung vom 2. Februar 2012 betont wurde;
- 21. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Berichte über unerwünschte Auswirkungen und andere Regulierungsdaten in der zentralen Datenbank zu sammeln, so wie es in der Medizinprodukte-Richtlinie gefordert wird, um eine wirksamere Vigilanz und einen effizienteren Gesundheitsschutz zu ermöglichen;
- 22. fordert die Kommission auf, eine angemessene toxikologische Einschätzung zur Auflage für alle Medizinprodukte zu machen und vorzuschlagen, dass alle krebserregenden, erbgutverändernden und reproduktionstoxischen Substanzen der Kategorie 1A oder 1B schrittweise vom Markt genommen werden, sofern es Alternativen für sie gibt;
- 23. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1. ABl. L 142 vom 28.5.2011, S. 61.
- 2. Angenommene Texte, P7_TA(2011)0474.
- 3. ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 118.
- 4. Angenommene Texte, P7_TA(2011)0158.
- 5. ABl. C 117 E vom 6.5.2010, S. 52.
- 6. Angenommene Texte, P7_TA(2011)0127.
- 7. Angenommene Texte, P7_TA(2012)0126.
- 8. ABl. C 202 vom 8.7.2011, S. 7.
- 9. ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1.
- 10. ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17.
- 11. ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1.
- 12. ABl. L 313 vom 13.12.2000, S. 22.
- 13. http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/docs/scenihr_o_034.pdf
- 14. http://ec.europa.eu/consumers/sectors/medical-devices/files/exploratory_process/hlc_en.pdf
- 15. ABl. C 53 E vom 28.2.2002, S. 231.
- 16. Angenommene Texte, P7_TA(2012)0021.
- 17. ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21.