Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 11. bis 14. März 2013 die nachfolgend aufgeführten Texte angenommen. Sie wurden dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 4. April 2013 zugeleitet.
P7_TA-PROV(2013)0062 - Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten (Flughafen Wien)
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. März 2013 zum Sonderbericht des Europäischen Bürgerbeauftragten über seine Untersuchung der Beschwerde 2591/2010/GG gegen die Europäische Kommission (Flughafen Wien) (2012/2264(INI))
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Sonderberichts des Europäischen Bürgerbeauftragten an das Europäische Parlament, - gestützt auf Artikel 228 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
- - unter Hinweis auf den Beschluss 094/262/EGKS, EG, Euratom des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten1, insbesondere Artikel 3 Absatz 7,
- - gestützt auf Artikel 205 Absatz 2 erster Satz seiner Geschäftsordnung, - in Kenntnis des Berichts des Petitionsausschusses (A7-0022/2013),
A. in der Erwägung, dass Artikel 228 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union den Europäischen Bürgerbeauftragten ermächtigt, Beschwerden von jedem Bürger der Union über Missstände bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Union entgegenzunehmen;
B. in der Erwägung, dass die von Unionsbürgern eingereichten Beschwerden eine wichtige Informationsquelle zu möglichen Verstößen gegen das Unionsrecht darstellen;
C. in der Erwägung, dass gemäß Artikel 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union jede Person ein Recht darauf hat, "dass ihre Angelegenheiten von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden";
D. in der Erwägung, dass weder die Verträge noch das Statut des Bürgerbeauftragten festlegen, was einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstellt, wodurch diese Aufgabe - vorbehaltlich der Deutungshoheit des Gerichtshofs - dem Europäischen Bürgerbeauftragten überlassen bleibt; in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte in seinem ersten Jahresbericht eine nicht erschöpfende Liste von Verhaltensweisen, die einen Missstand in der Verwaltungstätigkeit darstellen, festgelegt hat;
E. in der Erwägung, dass der Europäische Bürgerbeauftragte infolge einer späteren Aufforderung des Parlaments, eine genaue und eindeutige Definition eines Missstandes festzulegen, in seinem Jahresbericht 1997 mitteilte, dass sich ein Missstand ergibt, "wenn eine öffentliche Einrichtung nicht im Einklang mit für sie verbindlichen Regeln oder Grundsätzen handelt";
F. in der Erwägung, dass diese Definition durch eine Erklärung ergänzt wurde, in der es heißt, dass bei der Untersuchung, ob ein Organ oder eine Einrichtung der Gemeinschaft im Einklang mit für es bzw. sie verbindlichen Regeln und Grundsätzen gehandelt hat, der Bürgerbeauftragte vor allem ermitteln müsse, ob es bzw. sie dem Gesetz entsprechend gehandelt hat;
G. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte auch die Anwendung der Kodizes für gute Verwaltungspraxis überwacht, zu denen sich die Organe verpflichtet haben und in denen die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts dargelegt sind, einschließlich der Elemente des Dienstleistungsprinzips, sowie die Anwendung der Charta der Grundrechte, die auf alle Bereiche der Verwaltung der EU uneingeschränkt Anwendung findet;
H. in der Erwägung, dass sich der Bürgerbeauftragte bislang sehr kooperativ und verantwortungsbewusst gezeigt hat, indem er mit der Übermittlung von 18 Sonderberichten an das Parlament in sechzehneinhalb Jahren diese nur als letztes politisches Mittel eingesetzt und damit sein grundsätzliches Streben nach einvernehmlichen Lösungen unter Beweis gestellt hat;
I. in der Erwägung, dass sich dieser Sonderbericht damit befasst, wie die Kommission mit einer Beschwerde umgegangen ist, die bei ihr im Jahr 2006 von 27 Bürgerinitiativen eingereicht wurde, die gegen die ihrer Meinung nach negativen Folgen der Erweiterung des Flughafens Wien kämpfen;
J. in der Erwägung, dass es in Artikel 2 der UVP-Richtlinie1 heißt: "Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit [...] Projekte, bei denen [...] mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden.";
K. in der Erwägung, dass die Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass die Arbeiten zur Erweiterung des Flughafens ohne die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wurden, und am 21. März 2007 aufgrund der Unterlassung der UVP ein Mahnschreiben an Österreich gerichtet hat; in der Erwägung, dass Österreich in seiner Antwort vom 7. Mai 2007 nicht widerlegen konnte, dass die fraglichen Infrastrukturmaßnahmen zu einer erheblichen Zunahme an Luftverkehr und Belästigungen im Zusammenhang mit dem Flugverkehr über Wien geführt haben und nach wie vor führen, d.h. dass diese Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hatten;
L. in der Erwägung, dass die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass die Arbeiten entweder bereits abgeschlossen waren oder kurz vor dem Abschluss standen, es vorzog, Österreich nicht vor den EuGH zu bringen, sondern nach einer Einigung mit den österreichischen Behörden zu suchen, die die Unterlassung weitestgehend korrigiert; in der Erwägung, dass die Kommission mit den österreichischen Behörden vereinbart hat, dass letztere eine Expost-UVP durchführen, um unter anderem zu bestimmen, welche Abhilfemaßnahmen erforderlich sind, um die Auswirkungen des Lärms für die in der Nähe des Flughafens lebende Bevölkerung zu begrenzen;
M. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte diese Entscheidung der Kommission akzeptiert hat; in der Erwägung, dass die Beschwerdeführer mit der Art und Weise, in der die Expost-UVP durchgeführt wurde, unzufrieden waren und insbesondere kritisierten, dass sie nicht die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs erhalten hätten, wie es in der UVP-Richtlinie vorgesehen ist, und dass die für die UVP zuständige Behörde, das österreichische Bundesministerium für Verkehr, dieselbe Behörde war, die zuvor die Genehmigungen für die entsprechenden Arbeiten erteilt hatte, und sich somit in einem Interessenkonflikt befand;
N. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte infolge seiner Untersuchung nicht zu dem Schluss kommen konnte, dass die Kommission für die ordnungsgemäße Durchführung der Expost-UVP Sorge getragen hat; in der Erwägung, dass er den Fall dennoch abschloss, weil er der Ansicht war, dass seinerseits keine weiteren Maßnahmen erforderlich seien, da das Verfahren noch andauerte und die Kommission mitgeteilt hatte, dass sie das Vertragsverletzungsverfahren nur einstellen werde, wenn sie zu der Überzeugung gelangt, dass die österreichischen Behörden die notwendigen Maßnahmen ergriffen haben;
O. in der Erwägung, dass die Beschwerdeführer sich im November 2010 erneut an den Bürgerbeauftragten wandten und eine zweite Untersuchung eingeleitet wurde, in deren Verlauf der Bürgerbeauftragte Einsicht in die Akte der Kommission nahm; in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte zu der Auffassung gelangte, dass die Akte weder einen Hinweis darauf enthielt, dass die Anmerkungen, welche die Beschwerdeführer in der Zeit der Durchführung der Expost-UVP gemacht hatten, mit den österreichischen Behörden diskutiert worden waren, noch dass die Entscheidung des Bürgerbeauftragten über die erste Beschwerde - abgesehen von den österreichischen Berichten über die UVP - zu einem weiteren Schriftwechsel geführt hätte;
P. in der Erwägung, dass dieser Sachverhalt den Bürgerbeauftragten zu der Schlussfolgerung führte, dass die Kommission die Ergebnisse seiner ersten Untersuchung nicht berücksichtigt hatte und dass sie insbesondere in ihren Antworten an den Bürgerbeauftragten im Hinblick auf die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen die Expost-UVP nicht konsequent gewesen sei und nicht darauf bestanden habe, eine andere Einrichtung als das Bundesministerium für Verkehr, das die Arbeiten genehmigt hatte, mit der Durchführung der UVP zu betrauen;
Q. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte der Kommission einen Empfehlungsentwurf vorgelegt hat, in dem er sie dringend ersuchte, "ihre Herangehensweise in Bezug auf die Vertragsverletzungsbeschwerde der Beschwerdeführer betreffend den Flughafen Wien neu [zu] überdenken und die vom Bürgerbeauftragten angesprochenen Mängel [zu] beheben" und darauf hinwies, dass dies bedeute, "dass die Kommission bei weiteren Maßnahmen in dem Vertragsverletzungsverfahren berücksichtigen sollte, dass die nationalen Behörden
- (1) den Zugang der Beschwerdeführer zu einem Überprüfungsverfahren sicherstellen müssen und
- (2) dafür sorgen müssen, dass Schritte unternommen werden, um einem offensichtlichen Interessenkonflikt bei der Anwendung der Richtlinie 85/337/EWG zu begegnen";
R. in der Erwägung, dass die Kommission in ihrer Antwort an den Bürgerbeauftragten zum ersten Punkt argumentierte, dass sie das Thema des Rechtsbehelfs gegenüber den österreichischen Behörden angesprochen, aber deren Standpunkt akzeptiert habe, dass dies zu Schwierigkeiten im Hinblick auf die nationale Gesetzgebung zu Rechtsverfahren geführt hätte, und darauf hinwies, dass die österreichischen Behörden sich dazu verpflichtet hätten, dafür zu sorgen, dass die kumulativen Folgen der vorherigen, lediglich nachträglich bewerteten Arbeiten bei der UVP einer neuen, dritten Start- und Landebahn, in deren Rahmen eine umfassende gerichtliche Prüfung möglich sei, uneingeschränkt berücksichtigt werden;
S. in der Erwägung, dass das Argument der Kommission im Hinblick auf den zweiten Vorwurf bezüglich eines Missstandes dahingehend lautete, dass die UVP-Richtlinie keine Bestimmungen über die Verteilung der Zuständigkeiten hinsichtlich des UVP-Verfahrens in den Mitgliedstaaten enthalte; in der Erwägung, dass gemäß dem Subsidiaritätsprinzip allein die für die Organisation ihrer jeweiligen Verwaltung selbst verantwortlichen Mitgliedstaaten darüber entscheiden, welche Behörde für die Verfahren gemäß der UVP-Richtlinie zuständig ist; in der Erwägung, dass es ein allgemeiner Grundsatz des Verwaltungsrechts in allen Mitgliedstaaten ist, dass eine Behörde, die eine rechtswidrige Entscheidung gefällt hat, gegen die eine Beschwerde eingelegt worden ist oder zu der es eine Gerichtsentscheidung gibt, dafür zuständig ist, die Situation zu beheben;
T. in der Erwägung, dass der Empfehlungsentwurf somit nicht erfolgreich und der Bürgerbeauftragte der Auffassung war, dass der vorliegende Fall ein Beispiel für eine Situation ist, in der die Kommission im Zusammenhang mit einem eindeutigen Verstoß gegen das EU-Recht keine angemessenen Abhilfemaßnahmen ergriffen hat, da sie nicht dafür gesorgt hat, dass die Expost-UVP unparteiisch durchgeführt wird, und sich nicht in angemessener Weise an die Empfehlung des Bürgerbeauftragten im Hinblick auf den Rechtsbehelf gegen diese Prüfung gehalten hat;
U. in der Erwägung, dass der Bürgerbeauftragte daher zu der Auffassung gelangt ist, dass es angemessen sei, die Angelegenheit dem Parlament vorzulegen;
V. in der Erwägung, dass die Kommission am 26. Oktober 2012 einen Vorschlag für eine Überprüfung der UVP-Richtlinie angenommen hat; in der Erwägung, dass der Rechtsausschuss einen legislativen Initiativbericht entworfen hat, in dem eine allgemeine Verordnung über Verwaltungsverfahren für die Verwaltung der EU gefordert wird;
Die Empfehlung des Bürgerbeauftragten
- 1. begrüßt den Sonderbericht des Bürgerbeauftragten, in dem auf wichtige Aspekte im Zusammenhang mit Problemen bei der Anwendung der UVP-Richtlinie und der Durchführung von Vertragsverletzungsverfahren hingewiesen wird;
- 2. erinnert daran, dass sich ein Missstand in der Verwaltung ergibt, wenn eine öffentliche Einrichtung nicht in Übereinstimmung mit für sie verbindlichen Regeln oder Grundsätzen handelt;
- 3. weist darauf hin, dass es bei dem behaupteten Missstand darum ging, wie die Kommission ihr Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich durchgeführt hat, nämlich, dass sie weder dafür gesorgt hat, dass die Behörde, die die Genehmigungen für die Arbeiten ohne die erforderliche Folgenabschätzung erteilt hat, nicht für die Durchführung der Expost-UVP zuständig ist, noch sichergestellt hat, dass die Beschwerdeführer Zugang zu Rechtsbehelfen gegen diese Prüfung erhalten;
- 4. betont, dass sich dieser Sonderbericht nicht mit der Frage befasst, ob die österreichischen Behörden falsch gehandelt haben, sondern der Frage nachgeht, ob die Kommission bei der Untersuchung und Bearbeitung einer bei ihr eingegangenen Beschwerde und bei der Reaktion auf die Forderungen und Empfehlungen des Bürgerbeauftragten im Anschluss an dessen erste Untersuchung des Falls ihren Pflichten nicht nachgekommen ist;
- 5. teilt die Bedenken des Bürgerbeauftragten hinsichtlich der möglichen negativen Auswirkungen von Interessenkonflikten bei der Durchführung einer UVP und teilt die Auffassung, dass nach Möglichkeiten gesucht werden sollte, wie dieses Thema angegangen werden kann, versteht dabei aber auch die Bedenken der Kommission dahingehend, dass diese ihre Kompetenzen überschritten hätte, wenn sie von den österreichischen Behörden verlangt hätte, eine andere Einrichtung für die Expost-UVP zu bestimmen;
- 6. rät den zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, auf mögliche Interessenkonflikte nach dem gegenwärtigen Stand des Rechts zu achten und sich auf etwaige Änderungen am EU-Recht in dieser Hinsicht vorzubereiten; hebt die Rolle nationaler Bürgerbeauftragter als wichtige Vermittler hervor, wenn es darum geht, Bürger bei deren Vorgehen gegen etwaige Interessenkonflikte und ganz allgemein gegen Missstände in den Verwaltungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen;
- 7. vertritt in Bezug auf den zweiten Vorwurf des Bürgerbeauftragten die Auffassung, dass eine ehrliche, aktive und umfassende Einbeziehung der lokalen Bevölkerung bei der Anwendung der UVP-Richtlinie unerlässlich ist, und ist daher der Ansicht, dass im Vorfeld von Projekten mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit vor Ort vermehrt offene und transparente Vermittlungsverfahren durchgeführt werden sollten; anerkennt in diesem Zusammenhang die öffentliche Vermittlung im Vorfeld der UVP in Bezug auf den Bau einer dritten Start- und Landebahn am Flughafen Wien, in deren Rahmen auch die kumulative Wirkung (z.B. die Lärmbelästigung) der vom vorliegenden Vertragsverletzungsverfahren betroffenen Erweiterungen, für die ein umfassendes Überprüfungsverfahren zur Verfügung steht, berücksichtigt wurde;
- 8. teilt die Auffassung des Bürgerbeauftragten, dass eine klare, regelmäßig aktualisierte Dokumentation Teil einer guten Verwaltung ist, da somit beispielsweise der Europäische Bürgerbeauftragte überprüfen kann, ob seine Empfehlungen in angemessener Weise berücksichtigt worden sind;
- 9. erachtet es ferner als einen relevanten Aspekt für eine gute Verwaltungspraxis und daher als ratsam, mit den Beschwerdeführern während der Vertragsverletzungsverfahren und mit dem Bürgerbeauftragten während dessen Untersuchungen einen geeigneten, klaren und konsistenten Schriftwechsel zu führen;
- 10. begrüßt die Erklärung der Kommission dahingehend, dass sie beabsichtige, ihre Vorgehensweise in Bezug auf beide Punkte - schriftliche Aufzeichnungen und umfassender Schriftwechsel - zu verbessern, um Kommunikationsprobleme, wie sie im vorliegenden Fall aufgetretenen sind, zu vermeiden;
- 11. betont, dass weder die Kommission noch die österreichischen Behörden bei der Durchführung der Expost-UVP auf der Grundlage eines adhoc vereinbarten Verfahrens sui generis bestehende EU-Rechtsvorschriften verletzt haben; weist jedoch darauf hin, dass dies - da das EU-Recht keine Rechtsgrundlage für ein solches Verfahren vorsieht - als Ausnahmefall und als Folge der vorangegangenen Nichteinhaltung der Richtlinie, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, betrachtet werden muss;
- 12. ist der Auffassung, dass die Kommission bei ihren Verhandlungen mit den österreichischen Behörden größere Anstrengungen in Bezug auf die Verfügbarkeit einer gerichtlichen Überprüfung - und zwar eingedenk der Umsetzung der betreffenden Bestimmungen (Artikel 10a) in österreichisches Recht im Jahr 2005 - sowie in Bezug auf den Interessenkonflikt im zuständigen österreichischen Bundesministerium - eingedenk des übergreifenden Prinzips im Fallrecht der EU, nach dem nicht nur der Buchstabe des Gesetzes, sondern auch Sinn und Geist der Gesetzgebung berücksichtigt werden müssen - hätte unternehmen können; Der Fall des Flughafens Wien, die Überprüfung der UVP-Richtlinie und die Verordnung über gute Verwaltungspraxis
- 13. ist der Auffassung, dass die Umstände, die zur Eröffnung des Vertragsverletzungsverfahrens der Kommission und folglich zu der Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten geführt haben, ernsthafte Fragen im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie 085/337 in einem Mitgliedstaat, in diesem Fall Österreich, zum damaligen Zeitpunkt aufwerfen; begrüßt die Tatsache, dass bei der Überprüfung des österreichischen Bundesgesetzes zur Umsetzung der UVP-Richtlinie im Jahr 2009 unter anderem die Ergebnisse des vorliegenden Vertragsverletzungsverfahrens in angemessener Weise berücksichtigt und die entsprechenden österreichischen Rechtsvorschriften somit mit dem EU-Recht in Einklang gebracht wurden;
- 14. erinnert daran, dass der Petitionsausschuss in den vergangenen Jahren von mehreren Fällen Kenntnis erhalten hat, in denen Mitgliedstaaten die Genehmigung und Durchführung von Projekten ohne die erforderliche UVP gebilligt haben sollten;
- 15. ist der Überzeugung, dass die betroffene Öffentlichkeit bei Projekten, in deren Rahmen die grundlegenden Anforderungen der UVP-Richtlinie mit großer Wahrscheinlichkeit verletzt werden, über wirksame Rechtsinstrumente verfügen sollte, mit denen sie sich bei der zuständigen UVP-Behörde um die unmittelbare Klärung der Vereinbarkeit der Projekte mit den EU-Vorschriften bemühen kann, um irreversible Umweltschäden bei der Umsetzung derartiger Projekte zu verhindern;
- 16. stellt ferner fest, dass in der derzeitigen UVP-Richtlinie keine Expost-UVP vorgesehen ist und dass dieses Instrument von der Kommission ausgehandelt wurde, um mit einer Defacto-Situation umzugehen, in der bereits Genehmigungen erteilt und Arbeiten durchgeführt worden waren;
- 17. weist darauf hin, dass der Fall des Flughafens Wien Schwächen in der aktuellen UVP-Richtlinie verdeutlicht, wie etwa in Bezug auf den Umgang mit Projekten, die praktisch irreversibel sind, weil sie bereits umgesetzt und etwaige Umweltschäden bereits verursacht worden sind, sowie das Problem von Interessenkonflikten bei den zuständigen Behörden, wie sie im vorliegenden Fall vorgekommen sein sollen, deutlich macht;
- 18. verweist auf den Jahresbericht 2011 des Petitionsausschusses, in dem die Notwendigkeit betont wird, für die Objektivität und Unparteilichkeit von UVP Sorge zu tragen; erinnert daran, dass die Kommission aufgefordert wurde, für eine Stärkung der UVP-Richtlinie zu sorgen, "indem sie klarere Vorgaben erlässt die Unabhängigkeit von Expertengutachten, EU-weit geltende Grenzwerte, Höchstfristen für das Verfahren sowie eine wirksame Konsultation der Öffentlichkeit betreffend, wozu auch der Zwang zur Begründung von Entscheidungen, die zwingend vorgeschriebene Prüfung angemessener Alternativen und ein Mechanismus zur Qualitätssicherung gehören müssen";
- 19. begrüßt den Vorschlag der Kommission zur Überprüfung der UVP-Richtlinie im Hinblick auf deren Stärkung; bekundet seine Entschlossenheit, sich mit der Kommission und dem Rat uneingeschränkt an dem Verfahren zu beteiligen, um dafür zu sorgen, dass diese wichtige Richtlinie auf immer effizientere und objektivere Weise ihren Zweck erfüllt;1
- 20. stellt fest, dass die aktuelle Richtlinie keine Anforderungen in Bezug auf die Objektivität und Unparteilichkeit der für die Genehmigung zuständigen Behörden enthält und keine derartige Anforderungen für Stellen festlegt, die eine UVP durchführen; stellt ferner fest, dass sie weder Bestimmungen darüber enthält, wie bei bereits umgesetzten oder kurz vor dem Abschluss stehenden Projekten vorgegangen werden soll, noch darüber, wie die betroffene Öffentlichkeit mit einem klaren und unbürokratischen Verfahren die unmittelbare Klärung der Vereinbarkeit von Projekten, in deren Rahmen die grundlegenden Anforderungen der UVP-Richtlinie mit großer Wahrscheinlichkeit verletzt werden, mit den Rechtsvorschriften der EU erreichen könnte; ist daher der Auffassung, dass die Überprüfung der UVP-Richtlinie eine gute Gelegenheit zur Einführung derartiger Anforderungen und Bestimmungen bietet;
- 21. ist der Auffassung, dass dieser Fall auch zeigt, dass - neben Maßnahmen zur Stärkung der Bestimmungen der UVP-Richtlinie - klarere Vorschriften für Vertragsverletzungsverfahren erforderlich sind, vorzugsweise durch die Annahme einer allgemeinen Verordnung über Verwaltungsverfahren für die Verwaltung der EU, um so die Position des Beschwerdeführers zu stärken; ist der Auffassung, dass eine solche Verordnung ein geeignetes Mittel darstellt, um die Verpflichtungen der Behörden bei der Kommunikation mit den Beschwerdeführern im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens oder mit Gremien, welche die europäischen Bürger vertreten, wie dem Petitionsausschuss und dem Bürgerbeauftragten zu klären, indem beispielsweise die Verpflichtung eingeführt wird, auf Empfehlungen des Bürgerbeauftragten so rasch wie möglich zu reagieren und damit Fehlinterpretationen wie im vorliegenden Fall zu vermeiden;
- 22. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Bürgerbeauftragten, dem Europäischen Verbindungsnetz der Bürgerbeauftragten sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
P7_TA-PROV(2013)0095 - Lage in Ägypten
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zur Lage in Ägypten (2013/2542(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Ägypten, insbesondere auf die vom 16. Februar 2012 zu den jüngsten Entwicklungen in Ägypten1 und die vom 15. März 2012 zu Menschenhandel auf der Sinai-Halbinsel2, - unter Hinweis auf seine Plenardebatten über Ägypten und den Nahen Osten vom 12. Juni 2012, 4. Juli 2012 und 12. Dezember 2012,
- - unter Hinweis auf die 2012 von der Hohen Vertreterin (HR/VP) Catherine Ashton und ihrem Sprecher abgegebenen Erklärungen zu Ägypten, insbesondere auf die vom 25. Mai 2012 zur Präsidentschaftswahl in Ägypten, vom 1. Juni 2012 zur Aufhebung des Ausnahmezustands in Ägypten, vom 15. Juni 2012 zum Urteil des Obersten Verfassungsgerichtshofs Ägyptens, vom 20. Juni 2012 zur politischen Lage in Ägypten, vom 24. Juni 2012 zur Wahl von Mohammed Mursi zum ägyptischen Präsidenten, vom 13. September 2012 zur Gründung einer neuen Taskforce EU-Ägypten, vom 5. Dezember 2012 mit der Aufforderung zu einem nationalen Dialog, vom 25. Dezember 2012 zum Referendum in Ägypten sowie vom 25. Januar 2013 zu den Todesfällen in Port Said,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 27. Februar 2012, vom 25. Juni 2012, vom 19. November 2012 und vom 10. Dezember 2012 zu Ägypten, vom 31. Januar 2013 zur EU-Unterstützung für einen nachhaltigen Wandel in Übergangsgesellschaften und vom B. Februar 2013 zum Arabischen Frühling, - unter Hinweis auf den Fortschrittsbericht Ägypten vom 15. Mai 2012 im Rahmen des Pakets zur Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP-Paket),
- - unter Hinweis auf die Sitzung der Taskforce EU-Ägypten vom 13./14. November 2012 und ihre Schlussfolgerungen,
- - unter Hinweis auf die Erklärung von Kairo des zweiten Treffens der Außenminister der Europäischen Union und der Arabischen Liga am 13. November 2012, - unter Hinweis auf die Verordnung (EU) Nr. 1099/2012 des Rates vom 26. November 2012 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 270/2011 des Rates über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Organisationen und Einrichtungen angesichts der Lage in Ägypten,
- - unter Hinweis auf die Erklärungen des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, nach seinen Treffen mit dem Präsidenten Ägyptens, Mohammed Mursi, vom 13. September 2012 und vom 13. Januar 2013,
- - unter Hinweis auf die Presseerklärung des Rates vom 8. Februar 2013 zu der Reaktion der EU auf den "Arabischen Frühling" und der Lage in der Region zwei Jahre später, - unter Hinweis auf die gemeinsame Mitteilung der Kommission und der HR/VP vom 15. Mai 2012 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie den Ausschuss der Regionen mit dem Titel "Umsetzung einer neuen Europäischen Nachbarschaftspolitik",
- - unter Hinweis auf das am 1. Juni 2004 in Kraft getretene Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Ägypten von 2001, das durch den 2007 vereinbarten Aktionsplan und die Europäische Nachbarschaftspolitik unterfüttert wird,
- - unter Hinweis auf die Erklärungen der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, vom 7. Dezember 2012 zur Gewalt in Ägypten und zu den schwerwiegenden Problemen mit dem Verfassungsentwurf, und vom 29. Januar 2013 zur Notwendigkeit eines ernsthaften Dialogs und einer Beendigung der extremen Gewalt, - unter Hinweis auf die Erklärung der Leiterin der UN-Frauenorganisation Michelle Bachelet vom 31. Januar 2013, in der diese ihrer tiefen Besorgnis über die eskalierende Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum in Ägypten Ausdruck verliehen hat,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu deren Vertragsparteien Ägypten gehört, und auf das internationale Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989, dem Ägypten beitreten will,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte,
- - gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 und Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Ägypten ein wichtiger Partner der Europäischen Union im südlichen Mittelmeerraum ist; in der Erwägung, dass politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Ägypten erhebliche Folgen in der gesamten Region und darüber hinaus nach sich ziehen;
B. in der Erwägung, dass Mohammed Mursi die Präsidentschaftswahl von Mai und Juni 2012 mit 51,7 % der Stimmen gewonnen hat und damit zum ersten Mal ein islamistischer Kandidat zum Staatsoberhaupt eines arabischen Landes gewählt wurde; in der Erwägung, dass diese frei und fair durchgeführte Präsidentschaftswahl einen Meilenstein für den Prozess des demokratischen Übergangs darstellte;
C. in der Erwägung, dass der Oberste Verfassungsgerichtshof Ägyptens am 14. Juni 2012 die Parlamentswahl von 2012 für verfassungswidrig und ein Drittel der gewählten Abgeordneten für nicht rechtmäßig gewählt sowie das Gesetz über den Ausschluss vom politischen Leben für ungültig erklärt hat;
D. in der Erwägung, dass Präsident Mursi am 22. November 2012, acht Tage nach der Verabschiedung der Schlussfolgerungen der Sitzung der Taskforce EU-Ägypten und einen Tag nach Abschluss des von Ägypten vermittelten Waffenstillstandsabkommens zwischen Israel und der Hamas, eine Verfassungserklärung abgegeben hat, mit der er unter anderem den Präsidenten der Kontrolle der Justiz entzogen hat; in der Erwägung, dass der Präsident diese Erklärung wenige Tage später zurückgezogen hat, es aber bereits zu eskalierenden Demonstrationen gekommen ist;
E. in der Erwägung, dass Justizorgane und Richter in Ägypten weiterhin Druck, Angriffen, Einschüchterungen und Einmischungen verschiedener politischer Akteure und Kräfte ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass der Verfassungsgerichtshof im November 2012 seine Arbeit wegen einer Blockade seiner Räumlichkeiten durch Unterstützer des Präsidenten und seiner Verbündeten aussetzte; in der Erwägung, dass die Entlassung des Generalstaatsanwalts im Oktober 2012 und die Ernennung seines Nachfolgers heftige Kritik und Proteste von Richtern, Gerichtsbeamten und anderen nach sich zogen; in der Erwägung, dass diese Einmischungen in das Justizsystem das Vertrauen der ägyptischen Bevölkerung in die Fairness und Unparteilichkeit der Rechtsprechung untergraben;
F. in der Erwägung, dass die Verfassungsgebende Versammlung am 30. November 2012 den Verfassungsentwurf verabschiedet hat; in der Erwägung, dass dieser am 15. und 22. Dezember 2012 in einem Referendum mit 63,8 % der abgegebenen Stimmen bestätigt wurde, wobei allerdings die Wahlbeteiligung bei nur 32,9 % lag; in der Erwägung, dass der Verfassungsprozess und der vorweggenommene Erlass der neuen Verfassung nicht etwa Konsens hervorgebracht, sondern die inneren Spaltungen in der ägyptischen Gesellschaft weiter vertieft haben; in der Erwägung, dass sowohl in Ägypten als auch im Ausland weithin Besorgnis über mehrere Artikel der neuen Verfassung geäußert worden ist, die sich auf den Rang der Scharia in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die Unabhängigkeit der Justiz und die Rolle der Militärgerichte, die Grundrechte und die Rechte der Frauen beziehen;
G. in der Erwägung, dass für Ende April in Ägypten eine erneute Parlamentswahl angekündigt worden ist; in der Erwägung, dass der ägyptische Oberste Wahlausschuss genehmigt hat, dass neben der Europäischen Union, der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union auch vier nichtstaatliche Organisationen die Wahl beobachten; in der Erwägung, dass der Oberste Verfassungsgerichtshof Ägyptens am 18. Februar 2013 mehrere Artikel dieses Gesetzes für verfassungswidrig erklärt und den Schura-Rat aufgefordert hat, diese zu ändern; in der Erwägung, dass die oppositionellen Kräfte unter der Führung der Nationalen Heilsfront aus Protest gegen den Mangel an rechtlichen Garantien für freie und faire Wahlen einen Boykott der kommenden Parlamentswahl angekündigt haben; in der Erwägung, dass die ägyptische Wahlkommission die geplante Parlamentswahl nach einer dementsprechenden Entscheidung des Kairoer Verwaltungsgerichts ausgesetzt hat, weil der Schura-Rat nach der Änderung des Wahlgesetzes dieses nicht zur endgültigen Prüfung an den Obersten Verfassungsgerichtshof zurückverwiesen hat;
H. in der Erwägung, dass Präsident Mursi nach gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Protestierenden und Sicherheitskräften am Vorabend des zweiten Jahrestags der Revolution des 25. Januar und in den Wochen danach, bei denen Dutzende Menschen zu Tode kamen und die durch die zunehmende Gesetzlosigkeit in Ägypten, den rapiden Niedergang der ägyptischen Wirtschaft und die Todesurteile gegen mehrere Dutzend an den tödlichen Fußballkrawallen von 2012 in Port Said beteiligte Zivilpersonen ausgelöst worden waren, in mehreren ägyptischen Städten den Notstand ausgerufen und das darauf Militär vor einem "Zusammenbruch des Staates" gewarnt hat; in der Erwägung, dass Führungspersönlichkeiten der Opposition am 30. Januar 2013 gemeinsam Präsident Mursi dazu aufgefordert haben, der Gewalt gegen die Protestierenden ein Ende zu machen, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden und einen wirklichen nationalen Dialog zu beginnen, da nur so die gegenwärtigen politischen und sozialen Spaltungen und Spannungen überwunden werden können; in der Erwägung, dass Präsident Mursi den Aufrufen zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit nicht gefolgt ist; in der Erwägung, dass Präsident Mursi am 26. Februar 2013 einen nationalen Dialog ausgerufen hat, der von führenden Kräften der Opposition boykottiert wurde;
I. in der Erwägung, dass am 26. Januar 2013 bei Zusammenstößen nach der Verkündung der Todesurteile für 21 Einwohner von Port Said wegen der tödlichen Gewaltexzesse ein Jahr zuvor nach einem Fußballspiel 42 Personen, darunter zwei Polizeibeamte, zu Tode gekommen sind; in der Erwägung, dass dieses Urteil am 9. März bestätigt worden ist und ein Urteil gegen die verbliebenen 52 Angeklagten gesprochen wurde; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 16. Februar 2012 eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle, die zu dem Unglück geführt haben, gefordert und verlangt hat, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden; in der Erwägung, dass Europäische Union die Anwendung der Todesstrafe in allen Fällen und unter jeglichen Umständen ablehnt und zum Schutz der Menschenwürde immer wieder ihre weltweite Abschaffung gefordert hat;
J. in der Erwägung, dass die zunehmenden politischen Spannungen die Polarisierung in der ägyptischen Gesellschaft weiter vertieft haben und derzeit zu anhaltenden Straßenprotesten und gewaltsamen Zusammenstößen mit willkürlichen Inhaftierungen, Einschüchterungen, Entführungen und Folter führen; in der Erwägung, dass Fälle übermäßiger und tödlicher Anwendung von Gewalt gegen friedliche Demonstranten durch Polizei, Sicherheitskräfte und nicht identifizierte Gruppierungen oft ungestraft bleiben; in der Erwägung, dass Sicherheit und öffentliche Ordnung mit Umsicht und unter umfassender Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten aufrechterhalten werden sollten;
K. in der Erwägung, dass die öffentliche Meinung in Ägypten Einschränkungen der Meinungsfreiheit sehr kritisch gegenübersteht; in der Erwägung, dass das Strafrecht und die kürzlich verabschiedete Verfassung die Meinungsfreiheit sowohl online als auch offline deutlich einschränken könnten; in der Erwägung, dass die bürgerlichen und digitalen Freiheiten die allgemeinen Menschenrechte fördern und daher jederzeit geachtet werden sollten; in der Erwägung, dass körperliche Gewalt und Schikanen gegen Journalisten erheblich zugenommen haben; in der Erwägung, dass eine Reihe von Gerichtsverfahren gegen oppositionelle Medien wegen Beleidigung des Präsidenten eingeleitet worden sind; in der Erwägung, dass die strafrechtliche Verfolgung von Journalisten, insbesondere von Medien der Opposition, und Komikern wie Gamal Fahmy, Bassem Youssef und Okasha Tawfiq fortgesetzt werden; in der Erwägung, dass in 24 gemeldeten Fällen Anklage wegen Beleidigung des Präsidenten erhoben wurde; in der Erwägung, dass die Zahl der Gerichtsverfahren wegen Blasphemie seit der Amtsübernahme durch Präsident Mursi angestiegen ist;
L. in der Erwägung, dass der Gesetzesentwurf über den "Schutz des Rechts auf friedliche Kundgebungen in der Öffentlichkeit" deutliche Einschränkungen des Rechts auf friedliche öffentliche Versammlungen vorsieht;
M. in der Erwägung, dass ägyptische Frauen in der aktuellen Übergangszeit besonders gefährdet sind; in der Erwägung, dass Berichten ägyptischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen zufolge Demonstrantinnen oft Gewalt, sexuellen Übergriffen, Jungfräulichkeitstests und anderen Formen erniedrigender Behandlung durch die Sicherheitskräfte ausgesetzt sind, während Verfechterinnen von Frauenrechten bedroht und schikaniert werden; in der Erwägung, dass Frauen im Bereich der politischen Teilhabe erhebliche Rückschläge erlitten haben; in der Erwägung, dass der nationale Frauenrat und die Zivilgesellschaft das Schweigen der Behörden verurteilt haben, die die Gewalt gegen Frauen nicht verurteilt und damit ein falsches Signal hinsichtlich der Wahrung der Frauenrechte in Ägypten ausgesandt haben;
N. in der Erwägung, dass die ägyptische Zivilgesellschaft und internationale nichtstaatliche Organisationen zunehmend unter Druck gesetzt werden und bei ihrer Arbeit in Ägypten auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen; in der Erwägung, dass mehrere Entwürfe für ein neues Gesetz über nichtstaatliche Organisationen und Stiftungen zu Besorgnis von Aktivisten und Organisationen der Zivilgesellschaft geführt haben, da diese die Möglichkeiten der Finanzierung nichtstaatlicher Organisationen insbesondere aus dem Ausland drastisch einschränken und eine aggressive Überwachung durch die Behörden ermöglichen sowie jegliche Art von gesellschaftlichen Aktivitäten und Organisationen einschränken würden; in der Erwägung, dass diese Gesetze auch Erkundungsbesuche und andere wesentliche Aktivitäten in ganz Ägypten einschränken und so den Organisationen der Zivilgesellschaft die Erfüllung ihrer Aufgaben praktisch unmöglich machen würden;
O. in der Erwägung, dass die EU Ägyptens wichtigster Wirtschaftspartner und seine Hauptquelle für Auslandsinvestitionen und Entwicklungszusammenarbeit ist; in der Erwägung, dass sich die Taskforce EU-Ägypten unter dem gemeinsamen Vorsitz der HR/VP und des ägyptischen Außenministers Kamel Amr am 13./14 November 2012 in Kairo getroffen und ein umfassendes Paket wirtschaftlicher und politischer Hilfsmaßnahmen beschlossen hat, das Ägypten in seinem Umwandlungsprozess unterstützen soll und beinahe 5 Milliarden Euro an Zuschüssen und Darlehen für die Jahre 2012-2013 umfasst; in der Erwägung, dass die finanzielle Unterstützung teilweise davon abhängt, dass Ägypten ein Übereinkommen mit dem Internationalen Währungsfonds abschließt, sowie von der Menschenrechts-, Demokratie- und Wirtschaftspolitik in dem Land; in der Erwägung, dass die Einhaltung dieser Zusagen und eine beschleunigte Bereitstellung von EU-Unterstützung für Ägypten lebenswichtig sind;
P. in der Erwägung, dass die Taskforce ihr Engagement für die Förderung und Einhaltung der Menschenrechte - einschließlich der Rechte der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter, um die Entfaltung der Fähigkeiten von Frauen in allen Bereichen zu fördern -, die freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit und die Religions- bzw. Glaubensfreiheit unterstrichen und alle Formen der Anstachelung zu religiösem Hass, Intoleranz, Feindschaft oder Gewalt verurteilt hat;
Q. in der Erwägung, dass der Erfolg der Europäischen Nachbarschaftspolitik sowie der Erfolg der Reformen im Bereich der Menschenrechte und insbesondere der Frauenrechte von dem Engagement der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen abhängt;
R. in der Erwägung, dass die wirtschaftliche Lage Ägyptens äußerst schlecht ist, wobei die Devisenreserven auf einem niedrigen Niveau stehen und das ägyptische Pfund so wenig wert ist wie seit 2004 nicht mehr; in der Erwägung, dass eine positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes von seiner langfristigen politischen und sozialen Stabilität abhängen wird; in der Erwägung, dass sich Ägypten in einer kritischen Phase des Wandels befindet und in diesem Prozess des Übergangs zur Demokratie mit erheblichen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert ist; in der Erwägung, dass dieser Übergang unter Einhaltung der Grundwerte der sozialen Gerechtigkeit, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Rechtsstaatlichkeit und der verantwortungsvollen Staatsführung erfolgen sollte;
S. in der Erwägung, dass die Rückführung von Vermögenswerten, die vom ehemaligen Regime gestohlen wurden, über ihre wirtschaftliche Bedeutung hinaus dazu beitragen kann, dass dem ägyptischen Volk Gerechtigkeit zuteil wird und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, und daher ein wichtiges politisches Thema von hoher symbolischer Bedeutung für die Beziehungen zwischen der EU und Ägypten ist; in der Erwägung, dass die in der EU befindlichen Vermögenswerte von 19 Personen, die für die Veruntreuung ägyptischer staatlicher Gelder verantwortlich sind, darunter der ehemalige Präsident Mubarak, seit März 2011 eingefroren sind; in der Erwägung, dass der Rat am 26. November 2012 eine neue Verordnung erlassen hat, um die Rückführung dieser veruntreuten Gelder zu erleichtern; in der Erwägung, dass die Taskforce vereinbart hat, innerhalb von drei Monaten einen Fahrplan zu erstellen, der auch die Einrichtung einer vom Europäischen Auswärtigen Dienst koordinierten Vermögensrückführungsgruppe beinhalten könnte;
- 1. bringt seine Solidarität mit dem ägyptischen Volk in dieser entscheidenden Zeit des demokratischen Übergangs in dem Land zum Ausdruck; fordert die ägyptischen Behörden auf, die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einschließlich der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit und des Rechts, sich friedlich zu versammeln, der Freiheit der Presse und der Medien, der Frauenrechte, der Religions-, Gewissens- und Gedankenfreiheit, des Schutzes von Minderheiten und der Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Ausrichtung sowie der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung, der Unabhängigkeit der Gerichte, der Bekämpfung der Straffreiheit und des Rechts auf ein ordnungsgemäßes Verfahren sicherzustellen, da diese Rechte wesentliche Bestandteile einer freien und demokratischen Gesellschaft sind;
- 2. ist ernsthaft besorgt über die zunehmende innere Polarisierung in der ägyptischen Gesellschaft und die andauernden gewaltsamen Zwischenfälle; erinnert die ägyptischen Staatsorgane und Sicherheitskräfte an ihre Pflicht, Sicherheit und Ordnung im Land wiederherzustellen und zu sichern; fordert alle politischen Akteure auf, Zurückhaltung zu üben, um zum Wohle des Landes weitere Gewalt zu vermeiden; fordert ferner, die Tötungen, Folter, erniedrigenden Behandlungen und Schikanierungen friedlicher Demonstranten und insbesondere Demonstrantinnen ernsthaft, unvoreingenommen und transparent untersuchen zu lassen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen; fordert die Staatsorgane auf, sich stets im Einklang mit internationalen Standards zu verhalten; bedauert die erhebliche Zahl an Toten und Verletzten, die die jüngsten Zusammenstöße gefordert haben, und spricht den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus;
- 3. bekräftigt die nachdrückliche und grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe durch die EU und fordert ein vollständiges Moratorium in Bezug auf die Vollstreckung jeglicher Todesurteile in Ägypten; fordert Ägypten auf, das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 zur Abschaffung der Todesstrafe zu ratifizieren; fordert die Umwandlung der am 26. Januar 2013 verkündeten Todesurteile gegen 21 Anhänger des Fußballvereins Al-Masry;
- 4. nimmt die Entscheidung der ägyptischen Wahlkommission, die geplante Parlamentswahl abzusagen, zur Kenntnis und fordert die ägyptische Regierung auf, diese Zeit zu nutzen, um durch einen echten nationalen Dialog mit der ernsthaften Beteiligung aller demokratischen politischen Kräfte einen inklusiven politischen Prozess auf der Grundlage von Konsens und gemeinsamer Verantwortung zu begründen; fordert alle politischen Kräfte in Ägypten auf, gemeinsam darauf hinzuarbeiten; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, die ägyptischen Staatsorgane, die politischen Parteien und die Zivilgesellschaft weiterhin bei ihren Anstrengungen für die Verwirklichung dieses Ziels zu unterstützen; begrüßt die Einladung der ägyptischen Behörden an die EU, die anstehenden Parlamentswahlen zu beobachten; erneuert sein Angebot, eine echte Wahlbeobachtungsmission in das Land zu schicken;
- 5. ist alarmiert über den Anstieg von Gewalt gegenüber Frauen, insbesondere gegenüber Demonstrantinnen und Verfechterinnen von Frauenrechten, und über die Tatsache, dass die Behörden diese Gewalttaten nicht verhindern, sie nicht verurteilen und die Täter nicht zur Verantwortung ziehen; fordert Präsident Mursi sowie die Anführer der regierenden und der oppositionellen Parteien auf, starke politische Führung zu zeigen, um dem Problem sexualisierter Gewalt zu begegnen und sicherzustellen, dass alle Fälle von sexueller Belästigung und Angriffen gegen Frauen wirksam untersucht und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden und dass die Frauen angemessene Entschädigungen erhalten; fordert Präsident Mursi auf, gegen diese chronische Gewalt und die Diskriminierung vorzugehen, der Frauen ausgesetzt sind, indem er die Verabschiedung der von Frauenrechtlerinnen vorgeschlagenen Gesetze gegen sexuelle Belästigung veranlasst; fordert die ägyptischen Behörden auf, alle Formen von Gewalt und Aggression gegen Frauen zu verurteilen; fordert die Regierung auf, die politische Teilhabe von Frauen zu fördern und zu unterstützen, indem sie den derzeitigen negativen Trend in diesem Bereich umkehrt;
- 6. fordert die ägyptischen Behörden auf, die Polizei und die Sicherheitskräfte zu reformieren und alle Gesetze, die die uneingeschränkte Anwendung von Gewalt durch Polizei und Sicherheitskräfte gegen Zivilpersonen zulassen, abzuschaffen; unterstreicht die Notwendigkeit, im Dialog und in Absprache mit der Zivilgesellschaft einen angemessenen Rechtsrahmen zu entwickeln, um das Recht auf friedliche Demonstrationen und friedliche öffentliche Versammlungen zu gewährleisten und es Organisationen der Zivilgesellschaft zu ermöglichen, sich ohne unangemessene Beschränkungen zu betätigen und Unterstützung durch ausländische Quellen in Anspruch zu nehmen;
- 7. betont seine uneingeschränkte Unterstützung für das von den Organisationen der Zivilgesellschaft an den Tag gelegte Engagement und die Wichtigkeit und hohe Qualität ihrer Arbeit zur Förderung von Frieden, Demokratie und Menschenrechten und fordert, jeglichen Druck auf Gewerkschafter, Journalisten und Blogger sowie ihre Einschüchterung und Schikanierung unverzüglich zu beenden;
- 8. ist besorgt über den Zustand der ägyptischen Justiz; fordert die ägyptische Regierung und die politischen Kräfte des Landes auf, die Unabhängigkeit und Integrität der Justizwesens in Ägypten uneingeschränkt zu achten, zu unterstützen und zu fördern; unterstreicht die Notwendigkeit, die Reform des Strafrechtssystems fortzusetzen, um für einen angemessenen Rechtsrahmen für die Bekämpfung der Straflosigkeit und der Folter sowie den Schutz der Menschenrechte zu sorgen; ermutigt die ägyptischen Staatsorgane, einen echten Prozess der Übergangsjustiz einzuleiten, um sicherzustellen, dass die Täter für Menschenrechtsverletzungen, die vor, während und nach der Revolution von 2011 begangen wurden, zur Rechenschaft gezogen werden;
- 9. ist besorgt über die Einschränkungen der Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit; begrüßt es in diesem Zusammenhang, dass am 18. Februar 2013 ein ägyptischer Kirchenrat gegründet wurde, der sich aus den fünf größten christlichen Konfessionsgemeinschaften im Land zusammensetzt und dessen Mandat auch die Förderung eines Dialogs zwischen Muslimen und Christen umfasst; vertritt die Auffassung, dass Bemühungen unternommen werden sollten, um die Welle der Auswanderung von Christen aus Ägypten zu stoppen, da diese nicht nur das Weiterbestehen einer der ältesten Gemeinschaften Ägyptens gefährdet, sondern auch der ägyptischen Wirtschaft schadet, weil ausgebildete Fachleute das Land verlassen;
- 10. fordert die ägyptische Regierung auf, das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag zu unterzeichnen und zu ratifizieren und davon abzusehen, Staatsoberhäupter einzuladen, für die der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle erlassen hat;
- 11. verleiht seiner entschiedenen Unterstützung für Reformen Ausdruck, die den von ägyptischen Volk gewünschten Wandel hin zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und sozialer Gerechtigkeit in Ägypten fördern; wiederholt seine Forderung nach einer Prüfung der Möglichkeit einer Aufhebung des Ausnahmezustands im gesamten Land; fordert, die Verfolgung von Zivilpersonen durch Militärgerichte sofort einzustellen;
- 12. bekräftigt erneut seine Besorgnis über den Menschenschmuggel und Menschenhandel und über die Lage illegaler Migranten im Land, vor allem in der Region Sinai; fordert die ägyptischen Staatsorgane auf, ihre Anstrengungen, diese Fragen zu regeln, weiter zu intensivieren, nicht zuletzt indem sie das innerstaatliche Flüchtlingsrecht vollständig umsetzen und indem sie UN-Behörden und Menschenrechtsorganisationen uneingeschränkten Zugang zu den Betroffenen auf der Sinai-Halbinsel gewähren;
- 13. ist ernsthaft besorgt über die sich rapide verschlechternde Wirtschaftslage Ägyptens und die langwierigen Verhandlungen über eine Kreditvereinbarung mit dem IWF; begrüßt die erneuten Bemühungen der Regierung um eine Fortsetzung dieser Verhandlungen; spricht sich für den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der EU und Ägypten und einen intensivierten bilateralen Dialog über Wirtschaftsreformen aus, die ein wichtiger Schritt hin zur Schaffung von Vertrauen bei den Investoren wären;< /li>
- 14. fordert die HR/VP und die Kommission auf, den Grundsatz "mehr für mehr" mit besonderem Schwerpunkt auf der Zivilgesellschaft, den Frauenrechten und den Rechten von Minderheiten in einer umfassenderen und praktischeren Weise weiterzuentwickeln, wozu auch eindeutig formulierte Bedingungen und Richtwerte gehören für den Fall, dass die Regierung Ägyptens von demokratischen Reformen und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten Abstand nehmen sollte, sowie als eine der Grundlagen der neu gestalteten Europäischen Nachbarschaftspolitik für die Beziehungen der EU zur ägyptischen Regierung, ohne dass damit die Lebensbedingungen der Bevölkerung des Landes verschlechtert würden;
- 15. fordert die HR/VP auf, von der ägyptischen Regierung und von Präsident Mursi die Einhaltung ihrer Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten einzufordern; fordert die EU auf, den ägyptischen Behörden keine Budgethilfen zu gewähren, wenn keine entscheidenden Fortschritte hinsichtlich der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der demokratischen Staatsführung und der Rechtsstaatlichkeit gemacht werden;
- 16. verleiht seiner umfassenden Unterstützung für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen der EU und Ägypten Ausdruck, sei es im Kontext des Assoziierungsabkommens und seiner Aktionspläne, der erfolgreichen Fortsetzung der Taskforce EU-Ägypten, erfolgreicher Menschenrechtsdialoge, einer intensivierten wirtschaftlichen Zusammenarbeit, verbesserter Reisemöglichkeiten für Ägypter, insbesondere für Studenten, in die EU, Verhandlungen für ein vertieftes und umfassendes Freihandelsabkommen oder einer zukünftigen Marktintegration;
- 17. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, weitere erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um die Rückführung veruntreuter Vermögenswerte, die das ehemalige Regime dem ägyptischen Volk gestohlen hat, zu erleichtern; fordert in diesem Zusammenhang die EU auf, eine Gruppe von Ermittlern, Juristen und Staatsanwälten aus ihren Mitgliedstaaten und weiteren europäischen Ländern zu bilden, um Ägypten in diesem Prozess rechtliche Hilfe und Unterstützung zu leisten;
- 18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik/Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten und der ägyptischen Regierung zu übermitteln.
P7_TA-PROV(2013)0100 - Lage in Bangladesch
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zur Lage in Bangladesch (2013/2561(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Bangladesch, insbesondere die Entschließungen vom 17. Januar 20131, vom 6. September 20072 und vom 10. Juli 20083, - unter Hinweis auf das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Volksrepublik Bangladesch über Partnerschaft und Entwicklung4,
- - unter Hinweis auf das vom Parlament Bangladeschs im Jahr 1973 angenommene Gesetz über ein Internationales Strafgericht, mit dem die Verhaftung, Strafverfolgung und Bestrafung von Personen sichergestellt werden soll, denen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und andere Verbrechen gemäß dem Völkerrecht zur Last gelegt werden,
- - unter Hinweis auf die Erklärungen der Sprecherin der Hohen Vertreterin Catherine Ashton vom 22. Januar 2013 zu den vom Internationalen Strafgericht für Bangladesch verkündeten Todesurteilen und vom 2. März 2013 zur Gewalt in Bangladesch, - unter Hinweis auf die gemeinsame Erklärung des UN-Sonderberichterstatters für außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen und des UN-Sonderberichterstatters für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten vom 7. Februar 2013,
- - unter Hinweis auf die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die Wiener Schlusserklärung und das Aktionsprogramm der Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 und die Erklärung und das Aktionsprogramm von Kopenhagen zur sozialen Entwicklung von 1995,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, - gestützt auf die Artikel 122 Absatz 5 und 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Europäische Union und Bangladesch seit langem gute Beziehungen pflegen, auch im Rahmen des Kooperationsabkommens über Partnerschaft und Entwicklung;
B. in der Erwägung, dass die regierende Awami-Liga unter Premierministerin Sheik Hasina in Erfüllung eines zentralen Wahlversprechens ein Kriegsverbrechertribunal eingesetzt hat, das sich mit den Gräueltaten befassen soll, die während des neunmonatigen Sezessionskriegs zwischen dem ehemaligen Ost- und Westpakistan im Jahre 1971 verübt wurden, bei dem zwischen 300 000 und 3 Millionen Menschen getötet und etwa 200 000 Frauen vergewaltigt wurden;
C. in der Erwägung, dass das Trauma eines der schlimmsten Fälle von Massenmord der Geschichte das Leben vieler Bangladescher noch 40 Jahre danach überschattet, und dass den Menschen mit diesen Gerichtsverfahren ein wichtiges Forum geboten werden soll, in dem ihre Leiden anerkannt werden und sie Entschädigung erhalten können;
D. in der Erwägung, dass das Internationale Strafgericht (ICT) am 21. Januar 2013 sein Urteil gegen Abdul Kalam Azad verkündete, dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Unabhängigkeitskriegs im Jahr 1971 vorgeworfen wurden, und ihn in Abwesenheit zum Tode verurteilte;
E. in der Erwägung, dass der Internationale Strafgerichtshof am 5. Februar 2013 Abdul Qader Mollah zu einer lebenslangen Haft verurteilte, was zu emotional aufgeladenen, aber größtenteils friedlichen Protesten meist junger Menschen an der Straßenkreuzung von Shahbagh in Dhaka führte; in der Erwägung, dass diese sogenannte "Shahbagh-Bewegung" ein Todesurteil gegen den Angeklagten und eine von religiösem Extremismus freie Gesellschaft und Politik forderte;
F. in der Erwägung, dass die Regierung im Vorfeld dieser Proteste das Gesetz über das Internationale Strafgericht von 1973 änderte, indem es eine Bestimmung einführte, derzufolge Kläger das Recht haben, ein vom Strafgericht ergangenes Urteil anzufechten; in der Erwägung, dass das Gerichtsurteil gegen Abdul Qader Mollah infolgedessen in ein Todesurteil umgewandelt werden kann; in der Erwägung, dass solche rückwirkenden Bestimmungen gegen die Normen für ein faires Verfahren verstoßen, die Legitimität der Tätigkeit des ICT unterminieren und dem Grundsatz der doppelten strafrechtlichen Verfolgung ("ne bis in idem") zuwiderlaufen, der im Völkerrecht sowie in Artikel 14 Absatz 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verankert ist, dessen Vertragspartei Bangladesch ist;
G. in der Erwägung, dass mehrere führende Politiker der regierenden Awami-Liga, darunter auch der Innenminister, die Forderungen der Shabagh-Bewegung unterstützt und vorgeschlagen haben, dass die Jamaate-Islami-Partei verboten und der Partei verbundene Medienunternehmen geschlossen werden sollten;
H. in der Erwägung, dass der ICT am 28. Februar 2013 seine Entscheidung verkündete, Delwar Hossain Sayeedi, den stellvertretenden Vorsitzenden der Jamaate-Islami-Partei, dem unter anderem die Verfolgung der Hindu-Minderheit vorgeworfen wird, zum Tode zu verurteilen;
I. in der Erwägung, dass sich die Situation nach diesem letzten Urteil zugespitzt hat und die gewaltsamen Proteste der Anhänger der Jamaat-Partei gegen das Urteil zum Tod von mehr als 60 Menschen geführt haben; in der Erwägung, dass nach Angaben nichtstaatlicher Organisationen bei dem Polizeieinsatz in Reaktion auf die Angriffe von Mitgliedern und Anhängern der Jamaat-Partei auch scharfe Munition eingesetzt wurde;
J. in der Erwägung, das Berichten zufolge Jamaat-Aktivisten und Anhänger der Nationalistischen Partei Bangladeschs kürzlich mehr als 40 hinduistische Tempel, Wohnhäuser und Geschäfte in Bangladesch angegriffen haben, und dass infolge dieser Ausschreitungen mehrere Hundert Menschen obdachlos wurden; in der Erwägung, dass die hinduistische Minderheit in Bangladesch und andere Minderheiten (wie die Ahmadiyya-Gemeinschaft) wiederholt Phasen der Gewalt und Verfolgung erlebt haben, besonders während des Unabhängigkeitskriegs von 1971 und nach den Wahlen von 2001, und dass infolgedessen etwa 900 000 Hindus zwischen 2001 und 2011 Bangladesch verlassen haben;
K. in der Erwägung, dass in einigen anderen Fällen beim ICT Gerichtsverfahren anhängig sind, bei denen die ernsthafte Gefahr besteht, dass die Kläger für schuldig befunden und zum Tode verurteilt werden;
L. in der Erwägung, dass der UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen und der UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten sowie einige Menschenrechtsorganisationen Besorgnis über die behaupteten Unzulänglichkeiten des Gerichts in Bezug auf faire und ordnungsgemäße Verfahren und besonders den Umstand geäußert haben, dass eines der Verfahren in Abwesenheit des Beklagten stattfand;
- 1. ist tief besorgt über den jüngsten Ausbruch von Gewalt in Bangladesch infolge der Urteile des ICT und bringt seine Sorge über die jüngsten Todesfälle zum Ausdruck;
- 2. spricht den Angehörigen und Bekannten der bei den gewaltsamen Ausschreitungen getöteten und verletzten Personen sein Mitgefühl aus;
- 3. erkennt an, dass für Versöhnung und Gerechtigkeit gesorgt werden muss und die Verantwortlichen für die während des Unabhängigkeitskriegs von 1971 verübten Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssen; betont, dass dem ICT hier eine wichtige Rolle zukommt;
- 4. bekräftigt seine entschiedene Ablehnung der Todesstrafe in allen Fällen und unter allen Umständen;
- 5. fordert die Behörden Bangladeschs auf, alle Todesurteile umzuwandeln, auf der positiven Entwicklung aufzubauen, dass es im Jahr 2012 keine Hinrichtungen gab, und als ersten Schritt hin zur Abschaffung der Todesstrafe ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen zu erlassen;
- 6. bedauert die Berichte über die Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitsweise des ICT, wie die behauptete Einschüchterung, Schikanierung und Verschleppung von Zeugen, sowie die Beweise für die gesetzeswidrige Zusammenarbeit zwischen Richtern, Staatsanwälten und der Regierung; fordert insbesondere nachdrücklich, dass die Strafvollzugsbehörden die Maßnahmen zur Sicherung eines wirksamen Zeugenschutzes verstärken;
- 7. fordert die Regierung Bangladeschs auf, für die strenge Einhaltung nationaler und internationaler Justizstandards durch das ICT zu sorgen; betont in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, ein unabhängiges, faires und transparentes Gerichtsverfahren sowie das Recht der Zeugen auf Schutz, Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu garantieren;
- 8. fordert die Regierung Bangladeschs auf, ihre Bemühungen zur Durchsetzung von Recht und Ordnung zu verstärken; erinnert die Regierung an ihre Verpflichtung zur Einhaltung ihrer internationalen Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte;
- 9. verurteilt scharf die gewaltsamen Übergriffe von Anhängern der Jamaate-Islami-Partei und mit ihr verbundenen Parteien gegen Beamte von Strafvollzugsbehörden, gegen diejenigen, die die Urteile des ICT unterstützen und gegen religiöse und ethnische Minderheiten; verurteilt scharf alle gegen gewöhnliche Bürger gerichtete willkürliche Gewalt;
- 10. äußert Sorge über die hohe Zahl der Todesfälle; fordert die Regierung auf, ihre Sicherheitskräfte anzuweisen, sich streng an ihre Verpflichtung zu halten, größte Zurückhaltung zu zeigen und von tödlicher Gewalt abzusehen und den Tod aller Personen, die während der Demonstrationen ums Leben kamen, eingehend zu untersuchen;
- 11. fordert die Behörden Bangladeschs nachdrücklich auf, dafür zu sorgen, dass alle Berichte über Folter und Misshandlung unparteiisch untersucht werden, und dass diejenigen, die dieser Verbrechen für schuldig befunden werden, vor Gericht gestellt werden;
- 12. fordert alle politischen Verantwortlichen in Bangladesch auf, zum Abbau der politischen Spannungen beizutragen, um weiterer Gewalt vorzubeugen, und ihre Anhänger dazu aufzurufen, sich nicht an Gewaltakten zu beteiligen; fordert alle politischen Parteien Bangladeschs auf, miteinander in einen Dialog zu treten;
- 13. fordert die Presse auf, von Aufrufen zu konfrontativer Gewalt abzusehen; ruft die Regierung dazu auf, dafür zu sorgen, dass Journalisten und Herausgeber die Möglichkeit haben, ihre Ansichten friedlich zu äußern, ohne Verfolgung, Einschüchterung, Verhaftung oder Folter gewärtigen zu müssen;
- 14. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, der Vizepräsidentin/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem UN-Generalsekretär, dem UN-Menschenrechtsrat und der Regierung und dem Parlament Bangladeschs zu übermitteln.
P7_TA-PROV(2013)0101 - Die problematische Lage von Minderheitengruppen, insbesondere der irakischen Turkmenen, im Irak
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zum Irak: die problematische Lage von Minderheitengruppen, insbesondere der irakischen Turkmenen (2013/2562(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zum Irak, insbesondere seine Entschließungen vom 6. April 2006 zur assyrischen Gemeinschaft1 sowie vom 25. November 2010 zu den Übergriffen auf christliche Gemeinschaften2, - in Kenntnis des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Irak andererseits, sowie unter Hinweis auf seine Entschließung vom 17. Januar 2013 zum Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Irak3,
- - unter Hinweis auf das gemeinsame Strategiepapier der Europäischen Kommission für den Irak (2011-2013),
- - in Kenntnis der Erklärung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der EU (VP/HV), Catherine Ashton, vom 25. Januar 2013 zur Zunahme von Terroranschlägen im Irak in der jüngsten Zeit, - in Kenntnis der Erklärung der VP/HV, Catherine Ashton, vom 24. Januar 2013zu dem tödlichen Anschlag auf eine Trauerfeier in Tuz Khurmatu,
- - in Kenntnis der internationalen Vereinbarung "Iraq Compact", die von UN-Generalsekretär Ban Kimoon und vom irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki 2007 geschlossen wurde und in der die Zusage gemacht wird, dass arme und gefährdete Gruppen vor Entbehrung und Hunger geschützt würden,
- - in Kenntnis des Berichts über die Menschenrechte im Irak für den Zeitraum Januar bis Juni 2012, der gemeinsam von der Hilfsmission der Vereinten Nationen im Irak (UNAMI) und der Kommission am 19. Dezember 2012 vorgelegt wurde, - in Kenntnis der begleitenden Presseerklärung der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte (OHCHR), Navi Pillay, in der es heißt, die Anzahl der bislang im Jahr 2012 vollstreckten Exekutionen, vor allem die Praxis der Exekution größerer Gruppen, sei extrem gefährlich, könne nicht hingenommen werden und berge das Risiko, die Ansätze rechtsstaatlicher Fortschritte im Irak zu untergraben,
- - in Kenntnis der Erklärung des UN-Generalsekretärs Ban Ki-Moon vom 25. Januar 2013, in der er die jüngste Welle terroristischer Anschläge im Irak scharf verurteilt, bei denen hunderte von Todesopfern zu beklagen waren und eine noch viel größere Zahl von Menschen verletzt wurden,
- - unter Hinweis auf die UN-Erklärung von 1981 über die Beseitigung aller Formen von Intoleranz und Diskriminierung aufgrund der Religion oder der Überzeugung, - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966, zu dessen Vertragsparteien der Irak gehört,
- - gestützt auf die Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass der Irak vor ernsten politischen, sicherheitsrelevanten und sozioökonomischen Herausforderungen steht; sowie in der Erwägung, dass die politische Landschaft des Landes extrem fragmentiert ist und es häufig zu gewalttätigen Übergriffen kommt, sodass viele der legitimen Hoffnungen der Menschen im Irak auf Frieden, Wohlstand und einen echten demokratischen Wandel zunichte gemacht werden;
B. in der Erwägung, dass die irakische Verfassung allen Bürgerinnen und Bürgern die Gleichheit vor dem Gesetz zusichert, insbesondere in Artikel 125, der die administrativen, politischen, kulturellen und bildungsspezifischen Rechte der verschiedenen Nationalitäten wie Turkmenen, Chaldäer, Assyrer und aller anderen Nationalitäten garantiert; sowie in der Erwägung, dass nach Artikel 31 der Verfassung für die Region Kurdistan, die seit 2009 in Kraft ist, die nationale, kulturelle und administrative Autonomie der Turkmenen, Araber, Assyro-Chaldäer und Armenier sowie sonstigen ethnischen Gruppen Kurdistans respektiert wird, sobald diese Gemeinschaften die Bevölkerungsmehrheit stellen;
C. in der Erwägung, dass das irakische Parlament am 9. April 2012 der Einrichtung einer hohen Kommission für Menschenrechte zugestimmt hat, die zwar noch nicht vollständig arbeitsfähig, aber doch die erste unabhängige Kommission für Menschenrechte in der Geschichte des Landes ist;
D. in der Erwägung, dass sich das Parlament im Rahmen des politischen Dialogs mit der irakischen Seite insbesondere der Menschenrechtslage im Irak widmet, die Anlass zu ernsthafter Besorgnis gibt, vor allem angesichts der unbefriedigenden Situation benachteiligter Gruppen einschließlich der Minderheiten;
E. in der Erwägung, dass in dem Abkommen zwischen der EU und dem Irak und insbesondere in seiner Menschenrechtsklausel betont wird, dass sich der politische Dialog zwischen der EU und dem Irak auf Menschenrechte und den Ausbau demokratischer Institutionen konzentrieren sollte;
F. in der Erwägung, dass der Irak seit langen Zeiten Heimat verschiedenster ethnischer und religiöser Minderheiten ist, darunter Turkmenen, Christen, Kurden, Schabaken, Mandäer, Armenier, Jesiden, Bahais, schwarze Iraker, Assyrer, Juden, Palästinenser und andere;
G. in der Erwägung, dass die Minderheiten im Irak nach wie vor Assimilierungsmaßnahmen betroffen und in der irakischen Regierung und anderen staatlichen Organen unterrepräsentiert sind; in der Erwägung, dass der Anteil der betreffenden Minderheitengruppen an der irakischen Gesamtbevölkerung in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist, da viele aus dem Land geflohen sind, während andere sich gezwungen sahen innerhalb des Landes ihren Wohnort zu wechseln;
H. in der Erwägung, dass die Turkmenen Schätzungen zufolge die drittgrößte Minderheitengruppe im Irak sind; sowie in der Erwägung, dass die Turkmenen im Zuge der andauernden Auseinandersetzungen zwischen Turkmenen und Kurden um Kirkuk, eine Region mit reichen Vorkommen an Erdöl und anderen Bodenschätzen, oft Opfer von Übergriffen und Entführungen durch kurdische Kräfte und Gruppen arabischer Extremisten sind; in der Erwägung, dass sowohl sunnitische als auch schiitische Turkmenen religiös motivierten Übergriffen ausgesetzt sind;
I. in der Erwägung, dass der laufende Konflikt zwischen der irakischen Zentralregierung und der Regionalregierung von Kurdistan unlängst eskaliert ist, dass sich die Sicherheitslage in der Region dadurch verschlechtert hat und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen ethnischen Gruppen, insbesondere von Kurden, Arabern und Turkmenen, in Gefahr gerät;
J. in der Erwägung, dass im Nordirak neben territorialen Auseinandersetzungen auch regelmäßig offenkundig religiös motivierte Übergriffe sunnitischer Gruppen auf die schiitische Bevölkerung stattfinden; in der Erwägung, dass am 31. Dezember 2012 29 Pilger während des schiitischen al-Arba"in-Gedenkfestes getötet wurden; in der Erwägung, dass am 23. Januar 2013 bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee in Tuz Khurmatu, einer Stadt mit hohem turkmenischen Bevölkerungsanteil in der nordirakischen Provinz Nineve, auf die sowohl die irakische Zentralregierung als auch die Regionalregierung von Kurdistan Anspruch erhebt, mindestens 42 Menschen den Tod fanden und 117 verletzt wurden;
K. in der Erwägung, dass die irakische Bevölkerung trotz einer deutlichen Verbesserung der Sicherheitslage weiterhin einem unzumutbar hohen Maß an Gewalt ausgesetzt ist, und täglich von Bombenanschlägen und Schießereien berichtet wird; in der Erwägung, dass die Zukunft der meisten Iraker aufgrund der fortwährenden Spannungen und der Gewalt ungewiss ist und eine Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Integration der irakischen Bevölkerung insgesamt verhindert wird;
- 1. ist zutiefst besorgt über die steigende Zahl der Opfer von Gewalt in der irakischen Zivilbevölkerung, insbesondere im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten, aber auch bei Übergriffen auf besonders gefährdete Gruppen, wie religiöse, ethnische und kulturelle Minderheiten, und fordert die irakischen Behörden auf, für mehr Sicherheit und die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung zu sorgen, den Terrorismus zu bekämpfen und im ganzen Land gegen religiös motivierte Gewalttaten vorzugehen;
- 2. verurteilt den Anschlag vom 23. Januar 2013 auf eine turkmenische Trauergemeinde in Tuz Khurmatu bei der Beerdigung eines am Vortag ermordeten Beamten, bei dem mindestens 42 Menschen ums Leben kamen und 117 verletzt wurden, den Selbstmordanschlag vom 3. Februar 2013 vor einem Polizeigebäude in Kirkuk, bei dem 30 Menschen starben und 70 verletzt wurden, und den Vorfall vom 16. Dezember 2012, bei dem zwei turkmenische Lehrer entführt und anschließend gefoltert und bei lebendigem Leibe verbrannt wurden;
- 3. verurteilt terroristische Anschläge aufs Schärfste und spricht den Angehörigen und Freunden der Verstorbenen und Verletzten sein Beileid aus;
- 4. ist zutiefst besorgt, dass die für den 20. April 2013 anberaumten Provinzwahlen durch die wiederkehrende Instabilität und die neuerliche Eskalation religiös motivierter Gewalt im Irak gefährdet werden, da eine Aussetzung der Wahlen die Aussicht auf stärker von Demokratie und Inklusion geprägte Regierungsstrukturen zunichte machen könnte;
- 5. bedauert, dass die Minderheiten, ungeachtet der Bezugnahme auf die Rechte der Turkmenen und anderer Minderheiten in der irakischen Verfassung, nach wie vor unter ethnisch und religiös motivierter Gewalt zu leiden haben und diskriminiert werden;
- 6. fordert sowohl die Regierung des Irak als auch die Regionalregierung von Kurdistan auf, die Anschläge zu verurteilen und umgehend eine umfassende Untersuchung der jüngsten Terroranschläge in der Region - auch des besonders tragischen Bombenanschlags auf eine schiitische Moschee in Tuz Khurmatu - durchzuführen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen;
- 7. fordert die Regierung des Irak und die Regionalregierung von Kurdistan auf, umgehend Maßnahmen zur Entschärfung der territorialen Auseinandersetzungen in der Ebene von Nineve zu ergreifen, die kulturelle, ethnische und religiöse Vielfalt der Provinz anzuerkennen und die Bürger frei über ihre sprachliche, religiöse und kulturelle Identität entscheiden zu lassen;
- 8. fordert die im irakischen Repräsentantenrat vertretenen politischen Kräfte auf, einen echten, inklusiven nationalen Dialog aufzunehmen, um im Irak für eine wirklich demokratische Führung und die Achtung der individuellen und kollektiven Rechte aller irakischen Bürger zu sorgen; fordert die irakische Regierung nachdrücklich auf, endlich die auf unbestimmte Zeit verschobene landesweite Volkszählung durchzuführen, um gesicherte Angaben über den Anteil der Turkmenen und anderer Minderheiten an der Gesamtbevölkerung zu erhalten;
- 9. fordert die irakische Regierung und alle politischen Entscheidungsträger auf, die Maßnahmen zu treffen, die die Voraussetzung für die Sicherheit und den Schutz der irakischen Bürger im Allgemeinen und der Angehörigen besonders gefährdeter ethnischer und religiöser Minderheiten im Besonderen sind; fordert die Regierung auf, die Sicherheitskräfte anzuweisen, bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Zurückhaltung zu üben und sich dabei an die rechtsstaatlichen Prinzipien und internationalen Standards zu halten;
- 10. begrüßt in diesem Zusammenhang das Umstrukturierungs- und Rehabilitationsprogramm für Haftanstalten und Gefängnisse, das vor Kurzem im Auftrag des irakischen Justizministeriums aufgelegt wurde, und hofft, dass es dazu beitragen wird, den von Menschenrechtsorganisationen beklagten Zuständen - dem im Irak allgegenwärtigen Einsatz von Folter und der weit verbreiteten Straflosigkeit - ein Ende zu setzen;
- 11. ist zutiefst betroffen über die hohe Zahl der Hinrichtungen im Irak, zumal die Todesurteile oft das Ergebnis unfairer Gerichtsverfahren sind und auf erzwungenen Geständnissen beruhen; appelliert daher eindringlich an die irakische Regierung, ein Moratorium für alle Hinrichtungen zu verhängen und die Todesstrafe in naher Zukunft abzuschaffen;
- 12. hebt hervor, dass dafür gesorgt werden muss, dass zwischen den irakischen Behörden und internationalen Hilfsorganisationen abgestimmte Maßnahmen getroffen werden, um gefährdete Gruppen zu unterstützen und die Bedingungen zu schaffen, die ihnen ein Leben in Sicherheit und Würde ermöglichen, wobei vor allem Initiativen zur Förderung des Dialogs und der gegenseitigen Achtung unter den religiösen und ethnischen Gemeinschaften im Irak eine Rolle spielen müssen;
- 13. hebt hervor, dass den Rechten der Turkmenen sowie den Rechten von Minderheiten überhaupt bei Initiativen der Rechtsstaatlichkeitsmission der EU (EUJUST LEX) möglichst ein entsprechender Stellenwert zukommen muss, und würdigt die Erfolge dieser Mission sowie ihren Einsatz im Irak;
- 14. beharrt darauf, dass der durch das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Irak eingerichtete Kooperationsrat als Kommunikationskanal dienen muss, um die Bedenken, die angesichts der Lage ethnischer und religiöser Minderheiten in dem Land bestehen, an die irakische Seite heranzutragen;
- 15. fordert die internationale Gemeinschaft und die EU auf, die irakische Regierung bei der Durchführung friedlicher, freier und fairer Wahlen im April 2013 zu unterstützen;
- 16. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Repräsentantenrat des Irak, der Regionalregierung von Kurdistan, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.
P7_TA-PROV(2013)0102 - Der Fall Arafat Jaradat und die Lage palästinensischer Häftlinge in israelischen Gefängnissen
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. März 2013 zum Fall Arafat Jaradat und zur Lage der palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen (2013/2563(RSP))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen, insbesondere diejenigen vom 4. September 2008 zur Lage der palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen13 und vom 5. Juli 2012 zur EU-Politik für das Westjordanland und Ostjerusalem14, - unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers der Hohen Vertreterin, Catherine Ashton, vom 16. Februar 2013 zu den palästinensischen Hungerstreikenden in Israel,
- - unter Hinweis auf die vor Ort abgegebene EU-Erklärung vom 8. Mai 2012 zu den in Hungerstreik befindlichen palästinensischen Gefangenen,
- - unter Hinweis auf das Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Staat Israel andererseits (Assoziationsabkommen EU-Israel), insbesondere auf Artikel 2 zu den Menschenrechten, - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948,
- - unter Hinweis auf das Vierte Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten von 1949,
- - unter Hinweis auf den Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte von 1966, - unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau aus dem Jahr 1979,
- - unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe von 1984,
- - unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes, - unter Hinweis auf die einschlägigen Resolutionen der Vereinten Nationen zum Nahost-Konflikt,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Kimoon vom 19. Februar 2013, in der er seine Besorgnis im Hinblick auf die Lage der in Hungerstreik befindlichen palästinensischen Gefangenen in Israel zum Ausdruck bringt, die Erklärung der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte Navi Pillay vom 13. Februar 2013 zu palästinensischen Gefangenen und die Erklärung des UN-Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen für Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten Richard Falk vom 27. Februar 2013 zum Tod des palästinensischen Gefangenen Arafat Jaradat,
- - unter Hinweis auf den UNICEF-Bericht vom Februar 2013 mit dem Titel "Kinder in israelischer Militärhaft: Anmerkungen und Empfehlungen";
- - gestützt auf die Artikel 122 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Arafat Jaradat am 18. Februar 2013 wegen angeblicher Steinwürfe auf israelische Ziele verhaftet wurde und am 23. Februar 2013 im Gefängnis von Megiddo verstorben ist; in der Erwägung, dass die Todesursache umstritten ist; in der Erwägung, dass die israelischen Staatsorgane behaupten, dass er an einem Herzinfarkt verstorben sei und die bei der Autopsie festgestellten Blutungen und Rippenbrüche bei den Wiederbelebungsmaßnahmen, die von Strafvollzugsbediensteten durchgeführt wurden, entstanden seien; in der Erwägung, dass die palästinensischen Behörden hingegen behaupten, dass sein Tod durch Folterung verursacht worden sei;
B. in der Erwägung, dass sich fast alle der 4 500 palästinensischen Gefangenen an einem Hungerstreik beteiligt haben, mit dem sie gegen den Tod von Arafat Jaradat protestierten; in der Erwägung, dass es in den letzten Tagen zu Zusammenstößen auf den Straßen des Westjordanlands gekommen ist, weil die Palästinenser über die Bedingungen für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen empört sind;
C. in der Erwägung, dass die Frage der palästinensischen Gefangenen und Häftlingen weitreichende politische, soziale und humanitäre Auswirkungen hat; in der Erwägung, dass die palästinensischen politischen Gefangenen und ehemaligen Häftlinge eine herausragende Rolle in der palästinensischen Gesellschaft spielen; in der Erwägung, dass mehr als 4 800 palästinensische Gefangene und Häftlinge, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, mehr als 100 Gefangene aus der Zeit vor dem Oslo-Abkommen und 15 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates in israelischen Gefängnissen einsitzen; in der Erwägung, dass sich 178 von ihnen, darunter 9 Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, in Verwaltungshaft befinden; in der Erwägung, dass laut einer Erklärung von palästinensischen und israelischen Menschenrechtsorganisationen vom März 2013 Berichten zufolge seit 1967 mindestens 71 palästinensische Gefangene aufgrund von Folterungen in israelischen Gefängnissen verstorben sind;
D. in der Erwägung, dass die überwiegende Mehrheit der palästinensischen Gefangenen aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen in Gefängnissen innerhalb des israelischen Hoheitsgebietes gefangen gehalten werden; in der Erwägung, dass es für die meisten von ihnen oft unmöglich oder sehr schwierig ist, ihr Recht auf Besuch von Angehörigen durchzusetzen;
E. in der Erwägung, dass die Verwaltungshaftanordnungen des israelischen Militärs eine Inhaftierung ohne Anklage oder Gerichtsverfahren auf der Grundlage von Beweisen ermöglichen, zu denen die Inhaftierten oder deren Rechtsanwälte keinen Zugang haben, sowie in der Erwägung, dass diese Anordnungen eine Laufzeit von bis zu sechs Monaten haben und auf unbestimmte Zeit verlängert werden können; in der Erwägung, dass das Oberste Gericht Israels vor kurzem die Militärgerichte und die Militärgeneralstaatsanwälte wegen der Verlängerung der Verwaltungshaftanordnungen kritisiert hat;
F. in der Erwägung, dass die palästinensischen politischen Gefangenen mehrmals in Hungerstreiks getreten sind, an denen sich Hunderte von Gefangenen beteiligt haben; in der Erwägung, dass sich mehrere palästinensische Gefangene nach wie vor in einem ununterbrochenen Hungerstreik befinden;
G. in der Erwägung, dass weibliche Häftlinge eine besonders gefährdete Gruppe palästinensischer Gefangener sind;
H. in der Erwägung, dass Schätzungen zufolge 700 palästinensische Kinder von den israelischen Sicherheitskräften jedes Jahr im Westjordanland inhaftiert werden; in der Erwägung, dass laut den Ergebnissen einer von der UNICEF durchgeführten Überprüfung der Vorgehensweisen gegenüber palästinensischen Kindern, die mit dem Haftsystem des israelischen Militärs in Berührung kamen, die Misshandlung dieser Kinder offenkundig weit verbreitet und systematisch ist;
I. in der Erwägung, dass sich die Beziehungen zwischen der EU und Israel gemäß Artikel 2 des Assoziationsabkommens auf die Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze der Demokratie stützen, die ein wesentliches Element dieses Abkommens darstellen; in der Erwägung, dass in dem Aktionsplan EU-Israel ausdrücklich die Achtung der Menschenrechte und die Beachtung des humanitären Völkerrechts als gemeinsame Werte beider Parteien hervorgehoben werden;
- 1. äußert seine tiefe Besorgnis über den Tod des palästinensischen Gefangenen Arafat Jaradat am 23. Februar 2013, der sich in israelischer Haft befand, und spricht seiner Familie sein Beileid aus;
- 2. ist sehr besorgt über die erneuten Spannungen im Westjordanland nach dem Tod von Arafat Jaradat im Gefängnis von Megiddo, dessen Umstände umstritten sind; fordert alle Parteien auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und von Provokationen abzusehen, damit weitere Gewalt verhindert wird, und positive Maßnahmen zu ergreifen, um die Wahrheit herauszufinden und die derzeitigen Spannungen abzubauen;
- 3. fordert die israelischen Staatsorgane auf, unverzüglich unabhängige, unparteiische und transparente Untersuchungen der Umstände des Todes von Arafat Jaradat und aller Fälle einzuleiten, in denen palästinensische Gefangene Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung ausgesetzt waren;
- 4. bekräftigt seine Unterstützung der legitimen Sicherheitsinteressen Israels; ist davon überzeugt, dass bei der Behandlung von Gefangenen die Rechtsstaatlichkeit uneingeschränkt gewahrt werden muss, weil dies für ein demokratisches Land von entscheidender Bedeutung ist; fordert daher die israelische Regierung auf, die Rechte der palästinensischen Gefangenen zu achten und ihre Gesundheit und ihr Leben zu schützen;
- 5. ist besorgt darüber, dass palästinensische Gefangene ohne Anklage in Verwaltungshaft gehalten werden; betont, dass diese Häftlinge unter Einhaltung prozessrechtlicher Garantien, die internationalen Normen entsprechen, angeklagt und vor Gericht gestellt oder unverzüglich freigelassen werden sollten;
- 6. fordert mit Nachdruck, dass das Recht der Gefangenen, von ihren Familien besucht zu werden, unverzüglich durchgesetzt wird, und fordert die israelischen Staatsorgane auf, die notwendigen Voraussetzungen für die Umsetzung dieses Rechts zu schaffen;
- 7. ist sehr besorgt über die Lage und den Gesundheitszustand der palästinensischen Gefangenen, die sich in einem ununterbrochenen Hungerstreik befinden; unterstützt die Anstrengungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zur Rettung des Lebens von Gefangenen/Häftlingen, deren Gesundheitszustand kritisch ist, und fordert Israel mit Nachdruck auf, allen Hungerstreikenden Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung zu ermöglichen;
- 8. fordert erneut, dass alle Mitglieder des Palästinensischen Legislativrates, u.a. Marwan Barghouti, freigelassen werden;
- 9. fordert die israelischen Staatsorgane auf, dafür zu sorgen, dass gefangene und inhaftierte palästinensische Frauen und Kinder entsprechend den einschlägigen internationalen Übereinkommen, die Israel unterzeichnet hat, angemessen geschützt und behandelt werden;
- 10. fordert den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten auf, das Schicksal der palästinensischen Gefangenen, einschließlich der Frauen und Kinder, genau zu verfolgen und diese Frage auf allen Ebenen des politischen Dialogs mit Israel anzusprechen; fordert mit Nachdruck, dass dieses Thema in den anstehenden Fortschrittsbericht zur Europäischen Nachbarschaftspolitik betreffend Israel aufgenommen wird;
- 11. fordert eine Sondierungsmission des Parlaments, um die derzeitigen Haftbedingungen der palästinensischen Gefangenen, einschließlich Frauen und Kinder, und die Verwaltungshaft beurteilen zu können;
- 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vize-Präsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, der israelischen Regierung, der Knesset, dem Präsidenten der Palästinensischen Behörde, dem Palästinensischen Legislativrat, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Sonderbeauftragten des Nahost-Quartetts, dem Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer, der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte sowie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz zu übermitteln.
- 1. ABl. L 113 vom 4.5.1994, S. 15.
- 1. Richtlinie des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (85/337/EWG) in der geänderten Fassung.
- 1. COM (2012)0628.
- 1. Angenommene Texte, P7_TA-PROV(2012)0064.
- 2. Angenommene Texte, P7_TA-PROV(2012)0092.
- 1. Angenommene Texte, P7_TA(2013)0027.
- 2. ABl. C 187 E vom 24.7.2008, S. 240.
- 3. ABl. C 294 E vom 3.12.2009, S. 77.
- 4. ABl. L 118 vom 27.4.2001, S. 48.
- 1. ABl. C 293 E vom 2.12.2006, S. 322.
- 2. ABl. C 99 E vom 3.4.2012, S. 115.
- 3. Angenommene Texte, P7_TA(2013)0022.
- 13. Angenommene Texte, P7_TA(2012)0298.
- 14. ABl. C 295 E vom 4.12.2009, S. 47.