936. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2015
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS), der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ),
der Rechtsausschuss (R), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die vorgelegte EU-Agenda für eine bessere Rechtsetzung[, mit der die Kommission einen weiteren Beitrag leistet, dem Thema einen höheren Stellenwert einzuräumen].
- 2. Der Bundesrat begrüßt ferner die von der Kommission verfolgte Intention, mit der EU-Agenda einen wesentlichen Beitrag zu einer besseren Arbeitsweise auf der europäischen Ebene leisten und sicherstellen zu wollen, dass die europäische Rechtsetzung den Bürgerinnen und Bürgern, der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt konkreten und nachhaltigen Nutzen bringt.
- 3. Er bewertet es positiv, dass die neuen integrierten Leitlinien zur besseren Rechtsetzung für die Arbeit der Kommission sicherstellen sollen, dass die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen sowie Grundrechte auch künftig bei allen Analysen der Kommission gleichermaßen Berücksichtigung finden sollen und dass diese gewährleisten sollen, dass Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung der EU weiterhin bei all ihren Tätigkeiten Priorität haben.
- 4. Der Bundesrat sieht darin auch Chancen für mehr Wachstum und Beschäftigung.
- 5. Er teilt die Auffassung der Kommission, dass es erforderlich ist, Rechtsetzungsprozesse offener und transparenter unter anderem durch mehr Konsultationen auszugestalten, die Notwendigkeit der Regulierung zu erklären und Regeln zu erlassen, deren Sinn für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbar ist. Dabei ist aus Sicht des Bundesrates darauf zu achten, dass im Rahmen von Konsultationsprozessen alle relevanten Interessenträger gleichermaßen gehört werden (zum Beispiel Wirtschafts-, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, wissenschaftliche Einrichtungen, Gewerkschaften). Bei jedem Regulierungsvorhaben sind die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger der EU in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen.
- 6. Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass die verstärkte Partizipation der von einer europäischen Regelung Betroffenen schon beim Entstehen des Regelwerks mehr Akzeptanz der geplanten Vorschrift erzeugen kann. Wichtige Elemente sind hier die angesprochenen Konsultationsprozesse ebenso wie die auch soziale, gesundheitliche und ökologische - Folgenabschätzung schon zu Beginn eines Rechtsetzungsverfahrens.
- 7. Der Bundesrat hält es daher für einen wichtigen Schritt, dass die Kommission im Sinne von mehr Offenheit und Transparenz die Konsultationsmöglichkeiten ausweiten will, um Betroffene und Interessenträger bereits im Entwurfstadium von Gesetzgebungsvorschlägen und delegierten Rechtsakten zu erreichen. Insbesondere im Bereich der delegierten Rechtsakte und der Durchführungsrechtsakte sind mehr Transparenz und Rechenschaft seitens der Kommission erforderlich. Die geplante Internetplattform kann den Betroffenen ermöglichen, sich frühzeitig bzw. während des gesamten Gesetzgebungsprozesses einzubringen und jede Gesetzgebungsinitiative zu verfolgen. Wichtig sind dabei für die Betroffenen in der Zivilgesellschaft und den nationalen Parlamenten stets auch angemessene Beteiligungsfristen.
- 8. Der Bundesrat begrüßt die Ankündigung der Kommission, einen Fokus bei der Agenda für bessere Rechtsetzung und dem Programm zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) auf den Abbau von Bürokratie und Kostensenkung zu setzen. Er sieht dabei auch die Notwendigkeit, eine bessere und effektivere Folgenabschätzung geplanter Regelungen zu erreichen.
- 9. Der Bundesrat begrüßt daher die geplante Ausweitung der Folgenabschätzungen, die sicherstellen soll, dass die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen sowie die Grundrechte bei allen Analysen der Kommission gleichermaßen berücksichtigt werden.
- 10. In diesem Zusammenhang gilt es, auch die Möglichkeiten der sozialen Querschnittsklausel des Lissabon-Vertrages effektiver zu nutzen und der sozialen Folgenabschätzung eine stärkere Bedeutung beizumessen.
- 11. Die im Zuge der Bemühungen um eine bessere Rechtsetzung von der Kommission durchgeführten Folgenabschätzungen erscheinen verbesserungswürdig und sollten die sozialen, ökologischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen gleichermaßen berücksichtigen und nicht vorrangig die Belastungen für Unternehmen. Dabei sollten auch die langfristigen Auswirkungen bei einer Nichtregelung oder einer alternativen Regelung betrachtet werden.
- 12. Der Bundesrat hält insbesondere auch eine territoriale Folgenabschätzung für wichtig und weist darauf hin, dass die Verwaltungen der föderalen und regionalen Untergliederungen der Mitgliedstaaten und insbesondere die deutschen Länder über besondere Sachkompetenz und ein breites Wissen hinsichtlich des Vollzugs von EU-Recht verfügen.
- 13. Der Bundesrat ist bereit, sich mit seiner Fachkompetenz einzubringen und die Folgenabschätzungen der Kommission sorgfältig zu überprüfen. Er weist jedoch darauf hin, dass die Praxis der Kommission, Konsultationsdokumente und Folgenabschätzungen häufig nur in Englisch vorzulegen, ein deutliches Hindernis für eine sorgfältige Prüfung von Kommissionsvorschlägen durch die nationalen Parlamente darstellt. Dies gilt in gleicher Weise für eine sinnvolle Beteiligung der Zivilgesellschaft.
- 14. Er teilt die Einschätzung der Kommission, dass der Rat und das Europäische Parlament Mitverantwortung für qualitativ hochwertige Folgenabschätzungen im Rahmen des EU-Gesetzgebungsverfahrens tragen. Er unterstützt daher [grundsätzlich] die Forderung, bei wesentlichen Änderungen der Vorlagen durch den Rat und das Europäische Parlament die Folgen dieser Änderungen zu analysieren und die Folgenabschätzungen entsprechend zu aktualisieren (vergleiche dazu BR-Drucksache 631/10(B) , Ziffer 15). {Allerdings dürfen dabei das geltende Institutionengefüge nicht gestört und die EU-Gesetzgebungsorgane nicht in ihren Rechten und Funktionen beschnitten werden.}
- 16. Der Bundesrat fordert die Kommission auf, die im Prozess der öffentlichen Konsultation eingereichten Beiträge systematischer auszuwerten und öffentlich zu machen.
- 17. Der Bundesrat weist gleichzeitig darauf hin, dass öffentliche Anhörungen kein Substitut, sondern nur eine Ergänzung zu der in Artikel 154 Absatz 2 AEUV verankerten Konsultation der Sozialpartner darstellen dürfen. Ebenso weist er auf das in Artikel 155 AEUV verankerte Recht der Sozialpartner, Vereinbarungen zu schließen, hin.
- 18. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission angekündigt hat, sich bei der Gesetzgebung stärker mit Aspekten der Kompetenzverteilung und der Subsidiarität argumentativ auseinanderzusetzen. In diesem Zusammenhang appelliert er an die Kommission, besonders die im Wortlaut weit gefassten Kompetenzklauseln (wie beispielsweise die Binnenmarktkompetenz, Artikel 114 AEUV) selbstbeschränkend und behutsam zu nutzen, um dadurch Bürgernähe zu wahren und regionale Gestaltungsspielräume aufrechtzuerhalten.
- 19. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass vor dem Hintergrund der geteilten Zuständigkeit in der Beschäftigungs- und Sozialpolitik und der unterschiedlichen Sozialsysteme der Mitgliedstaaten der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips besondere Bedeutung zukommt.
- 20. Auch der aktuelle Subsidiaritätsbericht der Kommission (BR-Drucksache 319/15 (PDF) ) zeigt, dass bezüglich zahlreicher Vorschläge Bedenken der Mitgliedstaaten hinsichtlich Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit erhoben werden. Der Bundesrat fordert die Kommission dazu auf, bei ihrer neuen besseren Rechtsetzung insbesondere einer stärkeren Wahrung des Subsidiaritätsprinzips Rechnung zu tragen.
- 21. Der Bundesrat unterstützt zwar, dass die Kommission den bisherigen Ausschuss für Folgenabschätzung durch einen neuen Ausschuss für Regulierungskontrolle ersetzen will, der neben [der Bewertung von] Folgenabschätzungen auch Expost-Evaluierungen durchführen soll. Der Bundesrat hat den kommissionsinternen Folgenabschätzungsausschuss mehrfach kritisiert und eine unabhängige Überprüfung von Folgenabschätzungen gefordert. Der jetzige Vorschlag der Kommission geht jedoch nicht weit genug.
- 22. Der Bundesrat verweist insoweit auf seinen früheren Vorschlag für ein unabhängiges externes Gremium zur Überwachung der Folgenabschätzungen ähnlich dem Nationalen Normenkontrollrat in Deutschland (vergleiche zuletzt BR-Drucksache 272/14(B) , Ziffer 7). Dieses könnte neben der Kommission auch das Europäische Parlament und den Rat bei Folgenabschätzungen unterstützen, wenn diese wesentliche Änderungen an Kommissionsvorschlägen beschließen.
- 23. Mit Blick auf die Konzeption des neuen Ausschusses für Regulierungskontrolle erachtet der Bundesrat es jedoch als wesentlich, dass die abschließende Entscheidung, ob und in welcher Form eine Vorlage weiterverfolgt wird, bei der Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat liegt. Aus Sicht des Bundesrates müssen sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament bei der Findung eines Kompromisses frei sein. Transparenz, Unabhängigkeit, demokratische Prinzipien und die Legitimation des Verwaltungshandelns müssen im Entscheidungsprozess gewahrt bleiben. Dem Ausschuss für Regulierungskontrolle soll daher nur eine beratende Funktion zukommen. Ebenfalls darf seine Arbeit nicht zur Verzögerung von Rechtsetzungsverfahren führen.
- 24. Bei der konkreten Zusammensetzung des Ausschusses für Regulierungskontrolle ist nach Ansicht des Bundesrates auf eine ausgewogene Besetzung zu achten. Sinnvoll wäre es, insbesondere für Vertreter von außerhalb der EU-Institutionen vorgesehene Sitze paritätisch nach den Bereichen "Wirtschaft Soziales - Ökologie" zu besetzen.
- 25. Grundsätzlich regt der Bundesrat an, eine Karenzzeit von mindestens zwei Jahren, die zwischen der Wahrnehmung einer Interessenvertretung und einer Mitarbeit in dem Gremium bestehen sollte, einzuführen.
- 26. Der Bundesrat erkennt das Bedürfnis der Kommission an, auf die Kritik, Regelungen mit unabsehbaren Folgen zu erlassen, reagieren zu wollen. Er hält das vorgeschlagene Vorgehen jedoch nicht für angezeigt, um diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Der Bundesrat sieht es als notwendig an, dass die Kommission den Bürgerinnen und Bürgern sowie den interessierten Kreisen den Gang der Gesetzgebung auf Unionsebene besser erklärt und so die Verantwortlichkeiten klar benennt. Dies kann aus Sicht des Bundesrates zu einer grundsätzlich besseren Akzeptanz der EU durch die Bürgerinnen und Bürger führen.
- 27. Da auf Grundlage des AEUV alleine die Kommission das Recht hat, Legislativvorschläge zu unterbreiten oder zu verwerfen, sieht der Bundesrat die Gefahr, dass durch die kontinuierliche Einbeziehung des Ausschusses für Regulierungskontrolle Legislativvorschläge, die scheinbar ein Übermaß an Bürokratie erzeugen, regelmäßig nicht weiter verfolgt werden. Dies gilt insbesondere mit Blick auf Änderungsvorschläge des Rates und des Europäischen Parlaments. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil C-409/13 des EuGH, das einem solchen Vorgehen enge Grenzen setzt und hierbei insbesondere das institutionelle Gleichgewicht und die Grundsätze der vertrauenswürdigen Zusammenarbeit betont.
- 28. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass der Ausschuss für Regulierungskontrolle neben der Einbindung in Legislativverfahren ebenso bereits bestehende Rechtsakte hinsichtlich der damit verbundenen Bürokratielast bewerten soll.
- 29. Der Bundesrat hält es für erforderlich, das geltende Recht einer ständigen Überprüfung auf seine Wirksamkeit und Effizienz zu unterziehen. Damit könnte insbesondere eine Verbesserung der Folgenabschätzung und der Qualitätskontrolle erreicht werden.
- 30. Die Evaluation von Rechtsakten wird somit zwar grundsätzlich begrüßt, diese muss sich nach Auffassung des Bundesrates jedoch auch danach richten, ob die Ziele der Regulierung erreicht werden konnten. Eine alleinige Untersuchung der mit der Regulierung verbundenen Bürokratiekosten greift aus Sicht des Bundesrates zu kurz.
- 31. Der Bundesrat spricht sich jedoch gegen die Aufnahme von Auslaufklauseln (sogenannte sunset clauses) aus.
- 32. Rechtsvorschriften sollten nicht nur kontinuierlich aktualisiert werden, sondern darüber hinaus grundsätzlich auch zeitlich befristet werden (so genannte sunset clauses), um sie in regelmäßigen Abständen zu evaluieren.
- 33. Der Bundesrat weist weiter darauf hin, dass die europäischen Regelungen insbesondere zum Verbraucherschutz bereits jetzt umfangreiche Berichtspflichten der Mitgliedstaaten an die Kommission enthalten. Durch die Einführung neuer Mechanismen zur Bürgerbeteiligung und neuer Gremien zur Prüfung und Überwachung dürfen nach Ansicht des Bundesrates keine zusätzlichen bürokratischen Hürden geschaffen werden, die sich kontraproduktiv auf das Ziel der Verschlankung auswirken.
- 34. Der Bundesrat bittet die Kommission, neben den Kosten der Regulierung ebenso die Kosten bzw. Auswirkung einer etwaigen Nichtregulierung einzubeziehen. Insbesondere im Bereich des Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzes ist der direkte ökonomische Nutzen einer Regulierung nicht immer klar zu benennen. Gleichwohl ist es unstrittig, dass beispielsweise der Verlust oder die Einschränkung von Ökosystemdienstleistungen schwerwiegende, negative Folgen hat. Diese Folgen sind zu einem späteren Zeitpunkt nur mit hohem Aufwand abzuwenden, wenn aufgrund mangelnder Regulierung Gleichgewichte gestört oder unwiederbringliche Verluste riskiert werden. Beim Interessensausgleich insgesamt ist deshalb zu berücksichtigen, dass der gesamtgesellschaftliche Nutzen größer sein kann als die direkten kurzfristigen Kosten für die Wirtschaft.
- 35. Der Bundesrat begrüßt die angekündigte stärkere Berücksichtigung der Belange kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU). Da KMU den mit Abstand größten Anteil der Unternehmen und der Beschäftigen stellen (in Deutschland 99,7 Prozent aller Unternehmen und 75,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten), appelliert der Bundesrat an die Kommission, bei allen gesetzgeberischen Vorhaben die Auswirkungen auf den Mittelstand zu berücksichtigen.
- 36. Mit Blick auf die besondere Beachtung, die im Rahmen des Paketes für bessere Rechtsetzung unter dem Motto "Vorfahrt für KMU" den KMU zukommen soll, und die vorbehaltlose Freistellung von Kleinstunternehmen weist der Bundesrat darauf hin, dass die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Vorschriften im Arbeitsschutz ein hohes Gut darstellen, das es zu bewahren gilt. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass bei Entlastung der KMU von übermäßigen bürokratischen Vorschriften zugleich gesichert sein muss, dass dort weiterhin gute Arbeitsbedingungen gelten. Gute Arbeitsbedingungen stellen keinen Selbstzweck dar, da sie dazu beitragen, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und im Unternehmen zu halten.
- 37. Ausnahmetatbestände für KMU von diesbezüglichen Regelungen können europaweit 99 Prozent der Unternehmen betreffen. Je nach Mitgliedstaat wären mehr als die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne Geltung von Arbeitsschutzvorschriften tätig. Es sollte hier deshalb - statt Freistellung von Vorschriften - Strategien und unterstützenden Maßnahmen zur Umsetzung von Regelungen zum Beispiel im Arbeitsschutz der Vorzug gegeben werden.
- 38. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer in einem KMU das gleiche individuelle Recht auf angemessene, gesunde und sichere Arbeitsbedingungen wie eine Arbeitnehmerin bzw. ein Arbeitnehmer in einem Großbetrieb hat.
- 39. Der Bundesrat betont, dass im Zusammenhang mit der Reduzierung der Kosten für die Wirtschaft der auf Dauer angelegte finanziell und gesamtgesellschaftlich positive Effekt von Schutzvorschriften für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker wahrgenommen werden sollte.
- 40. Der Bundesrat verwahrt sich gegen den Vorwurf des "Gold plating" und der damit verbundenen Kritik, den Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen so zusätzliche unnötige Kosten entstehen zu lassen. Er verweist in diesem Rahmen ausdrücklich auf Artikel 288 AEUV, der festlegt, dass im Falle von Richtlinien zwar das Ziel, nicht jedoch die "Wahl der Form und der Mittel" verbindlich ist.
- 41. Der Bundesrat widerspricht jeglichem Versuch eines Eingriffs der Kommission in die "Wahl der Form und der Mittel", die Mitgliedstaaten jeweils wählen. Er lehnt auch eine verpflichtende Begründung der gewählten Formen und Mittel entschieden ab, da sich dies nicht mit den Gedanken der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit verträgt. Nach Auffassung des Bundesrates bedarf es mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt zwar gemeinsamer Mindeststandards; diese dürfen jedoch nicht zu gemeinsamen Höchststandards umgedeutet werden. Die Möglichkeit, im Rahmen der nationalen Umsetzung lokale Gegebenheiten und nationale Rechtstraditionen zu berücksichtigen, ohne dass bürokratische Hürden in den Weg gestellt werden, muss erhalten bleiben. Schließlich weist der Bundesrat darauf hin, dass die EU gute Erfahrungen damit gesammelt hat, wenn gelegentlich einzelne Mitgliedstaaten weiter voranschreiten als andere und somit als Innovationsquelle für die gesamte Gemeinschaft dienen.
- 42. Der Bundesrat sieht unter Bezug auf die Artikel 288, 153 Absätze 2b und 4 AEUV keinen Bedarf dafür, die Mitgliedstaaten darin zu beschränken, ob und wie sie über das in einer Richtlinie gesetzte Mindestniveau hinausgehen ("Gold plating"). Schutzstandards sind in der EU-Rechtsetzung häufig geringer, als sie den politischen Auffassungen und gegebenenfalls verfassungsrechtlichen Vorgaben in einigen Mitgliedstaaten entsprechen. Die Mitgliedstaaten müssen in der Festsetzung dieser Schutzniveaus über dem Mindestniveau frei sein.
- 43. Der Bundesrat betrachtet den Vorwurf der Kommission, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften auf nationaler Ebene häufig über das von der EU Vorgegebene hinausgehen, als zu pauschal. Der Bundesrat bekennt sich zu dem Ziel, so oft wie möglich 1:1 umzusetzen und nur dort, wo sachliche und fachliche Gründe es erfordern, über Standards der EU-Richtlinien hinauszugehen. Deshalb geht es nicht um so genanntes Gold plating, sondern darum, dass es den Mitgliedstaaten in jedem Einzelfall weiter möglich sein muss zu entscheiden, was zur sinnvollen Umsetzung erforderlich ist. Der Vorschlag der Kommission, dass die Mitgliedstaaten "Gold plating" jeweils begründen sollen, könnte zu mehr Transparenz beitragen; allerdings dürfen verstärkte Rechenschaftspflichten in Bezug auf die nationale und regionale Umsetzung nicht zu einer Einmischung in Fragen der innerstaatlichen Verwaltungsorganisation und des innerstaatlichen Verwaltungsverfahrens führen.
- 44. Eine Ausrichtung des Arbeitsprogramms der Kommission an der Stärkung von Arbeitsplätzen, (qualitativem) Wachstum und Investitionen ist aus Sicht des Bundesrates grundsätzlich zu unterstützen. Dabei müssen allerdings die Schutzstandards in sensiblen Bereichen wie Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz, Soziales und Arbeitnehmerrechte zumindest erhalten, in vielen Bereichen sogar gestärkt werden, um innerhalb der neuen Prioritätensetzung der Kommission ein Gleichgewicht herzustellen und eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen. Der Bundesrat bittet die Kommission, sicherzustellen, dass diese Bereiche in allen Rechtsetzungen ausreichend berücksichtigt werden.
- 45. Der Bundesrat bedankt sich in diesem Zusammenhang für die Stellungnahme der Kommission gegenüber dem Bundesrat vom 13. März 2015 (zu BR-Drucksache 272/14(B) ), in der betont wird, dass REFIT nicht auf Deregulierung ausgerichtet sei, sondern für einen möglichst effizienten und effektiven Schutz öffentlicher Interessen, unter anderem in Arbeitnehmer-, Verbraucher- und Umweltbelangen, sorgen solle. Der Bundesrat nimmt ebenfalls die Erklärung der Kommission anlässlich der Vorstellung der Mitteilung zur Besseren Rechtsetzung am 19. Mai 2015 zur Kenntnis, dass es bei der besseren Rechtsetzung nicht um "mehr" oder "weniger" EU-Rechtsvorschriften oder darum gehe, die hohen Sozial- und Umweltstandards und die Gesundheits- und Grundrechte auszuhöhlen.
- 46. Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, dass die wichtigen Bereiche Umwelt- und Naturschutz sowie Verbraucherschutz im Arbeitsprogramm der Kommission in keiner der 23 neuen Initiativen als Priorität aufgenommen werden. Vielmehr werden selbst weit fortgeschrittene Gesetzgebungsvorschläge wie das Kreislaufwirtschaftspaket ausschließlich in REFIT als Rückzug mit Neuauflage bzw. als zu evaluierend aufgeführt bzw. Eignungsüberprüfungen unterzogen. Das bereits 2014 vorgelegte Kreislaufwirtschaftspaket soll bis Ende 2015 durch einen neuen "ambitionierten" Vorschlag ersetzt werden, ohne dass die Kommission bisher erklärt hat, worin das höhere Ambitionsniveau bestehen soll. Der Bundesrat bittet die Kommission um Erläuterung, wie sie hohe Standards insbesondere im Kreislaufwirtschaftsbereich, aber auch im Lebensmittelrecht, bei Natura 2000 und beim Luftreinhaltepaket konkret gewährleisten will.
- 47. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission eine umfassende Überprüfung der Berichtspflichten in die Wege leiten und gerade in den Bereichen konzentrieren wird, in denen Interessenträger in letzter Zeit Bedenken geäußert haben, wie Landwirtschaft, Energie, Umwelt. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission dabei die Komplexität von Rechtsvorschriften verringern und gleichzeitig das in den Rechtsvorschriften festgelegte Schutzniveau zum Beispiel im Umweltschutz beibehalten will. Er weist jedoch darauf hin, dass stets die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen gesamtgesellschaftlich zu berücksichtigen sind, und bittet zu benennen, wie dies auf der Grundlage dieser Mitteilung gewährleistet werden soll.
- 48. In der Wahrnehmung des Bundesrates ist gerade nachhaltige Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips eine herausragende Stärke des europäischen Wirtschaftsmodells und wesentlicher Antrieb von Innovationen und damit globalen Wettbewerbsvorteilen. Hierzu gehört aus Sicht des Bundesrats auch eine konsequente Umsetzung des vom Rat beschlossenen 7. Umweltaktionsprogramms.
- 49. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in Priorität 1 ihres Arbeitsprogramms das große Potenzial von Umweltwirtschaft und Öko-Innovationen hervorhebt. Der globale Markt für Umweltwirtschaft weist ein Volumen von derzeit einer Billion Euro auf und dürfte sich bis 2020 verdoppeln. In diesem Zusammenhang ist es für den Bundesrat jedoch unverständlich, dass durch die in den Annexen des Arbeitsprogramms aufgeführten Maßnahmen dieser mögliche Wachstumsmotor nicht ausdrücklich unterstützt oder zumindest flankiert wird. Der Bundesrat bittet daher die Kommission zu prüfen, ob bzw. inwieweit hier nachgesteuert werden kann.
- 50. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission Rechtsvorhaben vorgängiger Kommissionen wenigstens zum Teil nicht länger verfolgt. Er bittet die Kommission zu prüfen, inwieweit ein Konsultationsmechanismus unter Einbeziehung der nationalen Parlamente für den Fall ausgestaltet werden kann, dass Rechtsvorhaben nicht weiter verfolgt werden sollen.
- 51. Der Bundesrat bekräftigt eindringlich seine schon dargelegte Auffassung, dass der - generell zu begrüßende - Bürokratieabbau, zum Beispiel durch das REFIT-Programm, nicht "durch die Hintertür" zu einem Abbau der Sozialstandards bzw. zu einer Verhinderung neuer notwendiger Rechtsetzung in diesem Bereich führen darf.
- 52. Im Übrigen verweist der Bundesrat auf seine früheren Stellungnahmen zum REFIT-Programm der Kommission, BR-Drucksache 272/14(B) vom 10. Oktober 2014, BR-Drucksache 718/13(B) vom 19. Dezember 2013 und BR-Drucksache 771/12(B) vom 1. Februar 2013.
- 53. Der Bundesrat wiederholt seine Auffassung, dass Maßnahmen der besseren Rechtsetzung nicht bezwecken dürfen, bestehende oder künftige Standards im Umwelt-, Natur-, Verbraucher-, Gesundheits- und Sozialschutz oder bei der Bürgerbeteiligung in Frage zu stellen.
- 54. Auch mit der Agenda "Bessere Ergebnisse durch bessere Rechtsetzung" darf kein Abbau von bestehenden Standards im Umwelt-, Natur-, Verbraucher-, Gesundheits- und Sozialschutz einhergehen.
- 55. Der Bundesrat spricht sich gegen die Absenkung des geltenden Schutzniveaus im Arbeitsrecht sowie im Arbeits-, Gesundheits- und Verbraucherschutz aus.
- 56. Er spricht sich ebenso gegen den Verzicht auf dessen Fortentwicklung aus.
- 57. Der Bundesrat verweist darauf, dass die Frage der Standardsetzung innerhalb der geregelten EU-Rechtsetzungsverfahren zu klären ist.
- 58. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kommission entgegen ihrem Konzept der Rechtsvereinfachung seit einiger Zeit in wichtigen Bereichen davon abgegangen ist, Richtlinien zu formulieren; stattdessen werden beispielsweise im Bereich der Binnenmarktregelungen derzeit ausschließlich Verordnungen vorbereitet und erlassen. Im Bereich der Medizinprodukte und der InvitroDiagnostika werden seit Ende 2012 hochkomplexe Verordnungsentwürfe diskutiert, die eine große Zahl von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten enthalten.
- 59. Der Bundesrat hat die Befürchtung, dass die direkt geltenden Verordnungen eine Vielzahl unklarer Sachverhalte und unbestimmter Rechtsbegriffe enthalten werden, die national weder für die Industrie (KMU eingeschlossen) noch für die Behörden umsetzbar sind. Darüber hinaus erscheint die Vielzahl der vorgesehenen delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte für das Gesamtsystem undurchsichtig und auf Jahre hin nicht umsetzbar. Der Bundesrat weist daher darauf hin, dass die Häufigkeit der Anwendung überdacht und vor allem begründet werden muss.
- 60. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission mit ihrer Agenda für bessere Rechtsetzung vorschlägt, das REFIT-Programm auszuweiten.
- 61. Der Bundesrat setzt sich zur Förderung einer aktiven Umsetzung von Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe dafür ein, dass die Genderperspektive bei der ständigen Überprüfung des geltenden Rechts berücksichtigt wird.
- 62. Der Bundesrat fordert beim REFIT-Programm sowie bei den umfassenden Folgenabschätzungen eine geschlechterdifferenzierte Folgenabschätzung. Neben einer Folgenabschätzung aus wirtschafts-, sozial- und umweltfachlicher Sicht müssen in allen Stadien des europäischen Gesetzgebungsprozesses zwingend die Auswirkungen unter Betrachtung der Genderperspektive geprüft werden.
- 63. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die von der Kommission mit der "Besseren Rechtsetzung" verfolgte Vereinfachung der Verwaltung von EU-Fördermitteln. Ein ergebnisorientierter EU-Haushalt muss jedoch ein Gender Budgeting umfassen. Der Bundesrat fordert, die unterschiedlichen Bedürfnisse, Lebenslagen und Interessen aller Geschlechter zu berücksichtigen und eine gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter zu sichern. Über die geschlechterdifferenzierte Evaluierung der eingesetzten Fördermittel hinaus muss perspektivisch der Einsatz der EU-Fördermittel geschlechtergerecht im Rahmen eines Gender Budgeting erfolgen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum) zu Ziffern 60 bis 63:
Die Kommission stellt in ihrer Mitteilung Maßnahmen zur Verbesserung der Rechtsetzung sowohl für neue als auch für bestehende EU-Rechtsvorschriften vor. Dieses Ziel soll unter anderem durch die Stärkung von Konsultationen und umfangreichere Begründungen von Kommissionsvorschlägen erreicht werden. Dabei werden die zu erwartenden ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt. Die Agenda enthält jedoch keine expliziten Maßnahmen zur Förderung einer aktiven Umsetzung von Gender Mainstreaming, unter anderem durch geschlechterdifferenzierte Folgenabschätzungen. Dies gilt ebenso für die fehlende geschlechterdifferenzierte Evaluierung von Fördermitteln und nicht verankerte Maßnahmen zum Gender Budgeting.
- 64. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die von der Kommission mit der "Besseren Rechtsetzung" verfolgte Vereinfachung der Verwaltung von EU-Fördermitteln. Ein ergebnisorientierter EU-Haushalt sollte auch die unterschiedlichen Bedürfnisse, Lebenslagen und Interessen aller Geschlechter berücksichtigen und eine gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter sichern. Dies kann über eine geschlechterdifferenzierte Evaluierung der eingesetzten Fördermittel mittels geeigneter Indikatoren erfolgen.
- 65. Der Bundesrat begrüßt die in der Kommissionsmitteilung enthaltene Ankündigung der Kommission, im Rahmen des Programmes REFIT neue Initiativen zur Verringerung der Belastungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen vorzulegen.
- 66. Initiativen zur Entlastung betroffener Unternehmen sind insbesondere für den Bereich der EU-Rechtsvorschriften über chemische Stoffe für 2015 geplant. Der Bundesrat unterstützt diese Initiativen nachdrücklich, vor allem weil dabei besonderes Augenmerk auf die Probleme von KMU gelegt werden soll.
- 67. Der Bundesrat hält vor dem Hintergrund bestehender Belastungen Vereinfachungen beim chemikalienrechtlichen Zulassungsverfahren, eine Verringerung des Umfangs der geforderten Informationen und die Erhöhung der Transparenz, Vorhersehbarkeit und Planbarkeit des Verfahrens für dringend erforderlich, um die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit gerade von europäischen KMU zu erhalten.
- 68. Auch den angekündigten Aktionsplan zur Unterstützung von KMU bei der Einhaltung der Registrierungsfrist für in kleinen Mengen verwendete Stoffe stuft der Bundesrat als sehr wichtig ein.
- 69. Der Bundesrat bittet, bei den Initiativen insbesondere sachgerechte Lösungen für die nachfolgenden für KMU bestehenden Probleme im REACH-Zulassungsverfahren zu finden:
- a) Trotz erfolgter Kostenentlastungen stellen die mit dem Zulassungsverfahren verbundenen Kosten für viele KMU nach wie vor eine zu hohe Hürde dar, die Wettbewerbsfähigkeit kostet.
Die im Rahmen von REACH vorgesehene Möglichkeit, auf einen eigenen Zulassungsantrag zu verzichten, weil die zugelassenen Stoffanwendungen eines vorgeschalteten Lieferanten die des KMU abdecken, birgt für das KMU das Risiko wirtschaftlicher Abhängigkeit von diesem Lieferanten.
Für den Fall einer eigenen Antragsstellung durch das KMU sollten daher eine signifikante Senkung der mit der Zulassung verbundenen Kosten und deutliche Erleichterungen bei Umfang und Tiefe der geforderten Unterlagen vorgesehen werden.
- b) Für einen Zulassungsantrag sind Informationen über oftmals vielfältige Verwendungen des chemischen Stoffes in mehrgliedrigen Lieferketten erforderlich sowie darüber, ob für diesen Stoff allgemein oder im Einzelfall Substitute oder alternative Verfahren in Betracht kommen. Für diese Informationen sind die KMU auf die Mitwirkung ihrer Kunden und Lieferanten angewiesen.
Damit einhergehen kann der Zugang zu vertraulichen Daten, so dass insbesondere eine Vorgehensweise zur Gewährleistung der Vertraulichkeit sensibler Unternehmensinformationen gefunden werden sollte.
- c) KMU sind in der Regel auf ihre eigenen Stoffe und Verfahren spezialisiert. Für die Untersuchung von alternativen Stoffen oder Verfahren und ihrer Risiken und Wirtschaftlichkeit sind dagegen Kenntnisse erforderlich, die in der geforderten Tiefe nur bei ihren potentiellen Konkurrenten existieren und auf die sie regelmäßig keinen Zugriff haben.
Auch der geforderte Nachweis, dass der Nutzen eines Stoffes das mit seiner Anwendung verbundene Risiko aufwiegt, bereitet gerade KMU besondere Probleme, weil dazu die Identifizierung, Quantifizierung und monetäre Bewertung von gesellschaftlichen Kosten und Nutzen erforderlich ist.
Hier wäre zu überdenken, ob für KMU nur schwer leistbare Teile der vergleichenden Bewertung von Alternativstoffen und -technologien auf die Europäische Chemikalienagentur übertragen werden können.
- a) Trotz erfolgter Kostenentlastungen stellen die mit dem Zulassungsverfahren verbundenen Kosten für viele KMU nach wie vor eine zu hohe Hürde dar, die Wettbewerbsfähigkeit kostet.
- 70. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die von der Kommission geplanten Maßnahmen zur Verbesserung der Kohärenz und Konsistenz zwischen Rechtsvorschriften im Bereich des Arbeitsschutzes und der chemischen Stoffe (REACH) die Prüfung einschließen sollten, inwieweit auf der Basis von RMOA (Risk Management Option Assessments) auf REACH-Autorisierungsverfahren dann verzichtet werden kann, wenn ein Stoff nur im Bereich des Arbeitsplatzes ein Risiko darstellt und dieses Risiko gleichwertig durch Arbeitsschutzregelungen beherrschbar ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einhaltung von Arbeitsschutzregelungen für die betroffenen Unternehmen in der Regel weniger aufwändig ist als beispielsweise ein Zulassungsverfahren nach REACH.
Zu beachten ist außerdem, dass Arbeitsschutzregelungen auch den sicheren Umgang der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit solchen Zwischenprodukten gewährleisten, die nicht unter REACH fallen.
- 71. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Bedeutung der Industrie für Europa immer wieder hervorhebt und eine Reindustrialisierung anstrebt. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass zukünftig bei der Anwendung der REACH-Verordnung mehr auf die Balance zwischen den dort verankerten Zielen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu achten ist.
- 72. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in Bezug auf die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds beabsichtigt, eine hochrangige Gruppe einzusetzen, die die Vereinfachung durch die Mitgliedstaaten in der Praxis begleiten soll, sowie eine Reihe von Studien auf den Weg zu bringen und eine Datenbank einzurichten, die weitere Möglichkeiten für Kosteneinsparungen, Vereinfachungen und geringeren Verwaltungsaufwand aufzeigen und vermitteln sollen.
- 73. Der Bundesrat stellt jedoch fest, dass die für die Umsetzung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds von Seiten der Kommission erlassenen Vorgaben das Ziel der Verringerung der Verwaltungs- und Kontrolllasten weiterhin nicht berücksichtigen. Er fordert die Kommission daher erneut auf, auch ihrerseits bei der weiteren Ausgestaltung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme und der Durchführung des Audits von weiteren Maßnahmen Abstand zu nehmen, die die administrative Belastung für die mitgliedstaatlichen Verwalter und die Begünstigten zusätzlich erhöhen und den möglichen Beitrag der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für die Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 schmälern würden.
- 74. Darüber hinaus regt der Bundesrat an, die Einrichtung der hochrangigen Gruppe für die Vereinfachung in den Kontext der Bestrebungen unter REFIT zu stellen.
- 75. Der Bundesrat sieht im Kontext mit dem Thema "Entbürokratisierung" im Bereich des Europäischen Sozialfonds Bedarf für Vereinfachung und Verbesserung.
- 76. Der Bundesrat fordert in diesem Zusammenhang die Kommission auf, die unter [der Initiative einer besseren Rechtsetzung] und {REFIT} verfolgten Ansätze konsequent auch auf den Bereich der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds anzuwenden und dabei auch die delegierten Rechtsakte sowie die Durchführungsrechtsakte in den Blick zu nehmen. Einbezogen werden sollten darüber hinaus die zahlreichen kommissionsinternen Leitlinien und das Verfahren ihres Erlasses, da diese Leitlinien trotz formal fehlender rechtlicher Bindungswirkung erheblich zu einer hohen Komplexität und einem Bürokratieaufwand in der Umsetzung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds [vor Ort] beitragen.
- 77. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 78. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.