Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die elektronische Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union KOM (2011) 162 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Das Europäische Parlament wird an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl. AE-Nr. 080532

Brüssel, den 4.4.2011
KOM (2011) 162 endgültig
2011/0070 (APP)

Begründung

1. Hintergrund

1.1. Allgemeiner Kontext

Das Amtsblatt der Europäischen Union dient der amtlichen Veröffentlichung der Gesetzgebungs- und sonstigen Rechtsakte der Europäischen Union. Es wird seit 1958 in Papierform veröffentlicht und ist seit 1998 auch über das Internet zugänglich. In den letzten Jahren wurde das Amtsblatt der Europäischen Union zunehmend online konsultiert, weil dies praktisch ist und schnell geht, während die Zahl der Abonnenten der Druckversion zurückging. Da jedoch die Druckversion derzeit als die einzig gültige, rechtsverbindliche Fassung angesehen wird, ist es bisher nicht möglich, unter Bezugnahme auf die elektronische Fassung des Amtsblatts der Europäischen Union Rechte geltend zu machen oder Verpflichtungen durchzusetzen.

Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache Skoma-Lux klargestellt1. Dem Gerichtshof zufolge "( ... ) kann diese Art der Zugänglichmachung der Rechtsvorschriften [d.h. über das Internet] in Ermangelung jeglicher entsprechenden Regelung im Gemeinschaftsrecht einer Veröffentlichung in ordnungsgemäßer Form im Amtsblatt der Europäischen Union nicht gleichgestellt werden."

1.2. Bestehende Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet

Gemäß Artikel 297 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union müssen Gesetzgebungsakte sowie Rechtsakte ohne Gesetzescharakter, die in Form von an alle Mitgliedstaaten gerichteten Verordnungen oder Richtlinien beziehungsweise in Form von an keinen bestimmten Adressaten gerichteten Beschlüssen erlassen werden, im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Gesetzgebungsakte, die gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurden, müssen vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet werden, wohingegen die übrigen Rechtsakte vom Präsidenten des Organs unterzeichnet werden, das sie erlassen hat. Rechtsakte treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Im Beschluss 2009/496/EG, Euratom 2 wird ausführlicher erläutert, wie die Organe ihrer Verpflichtung zur Veröffentlichung von Legislativtexten nachkommen. Eine interinstitutionelle Einrichtung - das Amt für Veröffentlichungen - übernimmt die Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union und garantiert dessen Authentizität.

1.3. Ziele des Vorschlags

Zweck des Vorschlags ist es, das Unionsrecht einer größeren Schar von Nutzern zugänglich zu machen und dafür zu sorgen, dass jedermann (ob Jurist oder gemeiner Nutzer) die elektronische Ausgabe des Amtsblatts der Europäischen Union als die amtliche, rechtsverbindliche Fassung heranziehen kann. Wenn die elektronische Fassung des Amtsblatts der Europäischen Union als rechtsverbindlich anerkannt würde, hätten alle Unionsbürger unmittelbar nach der Veröffentlichung praktisch zeitgleich Zugang zum Unionsrecht und hätten zudem weniger Kosten, da die elektronische Abfrage gratis wäre. Auch für Nutzer in den abgelegeneren Gebieten Europas würde der Zugang einfacher. Unterstützt wird dieses Vorhaben außerdem durch die Ziele von "Europa 2020 - eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum"3, die einen flächendeckenden Breitbandzugang bis 2013 vorsieht.

Des Weiteren soll durch die Verordnung im Vergleich zur jetzigen Situation, wo die Online-Veröffentlichung lediglich zu Informationszwecken erfolgt, die Rechtssicherheit erhöht werden, weil dann aufgrund der Veröffentlichung einer rechtsverbindlichen Online-Version des Amtsblatts der Europäischen Union Rechte geltend gemacht und Verpflichtungen durchgesetzt werden könnten.

1.4. Übereinstimmung mit anderen Politikbereichen und Zielen der Europäischen Union

Der Vorschlag befindet sich auf einer Linie mit der Politik der Union in anderen Bereichen und insbesondere mit der Leitinitiative "Eine Digitale Agenda für Europa"4, die Teil der Strategie Europa 2020 für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum ist. Ziel der Digitalen Agenda ist es, aus den Informationstechnologien den größtmöglichen wirtschaftlichen und sozialen Nutzen zu ziehen. Die Agenda schreibt staatlichen Stellen bei der Förderung des digitalen Marktes eine zentrale Rolle zu. Der Online-Zugang zu normativen Inhalten fördert die Entwicklung des digitalen Binnenmarktes, da auf diese Weise verbreitete Informationen aus dem öffentlichen Sektor die Einführung innovativer Online-Dienste nach sich ziehen würde.

Der Vorschlag steht auch mit den Zielen des Europäischen eGovernment-Aktionsplans 2011- 20155 im Einklang, wonach Mitgliedstaaten und Kommission einen Online-Zugang zu Gesetzen und Verordnungen, politischen Vorhaben und öffentlichen Finanzen bereitstellen sollen.

2. Ergebnisse der informellen Anhörungen interessierter Kreise der Folgenabschätzungen

2.1. Anhörung interessierter Kreise

Die EU-Organe sind im Direktorium des Amts für Veröffentlichungen vertreten, das die künftige Ausrichtung der Tätigkeit des Amts überwacht. Die Angelegenheit wurde in diesem Gremium erörtert, das sich für eine rechtsverbindliche Online-Version des Amtsblatts der Europäischen Union aussprach.

Die Mitgliedstaaten wurden über die Arbeitsgruppe "Rechtsinformatik" des Rates ebenfalls zur Frage einer rechtsverbindlichen elektronischen Version des Amtsblatts der Europäischen Union konsultiert. Das Generalsekretariat der Kommission übermittelte dem Rat am 30. Juli 2010 ein Non-Paper, das in den Sitzungen der Arbeitsgruppe "Rechtsinformatik" vom 21. September und 26. Oktober 2010 erörtert wurde. Dabei zeigte sich unter den Mitgliedstaaten eine breite Unterstützung für eine rechtsverbindliche elektronische Veröffentlichung6, wohingegen es geteilte Meinungen darüber gab, welchen rechtlichen Stellenwert die Papierfassung künftig haben soll. Dabei kamen folgende Aspekte zur Sprache:

Bei der Ausarbeitung dieses Vorschlags hat die Kommission sämtliche Kommentare berücksichtigt. Ursprünglich gab es eine gewisse Präferenz für die Veröffentlichung sowohl einer Papier- als auch einer Online-Version, die beide Rechtskraft haben sollen, da so sichergestellt wäre, dass eine größtmögliche Anzahl von Unionsbürgern Zugang zum Unionsrecht erhält. Die Alltagserfahrungen der Mitgliedstaaten zeigen jedoch, dass der Nutzen gering wäre und in keinem Verhältnis zu den Problemen stünde, die eine solche Lösung mit sich brächte. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass in abgelegeneren Regionen beheimatete Nutzer eine Papierfassung nur unter Schwierigkeiten oder mit Verspätung erhalten und dass ihnen der Zugang zum Unionsrecht durch eine rechtsverbindliche elektronische Fassung erleichtert werden könnte.

Der Verordnungsvorschlag sieht vor, dass das Amtsblatt der Europäischen Union als rechtsverbindliche Online-Version veröffentlicht wird. Die elektronische Veröffentlichung steht im Einklang mit dem Ziel der Strategie Europa 2020 und der Leitinitiative "Eine Digitale Agenda für Europa", die einen flächendeckenden Breitbandzugang bis 2013 vorsieht. Die vorgeschlagene Verfahrensweise trägt dem Bestreben sowohl nach größtmöglicher Verbreitung als auch nach einer einfachen Lösung Rechnung.

2.2. Voraussichtliche Auswirkungen des Vorschlags

Die Kommission hat im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union drei verschiedene Optionen geprüft:

Die Bereitstellung einer rechtsverbindlichen Online-Ausgabe hat erhebliche Vorteile:

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

3.1. Kernbestimmungen des Vorschlags

Der Vorschlag sieht vor, dass die Online-Version des Amtsblatts der Europäischen Union den Status einer amtlichen Veröffentlichung erhält. Die Papierfassung würde nur noch dazu verwendet, die Rechtswirkungen der Veröffentlichung bei einer länger als einen Tag dauernden, technisch bedingten unvorhersehbaren außergewöhnlichen Unterbrechung der Veröffentlichung in elektronischer Form (z.B. infolge eines Cyberangriffs oder eines Systemfehlers) sicherzustellen. Die unter diesen Umständen erstellte Papierfassung des Amtsblatts der Europäischen Union muss sofort nach Behebung der technischen Störung in elektronischer Form veröffentlicht werden. Als Datum der Veröffentlichung gilt in diesem

Fall das Datum der Papierfassung, wohingegen bei Abweichungen die Online-Ausgabe maßgebend ist.

Der Vorschlag geht auch auf die technischen Details ein, die der Online-Veröffentlichung Rechtsverbindlichkeit verleihen, und legt die Zuständigkeiten des Amts für Veröffentlichungen der in diesem Bereich fest.

3.2. Rechtsgrundlage

Artikel 352 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. 3.3. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Anwendungsbereich des Vorschlags beschränkt sich auf die elektronische Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union und die technischen Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, damit die Online-Fassung rechtsverbindlich ist.

3.4. Wahl des Instruments

In Frage kommt einzig und allein eine Verordnung, die in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist. Beim Zugang zum Unionsrecht darf es keine Unterschiede geben, und deshalb muss der Zugang zur Online-Version des Amtsblatts der Europäischen Union für sämtliche Bürger der Union auf dieselbe Weise und unter denselben Bedingungen möglich sein.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Die Bereitstellung einer rechtsverbindlichen Fassung des Amtsblatts der Europäischen Union in elektronischer Form hat keine Auswirkungen auf den Haushalt.

Allerdings bedarf es einiger Investitionen im IT-Bereich, um die für die elektronische Veröffentlichung erforderliche technische Infrastruktur zu schaffen. Im Rahmen der Verwaltungsautonomie entfielen 2009 rund 38 000 EUR auf die Einrichtung und Erprobung des technischen Systems, mit dem die Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union in rechtsverbindlicher elektronischer Form erfolgen soll. An den künftigen Ausgaben für Entwicklung und Wartung sowie den Betriebskosten des Systems müssen sich alle Organe beteiligen, da sie weiterhin zur Veröffentlichung von Legislativtexten verpflichtet sind. Der Verteilerschlüssel beruht auf der Zahl der für die einzelnen Organe produzierten Amtsblatt-Seiten der Reihen L und C im Jahr n-2. Der Schlüssel für 2011 wurde anhand der Zahlen für 2009 errechnet:

Die Mittel sind entsprechend diesem Schlüssel vorzusehen.

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die elektronische Veröffentlichung des Amtsblatts der Europäischen Union

DER Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 352, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments7, gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

HAT folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1

Artikel 2

Artikel 3

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 6

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2012 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu [...] am [...].
Im Namen des Rates
Der Präsident