Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: Reformierung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und Erleichterung legaler Wege nach Europa - COM (2016) 197 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 965/08 (PDF) = AE-Nr. 080967,
Drucksache 223/15 (PDF) = AE-Nr. 150361,
Drucksache 032/16 (PDF) = AE-Nr. 160022,
Drucksache 045/16 (PDF) = AE-Nr. 160055 und AE-Nr. . 150406, 160123,

Brüssel, den 6.4.2016
COM (2016) 197 final

Migration ist und bleibt ein Thema, das Europa in den nächsten Jahrzehnten prägen wird. Die Wirtschaftsentwicklung, der Klimawandel, die Globalisierung im Verkehr und in der Kommunikation, Krieg und Instabilität in den Nachbarregionen - all das sind Faktoren, die Menschen auch in Zukunft dazu bewegen werden, auf der Suche nach Zuflucht, einem besseren Leben oder in dem Wunsch, ihrer Familie zu folgen, zu uns nach Europa zu kommen. Die europäischen Staaten werden auch weiterhin unverrückbar zu ihrer rechtlichen und moralischen Verpflichtung gegenüber all jenen stehen, die vor Krieg und Verfolgung geschützt werden müssen. Gleichzeitig wird es sich angesichts des demografischen Wandels die mit der Anwerbung ausländischer talentierter und qualifizierter Arbeitskräfte verbundenen Chancen und Vorteile zunutze machen müssen.

In ihrem nicht nachlassenden Bemühen, die anhaltende Flüchtlings- und Migrationskrise in den Griff zu bekommen, berichtete die Kommission am 10. Februar über die im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda1 beschlossenen prioritären Maßnahmen2, mit denen das unmittelbare Problem, die Ordnung auf der östlichen Mittelmeerroute/Westbalkanroute wiederherzustellen, angegangen werden soll. Entsprechend den Ergebnissen der Tagungen des Europäischen Rates vom 18./19. Februar und vom 17./18. März sowie des Gipfeltreffens der Staats- und Regierungschefs vom 7. März 3 wird sie weiterhin die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung aller vereinbarten Maßnahmen zur Eindämmung ungeordneter Migrationsströme, beim Schutz unserer Außengrenzen und der Wahrung der Integrität des Schengen-Raums unterstützen. Dies gilt insbesondere auch für die Entscheidungen über die Hotspots, die Umverteilung von Migranten, die Rückführung und die Rückübernahme. Gleichzeitig wird sie dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die internationalen Schutz benötigen, effektiv Zugang zu Asylverfahren erhalten.

Um die derzeitige Lage wieder in den Griff zu bekommen, muss das geltende Recht angewandt und die Funktionsweise der vorhandenen Instrumente und Verfahren verbessert werden. Gleichzeitig ist es aber, wie der Europäische Rat in seinen Schlussfolgerungen der Tagungen vom 18./19. Februar und vom 17./18. März4 betont hat, an der Zeit, dass bei der Reform des bestehenden EU-Rahmens Fortschritte erzielt werden, um eine humane und effiziente Asylpolitik zu gewährleisten. In der Krise sind die erheblichen strukturellen Defizite und Unzulänglichkeiten der Konzeption und Umsetzung der europäischen Asyl- und Migrationspolitik deutlich zutage getreten. Die EU muss jetzt, wie in der Europäischen Migrationsagenda dargelegt, das Instrumentarium für eine mittel- und langfristig bessere Steuerung der Migrationsströme bereitstellen.

Ziel ist letztlich die Abkehr von einem System, das aufgrund seiner Konzeption oder mangelhaften Implementierung bestimmten Mitgliedstaaten unverhältnismäßig viel Verantwortung aufbürdet und den unkontrollierten Zustrom irregulärer Migranten befördert, und die Hinwendung zu einem faireren System, das Drittstaatsangehörigen, die Schutz suchen oder die zur wirtschaftlichen Entwicklung der EU beitragen können, geordnete, sichere Wege in die EU bietet. Die EU braucht eine robuste, wirksame und nachhaltige Migrationssteuerung, bei der alle Seiten - sowohl die Aufnahmegesellschaften und EU-Bürger als auch die Herkunfts- und Transitländer sowie die Drittstaatsangehörigen - gerecht behandelt werden. Funktionieren wird das Steuerungssystem aber nur, wenn es auf Verantwortung und Solidarität gegründet ist und die Problematik in allen ihren Aspekten erfasst.

In den vergangenen Monaten wurden wichtige Schritte unternommen, um entschlossen gegen irreguläre Migration vorzugehen und die Außengrenzen der EU besser zu kontrollieren. Es kommt wesentlich darauf an, dass die vorgeschlagene Verordnung zur Europäischen Grenz- und Küstenwache5 allerspätestens im Juni angenommen wird, damit diese Behörde ihre Tätigkeit im Sommer aufnehmen kann. Die Aktionspläne gegen die Schleusung von Migranten6 und zur Rückkehrpolitik7 machen ebenfalls Fortschritte. Alle zuständigen Agenturen und Mitgliedstaaten haben ihren Einsatz in diesem Bereich verstärkt.

Eine wirksame Reduzierung der irregulären Migrationsströme nach und in Europa und eine wirksame Sicherung unserer Außengrenzen können jedoch nur dann gelingen, wenn wir die Migrationsproblematik umfassend in den Blick nehmen: Wir müssen mehr legale und sichere Wege nach Europa bieten, das bestehende Migrationsinstrumentarium besser nutzen und anwenden, das Gemeinsame Europäische Asylsystem stärken und gleichzeitig bei den Ursachen der Migration ansetzen. Die Migrationssteuerung verbessern bedeutet, attraktiver zu werden für die qualifizierten und talentierten Fachkräfte, die wir in Zukunft brauchen werden, und die Vorteile der Migration für alle Personen, die zu uns kommen, seien es Flüchtlinge oder legale Migranten, nutzbar zu machen, indem wir für ihre tatsächliche Integration und gesellschaftliche Teilhabe sorgen.

Zusammen mit den anderen Maßnahmen auf der Grundlage der Europäischen Migrationsagenda bereitet diese Mitteilung den Weg für eine humanere und wirksamere europäische Asylpolitik sowie für eine besser gesteuerte legale Migration.

I. eine ROBUSTE und Nachhaltige Gemeinsame ASYLPOLITIK

I.1 Immanente Defizite des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems in der Migrationskrise

Der unkontrollierte Zustrom einer großen Zahl von Migranten und Asylsuchenden 2015 hat die Asylsysteme vieler Mitgliedstaaten und das Gemeinsame Europäische Asylsystem insgesamt belastet. Zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem gehören umfassende Vorschriften, die alle Aspekte des Asylverfahrens regeln, sowie eine unterstützende Stelle, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), das die Durchführung der Rechtsvorschriften begleitet und die praktische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten erleichtert. Infolge der Krise sind Schwächen in der Konzeption und Anwendung des Systems, insbesondere beim Dublin-Verfahren, zutage getreten.

In der Dublin-Verordnung8 sind die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats geregelt, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Wer Schutz sucht oder erhalten hat, hat nicht das Recht, sich den Mitgliedstaat auszusuchen, in dem er sich niederlassen möchte. Ist der Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für die Bearbeitung des Antrags nicht zuständig, muss der Antragsteller in den zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden.

Das Dublin-System war nicht dazu bestimmt, EU-weit eine nachhaltige Lastenteilung zu gewährleisten - ein Mangel, den die gegenwärtige Krise sichtbar gemacht hat. Die Zuständigkeit für die Prüfung eines Asylantrags in der EU hängt in erster Linie davon ab, in welchen Mitgliedstaat der Antragsteller zuerst irregulär eingereist ist. Diesem Kriterium liegt die Überzeugung zugrunde, dass zwischen der Zuständigkeitszuweisung in Asylfragen und der Pflichterfüllung der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Sicherung der Schengen-Außengrenzen ein Zusammenhang hergestellt werden sollte. Die Fähigkeit zur wirksamen Kontrolle der Außengrenzen im Falle eines irregulären Zustroms von Migranten hängt jedoch in gewissem Maße auch von der Zusammenarbeit mit Drittstaaten ab. Wie die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt hat, weist unser jetziges Asylsystem insbesondere im Falle eines Massenzustroms über bestimmte Migrationsrouten die rechtliche Verantwortung für den größten Teil der Asylbewerber einigen wenigen Mitgliedstaaten zu. Eine solche Situation würde jeden Mitgliedstaat in Schwierigkeiten bringen. Darin liegen auch zum Teil die Ursachen für die zunehmende Missachtung von EU-Vorschriften in den letzten Jahren. Auch Migranten missachten oft EU-Recht und weigern sich, ihren Asylantrag in dem Mitgliedstaat ihrer Einreise zu stellen oder sich dort erkennungsdienstlich behandeln zu lassen, und reisen stattdessen in den Staat weiter, in dem sie sich niederlassen wollen, und beantragen dort Asyl. Diese Sekundärmigration hat dazu geführt, dass viele Asylanträge in anderen Mitgliedstaaten gestellt worden sind als denen, in die die Betreffenden erstmals EU-Boden betreten haben. Mehrere dieser Mitgliedstaaten haben daraufhin wieder Grenzkontrollen eingeführt, um den Zustrom zu bewältigen.

Aber schon vor dieser Krise hat es schwerwiegende Mängel bei der Anwendung der Dublin-Verordnung gegeben, so dass auch bei einer effizienteren und konsequenteren Anwendung der Verordnung in allen Mitgliedstaaten und mit zusätzlichen Maßnahmen zur Unterbindung der Sekundärmigration mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass das derzeitige System dem anhaltenden Migrationsdruck nicht gewachsen ist.9 Schwierigkeiten bereiten der Nachweis für die Prüfungszuständigkeit und die Einigung darüber, was dazu führt, dass ein Ersuchen um Überstellung eines Asylbewerbers immer häufiger abgelehnt wird. Aber auch wenn ein Mitgliedstaat ein Überstellungsersuchen akzeptiert, wird der Asylbewerber nur in rund einem Viertel der Fälle tatsächlich überstellt. Häufig reist der Betroffene nach seiner Überstellung zurück in den überstellenden Mitgliedstaat. Nach einer bestimmten Zeit kann die Zuständigkeit nach geltendem Recht überdies einem anderen Mitgliedstaat übertragen werden, was die Funktionsfähigkeit des Systems weiter schwächt. Wenn sich ein Antragsteller lange genug in einem Mitgliedstaat aufhält, in den er nicht überstellt wurde und der eigentlich auch nicht für ihn zuständig ist, geht die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags nach einer gewissen Zeit schließlich auf diesen Mitgliedstaat über.

Die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems leidet auch unter der Schwierigkeit, Antragsteller in Mitgliedstaaten zu überstellen, deren Asylverfahren oder Aufnahmebedingungen in kritischen Punkten strukturelle Mängel aufweisen. Als besonders kritisch hat sich die Aussetzung der Dublin-Überstellungen nach Griechenland seit 2011 erwiesen, insbesondere angesichts der großen Zahl von Migranten, die in den letzten Monaten in Griechenland eingetroffen sind.10

Festzustellen ist im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auch eine unterschiedliche Behandlung von Asylbewerbern in Bezug auf die Länge des Asylverfahrens oder die Aufnahmebedingungen, was wiederum der Sekundärmigration Vorschub leistet. Diese Unterschiede resultieren zum Teil aus den häufig als Kann-Bestimmung ausgestalteten Vorschriften der Asylverfahrensrichtlinie11 und der Richtlinie über Aufnahmebedingungen12. Zudem gibt es mitunter große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten, was die Zahl der anerkannten Asylbewerber angeht,13 obwohl die Anerkennungsrichtlinie14 Vorgaben für die Anerkennung und den auf EU-Ebene zu gewährenden Schutzstatus enthält. Die Beurteilung, ob einer Person aus einem bestimmten Herkunftsland der Flüchtlingsstatus (bei Flucht vor Verfolgung) zuerkannt wird oder ein subsidiärer Schutzstatus (bei Gefahr eines ernsthaften Schadens, einschließlich Flucht vor einem bewaffneten Konflikt), ist ebenfalls uneinheitlich. Auch diese Unterschiede begünstigen Sekundärbewegungen ebenso wie die Unterschiede bei der Geltungsdauer von Aufenthaltstiteln, dem Zugang zu Sozialleistungen und der Familienzusammenführung.

Die EU verfügt über eines der großzügigsten Asylsysteme der Welt mit einem sehr hohen Schutzniveau. In der Praxis hat die Gewährung des internationalen Schutzstatus in den EU-Mitgliedstaaten fast unweigerlich zu einer dauerhaften Ansiedlung in der EU geführt, obwohl der Schutzstatus ursprünglich nur so lange gewährt werden sollte, wie Verfolgung oder ernsthafter Schaden drohte. Sobald sich die Umstände im Herkunftsland oder die Lebensumstäns Antragstellers ändern, ist der Schutz nicht mehr erforderlich. Die Anerkennungsrichtlinie regelt zwar das Ens Schutzstatus, doch wird von diesen Bestimmungen in der Praxis nicht systematisch Gebrauch gemacht.

Ausgehend von den unmittelbaren Prioritäten, die in der Europäischen Migrationsagenda aufgeführt sind, hat die Kommission finanzielle, rechtliche15 und operative Maßnahmen ergriffen, um, wie sie in ihrer Mitteilung vom 10. Februar 2016 näher ausgeführt hat, den Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems besser Geltung zu verschaffen. So hat sie zwei befristete Umverteilungsregelungen für den Krisenfall vorgeschlagen, die im September beschlossen wurden, und vorsehen, dass die Zuständigkeit für die Bearbeitung bestimmter Asylanträge von Italien und Griechenland auf andere Mitgliedstaaten übergeht.

Diese Regelungen müssen unbedingt vollständig und rasch umgesetzt werden, damit die unmittelbaren Herausforderungen bewältigt werden können. Die Union muss über ein abgestimmtes Vorgehen aller Mitgliedstaaten und mit voller Unterstützung der Kommission und der zuständigen Unionseinrichtungen dafür sorgen, dass der bestehende Rechtsrahmen korrekt angewandt wird. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem stabilisiert werden und ordnungsgemäß funktionieren kann. Gleichzeitig muss die EU die Lehren aus der gegenwärtigen Krise ziehen und die systemimmanenten Schwächen längerfristig angehen. Es sind deshalb Maßnahmen zu treffen, die für die Zukunft ein humanes, faires und effizientes System gewährleisten.

I.2 Behebung der strukturellen Defizite: fünf Prioritäten

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem weist zuvorderst in den fünf nachstehend genannten Bereichen Verbesserungsbedarf auf:

Prioritäten
a) Einführung eines tragfähigen, fairen Systems zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates

Ziel: Bessere Anpassung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an das hohe Aufkommen von Asylbewerbern und Flüchtlingen an bestimmten Grenzabschnitten und Gewährleistung eines hohen Maßes an Solidarität sowie einer fairen Lastenteilung zwischen den Mitgliedstaaten durch eine ausgewogene Verteilung der Asylbewerber.

Maßnahmen: Die Kommission wird eine Änderung der Dublin-Verordnung entweder durch Straffung und Ergänzung mit einem Lastenteilungsverfahren oder durch Umstellung auf ein neues System mit einem Verteilungsschlüssel vorschlagen.

b) Stärkung des Eurodac-Systems

Ziel: Unterstützung der Anwendung der Dublin-Verordnung und Erleichterung der Bekämpfung irregulärer Migration.

Maßnahmen: Die Kommission wird eine Anpassung des Eurodac-Systems an die Änderung des Dublin-Mechanismus und die Öffnung dieses Systems für über Asylfragen hinausreichende Zwecke vorschlagen.

c) Herstellung größerer Konvergenz im EU-Asylsystem

Ziel: Konsolidierung und weitere Harmonisierung der Bestimmungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, um EU-weit mehr Gleichbehandlung zu gewährleisten und unangemessene Anreize für eine Migration in die EU zu beseitigen.

Maßnahmen: Die Kommission wird eine neue Verordnung vorschlagen, mit der ein einheitliches gemeinsames Asylverfahren in der EU eingeführt und die Asylverfahrens-Richtlinie ersetzt werden soll, ferner eine neue Anerkennungsverordnung, die an die Stelle der Anerkennungsrichtlinie treten soll, sowie gezielte Änderungen der Richtlinie über Aufnahmebedingungen.

d) Verhinderung von Sekundärbewegungen innerhalb der EU

Ziel: Sicherstellung, dass das Dublin-Verfahren nicht durch Missbräuche und Asylshopping seitens der Personen, die internationalen Schutz beantragt oder erhalten haben, unterlaufen wird.

Maßnahmen: Die Kommission wird strengere Verfahrensmaßnahmen in ihre Vorschläge zur neuen Asylverfahrensverordnung, zur Anerkennungsverordnung und zur Richtlinie über Aufnahmebedingungen einbauen, um irregulären Bewegungen in andere Mitgliedstaaten vorzubeugen oder sie zu ahnden.

e) Ein neues Mandat für die EU-Asylagentur

Ziel: Erleichterung der Handhabung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems und des überarbeiteten Dublin-Verfahrens, Entwicklung gezielter Maßnahmen in Schlüsselbereichen, Förderung einer einheitlicheren Beurteilung der Schutzbedürftigkeit über Mitgliedstaaten hinweg.

Maßnahmen: Die Kommission wird eine Änderung des Mandats des EASO dahingehend vorschlagen, dass es an der Umsetzung der Politik mitwirken und eine stärkere operative Rolle einnehmen kann, und ihm für diesen Zweck ausreichende finanzielle Ressourcen und rechtliche Mittel bereitgestellt werden.

a) Ein tragfähiges, faires System zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates

Die Dublin-Verordnung regelt die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats geregelt, der für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Damit sollen der rasche Zugang von Asylbewerbern zum Asylverfahren und die materielle Prüfung des Antrags durch einen einzigen Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit klar umgrenzt ist, gewährleistet werden. Diese Ziele bleiben nach wie vor gültig. Die Alternative - die freie Wahl für Asylbewerber, in welchem Mitgliedstaat ihr Antrag bearbeitet werden soll - würde selbst dann, wenn in den Mitgliedstaaten völlig einheitliche Voraussetzungen im Hinblick auf Aufnahmebedingungen für Asylbewerber und die Bearbeitung ihrer Anträge herrschen würden, die Konzentration der Anträge auf bestimmte Mitgliedstaaten begünstigen, und böte auch keine Gewähr für eine solidarische, faire Aufteilung der Verantwortung. Die Festlegung einschlägiger Kriterien und Verfahren im Bedarfsfall ist im Vertrag vorgesehen.

Die Kommission beabsichtigt, den Vorschlag zur Reform des Dublin-Systems als Priorität zu behandeln. Derzeit bieten sich für die Reform der Zuständigkeitsbestimmung im Dublin-System zwei Varianten an. In beiden Varianten wäre der Mitgliedstaat, in den die Ersteinreise erfolgt, für die Identitätsfeststellung und Registrierung aller Migranten und die Abnahme ihrer Fingerabdrücke sowie für die Rückführung der nicht schutzbedürftigen Personen zuständig. Darüber hinaus müsste im Geiste der Solidarität erforderlichenfalls geprüft werden, wie in den beiden Varianten die Finanzierung gewährleistet werden soll. Da beide Optionen darauf ausgerichtet sind, einem Massenzustrom zu begegnen, könnte eine Aufhebung der Richtlinie über die Gewährung vorübergehenden Schutzes16 in Betracht gezogen werden.

In dieser Variante würden die geltenden Kriterien für die Zuständigkeitsbestimmung im Wesentlichen beibehalten, aber es käme ein auf einem Verteilungsschlüssel beruhender Fairnessmechanismus zur Umsiedlung von Asylbewerbern hinzu, der unter bestimmten Umständen eine Neubestimmung der Zuständigkeit ermöglichen würde. In dieser Variante blieben die Bestimmung der Asylzuständigkeit und die Einhaltung der Pflicht der Mitgliedstaaten zum Schutz der Außengrenze miteinander verknüpft. Gleichzeitig könnten Fälle eines massiven Zustroms über einzelne Mitgliedstaaten wirksamer bewältigt und die Lasten fairer unter den Mitgliedstaaten verteilt werden. Der Korrekturmechanismus könnte mit Änderungen der Dublin-Verordnung verbunden werden, die auf effizientere Verfahren abstellen, insbesondere die Aufhebung der Klauseln über die Zuständigkeitsübertragung.

Das zusätzliche Korrekturverfahren könnte aus der Umverteilungsregelung für Krisenfälle hervorgehen, die die Kommission im September vergangenen Jahres vorgeschlagen hat17 und die zum Tragen kommen soll, wenn die Anwendung der Dublin-Verordnung durch großen Druck auf das Asylsystem eines Mitgliedstaates aufgrund eines unverhältnismäßig großen Zustroms von Drittstaatsangehörigen gefährdet ist. Es wäre auch denkbar, die Inanspruchnahme des Zusatzverfahrens an eine vorherige Anforderung operativer Unterstützung durch die künftige Europäischen Grenz- und Küstenwache18 für den Schutz der Außengrenzen zu binden.

Um einen Mitgliedstaat, der mit einem signifikanten Zustrom von Migranten konfrontiert ist, wirksam zu unterstützen, könnten aber auch Anpassungen des von der Kommission im vergangenen Jahr vorgeschlagenen Zusatzverfahrens in Betracht gezogen werden. Insbesondere könnte eine Umverteilung vorgenommen werden, sobald die Anzahl der Asylbewerber in einem Mitgliedstaat eine für diesen vorab festgelegte Schwelle überschreitet; damit würden erhebliche Unausgewogenheiten zwischen den Mitgliedstaaten bei der Zuteilung abgefedert. Die Schwelle könnte beispielsweise so festgelegt werden, dass eine Umverteilung nur dann stattfindet, wenn die Zahl der einem bestimmten Mitgliedstaat zugeteilten Asylbewerber erheblich über der liegt, die sich bei einer Aufteilung der Asylbewerber auf die gesamte EU nach objektiven Kriterien ergeben würde. Auch könnte man die Umsiedlung für alle Antragsteller öffnen, die nach vernünftigem Ermessen Aussicht auf internationalen Schutz haben19, und nicht nur für Staatsangehörige aus Ländern, bei denen die Anerkennungsquote mindestens 75 % erreicht.

Unter einem neuen System für die Zuweisung von Asylbewerbern in der EU wäre die Verknüpfung der Zuständigkeit mit dem Ort des Erstantrags oder der irregulären Einreise weitgehend aufgehoben. Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit wäre in erster Linie ein Verteilungsschlüssel, der sich nach Größe, Wohlstand und Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten20 richten würde. Ein solches Vorgehen würde gegenüber dem aktuellen System einen fundamentalen Wandel darstellen. Bestimmte Kriterien wie insbesondere Familien- oder Abhängigkeitsverhältnisse, das Interesse Minderjähriger oder der Besitz eines Visums oder eines Aufenthaltstitels hätten aber nach wie vor Vorrang vor einer Anwendung des Verteilungsschlüssels und könnten dazu führen, dass das dem Mitgliedstaat nach dem Verteilungsschlüssel zustehende Kontingent entsprechend reduziert würde. Sobald die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaates endgültig feststeht, würde dieser Mitgliedstaat außerdem die Alleinzuständigkeit für die Prüfung des Antrags behalten, was die Anreize für Sekundärbewegungen senken und die Verfahren kürzer und effizienter machen würde.

Anders als in Variante 1 würden die meisten Antragsteller bei diesem Verfahren unmittelbar aufgrund des Verteilungsschlüssels einem anderen Mitgliedstaat zugewiesen, sobald sie an einem Ort in der EU einen Schutzantrag stellen. Der Mitgliedstaat, in dem der Erstantrag gestellt wird, bliebe jedoch für die Prüfung der Asylanträge von Antragstellern beispielsweise aus von der EU als sicher eingestuften Herkunftsländern zuständig, um die rasche Rückkehr dieser Migranten sicherzustellen und die Verknüpfung mit der Pflicht des betreffenden Mitgliedstaats zum Schutz der Schengen-Außengrenze zu wahren. Diese Variante erlaubt unterschiedliche Ausgestaltungen der Zuständigkeit des Mitgliedstaats, in dem der Antrag gestellt wird, für die Prüfung der Anwendbarkeit vorrangiger Kriterien, beispielsweise des Bestehens von familiären Verbindungen zu einem anderen Mitgliedstaat. Eine Möglichkeit wäre es, diese Zuständigkeit dem Mitgliedstaat zu überlassen, in dem der Antrag gestellt wird. Die Überprüfung könnte aber auch dem Mitgliedstaat zugewiesen werden, dem der Antragsteller aufgrund des Verteilungsschlüssels zugeteilt wurde.

Langfristig könnte - wie bereits in der Europäischen Migrationsagenda angedacht - die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Asylanträgen von der nationalen auf die EU-Ebene zu verlagern, beispielsweise durch Umwandlung des EASO zu einer erstinstanzlichen Behörde für die Bescheidung von Asylanträgen mit Zweigstellen in allen Mitgliedstaaten, und Einrichtung einer Rechtsbehelfsinstanz auf EU-Ebene. Dabei würden die Mitgliedstaaten für die Aufnahme von Asylbewerbern und die anerkannten, ihnen auf der Grundlage des oben vorgeschlagenen Verteilungsschlüssels zugewiesenen Flüchtlinge zuständig bleiben.

Dadurch käme es zu einem einheitlichen, zentralisierten Entscheidungsprozess in zwei Instanzen und somit zu einer vollständigen Harmonisierung der Verfahren und einer kohärenten Bewertung des Schutzbedarfs auf EU-Ebene. Die Verteilung der Asylbewerber auf die Mitgliedstaaten nach einem festen Schlüssel würde gleichzeitig eine faire Lastenteilung gewährleisten, was ihre Versorgung anbelangt.

Zu diesem Zweck wäre aber nicht nur ein weitreichender institutioneller Umbau erforderlich, sondern auch die Ausstattung der neuen EU-Asylbehörden mit substanziellen Ressourcen für die Bearbeitung des hohen Antragsaufkommens21, das momentan die Mitgliedstaaten zu bewältigen haben. Deshalb dürfte eine derart weitgehende Lösung kurz- oder mittelfristig nur schwer realisierbar sein.

b) Ausweitung des Anwendungsbereichs des Eurodac-Systems

Mittels des Eurodac-Systems und der in der Eurodac-Datenbank gespeicherten Fingerabdrücke prüfen die Mitgliedstaaten, ob irreguläre Migranten oder Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, sich vor ihrer Einreise in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten haben, um der Dublin-Verordnung Geltung zu verschaffen. Die Kommission wird eine Anpassung des Eurodac-Systems an die Neufassung der Dublin-Verordnung vorschlagen, um sicherzustellen, dass das System die für sein Funktionieren erforderlichen Fingerabdruckdaten zur Beweisaufnahme liefert.

Angesichts der Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten, die irreguläre Einwanderung an den Außengrenzen und die anschließenden Sekundärbewegungen effektiv zu überwachen, ist es wichtig, die mit Eurodac verfolgten Ziele über die Asylproblematik hinaus zu erweitern. Da das System Fingerabdruckdaten zu sämtlichen Personenkategorien speichert und den Abgleich mit allen gespeicherten Daten ermöglicht, kann Eurodac den Mitgliedstaaten die Nachverfolgung irregulärer Migranten in der EU ganz erheblich erleichtern.

Die Kommission wird vorschlagen, den Anwendungsbereich von Eurodac auszuweiten und das System zur Bekämpfung der irregulären Migration zu nutzen, indem vorgesehen wird, dass das System eingesetzt werden kann, um die Rückführung irregulärer Migranten zu erleichtern. Eurodac wird dabei als Instrument für eine beschleunigte Identifizierung und Ausstellung neuer Ausweispapiere für Migranten dienen und eine bessere Einschätzung der Fluchtgefahr ermöglichen, was wiederum die Rückführungs- und Rückübernahmeverfahren beschleunigen wird.

Des Weiteren wird die Kommission - wie sie in ihrer Mitteilung über solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit22 ausgeführt hat - im Rahmen der allgemeinen Bewertung des bestehenden Systems ermitteln, welche Defizite es langfristig zu beheben gilt, indem bestimmte technische Funktionen des Systems, wozu auch der Einsatz anderer möglicher biometrischer Identifikatoren gehören kann, im Einklang mit den Datenschutzstandards weiterentwickelt werden.

c) Ein höheres Maß an Konvergenz und ein echtes gemeinsames EU-Asylsystem

Die Kommission beabsichtigt, eine umfassende Harmonisierung der in der EU angewandten Verfahren vorzuschlagen, und die derzeitige Asylverfahrensrichtlinie in eine neue Verordnung über ein einheitliches gemeinsames Asylverfahren in der EU umzuwandeln, die die derzeit geltenden unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten ersetzen und damit die Anreize für die Einreise in die EU und anschließende Sekundärbewegungen senken. Die Kommission wird, nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten und Interessenvertretern, vorschlagen, die derzeitigen nach freiem Ermessen zu befolgenden Regeln durch neue Vorschriften in Bezug auf grundlegende Bestandteile des Asylverfahrens (z.B. Zulässigkeitsvorschriften, Verwendung von Grenzverfahren und von beschleunigten Verfahren, Bearbeitung von Folgeanträgen und Recht auf Verbleib im Hoheitsgebiet) zu ersetzen. Ein wesentliches Merkmal eines solchen gemeinsamen Verfahrens wird die Harmonisierung der Höchstdauer der Verfahren in der ersten und der zweiten Instanz sein.

Ein weiterer entscheidender Bestandteil eines gemeinsamen Ansatzes ist die Anwendung der Regelungen der "sicheren Staaten". Im September 2015 hat die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung zur Erstellung einer gemeinsamen EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten23 vorgelegt, die es ermöglichen soll, die Anträge von Personen aus diesen Ländern zügig zu bearbeiten. Es ist wichtig, dass das Europäische Parlament und der Rat diese Verordnung unverzüglich annehmen. Ziel ist es, auf EU-Ebene über eine vollständig harmonisierte Liste sicherer Herkunftsstaaten zu verfügen, die auf der Grundlage von Vorschlägen der Kommission erstellt wird, und bei der der Schwerpunkt auf der Einbeziehung von Drittstaaten liegt, aus denen eine große Anzahl der Antragsteller stammen. Darüber hinaus wird die Kommission vorschlagen, die verfahrensrechtlichen Folgen der Anwendung der sicheren Herkunftsstaats-Regelung zu harmonisieren und den derzeitigen Ermessensspielraum hinsichtlich der Frage, ob die Regelung angewandt werden sollte oder nicht, abzuschaffen.

Hinsichtlich der "sicheren Drittstaats"-Regelung, die es ermöglicht, bestimmte Anträge für unzulässig zu erklären, wenn Schutz in einem Drittstaat in Anspruch genommen werden könnte, hat die Kommission in ihrer Mitteilung vom 10. Februar 2016 alle Mitgliedstaaten aufgefordert, die Anwendung dieser Regelung in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen und zu verlangen. Die Kommission beabsichtigt ferner, einen Vorschlag für ein stärker harmonisiertes EU-Konzept für die Anwendung der "sicheren Drittstaats"-Regelung vorzulegen, das die internationalen Verpflichtungen gemäß der Grundrechtecharta der Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und der Genfer Flüchtlingskonvention uneingeschränkt achtet. So soll gewährleistet werden, dass die Regelung in allen Mitgliedstaaten auf die gleiche Art und Weise angewendet wird. Außerdem wird die Kommission einen Mechanismus für die Verabschiedung einer EU-Liste sicherer Drittstaaten einrichten.

Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Antragsteller den ihnen zustehenden Schutz (Flüchtlingsstatus oder subsidiärer Schutz) erhalten, allerdings nur so lange, wie sie diesen Schutz benötigen, und dass ihnen ein stärker harmonisierter Grundstock an Rechten im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK gewährt wird. Die Kommission beabsichtigt daher, nach Anhörung der Mitgliedstaaten vorzuschlagen, die derzeitige Anerkennungsrichtlinie durch eine Verordnung zu ersetzen, die einheitliche Vorschriften für die Verfahren und Rechte enthält, die internationalen Schutz genießenden Personen zu gewähren sind. Einige der zu gewährenden Rechte könnten den in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen für andere Drittstaatsangehörige oder für eigene Staatsangehörige entsprechen. Die Kommission wird die Grundrechte und die einschlägigen internationalen Normen vollständig einhalten, allerdings wird sie sorgfältig prüfen, ob die zu gewährenden Rechte angepasst werden müssen, um sowohl unangemessene Zuwanderungsanreize als auch Sekundärbewegungen zu verringern. Die Kommission beabsichtigt ferner, den Unterschied zwischen dem Flüchtlingsstatus und dem subsidiären Schutzstatus deutlicher herauszustellen und die mit dem jeweiligen Schutzstatus verbundenen Rechte stärker zu differenzieren.

Darüber hinaus wird die genannte Verordnung Maßnahmen vorsehen, durch die sichergestellt wird, dass - zumindest in den ersten Jahren nach der Zuerkennung des Schutzstatus - eine systematische und regelmäßige Kontrolle durchgeführt wird, und dass - bevor der Person der Status eines langfristig Aufenthaltsberechtigten zuerkannt wird - die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis von der Bestätigung abhängig gemacht wird, dass die Person auf der Grundlage einer Einschätzung der aktuellen Lage in ihrem Herkunftsland und ihrer persönlichen Situation nach wie vor Schutz benötigt. Derzeit nehmen nur wenige Mitgliedstaaten eine regelmäßige Überprüfung des Status der schutzbedürftigen Personen vor. Aufgrund des naturgemäß eher vorübergehenden Charakters des Status würr Status von Personen mit Anspruch auf subsidiären Schutz in kürzeren Abständen überprüft.

Ferner ist vorgesehen, stärker harmonisierte Vorschriften für Ausweisdokumente für Personen mit internationalem Schutzstatus vorzuschlagen. Darüber hinaus könnten langfristig weitere Initiativen im Hinblick auf die gegenseitige Anerkennung des in einem Mitgliedstaat gewährten Schutzstatus - auch als Voraussetzung für eine etwaige Übertragbarkeit - ergriffen werden.

Nach Rücksprache mit den Mitgliedstaaten werden auch Änderungen an der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen24 vorgeschlagen werden, um EU-weit eine möglichst breite Harmonisierung zu erreichen. Eine einheitlichere Behandlung der Asylbewerber in der EU ist nicht nur von entscheidender Bedeutung, um eine humane Behandlung der Asylbewerber zu gewährleisten, sondern auch, um die Anreize zu verringern, sich auf den Weg nach Europa zu machen und innerhalb Europas in bestimmte Mitgliedstaaten weiterzureisen. In einem ersten Schritt hat die Kommission das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem unlängst auf EU-Ebene eingerichteten Netz von Aufnahmebehörden für Asylbewerber und der Agentur für Grundrechte gemeinsame technische Standards und Leitlinien für die Aufnahmesysteme der Mitgliedstaaten zu entwickeln. Diese neuen Standards werden auch als Vergleichsmaßstab (Benchmark) dienen, um die Kontrolle zu erleichtern.

d) Sekundärmigration innerhalb der EU verhindern

Die Kommission wird ein alle Aspekte der EU-Asylvorschriften betreffendes Paket von Maßnahmen vorschlagen, um sicherzustellen, dass das Funktionieren des Systems nicht durch die Weiterwanderung von Asylbewerbern und Personen, die internationalen Schutz genießen, in den Mitgliedstaat ihrer Wahl behindert wird.

Antragsteller, die nicht in dem für sie zuständigen Mitgliedstaat verbleiben, sollten mit angemessenen Sanktionen rechnen müssen. Die anderen Mitgliedstaaten wären verpflichtet, untergetauchte Asylbewerber an den für sie zuständigen Mitgliedstaat zurückzuschicken, wo ihr Antrag einer beschleunigten Prüfung unterzogen würde, bei der ihnen - unbeschadet des Grundsatzes der Nichtzurückweisung und des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf - nicht automatisch das Recht auf Verbleib in dem Mitgliedstaat bis zum Abschluss der Überprüfung gewährt würde. Darüber hinaus sollte ein Antragsteller, der geflüchtet ist oder bei dem Fluchtgefahr besteht, in ein ausgewiesenes Gebiet in dem Mitgliedstaat verbracht oder gegebenenfalls in Haft genommen werden; ferner könnten materielle Leistungen in solchen Fällen nur in Form von Sachleistungen gewährt werden. Darüber hinaus könnten die bestehenden Bestimmungen der EU-Asylvorschriften, die den Umstand, dass ein Antragsteller nicht unverzüglich einen Antrag gestellt hat, obwohl er durchaus Gelegenheit dazu hatte, mit der Bewertung der Glaubwürdigkeit seines Antrags verknüpfen, als Grundlage dienen und verschärft werden. Dies könnte zur Folge haben, dass die Tatsache, dass eine Person den für sie zuständigen Mitgliedstaat auf irreguläre Art und Weise verlassen hat, in die Bewertung des Asylantrags einfließt.

Um Sekundärbewegungen von Personen, die internationalen Schutz genießen, zu verhindern, werden die in der Anerkennungsrichtlinie festgelegten Vorschriften in Bezug auf die Bereitstellung von Informationen, die Zusammenarbeit und die Meldepflicht (ebenso wie für die Asylbewerber) verstärkt werden. Es wird ausdrücklich festgelegt werden, dass Flüchtlinge nur in dem Mitgliedstaat, der ihnen Schutz gewährt und in dem sie verpflichtet sind, zu bleiben, Rechte und Vorteile genießen können. Darüber hinaus wird die Dublin-Verordnung dahingehend geändert, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, und die in dem Mitgliedstaat verbleiben sollten, der ihnen Schutz gewährt hat, zurückzunehmen. Die Tatsache, dass eine Person auf irreguläre Art und Weise das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats verlassen hat, könnte ein Grund sein, den Status dieser Person zu überprüfen.

Die Gewährung jeglicher Rechte in Verbindung mit dem Asylverfahren, einschließlich der materiellen Aufnahmebedingungen, wird unter uneingeschränkter Wahrung der Bestimmungen der Grundrechtecharta an die Bedingung geknüpft, dass die betreffende Person sich hat registrieren lassen, ihre Fingerabdrücke hat abnehmen lassen, sich in dem für sie zuständigen Mitgliedstaat aufhält und dort verbleibt. Die Bestimmungen über die Unterrichtung der Antragsteller über ihre Verpflichtung, möglichst unverzüglich nach ihrer Ankunft in der EU einen Asylantrag zu stellen und in dem ihnen zugewiesenen und für sie zuständigen Mitgliedstaat zu verbleiben, werden verschärft. Die Vorschriften über die Verpflichtung der Antragsteller zur Zusammenarbeit mit den Behörden und über ihre Meldepflicht werden ebenfalls verschärft, und es werden spezielle Maßnahmen (z.B. die Anwendung beschleunigter Prüfungsverfahren) für den Umgang mit Antragstellern, bei denen eine hohe Fluchtgefahr besteht, eingeleitet. Darüber hinaus wird die Kommission gemeinsame EU-Rechtsvorschriften über die Asylbewerbern auszustellenden Ausweispapiere vorschlagen, die ihre Identität bestätigen würden und aus denen klar hervorgehen würde, dass sie grundsätzlich nicht das Recht haben, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Zwar könnten die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit haben, Antragstellern ein Reisedokument auszustellen, wenn deren Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund schwerwiegender humanitärer Gründe nicht möglich ist, aber die Rechtsvorschriften müssen klarer formuliert werden, um sicherzustellen, dass die Ausstellung der Reisedokumente ausschließlich aufgrund dieser außergewöhnlichen Umstände erfolgt.

Die Richtlinie über den langfristigen Aufenthalt25 wird dahingehend geändert werden, dass die Berechnung des Zeitraums von fünf Jahren, nach dem Personen, die internationalen Schutz genießen, Anspruch auf die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten hätten, jedes Mal wieder von vorn beginnt, wenn die betreffenden Personen das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der ihnen Schutz gewährt, ohne Genehmigung verlassen haben.

Die Mitgliedstaaten sollten dazu verpflichtet werden, wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zur Ahndung irregulärer Sekundärbewegungen zu verhängen.

e) Ein neues Mandat für die Asylagentur der EU

Die Kommission wird vorschlagen, das Mandat des EASO zu erweitern, damit das Büro eine neue Rolle bei der Umsetzung der Asylvorschriften übernehmen und eine verstärkte operative Rolle spielen und dadurch das reibungslose Funktionieren des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erleichtern kann.

Die Agentur wäre in enger Zusammenarbeit mit der Kommission und unbeschadet ihrer Verantwortung als Hüterin der Verträge für einen speziellen Evaluierungsmechanismus zuständig, mit dem kontrolliert werden kann, ob die Mitgliedstaaten diejenigen Standards im Asylbereich einhalten, die insbesondere für das ordnungsgemäße Funktionieren des Dublin-Systems erforderlich sind. Dies betrifft u.a. die Aufnahmebedingungen, den Zugang zum Asylverfahren und die Einhaltung der grundlegenden Garantien. Dies würde bedeuten, dass die Lage in allen Mitgliedstaaten überwacht und ermittelt würde, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten ergreifen sollten, um die bestehenden Mängel zu beheben. In den Fällen, in denen einzelne Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichen würden, um Abhilfe zu schaffen, könnte die Agentur tätig werden und eine stärkere Unterstützung leisten. Auch für den Fall, dass der betreffende Mitgliedstaat keine geeigneten Maßnahmen ergreift, würden Maßnahmen vorgesehen werden, um möglichst jeglichen Anreiz für die Mitgliedstaaten oder Asylbewerber, sich nicht an die Regeln zu halten, im Keim zu ersticken. Wenn die Agentur auf der Grundlage einer begründeten Bewertung der Situation feststellen würde, dass der betreffende Mitgliedstaat keine oder keine hinreichenden Maßnahmen ergriffen hat, könnte die Kommission ermächtigt werden, mittels Durchführungsrechtsakten und unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Agentur operative Maßnahmen festzulegen, die der betreffende Mitgliedstaat zu ergreifen hätte.

Eine weitere zentrale Aufgabe der Agentur bestünde darin, EU-weit eine stärker harmonisierte Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz zu gewährleisten und sich dabei auf die in der Anerkennungsrichtlinie festgelegten Kriterien zu stützen. Das Ziel bestünde darin, die derzeitigen Unterschiede in Bezug auf die Anerkennungsraten zu beseitigen, indem auf der Grundlage einer gemeinsamen Analyse regelmäßig ausführliche Leitlinien für den Umgang mit Asylbewerbern aus bestimmten Herkunftsländern erstellt würden. Einzelprüfungen würden davon unberührt bleiben. Diese Leitlinien würden vom Verwaltungsrat gebilligt und von den Mitgliedstaaten angewandt werden. Mit Hilfe eines Berichterstattungsmechanismus könnte leichter beurteilt werden, ob die Mitgliedstaaten die Leitlinien der Agentur in der Praxis berücksichtigen. Mit Unterstützung der Kommission und der niederländischen Präsidentschaft erprobt das EASO derzeit dieses Konzept. Die drei Gremien koordinieren die Arbeit von Fachleuten aus den Mitgliedstaaten, die gemeinsame Leitlinien für die Bewertung der Asylanträge von afghanischen Staatsbürgern entwickeln. Darüber hinaus würde ein Verfahren zur Fallüberprüfung eingerichtet, um die Qualität der Asylentscheidungen in den Mitgliedstaaten und auch die Einhaltung dieser Leitlinien, zu überwachen.

Außerdem wäre die Agentur für die Einschätzung zuständig, ob Drittstaaten die Kriterien für die Einstufung als sicherer Drittstaat oder als sicherer Herkunftsdrittstaat erfüllen, und sie könnte für die Kommission Stellungnahmen erstellen, durch die sich ein harmonisiertes Vorgehen erreichen ließe.

Des Weiteren wäre die Agentur für den Betrieb des Verteilungsverfahrens im Rahmen eines reformierten Dublin-Systems, wie immer dies auch gestaltet sein mag, zuständig. Dies würde bedeuten, dass ein Verteilungsschlüssel zur Anwendung käme, mit dem die Asylbewerber nach einem bestimmten Mechanismus ohne Ermessen der Agentur auf die jeweiligen Mitgliedstaaten verteilt würden.

Nach dem Vorbild der vorgeschlagenen Europäischen Grenz- und Küstenwache sollte die Agentur in der Lage sein, auch aus eigener Initiative Mitgliedstaaten zu unterstützen, die nicht die erforderlichen Abhilfemaßnahmen ergriffen haben oder sich in einer Notsituation befinden.

Zu den Aufgaben der Agentur würde es insbesondere gehören, Unterstützung bei der Aufnahme und der Fallbearbeitung zu leisten. Derartige Maßnahmen sollten eng mit den Maßnahmen der vorgeschlagenen Europäischen Grenz- und Küstenwache verknüpft sein und könnten in vielen Fällen aus den gleichen Gründen ausgelöst werden. Die Behörde müsste über einen rasch abrufbaren Pool von Experten verfügen, zu dem die Mitgliedstaaten einen Beitrag leisten müssten. Diese Experten könnten innerhalb sehr kurzer Fristen dort eingesetzt werden, wo Sofortmaßnahmen eingeleitet werden müssen.

Die Agentur müsste über ausreichende finanzielle und rechtliche Mittel verfügen, damit gewährleistet ist, dass sie ihre erweiterte Rolle, auch hinsichtlich der Krisenprävention und des Krisenmanagements, tatsächlich wahrnehmen kann. Maßnahmen des EASO müssen in vollem Umfang mit anderen Unterstützungsmaßnahmen abgestimmt werden, die zugunsten von besonderem Druck ausgesetzten Mitgliedstaaten ergriffen werden könnten. Dazu zählen auch Maßnahmen im Rahmen des von der Kommission vorgeschlagenen neuen Verfahrens für die Bereitstellung humanitärer Hilfe innerhalb der EU26.

II. sichere und LEGALE MIGRATIONSWEGE

Intelligente Migrationssteuerung erfordert nicht nur eine entschlossene Politik, um irreguläre Flüchtlingsströme in den Griff zu bekommen und zugleich Menschen in Not zu schützen.

Nötig ist zudem auch eine nachhaltige Politik, die transparente und erreichbare legale Wege eröffnet. Im Einklang mit der globalen Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung erkennen wir daher den positiven Beitrag von Migranten zum integrativen Wachstum an, und es ist uns bewusst, dass die Multidimensionalität der Migration eine kohärente und umfassende Antwort erforderlich macht.

Zum einen bedarf es mehr legaler Wege, damit Menschen, die internationalen Schutz brauchen, auf geordnete, gesteuerte, sichere und menschenwürdige Weise in die EU kommen können - und damit Leben gerettet werden. Legale Wege bremsen die irreguläre Migration und verderben Menschenschmugglern das Geschäft. Dabei sollte jedoch nicht nur die EU mehr Verantwortung für den Schutz übernehmen, sondern auch die internationale Gemeinschaft, denn derzeit herrscht hier global gesehen ein Ungleichgewicht.

Zum anderen braucht die EU eine aktivere Arbeitsmigrationspolitik, um Menschen mit den Fertigkeiten und Talenten anzuwerben, die sie benötigt, um demografischen Herausforderungen und Fachkräftemangel zu begegnen. Sie trägt damit zum Wirtschaftswachstum und zur Zukunftsfähigkeit unseres Sozialsystems bei. Grundsätzlich sollte die EU diese Gelegenheit für eine Bewertung und Verbesserung des Gesamtrahmens für legale und für Arbeitsmigration nutzen.

Zudem - und wie in der Mitteilung über das Europäische Semester 1627 hervorgehoben - ist eine erfolgreiche Integration von legal in der EU lebenden Drittstaatsangehörigen unverzichtbar, sowohl wegen der jüngsten Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise als auch wegen der derzeitigen und künftigen Herausforderungen durch Migration. Aufbauend auf den bisherigen Arbeiten auf EU-Ebene will sich die Kommission nun mit einem EU-Aktionsplan zur Integration verstärkt der Integration von Menschen aus Drittländern widmen. Der Aktionsplan wird Maßnahmen für die für Integration maßgeblichen politischen Bereiche skizzieren (z.B. Bildung, Integration in den Arbeitsmarkt (einschließlich einer unternehmerischen Tätigkeit), soziale Inklusion, Antidiskriminierung), und zwar mit dem Ziel, die Mitgliedstaaten zu unterstützen, und unter Hinweis auf die verfügbaren Haushaltsmittel der EU.

Und schließlich muss die EU ihre Zusammenarbeit mit maßgeblichen Herkunftsdrittstaaten verstärken, um so Migration und Mobilität besser und umfassender steuern zu können.

II.1. Den Schutz von Flüchtlingen in der EU besser koordinieren Ein strukturiertes System für die Neuansiedlung

Bei der Entwicklung eines strukturierten Systems für die Neuansiedlung fängt die Kommission nicht bei null an. Sie hat bereits einen EU-weiten Ansatz vorgeschlagen, in dessen Rahmen die Mitgliedstaaten zugestimmt haben, im Zeitraum 2015/2016 22 504 Flüchtlinge aus Lagern im Nahen Osten, Nordafrika und am Horn von Afrika über den UNHCR neu anzusiedeln. Wie die EU-Mitgliedstaaten und die Türkei in ihrer Erklärung vom 18. März 28 angekündigt haben, wird ein Mechanismus eingeführt, mit dem die irregulären und gefährlichen Überfahrten von Migranten aus der Türkei auf die griechischen Inseln durch die legale Neuansiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei in der EU ersetzt werden. Für jeden in die Türkei rückgeführten Syrer wird ein anderer Syrer aus der Türkei in der EU neu angesiedelt. Auf Seiten der EU wird die Neuansiedlung nach diesem Mechanismus zunächst durch die Einlösung der Verpflichtungen stattfinden, die die Mitgliedstaaten im Rahmen des vorstehend genannten EU-weiten Ansatzes eingegangen sind; demnach stehen von den ursprünglich 22 504 Plätzen für die Neuansiedlung noch 18 000 Plätze zur Verfügung. Die Kommission hat vorgeschlagen, 54 000 für die Umverteilung vorgesehene Plätze ebenfalls für die Neuansiedlung von Syrern aus der Türkei in der EU vorzusehen29, sofern weiterer Neuansiedlungsbedarf besteht. Gleichzeitig arbeiten die Mitgliedstaaten daran, die Aufnahme aus humanitären Gründen für syrische Flüchtlinge, die sich derzeit in der Türkei aufhalten, in Gang zu setzen. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich bei ihrem Treffen vom 7. März 2016 darauf, die bestehenden Zusagen umzusetzen und weiter an der Entwicklung einer Regelung für die Aufnahme aus humanitären Gründen zu arbeiten. Sobald die irregulären Grenzüberquerungen zwischen der Türkei und der EU enden oder zumindest ihre Zahl erheblich und nachhaltig zurückgegangen ist, wird diese Regelung aktiviert. Die EU-Mitgliedstaaten werden einen freiwilligen Beitrag zu dieser Regelung leisten.

Auf Grundlage dieser schon bestehenden Initiativen wird die Kommission einen Vorschlag zur Ausgestaltung der EU-Politik im Bereich der Neuansiedlung vorlegen, der die sichere und legale Ankunft von schutzbedürftigen Menschen in der EU regelt. Vorgesehen ist ein horizontaler Mechanismus, um gezielte EU-Neuansiedlungsinitiativen zu starten. Dazu werden gemeinsame EU-Regeln festgelegt: zur Aufnahme und Verteilung, zum Status neuangesiedelter Personen, zur finanziellen Unterstützung sowie zu Maßnahmen, die die Sekundärmigration eindämmen sollen. Solche Initiativen auf EU-Ebene könnten allgemein ausgerichtet sein und darauf abzielen, die Neuansiedlung international zu optimieren, oder sie könnten die Neuansiedlung aus einem bestimmten Drittland oder einer bestimmten Region vereinfachen - möglicherweise verknüpft mit bestimmten Bedingungen betreffend die erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Migrationssteuerung (beispielsweise die Verringerung der Zahl von Personen, die spontan in EU-Mitgliedstaaten ankommen, der Abschluss oder die verbesserte Durchführung von Rückübernahmeabkommen). Ein solcher Mechanismus könnte durch auf der Grundlage objektiv definierter Kriterien (z.B. die globalen Neuansiedlungsziele des UNHCR) erlassene Durchführungsrechtsakte in Gang gesetzt werden.

Die Neuansiedlungspolitik der EU sollte zum übergeordneten Ziel haben, dass die Union ihren fairen Anteil an der internationalen Verantwortung übernimmt, den Flüchtlingen der Welt Zuflucht zu gewähren. Hier steht allerdings die Weltgemeinschaft als Ganzes in der Verantwortung, und dieser Verantwortung wird sie nur dann in angemessener und zukunftsweisender Form gerecht, wenn alle Akteure geschlossen und entschlossen handeln. In diesem Zusammenhang muss die EU - auch durch ihre Teilnahme - internationale Initiativen mit Fokus auf den Herausforderungen durch Migration und Flüchtlingsbewegungen stärker unterstützen, etwa die globalen Neuansiedlungsprogramme des UNHCR.30 Zugleich muss sie in anderen internationalen Foren wie etwa bei der G20 auf mehr Hilfszusagen dringen. Dazu benötigt die EU ein strukturiertes gemeinsames System, um die Neuansiedlungsbemühungen in Europa systematischer zusammenzuführen. Dadurch schreitet die EU nicht nur als Vorbild voran, sondern zeigt der Welt ganz konkret, was europäische Solidarität bedeutet.

Die Mitgliedstaaten sollten zudem auch über andere Möglichkeiten nachdenken, damit Menschen, die internationalen Schutz brauchen, mehr Wege zur legalen Einreise in die EU offenstehen. Flüchtlingsspezifische Regelungen wie die Neuansiedlung oder die Aufnahme aus humanitären Gründen sollten dadurch ergänzt werden, dass bestehende Regelungen zur regulären Aufnahme für Gruppen wie Studenten, Wissenschaftler oder Arbeitnehmer stärker für Flüchtlinge geöffnet werden. Bereits vorhandene Initiativen sollten voll unterstützt werden. Andere Initiativen wie etwa private Patenschaften, bei denen die Kosten für diese Patenschaften und die Unterstützung bei der Ansiedlung schutzbedürftiger Menschen von privaten Gruppen oder Organisationen mitgetragen werden können, können ebenfalls dazu beitragen, die legalen Zugangswege zu vervielfachen. Private Patenschaften können vielgestaltig sein - von Stipendien für Studenten und Akademiker bis hin zu Integrationshilfen für geförderte Angehörige. Diese Patenschaften sind nicht nur eine Methode, um die Möglichkeiten zur legalen Einreise zu vergrößern, sondern helfen auch, das Bewusstsein in der Öffentlichkeit zu verstärken und die Unterstützung für Flüchtlinge zu vergrößern. Da in der Regel auch örtliche Gemeinschaften beteiligt sind, schaffen diese Patenschaften zudem eine gastfreundliche Atmosphäre. Dies sollte daher durch die Entwicklung bewährter Verfahren auf EU-Ebene gefördert werden - einschlägige Modelle und Erfahrungen aus Drittländern können hier als Anregung dienen. Die Mitgliedstaaten werden ferner aufgefordert, andere legale Möglichkeiten für schutzbedürftige Menschen - wie beispielsweise die Erteilung von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen - in vollem Umfang zu nutzen. So wird die Kommission Möglichkeiten prüfen, um auch in dieser Frage ein koordiniertes europäisches Vorgehen zu fördern.

II.2. Eine intelligentere und gut gesteuerte legale Migrationspolitik

Im Laufe der vergangenen 13 Jahre hat die EU zahlreiche Instrumente ausgearbeitet, die der Zulassung verschiedener Gruppen von legalen Migranten dienen. Die "EU Blue Card"- Richtlinie und die Richtlinie über unternehmensinterne Transfers31 bilden einen Rechtsrahmen für hochqualifizierte Migranten; die überarbeitete Richtlinie über Studenten und Forscher32 erleichtert die Zulassung von ausländischen Studenten und Forschern sowie deren Mobilität innerhalb der EU und sieht für sie das Recht auf Aufenthalt über 9 Monate vor, um Arbeit zu suchen oder ein Unternehmen zu gründen; die Richtlinie über Saisonarbeitnehmer33 - die von den Mitgliedstaaten im Jahresverlauf vollständig umzusetzen ist - regelt die Einreise und den vorübergehenden Aufenthalt von Saisonarbeitnehmern und erleichtert damit die zirkuläre Migration und dient dem Schutz dieser besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmergruppe. Darüber hinaus sieht die Richtlinie über die kombinierte Erlaubnis34 eine kombinierte Aufenthalts-/Arbeitserlaubnis für Drittstaatsangehörige vor; die Richtlinie über den langfristigen Aufenthalt35 regelt die Bedingungen und die Rechte für den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die sich bereits seit mehr als 5 Jahren in der EU aufhalten; und die Richtlinie über die Familienzusammenführung36 legt die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen fest.

Dennoch sind weitere Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich. Zum einen muss die EU die Migrationsvorschriften für hochqualifizierte Migranten verbessern und zu diesem Zweck die Blaue Karte EU reformieren. Zum anderen sollte die EU prüfen, wie sich innovative Unternehmer anziehen lassen, die das Wirtschaftswachstum ankurbeln und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen können. Des Weiteren muss das Thema "Legale Migration" ein fester Bestandteil der umfassenden Gespräche über die Zusammenarbeit zur Steuerung der Migrationsströme werden, die mit Herkunfts- und Transitdrittländern geführt werden. Schließlich sollten Überlegungen angestellt werden, wie sich das gesamte EU-Modell zur Steuerung der legalen Migration und insbesondere der Arbeitskräftemigration auf lange Sicht ändern lässt, dazu könnte auch die Orientierung an erfolgreichen Modellen anderer entwickelter Länder gehören.

a) Gewinnung hochqualifizierter Arbeitnehmer für Europa: eine Blue Card mit größerer Wirkung

Europa ist ein alternder Kontinent, dessen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter37 schrumpft und im nächsten Jahrzehnt voraussichtlich um 18 Millionen abnehmen wird. Darüber hinaus wird durch einen Wandel der zwischen 2012 und 2025 an den Arbeitsmärkten in der EU benötigten Kompetenzen ein steigender Bedarf an hochqualifiziertem Humankapital (Anstieg von 68 auf 83 Mio. bzw. 23 %) deutlich38. Gleichzeitig zeigen die insbesondere unter den Jugendlichen hohen Arbeitslosenquoten, die geringe Erwerbsbeteiligung und die anhaltenden Missverhältnisse am EU-Arbeitsmarkt, dass das Potenzial der Arbeitskräfte in der EU besser genutzt werden muss. Daher sind gemeinsame Anstrengungen auf allen Ebenen erforderlich; vor allem gilt es, in die Entwicklung von Kompetenzen der vorhandenen Arbeitskräfte zu investieren, Maßnahmen zu fördern, die auf die Steigerung der Erwerbsquote abzielen - so dass alle verfügbaren Kompetenzen genutzt werden - und die Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der EU zu fördern. Die geplante Europäische Agenda für neue Kompetenzen wird eine zentrale Rolle bei diesen Anstrengungen spielen, deren Schwerpunkt auf der besseren Nutzung der in der EU vorhandenen Kompetenzen und der verbesserten Anerkennung von ausländischen Qualifikationen liegt, und wird den Ausbau von Fertigkeiten erforderlichenfalls fördern.39

Es scheint jedoch eindeutig, dass diese Maßnahmen allein nicht ausreichen werden, um den Fachkräftemangel anzugehen: die EU muss auch Talente und Kompetenzen aus dem Ausland anziehen, um ein international wettbewerbsfähiger Akteur zu bleiben. Dies ist nicht nur von grundlegender Bedeutung, um den derzeitigen und künftigen Fachkräftebedarf zu decken und für eine dynamische Wirtschaft zu sorgen, sondern auch um die Zukunftsfähigkeit unserer Sozialsysteme längerfristig sicherzustellen.

Dies wird von den Interessenträgern eindeutig bestätigt: im vergangenen Jahr vertraten bei einer EU-weiten öffentlichen Konsultation über die Blaue Karte40 85 % der Befragten (darunter Arbeitgeber und Gewerkschaften) die Ansicht, dass die Anwerbung hochqualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten - neben politischen Maßnahmen, wie der Anwerbung von Arbeitskräften aus anderen Mitgliedstaaten, der Anhebung des Rentenalters und der Förderung der Erwerbsquote - eine notwendige Maßnahme ist, um dem Arbeitskräftemangel in bestimmten Branchen oder Berufsständen in der EU zu begegnen. Parallel dazu wurde im Rahmen des ersten Europäischen Dialogs über Kompetenzen und Migration gefordert, die Fragmentierung der Zulassungspolitik für hochqualifizierte Arbeitskräfte in Europa zu beheben und für ein schnelles und transparentes Zulassungssystem einzutreten41.

Die Richtlinie über die Blaue Karte von 2009 ist unter ihrem Potenzial als EU-weit angedachtes System für die Anwerbung begabter und hochqualifizierter Drittstaatsangehöriger geblieben. Die Zulassungsbedingungen sind ziemlich restriktiv; die Richtlinie enthält kaum Auflagen in Bezug auf die Gewährleistung von Kohärenz und Harmonisierung; ferner ist die Mobilität innerhalb der EU für Inhaber der Blauen Karte sehr begrenzt. Zudem existieren neben der Blauen Karte EU zahlreiche nationale Programme für hochqualifizierte Arbeitskräfte parallel nebeneinander, die einen fragmentierten Rahmen mit vielen verschiedenen anwendbaren Regelungen und Verfahren schaffen. Dies hat zur Folge, dass die Anzahl der zugelassenen hochqualifizierten Arbeitnehmer in der EU nach wie vor insgesamt niedrig ist42; verglichen mit nichteuropäischen OECD-Ländern zieht die EU eher Migranten mit einem geringen Bildungsniveau als Migranten mit hohem Bildungsniveau an43.

Um sicherzustellen, dass die Blaue Karte ein wirksames Instrument ist, das die Zulassung von hochqualifizierten Arbeitskräften erleichtert, wird die Kommission Änderungen der aktuellen Richtlinie vorschlagen. Ziel ist es, die Richtlinie als europaweites Instrument zu stärken, indem eine einheitlichere gemeinsame EU-Strategie mit flexibleren Zulassungsbedingungen geschaffen wird, die die Zulassungsverfahren verbessert und vereinfacht und die Rechte - darunter auch das Recht auf Mobilität innerhalb der EU - stärkt. Neben Gesetzesänderungen wird die Blaue Karte auch stärker beworben werden, so dass sowohl den Arbeitgebern als auch den Migranten deren Vorteile wohl bekannt sind.

b) Gewinnung innovativer Unternehmer für die EU

Damit die EU ein international wettbewerbsfähiger Akteur bleibt, muss sie bessere Wege finden, um neue innovative Unternehmer mit Migrationshintergrund anzuziehen sowie ansässige innovative Unternehmer mit Migrationshintergrund mit Human- und Finanzkapital zu unterstützen und einen positiven Beitrag zum Wachstum und zur Wettbewerbsfähigkeit der EU zu leisten. Die Anwerbung innovativer Unternehmer für die EU wäre nicht nur Teil einer Gesamtstrategie, um die Auswirkungen des demografischen Rückgangs zu mildern, sondern könnte auch dem Ausbau innovativer Wirtschaftstrends (insbesondere der digitalen Wirtschaft, der grünen Wirtschaft und der Sozialwirtschaft) zugutekommen und insgesamt dazu beitragen, das Wirtschaftswachstum und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu fördern. Dies steht zudem voll und ganz im Einklang mit der "Startup-Initiative" der EU im Zusammenhang mit der Binnenmarktstrategie44.

Vor diesem Hintergrund wird die Kommission weiter daran arbeiten, innovative Unternehmer - einschließlich Startup-Unternehmen - aus Drittstaaten anzuziehen und zu unterstützen. Dazu könnten EU-weite Vorschriften für die Zulassung (und zur Mobilität innerhalb der EU), aber auch Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmensgründungen in Sektoren mit hoher Wertschöpfung durch hochqualifizierte Unternehmer mit Migrationshintergrund gehören. Dabei könnte auf Initiativen und Dienstleistungen aufgebaut werden, die auf europäischer, nationaler, regionaler oder lokaler Ebene in den Mitgliedstaaten existieren, und es könnten entsprechende Synergieeffekte geschaffen werden.

c) Ein kohärenteres und wirksameres Modell zur Steuerung der legalen Migration auf EU-Ebene

Zur wirksamen Steuerung ihrer Maßnahmen zur legalen Migration wird die EU all ihre vorhandenen Instrumente besser nutzen und auf verschiedene Gruppen und Kompetenzen von Drittstaatsangehörigen ausrichten müssen. Um etwaige Unstimmigkeiten und Lücken zu ermitteln und die derzeit geltenden Vorschriften zu straffen und zu vereinfachen, wird die Kommission eine REFIT-Evaluierung45 der vorhandenen Instrumente im Bereich der legalen Migration einleiten. Sie wird dabei auch auf die Frage eingehen, ob spezielle EU-Vorschriften für internationale Dienstleister im Zusammenhang mit Handelsabkommen erforderlich sind. Das übergeordnete Ziel dieser Evaluierung wird es sein, die bestehenden Vorschriften soweit als möglich zu verbessern - auch in Anbetracht der Notwendigkeit, die nach Angaben der Grundrechteagentur weit verbreitete Ausbeutung von Arbeitsmigranten zu verhindern und zu bekämpfen46. Die Kommission wird diesbezüglich auch die wirksame Umsetzung des einschlägigen Besitzstands der EU weiterhin überwachen, um dafür zu sorgen, dass die Rechte der in der EU arbeitenden Migranten gewahrt werden und dass insbesondere die Ausbeutung von Arbeitskräften unabhängig von deren Rechtsstatus verhindert wird.

Die Kommission wird eine Studie über die mögliche Entwicklung eines Verfahrens auf EU-Ebene durchführen lassen, mit dem die Transparenz verbessert und die Abstimmung zwischen potenziellen Migranten und Arbeitgebern vereinfacht werden soll. Einige entwickelte Länder, die mit der EU um die Anwerbung qualifizierter Migranten47 konkurrieren, sind jüngst zu einem Vorauswahlverfahren mit einem "Pool vorausgewählter Bewerber" übergangen, an das sich die eigentlichen Zulassungsverfahren anschließen. Solch ein Verfahren ist zum einen nachfrageorientiert (d.h. ein Einstellungsangebot oder ein Vertrag sind eine notwendige Grundvoraussetzung) und stellt zum anderen das Humankapital (d.h. die Kompetenzen und Qualifikationen der betreffenden Person, ihre Erfahrung usw.) in den Mittelpunkt48. Mit der Studie soll die Möglichkeit eines Vorauswahlverfahrens zur Erstellung eines Bewerberpools geprüft werden, auf den die Mitgliedstaaten und die Arbeitgeber in der EU zugreifen können; dabei soll die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Anzahl der Wirtschaftsmigranten, die sie aufnehmen, nicht in Frage gestellt werden.

d) Stärkung der Zusammenarbeit mit wichtigen Herkunftsländern

Die Sicherstellung legaler Migrationsmöglichkeiten und die verstärkte Rückübernahme und Rückführung/Rückkehr derer, die kein Bleiberecht haben, sind zwei miteinander verknüpfte Aspekte, die fester Bestandteil der Gespräche mit Drittstaaten - insbesondere mit Herkunftsländern von Migranten - über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit für eine wirksame Steuerung der Migrationsströme sein müssen. Diese Strategie wurde bei den politischen Dialogen und der operativen Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Rahmen des Gesamtansatzes für Migration und Mobilität (GAMM) verfolgt, bei dem die legale Migration und eine gut gesteuerte Mobilität zu den Prioritäten der EU im Bereich der externen Migrations- und Asylpolitik gehören. Innerhalb dieses Gesamtansatzes hat die EU in den letzten Jahren mit mehreren Ländern in ihrer unmittelbaren und weiteren Nachbarschaft Mobilitätspartnerschaften und Gemeinsame Agenden für Migration und Mobilität unterzeichnet49.

Die EU wird eine engere Zusammenarbeit mit denjenigen Partnern anstreben, die die gleichen Interessen wie sie verfolgen und bereit sind, gegenseitige Verpflichtungen gegenüber der EU und ihren Mitgliedstaaten einzugehen, insbesondere was die Zusammenarbeit im Bereich der Rückübernahme anbelangt. Die EU sollte umfassendere operative Maßnahmen und Anreize anbieten, um den Gesamtansatz strukturierter und systematischer umzusetzen - so wie im Rahmen der hochrangigen Dialoge, bei denen Drittstaaten regelmäßig mehr legale Migrationswege fordern.

Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen zu Migration vom 18. Februar 2016 betont, dass in den Beziehungen zu einschlägigen Drittländern, die umfassenden maßgeschneiderten Pakete von Anreizmaßnahmen, die derzeit für bestimmte Länder zur Gewährleistung der Rückführung/Rückkehr und Rückübernahme zusammengestellt werden, die uneingeschränkte Unterstützung der EU und der Mitgliedstaaten erfordern. Die Kommission und die Hohe Vertreterin/Vizepräsidentin setzen diese Arbeiten in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fort, um dem Europäischen Rat umfassende und maßgeschneiderte Anreizmaßnahmen positiver als auch negativer Art vorschlagen zu können, die alle Politikbereiche umfassen und für Gespräche mit Drittstaaten zu nutzen sind.

Dabei wird sich die EU, in Zusammenarbeit mit ihren afrikanischen Partnern, auf die Schlussfolgerungen des Aktionsplans von Valletta50 stützen, der neben möglichen Maßnahmen im Bereich der legalen Migration und Mobilität vorsieht, dass Angebote zur legalen Migration seitens der EU gebündelt werden, darunter Pilotprojekte zur Erleichterung der Anerkennung von Qualifikationen in bestimmten Branchen/Berufsständen, die Anzahl der Stipendien im Rahmen des Programms Erasmus+ erhöht wird und Ausreisevorbereitungsmaßnahmen und öffentlichen Arbeitsvermittlungen unterstützt werden.

III. Fazit

"Europa muss die Migration in jeder Hinsicht besser in den Griff bekommen" - Diese Aufgabe, die Kommissionspräsident Juncker angesichts der demografischen Herausforderung und des Qualifikationsproblems als Priorität herausgestellt hat, und die im Geiste der Menschlichkeit und der Solidarität unbedingt geboten ist, ist heute wichtiger denn je. Die Kommission setzt sich mit ganzer Kraft für eine integrierte, nachhaltige und ganzheitliche europäische Migrationspolitik ein.

Deshalb möchte sie mit dieser Mitteilung eine Diskussion über die wichtigen Sachfragen in die Wege leiten. Wir haben keine andere Wahl als die Fortsetzung der zweigleisigen Strategie, die gegenwärtige Lage unter vollständiger Wahrung und Anwendung des bestehenden Rechtsrahmens zu stabilisieren und gleichzeitig der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die Architektur dieser Regeln für die Zukunft zu reformieren. Diese Krise hat die Grenzen des gegenwärtigen Systems und die gemeinsamen Herausforderungen, vor denen wir stehen, offenkundig werden lassen. Deswegen muss gerade jetzt, wo ein abgestimmtes Vorgehen und beherzte Solidarität dringend notwendig sind, auch der Blick auf die Zukunft gerichtet werden, um die Grundlagen für eine humane und effiziente europäische Migrations- und Asylpolitik zu legen, die auf einer fairen Lastenteilung beruht. Die Kommission wird die Rückmeldungen auf diese Mitteilung in ihren Vorschlägen berücksichtigen.