Das Europäische Parlament hat auf seiner Tagung vom 13. bis 16. Dezember 2010 die nachstehend aufgeführten Texte angenommen. Sie wurden dem Bundesrat mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments vom 17. Januar 2011 zugeleitet.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2010 zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten (2010/2052(INI)) 3
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 über eine neue Strategie für Afghanistan (2009/2217(INI)) 14
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu dem Thema Malaysia: Anwendung der Prügelstrafe 36
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu eritreischen Flüchtlingen, die auf dem Sinai gefangen gehalten werden 39
Erklärung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 über eine stärkere Unterstützung des Breitensports durch die Europäische Union 41
Erklärung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu einer EU-Strategie zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit 43
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2010 zum Einfluss der Werbung auf das Verbraucherverhalten (2010/2052(INI))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern ("DPCD")1,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung ("DPTC")2,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste, "DSMA")3,
- - unter Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden ("Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz")4,
- - unter Hinweis auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union5, insbesondere auf deren Artikel 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens) und Artikel 8 (Schutz personenbezogener Daten),
- - gestützt auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr6,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation7,
- - unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt1,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2010 zum Verbraucherschutz2,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 9. März 2010 zum Binnenmarktanzeiger3,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Januar 2009 zu der Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung4,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 18. November 2008 zu dem Verbraucherbarometer5,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 3. September 2008 zu den Auswirkungen von Marketing und Werbung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern6,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission vom 28. Januar 2009 mit dem Titel "Überwachung von verbraucherrelevanten Ergebnissen im Binnenmarkt: Zweite Ausgabe des Verbraucherbarometers" ( KOM (2009) 0025) und des dazugehörigen Arbeitsdokuments der Dienststellen der Kommission mit dem Titel "Zweites Verbraucherbarometer" (SEK(2009)0076),
- - unter Hinweis auf das Arbeitsdokument der Dienststellen der Kommission vom 29. März 2010 mit dem Titel "Consumer Markets Scoreboard - Consumers at Home in the Internal Market - Monitoring the integration of the retail Internal Market and Benchmarking the Consumer Environment in Member States" (SEK(2010)0385),
- - unter Hinweis auf den Bericht über Verbraucherschutz im Binnenmarkt, der von der Kommission im Oktober 2008 in Eurobarometer Spezial Nr. 298 veröffentlicht wurde,
- - unter Hinweis auf den Bericht zur Untersuchung der Einstellungen zum grenzüberschreitenden Vertrieb und zum Verbraucherschutz, der von der Kommission im März 2010 in Eurobarometer Flash Nr. 282 veröffentlicht wurde,
- - unter Hinweis auf das europäische Konzept für die Medienkompetenz in einem digitalen Umfeld (KOM (2007) 0833),
- - unter Hinweis auf die Leitlinien der Kommission über die Anwendung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (SEK(2009)1666),
- - unter Hinweis auf die Stellungnahme 2/2010 über verhaltensbezogene Internetwerbung, die am 22. Juni 2010 von der "Artikel-29-Datenschutzgruppe" veröffentlicht wurde,
- - unter Hinweis auf die Stellungnahme 5/2009 über soziale Netzwerke im Internet, der am 12. Juni 2009 von der "Artikel-29-Datenschutzgruppe" veröffentlicht wurde,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der französischen Datenschutzbehörde (CNIL) vom 5. Februar 2009 mit dem Titel "zielgerichtete Internetwerbung",
- - gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz und der Stellungnahme des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A7-0338/2010),
- 1. ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22.
- 2. ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21.
- 3. ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1.
- 4. ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1.
- 5. ABl. C 83 vom 30.3.2010, S. 389.
- 6. ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.
- 7. ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37.
- 1. ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.
- 2. Angenommene Texte,P7_TA(2010)0046.
- 3. Angenommene Texte,P7_TA(2010)0051.
- 4. ABl. C 46 E vom 24.2.2010, S. 26.
- 5. ABl. C 16 E vom 22.2.2010, S. 5.
- 6. ABl. C 295 E vom 4.12.2009, S. 43.
A. in der Erwägung, dass Werbung den Wettbewerb und die Wettbewerbsfähigkeit fördert, möglicherweise die missbräuchliche Ausnutzung marktbeherrschender Stellungen beschränkt und die Innovation im Binnenmarkt unterstützt und demnach, insbesondere mit Blick auf ein vielfältiges Angebot, niedrigere Preise und Informationen zu neuen Waren, vorteilhaft für die Verbraucher ist,
B. in der Erwägung, dass Werbung eine wichtige und häufig unentbehrliche Finanzierungsquelle für eine dynamische und wettbewerbsfähige Medienlandschaft darstellt und aktiv die Vielfalt und Unabhängigkeit der Presse in Europa fördert,
C. in der Erwägung, dass einige Werbepraktiken jedoch Nachteile für den Binnenmarkt und für die Verbraucher mit sich bringen können (unlautere Praktiken, Eindringen in den öffentlichen Raum und die Privatsphäre, personenbezogene Werbung, Barrieren für den Zugang zum Binnenmarkt und Verzerrung des Binnenmarkts),
D. in der Erwägung, dass es nach wie vor notwendig ist, unlautere Geschäftspraktiken im Bereich der Werbung zu bekämpfen, die laut Eurobarometer Spezial Nr. 298 weiterhin üblich sind,
E. in der Erwägung, dass die Weiterentwicklung der Kommunikationsmittel die Werbung, insbesondere infolge der Entwicklung von Internet, sozialen Netzwerken, Foren und Blogs, der wachsenden Mobilität der Nutzer und des Booms bei digitalen Produkten, erheblich beeinflusst,
F. in der Erwägung, dass heute aufgrund einer gewissen Verdrossenheit der Verbraucher angesichts der Flut von Werbenachrichten die Versuchung besteht, die neuen Kommunikationstechnologien zur Verbreitung kommerzieller Nachrichten zu verwenden, die nicht eindeutig als solche gekennzeichnet sind und daher zur Irreführung der Verbraucher missbraucht werden können,
G. in der Erwägung, dass durch die Entwicklung neuer Werbepraktiken für das Internet und für tragbare Geräte neue Probleme entstehen, die erfasst werden müssen, um ein hohes Maß an Verbraucherschutz zu gewährleisten,
H. in der Erwägung, dass der Internetwerbung eine bedeutende Rolle zukommt, insbesondere durch die Finanzierung kostenloser Dienste, und dass sie einen exponentiellen Anstieg verzeichnet,
I. in der Erwägung, dass die zielgerichtete (kontext-, personen- und verhaltensbezogene) Werbung, die an die Interessen der Internetnutzer angepasst wird, eine schwere Verletzung der Privatsphäre darstellt, da sie sich auf die Beobachtung von Einzelpersonen stützt (Cookies, Einrichtung von Nutzerprofilen, Geolokalisierung) und nicht einer freiwilligen und ausdrücklichen vorherigen Zustimmung durch den Verbraucher unterliegt,
J. in der Erwägung, dass die personenbezogene Ausrichtung von Werbung nicht zur Entwicklung einer aufdringlichen Werbung führen darf, die gegen die Gesetze zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre verstößt,
K. in der Erwägung, dass Personen wie Kinder, Jugendliche, ältere Menschen, oder bestimmte aufgrund ihrer sozio-ökonomischen Lage schutzbedürftige Einzelpersonen (beispielsweise überschuldete Menschen), die aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung, ihres Alters oder ihrer Vertrauensseligkeit für besonders schutzbedürftig gehalten werden, besonders geschützt werden müssen,
L. in der Erwägung, dass immer noch keine Informationen über die genauen soziopsychologischen Auswirkungen neuer, immer weiter um sich greifender und weiter verbreiteter Formen von Werbung vorliegen, insbesondere über die Lage derer, die sich den Erwerb der Waren und Dienstleistungen, für die auf diese Weise geworben wird, nicht leisten können,
M. in der Erwägung, dass für bestimmte Erzeugnisse wie Tabak, Alkohol, Arzneimittel und Glücksspiele im Internet wegen ihrer besonderen Eigenschaften eine angemessene Regelung der Internetwerbung erforderlich ist, um Missbrauch, Abhängigkeit und Fälschungen zu verhindern,
N. in der Erwägung, dass Reklame ein wirksames Instrument zur Bekämpfung von Stereotypen und Vorurteilen aufgrund von Rassismus, Sexismus und Fremdenfeindlichkeit darstellen kann;
O. in dem Bewusstsein, dass Reklame häufig einseitige und/oder verfälschte Inhalte transportiert, die stereotypisierte Vorurteile in Bezug auf das Geschlecht verfestigen, wodurch Gleichstellungsstrategien, die diese Ungleichheiten beseitigen sollen, unterminiert werden,
Bewertung des geltenden Rechtsrahmens/rechtsetzungsunabhängigen Rahmens
- 1. bekräftigt, dass die Richtlinie über unerlaubte Geschäftspraktiken einen wesentlichen Rechtsrahmen für die Bekämpfung von irreführender und aggressiver Werbung im Rahmen der Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern setzt; erkennt an, dass, obwohl eine umfassende Bewertung noch nicht möglich ist, bereits zahlreiche Schwierigkeiten bei der Umsetzung und Auslegung zu Tage getreten sind (insbesondere hinsichtlich neuerer, immer weiter um sich greifender Formen der Werbung), wie die Urteile des Europäischen Gerichtshofs gegen bestehende einzelstaatliche Maßnahmen belegen, die den Rahmen der Bestimmungen der Richtlinie über unerlaubte Geschäftspraktiken sprengen, womit sich die Wirksamkeit der Richtlinie anzweifeln lässt;
- 2. hebt hervor, dass die Divergenzen bei der Auslegung und Umsetzung auf nationaler Ebene nicht zu dem gewünschten Niveau der Harmonisierung, sondern vielmehr zu Rechtsunsicherheit und zur Beeinträchtigung des grenzüberschreitenden Handels innerhalb des Binnenmarkts geführt haben;
- 3. fordert die Kommission auf, regelmäßig ihre Leitlinien für die Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken zu aktualisieren, zu erläutern und auszubauen und sicherzustellen, dass sie in die Amtssprachen der Europäischen Union übersetzt werden; fordert die Mitgliedstaaten überdies auf, diese Leitlinien weitestgehend zu berücksichtigen;
- 4. begrüßt die Absicht der Kommission, im November 2010 eine Datenbank zu den einzelstaatlichen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, der dazugehörigen Rechtssprechung und weiteren relevanten Dokumenten angenommen wurden, fertig zu stellen und öffentlich zugänglich zu machen;
- 5. erinnert daran, dass sich der Geltungsbereich der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken auf die Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbrauchern beschränkt, während die Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung die Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen behandelt; hebt hervor, dass bestimmte Körperschaften wie nichtstaatliche Organisationen oder Interessengruppen weder in den Anwendungsbereich der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken noch in den Anwendungsbereich der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung fallen; fordert die Kommission daher auf, eine gesonderte Untersuchung der Auswirkung irreführender Werbepraktiken durchzuführen, die auf die Kategorien abzielen, die offensichtlich nicht von dieser Richtlinie abgedeckt werden; fordert die Mitgliedstaaten zudem auf, die Koordinierung untereinander zu verbessern und geeignete Lösungen für jene Kategorien zu finden, die innerhalb der EU grenzüberschreitenden irreführenden Werbepraktiken ausgesetzt sind;
- 6. begrüßt die koordinierten Kontrollmaßnahmen der Mitgliedstaaten ("Sweep"); fordert, diese Art von Maßnahmen zu wiederholen und deren Anwendungsbereich auszudehnen; fordert die Kommission auf, dem Parlament über die Ergebnisse der Kontrollmaßnahmen zu berichten und gegebenenfalls weitere Schritte zur Verbesserung des Binnenmarktes für die Verbraucher einzuleiten;
- 7. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihren zuständigen nationalen Behörden die finanziellen, personellen und technologischen Mittel und Ressourcen für die erfolgreiche Umsetzung dieser Maßnahmen zur Verfügung zu stellen; drängt die Kommission, die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Behörden auf der Grundlage der Erfahrungen mit dem Netzwerk der Zusammenarbeit im Verbraucherschutz weiter zu fördern und die Wirksamkeit ihrer Kontrollen zu verbessern;
- 8. fordert die Kommission auf, eine Analyse der Verpflichtungen und Kontrollfunktionen der einzelstaatlichen Verbraucherbehörden vorzubereiten und bewährte Verfahren auszutauschen, um die Wirksamkeit der Tätigkeit dieser Behörden zu erhöhen;
- 9. fordert die Kommission auf, den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 auf Nachahmungen und illegale Produkte auszudehnen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen dieser Verordnung zu verbessern, um die Betrugsbekämpfung im Zusammenhang mit unzulässiger Werbung zu fördern;
- 10. hält das Verfahren der Selbstregulierung für eine dynamische, flexible und verantwortungsvolle Ergänzung des geltenden Rechtsrahmens; regt an, dass die Mitgliedstaaten, die noch nicht über Stellen für die Selbstregulierung verfügen, deren Einrichtung auf der Grundlage bewährter Verfahren aus anderen Mitgliedstaaten begünstigen und/oder sie offiziell anerkennen sollten;
- 11. verweist jedoch auf die Grenzen der Selbstregulierung, die keinesfalls die Rechtsvorschriften ersetzen kann, insbesondere hinsichtlich der Ausarbeitung von Normen zum Schutz personenbezogener Daten der Verbraucher und der Sanktionen, die bei einem Verstoß gegen diese Normen zum Tragen kommen;
- 12. ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, eine Bewertung der Umsetzung der nationalen Verhaltenskodizes vorzunehmen, die für die Medien und die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien gelten; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Effektivität der nationalen Selbstregulierungsstellen zu bewerten;
- 13. weist auf die gesellschaftliche Verantwortung hin, die die Auswirkungen und die Reichweite von breitflächiger und weit verbreiteter Werbung mit sich bringt, und verweist auf die Bedeutung der Werbeagenturen für die Pflege einer Bewusstseins- und Verantwortungskultur der Unternehmen;
- 14. plädiert für eine Konsultation der unterschiedlichen am Entwicklungsprozess der Gesetzgebung beteiligten Akteure;
- 15. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, durch geeignete Mittel sicherzustellen, dass die Medien- und die Werbefachleute die Achtung der Menschenwürde gewährleisten und sich Darstellungen, die unmittelbar oder mittelbar diskriminierend oder klischeehaft sind, sowie einer Aufstachelung zum Hass aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Alters, der Religion oder Weltanschauung, der sexuellen Veranlagung, einer Behinderung oder des sozialen Status widersetzen;
- 16. fordert die Mitgliedstaaten auf, die die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste noch nicht umgesetzt haben, dies umgehend zu tun; sieht der Veröffentlichung des Berichts der Kommission über die Anwendung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste erwartungsvoll entgegen und hebt hervor, dass die Verwendung der neuen Technologien (z.B. Fernsehen über IP-Adresse) berücksichtigt werden muss;
Fragen im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Internet/der neuen Technologien
- 17. verurteilt die Entwicklung einer Schleichwerbung im Internet - die nicht von der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (Beziehungen von Verbraucher zu Verbraucher) erfasst wird - in Form von Kommentaren in sozialen Netzwerken, Foren oder Blogs, die sich inhaltlich nur schwer von einer einfachen Meinung unterscheiden lassen; vertritt nämlich die Auffassung, dass das Risiko besteht, dass die Verbraucher falsche Entscheidungen treffen könnten, in dem guten Glauben, dass die von ihnen herangezogenen Informationen aus einer objektiven Quelle stammten; missbilligt die Fälle, in denen bestimmte Unternehmen direkt oder indirekt sämtliche Maßnahmen zur Förderung der Verbreitung von Nachrichten oder Kommentaren, die scheinbar von Verbrauchern stammen, bei denen es sich jedoch tatsächlich um Werbenachrichten oder Nachrichten kommerzieller Art handelt, finanzieren;
- 18. regt an, dass die Mitgliedstaaten fördern, dass Beobachter/Moderatoren zur Überwachung des Schleichwerberisikos in die Foren eingeführt und Aufklärungskampagnen entwickelt werden, um die Verbraucher vor diesen "versteckten" Formen der Werbung zu warnen;
- 19. erinnert daran, dass der Kampf gegen Schleichwerbung auf europäischer Ebene mit Blick auf die Sanierung des Marktes und zur Stärkung des Vertrauens der Verbraucher von großer Bedeutung ist, da sie für bestimmte Vertreter der Branche ein Mittel sein kann, die Wettbewerbsregeln zu umgehen, indem sie sich künstlich und ohne Kosten für das eigene Unternehmen aufwerten oder einen Konkurrenten auf unlautere Weise herabwürdigen;
- 20. äußert Bedenken angesichts der Banalisierung der verhaltensbezogenen Werbung und der Entwicklung aufdringlicher Werbepraktiken (inhaltliche Auswertung von E-Mails, Nutzung der sozialen Netzwerke und der Geolokalisierung, unablässige zielgerichtete Werbung), die Angriffe auf die Privatsphäre der Verbraucher darstellen;
- 21. verweist nachdrücklich auf das Risiko, das von Gesellschaften ausgeht, die gleichzeitig Werbeinhalte und -dienstleistungen anbieten (potenzielle Überschneidung der im Rahmen dieser beiden Tätigkeiten erhobenen Daten); fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass die auf unterschiedlichen Ebenen erhobenen Daten nicht miteinander abgeglichen werden;
- 22. hebt hervor, dass die Verbraucher klar, verständlich und vollständig über die Erhebung, Bearbeitung und Verwendung ihrer Daten aufgeklärt werden müssen, und ermutigt die Werbetreibenden, auf eine standardmäßige Verwendung des verbraucherfreundlichen Verfahrens der vorherigen Einwilligung hinzuwirken; stellt fest, dass diese personenbezogenen Daten nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers gespeichert und verwendet werden sollten;
- 23. unterstreicht, dass die Verbraucher umfassend informiert werden müssen, wenn sie Werbung im Austausch für Preisänderungen akzeptieren, die auf verhaltensbezogenen Techniken beruhen;
- 24. unterstreicht, dass bei künftigen technologischen Lösungen, die personenbezogene Daten berühren, grundsätzlich die Datenschutzproblematik berücksichtigt werden sollte; vertritt die Auffassung, dass die Entwickler neuer Technologien im Entwicklungsprozess von Anfang an strengste Datensicherheits- und Datenschutzkriterien unter Berücksichtigung des Begriffs der Privatsphäre ("privacy by design") festlegen müssen;
- 25. fordert die Kommission auf, die verschiedenen (legislativen oder nichtlegislativen) Instrumente zu untersuchen sowie die technischen Möglichkeiten auf der Ebene der Europäischen Union zu prüfen, damit folgende Maßnahmen wirksam durchgeführt werden können:
- - Erstellung einer eingehenden Studie über die neuen Werbepraktiken im Internet und für tragbare Geräte; Berichterstattung über die Ergebnisse der Studie an das Parlament;
- - möglichst umgehendes Verbot des systematischen und undifferenzierten Versands von Werbenachrichten auf die Mobiltelefone sämtlicher Nutzer, die sich in einem Gebiet befinden, das von einer Bluetoothgestützten Reklame abgedeckt wird, ohne deren vorherige Zustimmung;
- - Gewähr, dass Werbepraktiken die Vertraulichkeit von privater Korrespondenz und die in diesem Bereich gültigen Gesetzesvorschriften respektieren; unverzügliches Verbot der Auswertung privater E-Mails durch Dritte, insbesondere zu Werbezwecken oder zu kommerziellen Zwecken;
- - Auflage, dass Werbenachrichten, die per E-Mail versandt werden, einen Link enthalten müssen, über den weitere Werbung automatisch abgestellt werden kann;
- - möglichst umgehende Garantie, dass Techniken verwendet werden, die eine Unterscheidung zwischen Cookies für Werbezwecke, die einer freiwilligen und ausdrücklichen vorherigen Zustimmung unterliegen, und sonstigen Cookies erlauben;
- - systematische standardmäßige Voreinstellung der EDV-Systeme, die der Öffentlichkeit zum Verkauf angeboten werden, und der sozialen Netzwerkdienste nach strengsten Datenschutzkriterien ("privacy by design");
- - Einführung eines gemeinschaftlichen Systems zur Kennzeichnung von Internetseiten nach dem Vorbild des Projekts European Privacy Seal, durch das ersichtlich wird, ob auf einer Seite die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden; vertritt die Auffassung, dass diese Prüfung eine sorgfältige Folgenabschätzung einschließen sollte und die Doppelung bestehender Kennzeichnungssysteme verhindern muss;
- - in Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Werbebehörden und/oder Selbstregulierungsgremien: besonderes Augenmerk auf irreführende Werbung (auch im Internet) in spezifischen Branchen wie dem Lebensmittel- und Arzneimittelhandel sowie in der medizinischen Versorgung, wo - neben den wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher - deren Gesundheit auf dem Spiel steht, mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen;
- - Überprüfung der Regelung über die beschränkte Haftung der Dienste der Informationsgesellschaft, um zu gewährleisten, dass der Verkauf unter einem Markennamen, der als Schlüsselwort einer Suchmaschine registriert wird, der vorherigen Einwilligung des Eigentümers der Marke unterliegt;
Schutz schutzbedürftiger Kategorien
- 26. fordert die Kommission auf, bis 2012 eingehend untersuchen zu lassen, wie sich irreführende und aggressive Werbung auf schutzbedürftige Verbraucher, insbesondere Kinder/Jugendliche, auswirkt und die ordnungsgemäße Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten;
- 27. fordert die Kommission auf, rasch eine eingehende Studie über die genauen soziopsychologischen Folgen der neuen weiterentwickelten Werbetechniken, die zum Einsatz kommen, durchzuführen;
- 28. hebt hervor, dass Kinder und Jugendliche wegen ihrer großen Aufgeschlossenheit und Neugier, ihres schwachen Urteilsvermögens und ihrer potenziellen Beeinflussbarkeit, insbesondere durch den Einsatz neuer Kommunikationsmittel und Technologien besonderes schutzbedürftige Personengruppen sind;
- 29. fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, einen besseren Schutz von schutzbedürftigen Verbrauchergruppen wie Kindern zu fördern, die Medien dazu anzuhalten, an Kinder gerichtete TV-Werbung in Sendungen für den Nachwuchs (erzieherische Kindersendungen, Zeichentrickfilme usw.) strikt zu beschränken, zumal ähnliche Maßnahmen bereits in einigen Mitgliedstaaten in Anwendung sind;
- 30. fordert, dass die besonderen Interessen der Kinder nicht für zielgerichtete Werbung ausgenutzt werden dürfen;
- 31. weist auf die Anfälligkeit der Verbraucher hin, diesem Idealbild entsprechen zu wollen, was zu unangemessenen Verhaltensweisen, Gewalttätigkeit, Spannungen, Frustration, Angstgefühlen, Suchtverhalten (Rauchen, Drogen), Essstörungen wie Magersucht und Bulimie und Störungen des seelischen Gleichgewichts führen kann; fordert alle Werbeagenturen und Medienfachleute auf, die Werbung mit extrem mageren Models (Männern oder Frauen) zu überdenken, um schädliche Botschaften über das Aussehen, einen nicht makellosen Körper, Alter und Gewicht in Anbetracht des Einflusses und der Wirkung der Werbung auf Kinder und Jugendliche zu vermeiden;
Gewährleistung der Gleichstellung von Frauen und Männern und der menschlichen Würde in der Werbung
- 32. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, mit denen sichergestellt werden kann, dass Vermarktungs- und Werbemaßnahmen den Respekt der Würde des Menschen garantieren, ohne jegliche Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Religion, der persönlichen Überzeugung bzw. aufgrund von Behinderung, Alter oder sexueller Ausrichtung;
- 33. vertritt die Auffassung, dass die Werbung ein wirksames Instrument für die Hinterfragung von Klischees und die Auseinandersetzung mit ihnen sowie ein Mittel zur Abwehr von Rassismus, Sexismus und Diskriminierung sein kann, dem in den heutigen multikulturellen Gesellschaften entscheidende Bedeutung zukommt; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Werbefachleute auf, die Bildungs- und Aufklärungsmaßnahmen zu verstärken, um auf diese Weise, insbesondere schon ab einem frühen Alter, Klischees zu überwinden, die Diskriminierung zu bekämpfen und die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern; fordert die Mitgliedstaaten insbesondere auf, eine enge Zusammenarbeit mit den bestehenden Ausbildungseinrichtungen für Marketing, Kommunikation und Werbung in die Wege zu leiten und auszubauen und damit zu einer angemessenen Ausbildung künftiger Akteure dieses Sektors beizutragen;
- 34. fordert die Kommission auf, vergleichende Untersuchungen und Dokumentationen über die Arten der Darstellung des Frauenbildes in der Werbung und in den Werbebotschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten zu fördern und bewährte Praktiken für eine wirksame, gleichstellungsgerechte Werbung zu ermitteln;
- 35. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Rolle von Nutzer- und/oder Verbraucherverbänden zu fördern und die Beratung durch solche Verbände zu begünstigen, die sich mit den Auswirkungen der Werbung auch in Bezug auf den Gleichstellungsaspekt beschäftigen;
- 36. hebt mit Nachdruck hervor, dass die Werbung oft diskriminierende und/oder entwürdigende Botschaften vermittelt, die auf allen Arten von Geschlechterklischees beruhen und die den Strategien zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern abträglich sind; fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten, die Zivilgesellschaft und die Selbstregulierungsorgane der Werbebranche auf, bei der Bekämpfung solcher Praktiken eng zusammenzuarbeiten und dabei insbesondere wirksame Instrumente einzusetzen, die die Achtung der menschlichen Würde und Integrität beim Marketing und in der Werbung gewährleisten;
- 37. betont - da Werbung für Konsumgüter untrennbar mit den Printmedien, Radio und Fernsehen verknüpft und auch in Kinofilmen und Fernsehsendungen in Form von Produktplazierungen zu sehen ist - dass eine vertrauenswürdige Werbung und die Darstellung gesunder Rollenmodelle demnach einen positiven Einfluss auf die gesellschaftlichen Vorstellungen in Fragen wie Geschlechterrollen, Körperbild und Normalität haben kann; legt den Werbetreibenden nahe, ihre Werbung konstruktiver zu gestalten, um die positive Rolle der Frauen und Männer in der Gesellschaft, im Erwerbsleben, in der Familie und im öffentlichen Leben zu stärken;
Schulung/Aufklärung der unterschiedlichen Akteure
- 38. weist nachdrücklich darauf hin, dass Transparenz und die Verbraucherinformation im Bereich der Werbung ganz entscheidend sind, und dass die Verbraucher einen kritischen Ansatz hinsichtlich der Qualität von Medieninhalten entwickeln sollten;
- 39. fordert die Kommission auf,
- - (neben den bereits erfassten Daten insbesondere zur irreführenden Werbung) einige zusätzliche werbebezogene Parameter in den Binnenmarktanzeiger aufzunehmen; erinnert jedoch diesbezüglich an den Inhalt seiner Entschließung vom 9. März 20101, in der es heißt, dass die Aufnahme zusätzlicher Indikatoren sehr sinnvoll sein kann, sobald die fünf Basisindikatoren und die dazugehörige Methodik einen zufriedenstellenden Entwicklungsstand erreicht haben;
- - Aufklärungskampagnen über die Rechte der Verbraucher im Bereich der Werbung durchzuführen, insbesondere hinsichtlich der Verwendung ihrer personenbezogenen Daten, und pädagogische Hilfsmittel zu entwickeln, durch die sie über Techniken zum Schutz ihrer Privatsphäre im Internet und über Klagemöglichkeiten in Situationen, in denen ihre Privatsphäre oder die Menschenwürde verletzt werden, informiert werden;
- - ein Programm der Europäischen Union nach dem Vorbild der britischen Initiative Media Smart zu entwickeln, um die Kinder zu einem misstrauischen Umgang mit Werbung zu erziehen;
- - möglichst umgehend vorzuschreiben, dass die entsprechende Internetwerbung eindeutig mit den Worten "verhaltensbezogene Werbung" gekennzeichnet wird, und ein Informationsfenster eingefügt wird, in dem die wichtigsten Merkmale dieser Praktik erklärt werden;
- 40. fordert die Kommission auf, gemeinsame Leitlinien für KMU zu erstellen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, die nationalen Behörden und/oder Stellen für Selbstregulierung zu ermutigen, Beratungsdienste für KMU einzurichten und Aufklärungskampagnen durchzuführen, um die KMU auf ihre rechtlichen Verpflichtungen im Bereich der Werbung hinzuweisen;
- 41. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1. P7_TA(2010)0051.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 über eine neue Strategie für Afghanistan (2009/2217(INI))
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Afghanistan, insbesondere seine Entschließung vom 8. Juli 2008 zur Stabilisierung Afghanistans1, vom 15. Januar 2009 zu der Kontrolle der Ausführung von EU-Mitteln in Afghanistan2 und vom 24. April 2009 zu Frauenrechten in Afghanistan3,
- - unter Hinweis auf die gemeinsame politische Erklärung EU-Afghanistan vom 16. November 2005, die auf gemeinsamen Prioritätensetzungen für Afghanistan beruht, zu denen beispielsweise die Schaffung starker und rechenschaftspflichtiger Institutionen, die Reform in den Bereichen Sicherheit und Justiz, die Drogenbekämpfung sowie die Entwicklung und der Wiederaufbau zählen,
- - unter Hinweis auf den Afghanistan-Pakt von 2006, durch den die drei wichtigsten Handlungsfelder festgelegt wurden, denen sich die afghanische Regierung in den kommenden fünf Jahren zuwenden muss: Sicherheit, Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie Bemühungen zur Ausschaltung der Drogenindustrie,
- - unter Hinweis auf die Afghanistan-Konferenz vom Januar 2010 in London, auf der die internationale Gemeinschaft erneut ihr Engagement für Afghanistan bekräftigte, auf der die Grundlagen für einen internationalen Konsens über eine "nichtmilitärische" Lösungsstrategie für die Afghanistan-Krise gelegt wurden und auf der festgelegt wurde, dass die Übergabe der Sicherheitsverantwortung an afghanische Kräfte 2011 beginnen und bis 2014 größtenteils abgeschlossen sein soll,
- - in Kenntnis der Resolution 1890(2009) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen, durch die die in den Resolutionen 1386(2001) und 1510(2003) festgelegte Genehmigung der Internationalen Sicherheitsbeistandstruppe (ISAF) nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen um einen Zeitraum von zwölf Monaten ab dem 13. Oktober 2009 verlängert wird und in der die an der ISAF teilnehmenden VN-Mitgliedstaaten ermächtigt werden, "alle zur Erfüllung ihres Mandats notwendigen Maßnahmen zu ergreifen",
- - unter Hinweis auf den vorgeschlagenen "Treuhandfonds für Frieden und Wiedereingliederung", für den die Teilnehmer der Londoner Konferenz eine anfängliche Summe von 140 Mio. USD zusagten und dessen Ziel die Integration der Taliban und anderer Aufständischer ist,
- - unter Hinweis auf die afghanische Große Ratsversammlung - die "Friedens-Jirga" - in Kabul Anfang Juni 2010, deren Ziel es war, einen nationalen Konsens in der Frage der Versöhnung mit Gegnern herbeizuführen,
- - unter Hinweis auf die "Kabul-Konferenz" vom 20. Juli 2010, auf der die Fortschritte bei der Umsetzung der Beschlüsse der Londoner Konferenz beurteilt wurden und die der afghanischen Regierung eine neue Gelegenheit bot, in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft Führungskompetenz zu zeigen und Zuständigkeit für den Prozess zu übernehmen, indem die Sicherheit gestärkt und die Fähigkeiten der afghanischen Sicherheitskräfte gefördert sowie die gute Regierungsführung und die Rechtsstaatlichkeit verbessert werden, und den künftigen Weg abzustecken, einschließlich zur Bekämpfung von Drogenerzeugung und Drogenhandel sowie Korruption, zu Frieden und Sicherheit, zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, zu den Menschenrechten und zur Gleichstellung der Geschlechter; unter Hinweis auf den Abschluss der Kabul-Konferenz, auf der beschlossen wurde, die Leitung der Militäreinsätze in allen Provinzen bis Ende 2014 auf die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte zu übertragen,
- - in Kenntnis des Erlasses des Präsidenten vom 17. August 2010, der in Afghanistan operierenden privaten Sicherheitsunternehmen eine Frist von vier Monaten vorgegeben hat, binnen derer sie sich auflösen müssen, mit Ausnahme von privaten Sicherheitsfirmen, die innerhalb von Grundstücken tätig sind, die von ausländischen Botschaften, Unternehmen und NRO genutzt werden,
- - unter Hinweis auf die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan vom August 2009, auf den im Dezember 2009 veröffentlichten kritischen Abschlussbericht der EU-Wahlbeobachtungsmission und auf die Parlamentswahlen, die am 18. September 2010 stattfanden,
- - in Kenntnis aller entsprechenden Schlussfolgerungen des Rates, insbesondere der des Rates "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" vom 27. Oktober 2009, und des Aktionsplans des Rates für ein verstärktes Engagement der EU in Afghanistan und Pakistan sowie der Schlussfolgerungen des Rates "Auswärtige Angelegenheiten" vom 22. März 2010,
- - unter Hinweis auf die Ernennung eines EU-Sonderbeauftragten/Leiters der EU-Delegation in Afghanistan, der diese Doppelfunktion seit dem 1. April 2010 ausübt, und in Kenntnis des Beschlusses des Rates vom 11. August 2010, durch den das Mandat des Sonderbeauftragten Vygaudas Usackas bis 31. August 2011 verlängert wird,
- - in Kenntnis der Erklärung des Rates vom 18. Mai 2010 über die dreijährige Verlängerung der Polizeimission der Europäischen Union in Afghanistan (EUPOL Afghanistan) vom 31. Mai 2010 bis 31. Mai 2013,
- - unter Hinweis auf das Länderstrategiepapier 2007-2013, in dem das Engagement der Kommission in Afghanistan bis zum Jahr 2013 dargelegt wird,
- - unter Hinweis auf den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2010,
- - in Kenntnis des Berichts über die menschliche Entwicklung 2009 der Vereinten Nationen, in dem Afghanistan unter 182 Ländern an 181. Stelle eingestuft wird,
- - unter Hinweis auf die von Afghanistan selbst vorgenommene Risiko- und Vulnerabilitätsabschätzung (National Risk and Vulnerability Assessment) 2007/2008, der zufolge es rund 570 Mio. USD kosten würde, die Armut in Afghanistan zu beseitigen und alle Betroffenen über die Armutsschwelle zu heben,
- - unter Hinweis auf den 2008 veröffentlichten Bericht der Agentur für die Koordinierung der Afghanistan-Hilfe (ACBAR), "Falling Short - Aid Effectiveness in Afghanistan", der aufzeigt, dass enorme Summen an Hilfsgeldern als Unternehmensgewinn an Auftragnehmer fließen (bis zu 50 % je Vertrag), und der ein Schlaglicht auf die kaum vorhandene Transparenz der Beschaffungs- und Ausschreibungsverfahren und auf die hohen Kosten der Gehälter und Zulagen ausländischer Helfer wirft,
- - unter Hinweis auf die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) vom August 2010 betreffend den Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten,
- - unter Hinweis auf die Empfehlungen des Peace Dividend Trust, der für eine Strategie unter dem Motto "Afghanistan first" eintritt, d.h. dafür, dass anstelle von Importen eine lokale Beschaffung von Waren und Dienstleistungen in Afghanistan gefördert wird, die in erster Linie den Afghanen zugute kommt,
- - unter Hinweis auf die Strategie der NATO/ISAF für Afghanistan zur Bekämpfung von Aufständischen und ihre Umsetzung unter dem Kommando von General David Petraeus sowie unter Hinweis auf die von Präsident Obama für Dezember 2010 angekündigte Überprüfung der Strategie,
- - unter Hinweis auf den Bericht von Mitarbeitern der Mehrheitsfraktion des US-Kongresses "Warlord Inc: Extortion and Corruption Along the US Supply Chain in Afghanistan" (Committee on Oversight and Government Reform, US House of Representatives, Juni 2010),
- - unter Hinweis auf die Arbeit des Büros der Vereinten Nationen für Drogenkontrolle und Verbrechensbekämpfung (UNODC) und insbesondere auf dessen Bericht vom Oktober 2009 "Addiction, Crime and Insurgency - the transnational threat of Afghanistan opium", sowie auf seinen Weltdrogenbericht von 2010,
- - gestützt auf Artikel 48 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Entwicklungsausschusses (A7-0333/2010),
- 1. ABl. C 294E vom 3.12.2009, S. 11.
- 2. ABl. C 46E vom 24.2.2010, S. 87.
- 3. ABl. C 184E vom 8.07.10, S. 57.
A. in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft wiederholt ihre Unterstützung für die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen bekräftigt hat, in denen Sicherheit, Wohlstand und die Menschenrechte aller afghanischen Bürger verteidigt werden; in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft jedoch implizit anerkannt hat, dass es nach neun Jahren Krieg und internationalem Einsatz noch immer nicht gelungen ist, dem Taliban-Aufstand ein Ende zu setzen und dem Land Frieden und Stabilität zu bringen, und in der Erwägung, dass seit 2009 eine neue Politik zur Bekämpfung von Aufständischen betrieben wird und dass an die 45 000 Soldaten als Verstärkung aufgeboten wurden,
B. in der Erwägung, dass angesichts einer Koalition von internationalen Kräften, die die Taliban und die anderen Aufständischen nicht zu schlagen vermögen, und einer Bewegung von Aufständischen und Taliban, die sich gegen diese Streitkräfte nicht durchsetzen kann, kein klares Ende in Sicht ist,
C. in der Erwägung, dass General Stanley McChrystal 2009 erklärte, er sehe keine Anzeichen für eine starke Präsenz der Al-Quaida in Afghanistan, und hochrangige amerikanische Regierungsbeamte bestätigen, dass die Al-Quaida inzwischen kaum in Afghanistan in Erscheinung tritt,
D. in der Erwägung, dass sich die Sicherheits- und Lebensbedingungen verschlechtert haben, wodurch die einstige Akzeptanz der Präsenz der Koalition durch die Bevölkerung immer mehr abnimmt, und in der Erwägung, dass die Koalition von der Bevölkerung immer stärker als Besatzung wahrgenommen wird; in der Erwägung, dass eine neue, umfassendere Partnerschaft mit den Menschen Afghanistans erforderlich ist, die nicht repräsentierte Gruppen und die Bürgergesellschaft in die Bemühungen um Frieden und Versöhnung einbezieht,
E. in der Erwägung, dass die EU einer der wichtigsten Geber von Entwicklungshilfe und humanitärer Hilfe für Afghanistan ist; in der Erwägung, dass sie ein engagierter Partner bei den Bemühungen um Wiederaufbau und Stabilisierung ist,
F. in der Erwägung, dass sich die Geber mit dem Afghanistan-Pakt von 2006 und auf der Kabul-Konferenz verpflichtet haben, nach Möglichkeit einen zunehmenden Anteil (bis zu 50 %) ihrer Hilfe über den afghanischen zentralen Staatshaushalt abzuwickeln, sei es direkt oder über Treuhandfonds-Mechanismen; in der Erwägung, dass derzeit jedoch nur 20 % der Entwicklungshilfe über den Staatshaushalt fließen,
G. in der Erwägung, dass die unzureichende Koordinierung die Wirksamkeit der Afghanistan-Hilfe der EU schmälert,
H. in der Erwägung, dass von 2002 bis 2009 internationale Hilfe im Umfang von mehr als 40 Mrd. USD nach Afghanistan geflossen ist; in der Erwägung, dass die Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen, während dieses Zeitraums gestiegen ist, dass jedoch nach Schätzungen von UNICEF 59 % aller afghanischen Kinder unter fünf Jahren nach wie vor nicht genug zu essen haben und fünf Millionen Kinder nicht zur Schule gehen können,
I. in der Erwägung, dass die Lage der Frauen auf dem Land nach wie vor Anlass zu großer Besorgnis gibt; in der Erwägung, dass Berichten der Vereinten Nationen zufolge die Müttersterblichkeitsrate in Afghanistan mit 25 000 Todesfällen pro Jahr weltweit die zweithöchste ist, dass nur 12,6 % der Frauen, die älter als 15 Jahre sind, lesen und schreiben können und dass 57 % der Mädchen verheiratet werden, bevor sie das gesetzliche Alter von 16 Jahren erreicht haben; in der Erwägung, dass Gewalt gegen Frauen immer noch weit verbreitet ist; in der Erwägung, dass das diskriminierende Schia-Gesetz über den persönlichen Status nach wie vor in Kraft ist und unter anderem Frauen kriminalisiert, wenn sie sich weigern, mit ihrem Ehemann Geschlechtsverkehr zu haben, und Frauen verbietet, ohne Einwilligung ihres Ehemanns das Haus zu verlassen,
J. in der Erwägung, dass Afghanistan Vertragspartei mehrerer internationaler Übereinkommen zum Schutz der Rechte von Frauen und Kindern ist, insbesondere des VN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau aus dem Jahr 1979 und des VN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes aus dem Jahr 1989, und in der Erwägung, dass die afghanische Verfassung in Artikel 22 besagt, dass "die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, ... vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten" haben; in der Erwägung, dass das afghanische Familienrecht derzeit überarbeitet wird, um es an die Verfassung anzupassen,
K. in der Erwägung, dass der US-Kongress im Juli 2010 eine Überprüfung geleisteter Milliardenhilfen für Afghanistan forderte und dafür stimmte, die Hilfe für die Regierung Afghanistans vorläufig um fast 4 Mrd. USD zu kürzen,
L. in der Erwägung, dass der Finanzminister Afghanistans, Omar Zakhilwal, erstens die Vertragsvergabeverfahren von NATO/ISAF, die nicht der lokalen afghanischen Wirtschaft zugute kommen, sowie zweitens die einseitige Auslegung der Bestimmungen für Steuerbefreiungen im Abkommen zwischen ISAF und der afghanischen Regierung durch ISAF kritisiert hat, und in der Erwägung, dass der Minister ausländischen Auftragnehmern vorgeworfen hat, den größten Teil der von ISAF finanzierten Verträge in Höhe von bis zu vier Milliarden USD in die eigene Tasche gesteckt zu haben, was Berichten zufolge einen ständigen Abfluss von Geld aus dem Land zur Folge hat; in der Erwägung, dass die afghanische Regierung jetzt eine internationale Untersuchung fordert,
M. in der Erwägung, dass es inzwischen offensichtlich ist, dass in Afghanistan keine militärische Lösung möglich ist, und in der Erwägung, dass die USA nach eigenen Erklärungen im Sommer 2011 mit dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan beginnen werden, dass sich andere Länder bereits zurückgezogen haben oder dies planen und dass andere noch keine Absicht zum Abzug geäußert haben; allerdings in der Erwägung, dass der Rückzug des Militärs ein allmählicher und koordinierter Prozess im Rahmen eines politischen Projekts sein muss, das einen reibungslosen Übergang der Verantwortung auf die afghanischen Sicherheitskräfte gewährleistet,
N. in der Erwägung, dass auf der Konferenz von Kabul beschlossen wurde, dass mit der erforderlichen finanziellen und technischen Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft bis Oktober 2011 die afghanische Nationalarmee auf 171 600 Mann und die afghanische nationale Polizei auf 134 000 Mann aufgestockt werden sollen,
O. in der Erwägung, dass das Hauptziel der EUPOL-Mission in Afghanistan darin besteht, zum Aufbau eines afghanischen Polizeisystems beizutragen, das internationalen Standards entspricht,
P. in der Erwägung, dass Afghanistan nicht nur der weltgrößte Opiumproduzent und Hauptlieferant der Heroinmärkte in der EU und der Russischen Föderation ist, sondern nach einem kürzlich erschienenen Bericht des UNODC auch einer der weltweit größten Cannabisproduzenten; in der Erwägung, dass die Opiumproduktion in Afghanistan in den letzten beiden Jahren jedoch um 23 % und seit ihrem Höhepunkt im Jahr 2007 um ein Drittel zurückgegangen ist; in der Erwägung, dass das UNODC festgestellt hat, dass ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Anbau von Opium und jenen Gebieten besteht, die von Aufständischen beherrscht werden, und dass in jenen Teilen Afghanistans, in denen die Regierung besser in der Lage ist, die Gesetze umzusetzen, nahezu zwei Drittel der Bauern sagen, sie bauen kein Opium an, weil es verboten ist - in der Erwägung, dass im Südosten, wo die offiziellen Stellen weniger Einfluss haben, knapp 40 % der Bauern das Verbot als Grund dafür genannt haben, weshalb sie keinen Mohn anbauen,
Q. in der Erwägung, dass einem kürzlich vorgelegten Bericht des UNODC zufolge die Zahl der afghanischen Bürger, die drogensüchtig sind, in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen ist, eine Tendenz, die erhebliche soziale Auswirkungen auf die Zukunft des Landes haben wird,
R. in der Erwägung, dass die EU seit dem Beginn des Wiederaufbauprozesses eine aktive Rolle bei der Drogenbekämpfung gespielt hat, ohne dass nennenswerte Ergebnisse dabei erreicht werden konnten, die Durchdringung der Volkswirtschaft, des politischen Systems, der staatlichen Institutionen und der Gesellschaft durch die Drogenindustrie zu beschränken,
S. in der Erwägung, dass in Afghanistan einige Mohnplantagen mit chemischen Pflanzenvernichtungsmitteln zerstört wurden, und in der Erwägung, dass Mensch und Umwelt durch die damit verbundene Boden- und Gewässerbelastung schwere Schädigungen erleiden; allerdings in der Erwägung, dass inzwischen Konsens darüber besteht, dass sich repressive Maßnahmen gegen den Drogenhandel und die Labors, in denen Heroin hergestellt wird, richten müssen, und nicht gegen die Bauern; in der Erwägung, dass sich die Bemühungen nun vor allem darauf konzentrieren, den Bauern alternative Möglichkeiten anzubieten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen,
T. in der Erwägung, dass Afghanistan über beachtliche natürliche Ressourcen verfügt, einschließlich reicher Mineralvorkommen wie Gas und Öl im Wert von geschätzten drei Billionen USD, und in der Erwägung, dass die afghanische Regierung auf diesen Ressourcen aufbaut, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben, sobald im Land wieder Frieden und Sicherheit herrschen,
Eine neue EU-Strategie
- 1. ist sich der Tatsache bewusst, dass der Fortschritt in Afghanistan durch eine ganze Reihe von Faktoren behindert wird, will sich jedoch in diesem Bericht auf vier Hauptbereiche konzentrieren, in denen weitere Bemühungen seiner Meinung nach zu Verbesserungen führen könnten: internationale Hilfe und Koordinierung, Auswirkungen des Friedensprozesses, Auswirkungen der Polizeiausbildung und Beseitigung des Opiumanbaus durch alternative Entwicklungsmöglichkeiten;
- 2. bringt seine Unterstützung für das neue Konzept einer Strategie zur Bekämpfung von Aufständischen, die auf den Schutz der lokalen Bevölkerung und auf den Wiederaufbau von Regionen abzielt, deren Sicherheit gewährleistet ist, sowie für den Aktionsplan der EU für Afghanistan und Pakistan zum Ausdruck;
- 3. vertritt daher die Auffassung, dass die EU-Strategie für Afghanistan von zwei Voraussetzungen ausgehen muss: von der Einsicht, dass sich die Sicherheitsindikatoren und die sozioökonomischen Indikatoren trotz des fast zehnjährigen internationalen Engagements und trotz aller Investitionen weiter verschlechtern, und von der Notwendigkeit, ein Umdenken der internationalen Gemeinschaft - deren Pläne und Beschlüsse in der Vergangenheit nur allzu oft, insbesondere vor der Strategie zur Bekämpfung von Aufständischen, über die Köpfe der Afghanen hinweg gefasst wurden - weiter zu fördern, so dass in Zukunft deren Pläne und Beschlüsse in enger Zusammenarbeit mit den Afghanen gefasst werden; stellt fest, dass die Konferenzen von London und Kabul ein wichtiger Schritt in diese Richtung waren;
- 4. begrüßt und unterstützt die Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 2009 mit dem Titel "Verstärktes Engagement der EU in Afghanistan und Pakistan", in denen ein kohärenteres und koordinierteres Vorgehen der EU gegenüber der Region skizziert und auf die Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit sowie eines verstärkt auf die Bürger ausgerichteten Ansatzes der Politik gegenüber Afghanistan verwiesen wird;
- 5. hebt hervor, dass jegliche langfristige Lösung der Afghanistan-Krise vom Interesse der afghanischen Bürger an ihrer inneren Sicherheit, am Schutz der Bürger und an der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ausgehen muss und konkrete Maßnahmen zur Ausmerzung der Armut, Unterentwicklung und Diskriminierung von Frauen, zur verstärkten Wahrung der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit, Stärkung von Mechanismen der Versöhnung, Beendigung der Opiumproduktion, zum Einsatz für den Aufbau widerstandsfähiger Streitstrukturen und zur vollständigen Integration Afghanistans in die internationale Gemeinschaft sowie zur Verbannung von Al-Qaida aus dem Lande beinhalten sollte;
- 6. begrüßt das Fazit der internationalen Afghanistan-Konferenz in Kabul; hebt hervor, dass die Zusagen der afghanischen Regierung, die Sicherheit, die Regierungsführung und die wirtschaftlichen Chancen afghanischer Bürger zu verbessern, wie auch die Zusagen der internationalen Gemeinschaft, den Übergangsprozess und die gemeinsamen Ziele zu unterstützen, geachtet werden müssen;
- 7. weist erneut darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten Afghanistan beim Wiederaufbau eines eigenen Staates mit stärkeren demokratischen Institutionen unterstützen sollten, die in der Lage sind, die nationale Souveränität, die Sicherheit auf der Grundlage einer Armee und einer Polizei, die in demokratischer Weise rechenschaftspflichtig sind, eine kompetente und unabhängige Justiz, die Einheit des Staates, die territoriale Integrität, die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, die Medienfreiheit, einen Schwerpunkt auf Bildung und Gesundheit, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sowie den Wohlstand des Volkes von Afghanistan sowie die Achtung der historischen, religiösen, spirituellen und kulturellen Traditionen und Rechte aller auf afghanischem Hoheitsgebiet lebenden ethnischen und religiösen Gemeinschaften zu gewährleisten, die aber gleichzeitig anerkennen, dass es in Bezug auf die Einstellung zu Frauen grundlegender Änderungen bedarf; fordert, dass die Entwicklungsvorhaben der lokalen Gebietskörperschaften der Provinzen, die eine gute Regierungsführung nachweisen können, stärker unterstützt werden;
- 8. stellt fest, dass 80 % der Bevölkerung in ländlichen Gebieten leben und sich das Ackerland pro Kopf von 0,55 ha im Jahr 1980 auf 0,25 ha im Jahr 2007 verringerte; betont, dass Afghanistan nach wie vor sehr stark ungünstigen klimatischen Bedingungen und steigenden Nahrungsmittelpreisen auf den Weltmärkten ausgesetzt ist und der weitreichende willkürliche Einsatz von Landminen ein erhebliches Risiko für die erfolgreiche Entwicklung des ländlichen Raums darstellt; vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, dass es von herausragender Bedeutung ist, die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums und der lokalen Nahrungsmittelherstellung fortzusetzen und zu verstärken, um Ernährungssicherheit zu erzielen;
- 9. nimmt die Zusage der afghanischen Regierung zur Kenntnis, im Laufe der kommenden zwölf Monate schrittweise und in steuerlich vertretbarer Weise die Strategie für die subnationale Regierungsführung umzusetzen, die Kommunalbehörden und ihre institutionellen Fähigkeiten zu stärken sowie subnationale Rahmen in den Bereichen Rechtsetzung, Finanzen und Haushalt zu schaffen;
- 10. stellt fest, dass eine umfassendere afghanische Beteiligung am Prozess des Wiederaufbaus durch eine schwache öffentliche Verwaltung und eine geringe Kapazität des öffentlichen Dienstes beeinträchtigt werden kann; ist daher überzeugt, dass diesen wichtigen Bereichen mehr Aufmerksamkeit gezollt werden muss; begrüßt den Gedanken, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten ein spezielles, langfristiges richtungsweisendes Programm erstellen sollten, um sich mit der Frage der Stärkung der öffentlichen Verwaltung auseinanderzusetzen, indem sie einen Stufenplan erarbeiten, dabei helfen, Räumlichkeiten zu errichten oder bestehende Räumlichkeiten zu nutzen, Kontakte zum Netzwerk der öffentlichen Verwaltungseinrichtungen der EU herstellen sowie in mehreren Großstädten in Afghanistan, etwa Kabul, Herat und Mazare-Sharif, Einrichtungen des öffentlichen Dienstes betreuen;
- 11. weist darauf hin, dass die Entwicklungsbemühungen sich auf die Verbesserung der Kapazitäten der afghanischen Regierungsstrukturen konzentrieren müssen und dass die Afghanen selbst eng in die Prioritätensetzung sowie in die Phasen der Umsetzung eingebunden werden müssen, um den Prozess der Übernahme von Eigenverantwortung auf nationaler und Gemeinschaftsebene zu stärken; verweist in diesem Zusammenhang auf die unerlässliche Rolle der Organisationen der Zivilgesellschaft bei der Gewährleistung der Beteiligung der afghanischen Bevölkerung am Demokratisierungs- und Wiederaufbauprozess, insbesondere als Schutz vor der Korruptionsgefahr;
- 12. ist trotz einer gewissen Verbesserung der Situation von Frauen seit dem Ende der Taliban-Herrschaft 2001 weiterhin tief besorgt über die allgemeine Menschenrechtslage in Afghanistan und insbesondere die Verschlechterung der Grundrechte sowie der politischen, bürgerlichen und sozialen Rechte der Frauen in den letzten Jahren und äußert sich besorgt angesichts negativer Entwicklungen, etwa dass die meisten Gefängnisinsassen in Afghanistan Frauen sind, die vor der Unterdrückung durch Familienangehörige geflohen sind, sowie angesichts der jüngsten Änderungen des Wahlgesetzes, durch die sich die Frauenquoten für Parlamentssitze verringern;
- 13. ist überzeugt, dass die Frauenrechte ein Teil der Lösung für das Sicherheitsproblem sein müssen und dass keine Stabilität in Afghanistan erzielt werden kann, wenn die Frauen ihre Rechte im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben nicht uneingeschränkt wahrnehmen können; fordert daher die afghanischen Behörden und die Vertreter der internationalen Gemeinschaft auf, Frauen gemäß der Resolution 1325 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen in jeder Phase der Friedensgespräche und der Versöhnungs- und Eingliederungsbemühungen einzubeziehen; fordert, Frauen, die in der Öffentlichkeit oder politisch aktiv sind und denen somit Gefahr von Fundamentalisten droht, besonders zu schützen; stellt fest, dass die Fortschritte bei den Friedensgesprächen auf keinen Fall den Verlust der Rechte der Frauen zur Folge haben dürfen, die in den letzten Jahren von den Frauen errungen wurden; fordert die afghanische Regierung auf, für einen stärkeren Schutz der Rechte der Frauen zu sorgen, indem die geltenden Rechtsvorschriften wie etwa das Strafgesetzbuch geändert werden, um diskriminierende Praktiken zu vermeiden;
- 14. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten der EU auf, in bilateralen Beziehungen zu Afghanistan im Einklang mit dem langfristigen Engagement der Union, Afghanistan in seinen Bemühungen um Frieden und Wiederaufbau zu unterstützen, auch weiterhin die Problematik der Diskriminierung von Frauen und Kindern sowie die Frage der Menschenrechte allgemein zu thematisieren;
- 15. fordert die EU und die internationale Gemeinschaft zu einer verstärkten finanziellen sowie politischen und technischen Unterstützung für Strategien zur Verbesserung der Lage der afghanischen Frauen und für nichtstaatliche Frauenorganisationen, einschließlich Organisationen, die für die Rechte der Frau eintreten, auf;
- 16. stellt fest, dass es trotz der nach dem Sturz des Taliban-Regimes eingetretenen Verbesserungen in den letzten Jahren zu Verschlechterungen bezüglich der Freiheit der Meinungsäußerung und der Pressefreiheit gekommen ist; nimmt zur Kenntnis, dass bewaffnete Gruppen und die Taliban Journalisten angreifen und bedrohen, um zu vermeiden, dass über Gebiete berichtet wird, die sich unter ihrer Kontrolle befinden; fordert, dass in diesem Bereich Maßnahmen ergriffen werden, die es Journalisten ermöglichen, ihren Beruf mit den entsprechenden Sicherheitsgarantien auszuüben;
- 17. stellt besorgt fest, dass die Parlamentswahlen in Afghanistan, die am 18. September 2010 mit einer Wahlbeteiligung von rund 40 % stattfanden, trotz der Sicherheitsvorkehrungen im Land erneut von Betrug und Gewalt überschattet waren, wobei der NATO zufolge 25 Menschen ums Leben kamen; bedauert, dass viele Afghanen daran gehindert wurden, ihr Wahlrecht, ein grundlegendes Recht, auszuüben;
- 18. nimmt zur Kenntnis, dass es bei den Gerichtsverfahren in dem Land zu Unregelmäßigkeiten kommt und dass sie nicht den internationalen Rechtsstandards entsprechen; bedauert, dass im Jahr 2008 16 zum Tode verurteilte Personen hingerichtet wurden; fordert die EU auf, die Annahme eines Moratoriums für die Anwendung der Todesstrafe mit Blick auf ihre spätere Abschaffung gemäß der Resolution 062/149 der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2007 zu unterstützen;
Internationale Hilfe - Gebrauch und Missbrauch
- 19. erinnert daran, dass sich das Gesamtbudget der EU (Europäische Gemeinschaft und Mitgliedstaaten) für die Afghanistan-Hilfe im Zeitraum 2002-2010 auf rund 8 Mrd. EUR belief;
- 20. betont, wie wichtig es ist, die Medienfreiheit und die Bürgergesellschaft in Afghanistan zu stärken, um die Demokratisierung im Land voranzutreiben; begrüßt auch die Schlussfolgerungen der Wahlbeobachtungsmission der EU aus dem Jahr 2009;
- 21. stellt fest, dass ungeachtet der massiven ausländischen Finanzspritzen die Lage in Afghanistan nach wie vor entmutigend ist und humanitäre und medizinische Hilfsgüter die am meisten gefährdeten Bevölkerungsgruppen gar nicht erreichen, und dass mehr Afghanen an den Folgen der Armut sterben als in direkter Folge des bewaffneten Konflikts, dass die Säuglingssterblichkeit erschreckenderweise seit 2002 zugenommen hat, während die Lebenserwartung bei der Geburt und der Alphabetisierungsgrad deutlich zurückgegangen sind und dass sich die Zahl der Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, seit 2004 um 130 % erhöht hat;
- 22. betont, wie wichtig die Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele ist, und bedauert, dass trotz Fortschritten in einigen Bereichen Afghanistan im Index der menschlichen Entwicklung des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) von Platz 173 im Jahr 2003 auf Platz 181 (von 182 Ländern) zurückgefallen ist, und in der Erwägung, dass die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren und die Müttersterblichkeitsrate in Afghanistan weiterhin zu den höchsten in der Welt gehören; ist der Ansicht, dass konkrete Ziele in diesen Bereichen und beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Bildung insbesondere für Frauen nicht vernachlässigt werden dürfen, fordert aber eindringlich, dass der Verbesserung der Einkommensquellen sowie dem Aufbau eines funktionierenden Justizsystems besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird;
- 23. betont, dass das UNODC in seiner Studie von Januar 2010 aufzeigt, dass die Korruption in der Bevölkerung die größte Besorgnis hervorruft und dass die durch Bestechung erzielten Einnahmen sich auf fast ein Viertel (23 %) des BIP Afghanistans belaufen;
- 24. fordert die Kommission auf, Transparenz und Rechenschaftspflicht im Zusammenhang mit der finanziellen Hilfe an die afghanische Regierung, internationale Organisationen und lokale NRO zu gewährleisten, um die Kohärenz der Hilfe und den Erfolg des Wiederaufbaus und der Entwicklung Afghanistans sicherzustellen;
- 25. fordert eine geografisch ausgeglichenere Verteilung humanitärer Hilfe, die auf einer bedarfsorientierten Analyse beruht und dem Erfordernis der Dringlichkeit gehorcht;
- 26. nimmt allerdings die begrenzten Fortschritte im Bereich der Infrastruktur, der Telekommunikation und der Grundbildung zur Kenntnis, die von den Gebern und der afghanischen Regierung gerne als Bereiche, in denen Leistungen erreicht wurden, angeführt werden;
- 27. weist auf die immensen Kosten des Krieges in Afghanistan zwischen 2001 und 2009 hin, die auf über 300 Mrd. USD geschätzt werden, was mehr als das 20-fache des afghanischen BIP ist, und die in Anbetracht der vorgesehenen Truppenaufstockung auf über 50 Mrd. USD pro Jahr steigen dürften;
- 28. nimmt die landläufige Meinung, dass die Korruptheit der afghanischen Regierung alleine am Mangel an grundlegenden Dienstleistungen für die Bevölkerung schuld ist, zur Kenntnis, stellt jedoch auch fest, dass der überwiegende Teil der Hilfe für die sozioökonomische Entwicklung über internationale Organisationen, regionale Entwicklungsbanken, nichtstaatliche Organisationen, internationale Auftragnehmer, Berater usw. und nicht über die Zentralregierung abgewickelt wurde; fordert die afghanische Regierung und die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf, eine größere Kontrolle auszuüben, um Korruption zu beseitigen und zu gewährleisten, dass die Hilfen ihr Ziel erreichen;
- 29. vertritt die Auffassung, dass die Korruptionsbekämpfung Kernpunkt des Friedenschaffungsprozesses in Afghanistan sein sollte, weil Bestechung zur Fehlallokation von Ressourcen führt, den Zugang zu grundlegenden öffentlichen Diensten, wie etwa Gesundheitsfürsorge und Bildung, erschwert und ein großes Hemmnis für die sozio-ökonomische Entwicklung des Landes ist; betont ferner, dass Korruption das Vertrauen in den öffentlichen Sektor und die Regierung untergräbt und infolgedessen eine große Bedrohung für die nationale Stabilität darstellt; fordert die EU daher dringend auf, der Korruptionsbekämpfung besondere Beachtung zu schenken, wenn sie Afghanistan Hilfe zukommen lässt;
- 30. nimmt zur Kenntnis, dass nach Aussage des afghanischen Finanzministers, die von unabhängigen Quellen bestätigt wurde, im Zeitraum 2002-2009 nur 6 Mrd. USD (bzw. 15 %) von den Hilfsgeldern in Höhe von insgesamt 40 Mrd. USD tatsächlich an die afghanische Regierung gingen und dass von den übrigen 34 Mrd., die über internationale Organisationen, regionale Entwicklungsbanken, nichtstaatliche Organisationen, internationale Auftraggeber usw. flossen, 70 % bis 80 % nie bei den vorgesehenen Nutznießern, den Menschen in Afghanistan, ankamen; nimmt den Beschluss der Kabul-Konferenz zur Kenntnis, der entsprechend dem Antrag Afghanistans vorsieht, bis zum Jahr 2012 50 % der internationalen Entwicklungshilfe durch den nationalen Haushalt der afghanischen Regierung zu leiten;
- 31. stellt fest, dass es zwingend notwendig ist, Koordinierungsmechanismen zwischen den internationalen Geberländern einzurichten und gründliche Beurteilungen der europäischen und internationalen Hilfe vorzusehen, um gegen den Mangel an Transparenz und die dürftigen Mechanismen für die Rechenschaftslegung der Geber vorzugehen;
- 32. verurteilt den Umstand, dass ein erheblicher Teil der europäischen und anderen internationalen Hilfsgelder auf dem Weg durch die Verteilungskette verloren geht, was anlässlich des jüngsten Skandals im Zusammenhang mit der Kabul Bank zu Tage getreten ist, und weist darauf hin, dass dies vor allem auf vier Faktoren zurückzuführen ist: Verschwendung, übermäßig hohe Vermittlungs- und Sicherheitskosten, überzogene Rechnungen und Korruption;
- 33. stellt jedoch fest, dass die Verluste an Hilfsgeldern im Falle der EU weniger drastisch ausfallen, weil 50 % der Hilfe über multilaterale Treuhandfonds abgewickelt werden (bei den USA sind es 10 %), deren Effektivität sehr hoch ist (rund 80 %);
- 34. fordert die EU auf, die Kosten und Auswirkungen der gesamten EU-Hilfe für Afghanistan in einer zentralen Datenbank zu erfassen und sie zu analysieren, da das Fehlen umfassender, aktueller und transparenter Daten die Wirksamkeit der Hilfe untergräbt;
- 35. fordert außerdem alle in Afghanistan aktiven großen Geber von humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe, einschließlich der EU und ihrer Mitgliedstaten, der Vereinigten Staaten, UNAMA, der Einrichtungen der Vereinten Nationen, der wichtigsten nichtstaatlichen Organisationen und der Weltbank, auf, ihre operativen Kosten drastisch zu senken, indem sie Zuweisungen für konkrete Projekte an afghanische Institutionen vornehmen, die dann in echter und ausgewogener Partnerschaft umgesetzt werden, und zu gewährleisten, dass die Hilfe auch tatsächlich dort ankommt, wo sie ankommen soll; betont in diesem Zusammenhang, dass die afghanischen Institutionen das Recht haben müssen, über die Verwendung der Mittel zu entscheiden, wobei die Transparenz und Rechenschaftspflicht in ordnungsgemäßer Weise sichergestellt sein muss;
- 36. betont, wie wichtig es ist, die Anstrengungen für den Wiederaufbau und die Entwicklung mit einer regionalen Perspektive zu koordinieren, damit eine grenzübergreifende Entwicklung in einer Region gewährleistet wird, in der die Verbindungen zwischen den einzelnen Volksgruppen und Stämmen häufig über die Staatsgrenzen hinausreichen;
- 37. merkt an, dass eine verstärkte Einbeziehung afghanischer lokaler und regionaler Regierungen gefördert werden sollte, und betont, dass auf dieser Ebene die Grundsätze Loyalität, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie für die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel unabdingbar sind; weist darauf hin, dass die Zuweisung von Mitteln auf lokaler und regionaler Ebene der Billigung durch die Zentralregierung bedarf, damit ihre Rolle und ihre Verantwortung gestärkt werden;
- 38. fordert die Hohe Vertreterin für die Außen- und Sicherheitspolitik, den Rat und die Kommission auf, ein gemeinsames Team von Forschern zusammenzustellen, um einmal jährlich alle Maßnahmen und Missionen der EU und der Mitgliedstaaten in Afghanistan zu bewerten, und zwar anhand klar formulierter qualitativer und quantitativer Indikatoren, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklungshilfe (einschließlich Volksgesundheit und Landwirtschaft), die gute Regierungsführung (einschließlich des Justizsektors und der Achtung der Menschenrechte) und die Sicherheit (insbesondere die Ausbildung der afghanischen Polizei); fordert in diesem Zusammenhang auch eine Bewertung der relativen Auswirkungen der EU-Maßnahmen auf die Lage im Land im Allgemeinen sowie der Frage, inwieweit eine Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen EU-Einrichtungen und anderen internationalen Missionen und Maßnahmen stattfindet, sowie die Veröffentlichung der Ergebnisse und der Empfehlungen einer solchen Bewertung;
- 39. betont, dass sich die Sicherheitslage und die geografische Verteilung von Hilfsmaßnahmen gegenseitig bedingen, und fordert daher, dass Hilfe auf direktem Weg der unmittelbar betroffenen Bevölkerung in Afghanistan zukommt;
- 40. betont, dass die Korruptionsbekämpfung in Afghanistan eine Priorität sein muss; erkennt an, dass es lokale Korruption gibt, hofft aber, dass die Stärkung der Legitimität der afghanischen staatlichen Institutionen dadurch, dass ihnen die Zuständigkeit für die Genehmigung der Zuweisung von Mitteln und die Sicherstellung der Wirksamkeit der Hilfe übertragen wird, dazu ein Gegengewicht sein wird;
- 41. tritt dafür ein, dass die Beschaffung von Waren und Dienstleistungen nach Möglichkeit grundsätzlich in Afghanistan selbst und nicht durch Einfuhren erfolgt;
- 42. vertritt die Auffassung, dass unparteiische humanitäre Einrichtungen für die Verteilung von Hilfsgütern im Land sorgen sollten und dass das Militär nur in absoluten Ausnahmefällen eingebunden werden sollte, um die Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Arbeit der humanitären Einrichtungen unter uneingeschränkter Beachtung der einschlägigen internationalen Vorschriften zu wahren, wie sie in den "Leitlinien für den Einsatz von Militär- und Zivilschutzmitteln zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen der Vereinten Nationen in komplexen Notsituationen" (MCDA) verankert sind und im Europäischen Konsens zur humanitären Hilfe gefordert werden;
- 43. gibt zu bedenken, dass jeder mutmaßliche Verstoß gegen die Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit durch solche Einrichtungen sie bei ihrer Tätigkeit vor Ort stärker angreifbar macht, vor allem, da sie auch lange nach dem Abzug der Truppen noch vor Ort präsent sein werden;
- 44. nimmt zur Kenntnis, dass nach zahlreichen Presseberichten und nach dem Bericht des US-Repräsentantenhauses "Warlord, Inc." das US-Militär in Afghanistan den größten Teil seiner Logistik an private Auftragnehmer ausgelagert hat, die ihrerseits mit katastrophalen Folgen Unteraufträge für den Schutz von Militärkonvois an einheimische afghanische Sicherheitsanbieter vergeben;
- 45. stellt fest, dass der Beschluss, die militärische Versorgungskette der USA in private Hände zu geben, ohne zuverlässige Kriterien dafür festzulegen, dass Rechenschaftspflicht, Transparenz und Rechtmäßigkeit gegeben sind, einen neuen Nährboden für Erpressung und Korruption geschaffen hat, da Warlords, einheimische Mafiabosse und schließlich auch Taliban-Kommandeure im Endeffekt einen bedeutenden Anteil an dem 2,2-3 Mrd. USD schweren Geschäft mit der Militärlogistik in Afghanistan haben;
- 46. ist entsetzt darüber, dass die auf allen Stufen der militärischen Versorgungskette eingenommenen Schutz- und Erpressungsgelder, wie US-Außenministerin Hillary Clinton im Dezember 2009 in ihrer Aussage vor dem Senatsausschuss für auswärtige Angelegenheiten darlegte, eine der wichtigsten Grundlagen für die Finanzierung des Aufstandes darstellen;
- 47. ist gleichermaßen entsetzt darüber, dass in Anbetracht der Ähnlichkeiten der Militärlogistik von USA und NATO/ISAF die vollständige Rückverfolgbarkeit der finanziellen Beiträge der EU möglicherweise nicht in allen Fällen gewährleistet ist;
- 48. begrüßt uneingeschränkt, dass die militärische Befehlsgewalt der NATO in Afghanistan im September 2010 neue Leitlinien über die Vertragsvergabe, deren Wert derzeit auf etwa 14 Mrd. US-Dollar jährlich geschätzt wird, herausgegeben hat, die darauf abzielen, die Korruption zu reduzieren und die Mittel, die indirekt in die Unterstützung des Aufstands und an die Taliban fließen, zu verringern; hofft, dass diese Umorientierung bei der Vergabepolitik rasch umgesetzt wird;
- 49. begrüßt in diesem Zusammenhang den jüngsten Erlass von Präsident Karzai, demzufolge alle lokalen und ausländischen privaten Sicherheitsfirmen in Afghanistan binnen vier Monaten ihre Arbeit beenden müssen;
Der Friedensprozess
- 50. weist mit Nachdruck darauf hin, dass gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte das Fundament für ein stabiles und wohlhabendes Afghanistan bilden; unterstreicht daher, dass glaubwürdige Gerichtsverfahren einen grundlegenden Aspekt des Friedensprozesses darstellen und dass die Achtung der Menschenrechte und die Verhütung der weit verbreiteten Straffreiheit in jeder Phase des Friedensprozesses nichtverhandelbare Aspekte sein sollten; fordert die afghanische Regierung in diesem Zusammenhang auf, vorrangig eine Strategie zur Reform der Justiz durchzuführen;
- 51. ist der Auffassung, dass der derzeitige Stillstand in Afghanistan zu einem Großteil auf anfängliche Fehlkalkulationen der Koalitionsstreitkräfte vor der neuen Strategie zur Bekämpfung des Aufstands zurückzuführen ist, die von einem schnellen militärischen Sieg über die Taliban und einem reibungslosen Übergang zu einem stabilen Staat ausgingen, der von einer legitimen Regierung mit starkem westlichen Rückhalt regiert würde;
- 52. ist daher der Ansicht, dass die Präsenz der Taliban unterschätzt, die Fähigkeit der Regierung Karzai zu verantwortungsvoller Führung überschätzt und infolgedessen die Aufgabe des Wiederaufbaus und der Entwicklung des Landes in den Hintergrund gedrängt wurde;
- 53. befürchtet, dass diese Fehler das Wiedererstarken der Taliban in mehr als der Hälfte des Landes begünstigt und damit zur massiven Verschlechterung der Sicherheitslage in der gesamten Region sowie der Achtung der Menschenrechte, insbesondere der Rechte der Frauen, beigetragen haben;
- 54. weist darauf hin, dass der vornehmlich militärisch geprägte Ansatz, der in der Vergangenheit verfolgt wurde, nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat, und befürwortet daher entschieden ein ziviles Konzept;
- 55. erkennt an, dass es nur eine politische Lösung geben kann und dass diese Lösung Verhandlungen - die letztendlich vor dem Hintergrund eines Waffenstillstands stattfinden sollten - mit den Taliban und anderen bewaffneten Gruppen sowie den übrigen politischen Akteuren im Land umfassen sollte, die bereit sind, sich an einer Regierung der nationalen Einheit zu beteiligen, die in der Lage ist, dem Bürgerkrieg, der das Land fast drei Jahrzehnte lang heimgesucht hat, ein Ende zu setzen und die uneingeschränkte Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der grundlegenden Menschenrechte zu gewährleisten; ist der Ansicht, dass zur Erreichung der politischen Lösung der neuen Strategie zur Bekämpfung des Aufstands Zeit gegeben werden muss, um gemäß dem von Präsident Obama verkündeten Zeitplan Ergebnisse zu zeitigen;
- 56. ist der festen Überzeugung, dass die drei wichtigsten Vorbedingungen der EU für einen solchen Friedensprozess und die Einbeziehung von Taliban-Gruppen eine Zusage aller an den Verhandlungen beteiligten Parteien sein müssen, Al-Quaida und deren Werbung für den internationalen Terrorismus sowie jede andere terroristische Vereinigung aus dem Lande zu verbannen, Maßnahmen zur Abschaffung des Mohnanbaus zu ergreifen und eine Politik für die Förderung und Achtung der grundlegenden Menschenrechte und der afghanischen Verfassung einzurichten;
- 57. ist ferner der Ansicht, dass es dem afghanischen Volk selbst überlassen bleiben sollte, alle sonstigen Fragen entsprechend seinem Willen und seinen Möglichkeiten zu lösen;
- 58. erkennt an, dass es sich bei den Taliban nicht um eine einzelne homogene Gruppe handelt und dass es mindestens 33 Führer auf der höchsten Ebene gibt, 820 Führer auf der mittleren/unteren Ebene und 25 000 - 36 000 "Fußsoldaten", die sich auf 220 Gemeinden verteilen und teils aus ideologischen, teils aus finanziellen Gründen in den Kampf ziehen; ist daher der Auffassung, dass ab jetzt zu Verhandlungen auf lokaler Ebene zwischen der demokratisch gewählten Regierung und Angehörigen der bewaffneten Opposition aufgerufen werden sollte, "sofern sie der Gewalt abschwören, keine Verbindung zu internationalen terroristischen Vereinigungen unterhalten, die Verfassung achten und bereit sind, sich am Aufbau eines friedlichen Afghanistans zu beteiligen", gemäß den Ziffern 13 und 14 des Kommuniqués von Kabul vom 20. Juli 2010;
- 59. begrüßt das Friedens- und Wiedereingliederungsprogramm der afghanischen Regierung, das auf der Grundlage der Ziffern 13 und 14 des vorstehend erwähnten Kommuniqués von Kabul allen afghanischen Angehörigen der bewaffneten Opposition und ihren Gemeinschaften offensteht;
- 60. weist darauf hin, dass bei jeder Strategie der Entwaffnung und Wiedereingliederung das Problem der Rückkehr ehemaliger Kämpfer und Flüchtlinge in die Dörfer, aus denen sie stammen, gebührend berücksichtigt werden muss;
- 61. hält es für außerordentlich wichtig, die Glaubwürdigkeit, die Verantwortung und die Zuständigkeit der afghanischen Regierung und Verwaltung zu erhöhen, damit ihr Ruf bei den eigenen Bürgern verbessert wird;
- 62. betont die Schlüsselrolle Pakistans, da es für die Taliban keinen Anreiz für ernsthafte Verhandlungen gibt, solange die pakistanische Grenze für sie geöffnet ist; empfiehlt eine umfassendere internationale Koordinierung und Einbindung in den Prozess, einschließlich derjenigen anderer Nachbarländer und führender regionaler Akteure, wobei insbesondere der Iran, die Türkei, China, Indien und die Russische Föderation zu nennen sind;
- 63. fordert die Kommission auf, die strategischen und politischen Auswirkungen für Afghanistan und die Großregion zu bewerten, die die jüngsten verheerenden Überschwemmungen in Pakistan zur Folge haben, und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die betroffene Bevölkerung des Landes und die afghanischen Flüchtlinge, deren Lager überflutet wurden, zu unterstützen;
- 64. hält eine gute Wasserbewirtschaftung in Afghanistan und Umgebung für außerordentlich wichtig und hebt die Vorteile der regionalen und grenzübergreifenden Zusammenarbeit in diesem Bereich hervor, u.a. in Bezug auf vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den Nachbarn in Südwestasien;
- 65. nimmt die Beteiligung des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) zur Kenntnis, der darauf ausgerichtet ist, sicherzustellen, dass eine etwaige Friedensdividende auch für Pakistan ein befriedigendes Resultat bringt;
- 66. betont jedoch, dass der Frieden in Afghanistan nur dann Fuß fassen kann, wenn politische Pakte zwischen den wichtigsten Regionalmächten geschlossen werden, wozu auch Indien, Pakistan, Iran und die zentralasiatischen Staaten, Russland, China und die Türkei gehören, und wenn sie sich auf eine gemeinsame Strategie der Nichteinmischung und der Unterstützung eines unabhängigen Afghanistan einigen; fordert auch eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Afghanistan und Pakistan, insbesondere im Rahmen einer endgültigen Lösung der Frage der internationalen Grenze zwischen den beiden Ländern;
- 67. fordert die EU auf, den Friedens- und Aussöhnungsprozess in Afghanistan weiterhin zu unterstützen sowie die Bemühungen Afghanistans, diejenigen wiedereinzugliedern, die bereit sind, der Gewalt abzuschwören, wobei der Regierung Karzai genug Spielraum bei der Wahl ihrer Dialogpartner zu lassen ist, weist aber mit Nachdruck darauf hin, dass die afghanische Verfassung und die Achtung der grundlegenden Menschenrechte den rechtlichen und politischen Rahmen für den Friedensprozess bilden;
- 68. begrüßt die Programme nationaler Prioritäten, die von der afghanischen Regierung in Übereinstimmung mit der Nationalen Entwicklungsstrategie vorbereitet und von der Kabul-Konferenz unterstützt wurden, und fordert, dass sie vollständig und wirksam umgesetzt werden;
- 69. kann nicht stark genug betonen, dass die EU eine weit aktivere Rolle beim Wiederaufbau und bei der Entwicklung Afghanistans übernehmen muss, da ohne eine deutliche Verringerung der Armut und ohne nachhaltige Entwicklung kein dauerhafter Frieden im Land selbst oder in der Region als Ganzes möglich ist; räumt ein, dass es keine Entwicklung ohne Sicherheit gibt, ebenso wenig wie es Sicherheit ohne Entwicklung gibt;
- 70. fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, gemeinsam mit den USA internationale Hilfeleistungen stärker über einheimische Behörden und die Regierung in Kabul zu leiten und zu gewährleisten, dass Drohnen, Spezialeinheiten und örtliche Milizen gegen die Anführer der Taliban nur gemäß den Anweisungen von General Petraeus zu null Toleranz hinsichtlich Verlusten unter unschuldigen Zivilisten eingesetzt werden;
- 71. zollt den Angehörigen der Truppen der Verbündeten, die bei der Verteidigung der Freiheit ihr Leben verloren haben, seine Hochachtung, und bekundet ihren Familien sowie den Familien aller unschuldigen afghanischen Opfer sein Beileid;
- 72. weist darauf hin, dass die militärische Präsenz einiger EU-Mitgliedstaaten und ihrer Verbündeten in Afghanistan Teil des Einsatzes der NATO/ISAF und seiner Ziele ist, die Gefahr des internationalen Terrorismus zu bekämpfen und den Kampf gegen den Drogenanbau und den Drogenhandel in Angriff zu nehmen;
- 73. unterstreicht, dass diese Präsenz dazu beitragen kann, die entsprechenden Sicherheitsbedingungen zu schaffen, damit die jüngsten Pläne der afghanischen Regierung zum Aufbau der potenziell riesigen Bergbau- und Mineralindustrie des Landes konkret umgesetzt werden können, so dass sie die dringend notwendigen Eigenmittel für den Staatshaushalt erhält;
- 74. betont, dass die potenziell riesigen Bergbau- und Mineralvorkommen im afghanischen Hoheitsgebiet allein dem Volk Afghanistans gehören und dass der "Schutz" dieser Reichtümer niemals als Vorwand für eine dauerhafte Präsenz ausländischer Truppen auf afghanischem Boden dienen darf;
Polizei und Rechtsstaatlichkeit
- 75. merkt an, dass es in Afghanistan weder Frieden noch Stabilität geben kann, solange nicht der Staat an erster Stelle die Sicherheit der Bürger des Landes aus eigener Verantwortung gewährleistet;
- 76. begrüßt das Ziel von Präsident Karzai, wonach bis Ende 2014 in allen Provinzen nur die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte Militäreinsätze leiten und durchführen sollen, sowie die Zusage der afghanischen Regierung, nach und nach die volle Verantwortung für die eigene Sicherheit zu übernehmen;
- 77. hebt hervor, dass in Afghanistan eine effiziente Polizei und eine eigenständige Armee aufgebaut werden müssen, die Sicherheit gewährleisten können, damit ein anschließender Abzug des ausländischen Militärs aus dem Lande möglich ist;
- 78. würdigt den Vorschlag von General Petraeus, wonach demokratisch gewählten Lokalbehörden eine lokale Gendarmerie unterstellt werden könnte, die für Recht und Ordnung sorgen und die lokale Bevölkerung schützen soll;
- 79. räumt jedoch ein, dass der Aufbau eigenständiger Sicherheitskräfte ein relativ langfristiges Ziel ist, und verweist insbesondere auf die Notwendigkeit einer besser koordinierten und integrierten Vorgehensweise bei der Ausbildung der Polizei sowie, getrennt davon, bei der Ausbildung der Armeeoffiziere und weist auf die Investitionen in die polizeiliche Ausbildung hin, die nur zu geringen Ergebnissen geführt haben; fordert alle Beteiligten auf, ihre Arbeit genau abzustimmen, um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden und ergänzende Aufgaben auf strategischer und operationeller Ebene wahrnehmen zu können;
- 80. betont die Notwendigkeit einer umfassenden Reform des Innenministeriums, ohne die die Anstrengungen zur Reformierung und zum Neuaufbau der Polizei scheitern könnten, und verweist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der Überwachung, Unterstützung, Beratung und Ausbildung auf der Ebene des Innenministeriums sowie der Regionen und Provinzen, was im Einklang mit einem weiteren Ziel von EUPOL steht;
- 81. ist der Ansicht, dass EUPOL aufgrund der unbestreitbaren vagen Aufgabenstellung und der begrenzten bisherigen Erfolge noch nicht den ihm gebührenden hohen Stellenwert in der EU erlangt hat; bedauert, dass EUPOL drei Jahre nach seiner Stationierung immer noch nicht drei Viertel seiner bewilligten Stärke erreicht hat, und bekräftigt seine Forderung an den Rat und die EU-Mitgliedstaaten, ihre Zusagen zu dieser Mission in vollem Umfang einzuhalten;
- 82. begrüßt, dass die EUPOL-Mission in Afghanistan die Staatsanwaltschaft für die Bekämpfung der Korruption als staatliche Behörde eingesetzt hat, die Ermittlungen gegen hochrangige Beamte und andere Beamte durchführen soll, die der Korruption verdächtigt werden;
- 83. ist besorgt über ISAF-Quellen, denen zufolge von den 94 000 Angehörigen der afghanischen Nationalpolizei fast 90 % Analphabeten sind, 20 % Drogen konsumieren und jedes Jahr mehr als 30 % verschwinden, ganz abgesehen davon, dass jährlich etwa 1000 von ihnen im Dienst ums Leben kommen;
- 84. ist der Ansicht, dass zu den Hauptgründen für die insgesamt ineffektive Ausbildung gehört, dass die verschiedenen Missionen der Polizeiausbildung unzureichend koordiniert werden und Aufgaben der Ausbildung an private Sicherheits- und Militärdienstleister (PMSC) übertragen werden;
- 85. stellt fest, dass die Zusage der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur Schaffung einer professionellen afghanischen Polizei durch Praktiken wie die "Schnellkurse", die einige große Sicherheitsfirmen aus den USA durchführen (nach einer mangelnden Sicherheitsüberprüfung der Anwärter, einer sechswöchige Ausbildung ohne Lehrbücher wegen Analphabetentums der Auszubildenden und einem minimalen Einsatztraining werden die Rekruten mit Marke, Uniform und Waffe ausgestattet und auf Patrouille geschickt), untergraben zu werden drohen; weist mit Nachdruck darauf hin, dass eine kohärentere und nachhaltigere Polizeiausbildung notwendig ist, damit die einzelnen afghanischen Polizeikräfte zusammenarbeiten können; unterstreicht, dass bei polizeilichen Ausbildungsmissionen nicht nur die technischen Aspekte im Mittelpunkt stehen sollten, sondern dass auch den Rekruten Lesen und Schreiben beigebracht werden muss und Grundkenntnisse des nationalen Rechts und des Völkerrechts zu vermitteln sind;
- 86. nimmt mit Sorge zur Kenntnis, dass diese privaten Firmen einer mangelhaften Finanzkontrolle unterzogen werden, und verweist auf einen gemeinsamen Bericht des US-Verteidigungsministeriums und des US-Außenministeriums aus dem Jahre 2006, dessen Aussagen noch heute gültig sind, wonach die afghanische Polizei nicht in der Lage war, routinemäßige polizeiliche Vollzugsaufgaben wahrzunehmen, und wonach kein effektives Programm für die Einsatzausbildung vorhanden war; würdigt die Bemühungen des Oberkommandos sowie die Bemühungen im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung des Aufstands, ein gewisses Maß an Kontrolle über die privaten ausländischen Milizen zu erlangen, die unbehelligt in Afghanistan operieren;
- 87. empfiehlt, dass die Polizeiausbildung so schnell wie möglich nicht länger privaten Anbietern überlassen wird;
- 88. fordert eine verbesserte internationale Kooperation und Koordination, um die polizeilichen Ausbildungskapazitäten erheblich zu erhöhen und die Wirksamkeit der Ausbildungsprogramme weiter zu verbessern; schlägt vor, dass EUPOL und NATO/ISAF ein groß angelegtes polizeiliches Ausbildungsprogramm auflegen und dass auch die nationalen Polizeistellen in dieses Programm aufgenommen werden, wie mit der afghanischen Regierung vereinbart, damit Doppelarbeit, Verschwendung und Flickwerk ein Ende haben;
- 89. fordert die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die polizeiliche Ausbildung in Afghanistan zu intensivieren und die Zahl der Ausbilder vor Ort erheblich aufzustocken, damit das Ziel der Londoner Konferenz, bis Ende des Jahres 2011 eine Personalstärke von 134 000 ausgebildeten afghanischen Polizeibeamten zu erreichen, in greifbare Nähe rückt; fordert die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik mit Nachdruck auf, die EUPOL-Mission in Afghanistan abzuändern und auch eine Ausbildung für Personal der untergeordneten Dienstgrade in allen Provinzen anzuordnen, die Zahl der Wochen zu erhöhen, die für die Grundausbildung vorgesehen ist, und dafür zu sorgen, dass Patrouillen und andere polizeiliche Aktivitäten vor Ort gemeinsam durchgeführt werden; fordert die EU-Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, nicht nur ihre bilaterale polizeiliche Ausbildungsmission mit EUPOL zusammenzulegen, sondern auch davon abzusehen, Einspruch dagegen zu erheben, dass nationale Polizeibeamte bei EUPOL stationiert werden;
- 90. empfiehlt eine Anhebung der Gehälter der afghanischen Polizei und eine Umstellung des gesamten Rekrutierungsverfahrens, so dass Anwärter mit einem Grundstock an Lese- und Schreibkenntnissen, die keine Drogenkonsumenten sind und eine bessere psychische und physische Eignung aufweisen als die jetzigen Polizeiangehörigen, vorgezogen werden;
- 91. weist mit Nachdruck darauf hin, dass die polizeiliche Ausbildung ohne eine ordnungsgemäß funktionierende Justiz nicht möglich ist, und fordert die internationale Gemeinschaft daher auf, mehr finanzielle und technische Unterstützung zur Stärkung des Justizsystems bereitzustellen, auch indem die Bezüge der Richter auf allen Ebenen angehoben werden; fordert den Rat ferner auf, in Abstimmung mit den Vereinten Nationen eine Sondermission einzusetzen, um Richter und im Justizministerium sowie im Strafvollzug tätige Beamte in Afghanistan auszubilden;
- 92. begrüßt, dass die afghanische Regierung sich auf der Kabul-Konferenz verpflichtet hat, mit Unterstützung internationaler Partner den Zugang zum Rechtswesen im ganzen Land zu verbessern, und zwar indem innerhalb der nächsten zwölf Monate konkrete Maßnahmen durchgeführt werden, sowie die Kapazitäten im Justizsystem zu verbessern, indem u.a. eine umfassende Personalstrategie erarbeitet und durchgeführt wird;
Drogen
- 93. weist darauf hin, dass 90 % des illegalen Opiums in der Welt aus Afghanistan stammen, dass jedoch 2001 zum Zeitpunkt des Einmarschs der Koalitionsstreitkräfte in Kabul kein Opiummohn in Afghanistan angebaut wurde, weil die Vereinten Nationen es geschafft hatten, dass sein Anbau verboten wurde;
- 94. ist der Meinung, dass es folglich für eine große, gut ausgestattete Streitmacht eigentlich nicht schwierig hätte sein dürfen, diese Flächen durch lokale Projekte zur landwirtschaftlichen Entwicklung weiterhin opiumfrei zu halten und die Projekte durch ihre Truppen vor den Taliban und einheimischen Kriegsherren schützen zu lassen;
- 95. nimmt jedoch zur Kenntnis, dass die Opiumproduktion nach wie vor ein wichtiges soziales, wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Thema ist, und fordert die EU auf, diese Frage als strategische Priorität im Rahmen ihrer Afghanistanpolitik zu betrachten;
- 96. weist darauf hin, dass über 90 % des Heroins in Europa aus Afghanistan stammen und dass sich die Kosten für das öffentliche Gesundheitswesen in den Ländern Europas auf Milliarden Dollar belaufen; betont, dass die Herausforderungen, die sich aufgrund der Drogenwirtschaft in Afghanistan stellen, nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch auf internationaler Ebene bewältigt werden müssen, indem alle Glieder der Drogenkette angegangen werden, und dass dies insbesondere die Unterstützung der Bauern zur Verringerung des Angebots sowie Drogenprävention und -behandlung zur Einschränkung der Nachfrage und die Strafverfolgung der Mittelsmänner erfordert; schlägt insbesondere vor, massiv in die Entwicklung einer umfassenden Agrarpolitik und Politik der ländlichen Entwicklung zu investieren, um Opiumproduzenten eine glaubwürdige und nachhaltige Alternative zu bieten; weist ferner nachdrücklich auf die Notwendigkeit hin, die Umwelt in die Strategie für die Landwirtschaft und den ländlichen Raum zu integrieren, da die Belastung der Umwelt, die beispielsweise durch die schlechte Bewirtschaftung der Wasserressourcen oder die Zerstörung natürlicher Waldgebiete verursacht wird, eines der größten Hindernisse für die Entwicklung der Agrarwirtschaft ist;
- 97. stellt fest, dass der Anbau infolge der Straffreiheit für Anbauer und Händler innerhalb von zwei Jahren wieder den Stand von vor 2001 erreicht hat und eine Handvoll einflussreicher Warlords ein riesiges Kartell betreibt;
- 98. verleiht seiner großen Besorgnis über den im jüngsten UNODC-Bericht festgestellten sprunghaften Anstieg der Zahl der drogenabhängigen Afghanen Ausdruck; fordert, dass unverzüglich gezielte Maßnahmen getroffen werden, um die Zahl der Drogenabhängigen zu verringern, aber auch um Drogensüchtige medizinisch zu betreuen; betont in diesem Zusammenhang, dass Programme zur Einrichtung von Rehabilitationszentren im Land, insbesondere in den Regionen, in denen kein Zugang zu medizinischer Betreuung besteht, finanziert werden müssen;
- 99. weist darauf hin, dass sich die Einnahmen aus dem Drogenhandel 2009 trotz eines vorherigen überproduktionsbedingten Preisrückgangs insgesamt auf 3,4 Mrd. USD beliefen und der potenzielle Bruttoexportwert des Opiums 26 % des afghanischen BIP ausmachte, wobei rund 3,4 Millionen Afghanen (12 % der Bevölkerung) in der Drogenindustrie beschäftigt sein sollen;
- 100. weist jedoch auf den aktuellen Bericht des UNODC hin, wonach nur 4 % der Gewinne aus dem jährlichen Drogenhandel an die Taliban gehen, 21 % an die einheimischen Bauern und 75 % an Regierungsbeamte, die Polizei, lokale und regionale Mittelsmänner und Schmuggler; stellt somit fest, dass der Löwenanteil der Einnahmen aus dem Drogenhandel an die afghanischen Verbündeten der NATO geht;
- 101. nimmt zur Kenntnis, dass die USA und die internationale Gemeinschaft im Zeitraum 2001-2009 1,61 Mrd. USD für Drogenbekämpfungsmaßnahmen ausgegeben haben, ohne dass dies wesentlichen Einfluss auf die Produktion und den Handel hatte, und erinnert an die Worte des US-Sonderbeauftragten für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, der zur bisherigen Drogenbekämpfungsinitiative der USA in Afghanistan erklärte, dies sei "unter allen staatlichen und nichtstaatlichen Programmen das verschwenderischste und ineffektivste, das ich je gesehen habe";
- 102. weist darauf hin, dass es nur, wenn der Abhängigkeit der Wirtschaft Afghanistans von Drogen ein für alle Mal ein Ende bereitet wird und ein gangbares alternatives Modell für Wirtschaftswachstum gefunden wird, möglich sein wird, Sicherheit und Stabilität in der Region wiederherzustellen;
- 103. unterstreicht die Wichtigkeit der bisher noch wenig erfolgreichen Bemühungen, den Opiumanbau in Afghanistan schrittweise einzustellen, und fordert in diesem Zusammenhang, dass 3,4 Millionen Afghanen, die ihren Lebensunterhalt durch Opium bestreiten, alternative Möglichkeiten der Sicherung des Lebensunterhalts geboten werden, und dass die Lage der übrigen ländlichen Bevölkerung Afghanistans verbessert wird;
- 104. nimmt die erfolgreichen Anstrengungen in Pakistan, Laos und Thailand zur Kenntnis, den Opiumanbau nach und nach durch den Anbau alternativer Kulturen zurückzudrängen; stellt ferner fest, dass in Afghanistan erfolgversprechende neue Kulturen, wie beispielsweise Safran, zum Einsatz kommen, mit denen sich weit höhere Einnahmen erzielen lassen als mit Opiummohn;
- 105. stellt fest, dass eine ähnliche schrittweise Einstellung des Opiumanbaus auch für Afghanistan vorgesehen werden könnte, wofür 100 Mio. EUR pro Jahr bereitgestellt werden könnten, wenn für einen Zeitraum von fünf Jahren jeweils 10 % der jährlichen Afghanistan-Hilfe der EU dafür zweckgebunden würden;
- 106. nimmt zur Kenntnis, dass das vor kurzem zwischen Afghanistan und Pakistan abgeschlossene Handels- und Transitabkommen den Markt für Granatäpfel, die wichtigste Frucht in der Region, öffnet, die von ausländischen Entwicklungshelfern wiederholt als wichtigste Möglichkeit genannt wurde, damit Mohnanbauer im Süden Afghanistans eine gangbare Alternative haben, ihren Lebensunterhalt zu verdienen;
- 107. würdigt das UNODC für seine aktive Unterstützung der afghanischen Regierung in ihrem Kampf gegen illegale Drogen und fordert, dass das UNODC und seine Programme in Afghanistan gestärkt werden;
- 108. fordert einen nationalen Fünfjahresplan für die Vernichtung illegaler Opiumkulturen mit konkreten Terminen und Zielvorgaben, für dessen Durchführung eine eigens eingerichtete Stelle mit eigenem Budget und Mitarbeiterstab verantwortlich ist;
- 109. betont, dass zur Förderung dieses Plans eine Zusammenarbeit zwischen der EU und der Russischen Föderation erfolgen sollte, da letztere am stärksten unter dem Heroinschmuggel aus Afghanistan leidet und nach der EU der weltweit zweitgrößte Absatzmarkt für Opioide ist;
- 110. fordert die Regierung und das Parlament Afghanistans auf, spezifische Gesetze zum Verbot aller Vernichtungspraktiken zu erlassen, bei denen nichtmanuelle und nichtmechanische Mittel angewendet werden;
- 111. fordert den Rat und die Kommission auf, diesen Strategievorschlag vollständig in ihre bestehenden Strategien aufzunehmen, und fordert die EU-Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, den Vorschlag bei ihren eigenen nationalen Plänen uneingeschränkt zu berücksichtigen;
- 112. fordert den Rat und die Kommission auf, sämtliche Auswirkungen der in diesem Bericht enthaltenen Vorschläge auf den Haushalt zu berücksichtigen;
- 113. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Generalsekretär der NATO sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Islamischen Republik Afghanistan zu übermitteln.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu dem Thema Malaysia: Anwendung der Prügelstrafe
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf das absolute Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, das unter allen Umständen und als zwingende Norm des internationalen Rechts für alle Staaten gilt,
- - unter Hinweis auf die Konkretisierung dieses Verbots in einer Reihe internationaler und regionaler Menschenrechtsinstrumente und -dokumente, unter anderem der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem VN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (Übereinkommen gegen Folter),
- - unter Hinweis auf die von den Vereinten Nationen angenommenen Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen,
- - unter Hinweis auf die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge,
- - unter Hinweis auf die Charta des ASEAN zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die am 15. Dezember 2008 in Kraft trat, und die Bildung der Zwischenstaatlichen Kommission für Menschenrechte des ASEAN am 23. Oktober 2009,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des ASEAN vom 13. Januar 2007 zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Wanderarbeitnehmern,
- - unter Hinweis auf die 2001 angenommenen und 2008 überarbeiteten Leitlinien für die Politik der EU gegenüber Drittländern hinsichtlich Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe,
- - in Kenntnis des Strategiepapiers der EU zu Malaysia für den Zeitraum 2007-2013, - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass körperliche Züchtigung in allen ihren Formen nach dem internationalen Recht unter allen Umständen verboten ist,
B. in der Erwägung, dass das malaysische Recht für mindestens 66 Straftaten die Bestrafung durch Stockschläge (bekannt als "Auspeitschung") vorsieht und dass Schätzungen von Amnesty International zufolge in malaysischen Gefängnissen die Prügelstrafe jährlich gegen 10 000 malaysische Staatsbürger und zunehmende Zahlen von Flüchtlingen und Migranten angewandt wird,
C. in der Erwägung, dass der malaysische Staat in den letzten Jahren die Liste der Straftaten, die mit Stockschlägen bestraft werden können, um illegale Einreise und Drogenmissbrauch erweitert hat,
D. in der Erwägung, dass der VN-Menschenrechtsrat, dem Malaysia angehört, die Resolution 8/8 angenommen hat, in der festgestellt wird, dass körperliche Züchtigung gleichbedeutend mit Folter sein kann, und in der Erwägung, dass die Anwendung der Prügelstrafe schlimme Schmerzen und Leiden und ein nachhaltiges körperliches und seelisches Trauma hervorruft,
E. in der Erwägung, dass die Prügelstrafe - ein Überbleibsel der Kolonialherrschaft - in wenigen Ländern noch angewandt wird, Malaysia aber das einzige Land mit einer großen Bevölkerung und einem hohen Stand menschlicher Entwicklung ist, das diese Form der Bestrafung aufrechterhält,
F. in der Erwägung, dass ausländische Opfer der Prügelstrafe oft nicht über die gegen sie erhobenen Vorwürfe unterrichtet und ihnen das Recht auf einen Dolmetscher und der Zugang zu Rechtsberatung verweigert werden, was gegen ihr Recht auf ein objektives und unparteiisches Verfahren verstößt,
G. in der Erwägung, dass die am Prozess beteiligten Ärzte - deren Aufgabe sich darauf beschränkt zu bescheinigen, dass die Gefangenen in der Lage sind, geprügelt zu werden, und sie wiederzubeleben, falls sie ihr Bewusstsein verlieren - die ärztliche Ethik verletzen,
H. in der Erwägung, dass die malaysische Anwaltsvereinigung, die 8000 Anwälte repräsentiert, die Abschaffung dieser Form der Bestrafung gefordert hat, weil sie gegen alle internationalen Menschenrechtsnormen und mehrere Übereinkommen über Folter verstoße,
- 1. verurteilt die Prügelstrafe und alle Formen körperlicher Züchtigung und Misshandlung von Gefangenen nachdrücklich; ist der festen Überzeugung, dass Malaysia sich nicht auf sein innerstaatliches Recht berufen kann, um eine Praxis zu rechtfertigen, die der Folter gleichkommt und nach internationalem Recht eindeutig verboten ist;
- 2. fordert Malaysia auf, ein Moratorium für die Prügelstrafe und alle Formen körperlicher Züchtigung in allen Fällen, mit Blick auf ihre Abschaffung im Recht und in der Praxis, zu verhängen;
- 3. fordert die malaysischen Staatsorgane auf, der derzeitigen Praxis, Gefängnisbeamte und Amtsärzte unter Druck zu setzen, damit sie sich an der Misshandlung von Gefangenen beteiligen, wenn die Prügelstrafe angewandt wird, unverzüglich Einhalt zu gebieten;
- 4. fordert das malaysische Parlament auf, das VN-Übereinkommen gegen Folter und das zugehörige Fakultativprotokoll sowie den Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die zugehörigen Protokolle zu ratifizieren und das malaysische Recht so zu ändern, dass Einwanderungsvergehen als Ordnungswidrigkeiten behandelt werden und nicht als Verbrechen, die mit Haft oder körperlicher Züchtigung bestraft werden können, und dass Drogenvergehen nicht länger mit Stockschlägen bestraft werden dürfen;
- 5. fordert die Menschenrechtskommission Malaysias (Suhakam) und den Ausschuss zur Reformierung des malaysischen Rechts auf, der Regierung angemessene Empfehlungen in Bezug auf die gesetzliche Abschaffung der körperlichen Züchtigung zu unterbreiten;
- 6. fordert die malaysischen Staatsorgane auf, internationale Normen über den Schutz von Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden umzusetzen, auch in Strafverfahren gegen diese Personen, um ihren wirksamen Schutz vor Folter und Misshandlung zu gewährleisten;
- 7. fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, die Kommission und den Rat auf, das Thema der Menschenrechtslage in Malaysia und insbesondere die Vorwürfe diverser Misshandlungen von Migranten und Asylsuchenden in ihren politischen Kontakten zu dem Land systematisch anzusprechen;
- 8. fordert die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Rat und die Kommission auf, weiterhin an alle internationalen Partner der Europäischen Union zu appellieren, die internationalen Übereinkommen zum Verbot von Folter und Misshandlung zu ratifizieren und umzusetzen; fordert die Europäische Union auf, dem Kampf gegen Folter und Misshandlung in ihrer Menschenrechtspolitik oberste Priorität beizumessen, insbesondere durch verstärkte Anwendung der Leitlinien der Europäischen Union und aller anderen Instrumente der Europäischen Union wie etwa des Europäischen Instruments für Demokratie und Menschenrechte (EIDHR);
- 9. erachtet die Bildung der Zwischenstaatlichen Kommission für Menschenrechte des ASEAN als begrüßenswerten Schritt zu einem umfassenderen Ansatz und einer wirksameren Umsetzung von Menschenrechtsnormen in der gesamten Region; ist überzeugt, dass das Problem der Prügelstrafe in Malaysia, das oft Migranten und Asylsuchende aus anderen ASEAN-Mitgliedstaaten betrifft, von diesem Gremium in Angriff genommen werden könnte;
- 10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament von Malaysia, den Regierungen der ASEAN-Mitgliedstaaten, dem VN-Sonderberichterstatter über Folter und dem VN-Generalsekretär zu übermitteln.
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu eritreischen Flüchtlingen, die auf dem Sinai gefangen gehalten werden
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Erklärung von Barcelona vom November 1995,
- - unter Hinweis auf die erste Konferenz des Menschenrechtsnetzwerks Europa-Mittelmeer vom 26. und 27. Januar 2006 in Kairo,
A. in der Erwägung, dass die ägyptischen Sicherheitsbehörden nach Hunderten von eritreischen Flüchtlingen suchen, die nach Angaben des ONHCR von Beduinen-Schmugglern auf dem Sinai gefangen gehalten werden, nachdem die Flüchtlinge sich außerstande sahen, die von den Schmugglern geforderten Gelder zu zahlen, um sie bei der heimlichen Einreise nach Israel zu unterstützen,
B. in der Erwägung, dass das Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen am vergangenen 7. Dezember verlautbarte, dass man besorgt sei wegen der etwa 250 eritreischen Migranten, von denen angenommen wird, dass sie in der Wüste Sinai gefangen gehalten werden,
C. in der Erwägung, dass Behauptungen zufolge die Menschenhändler die Zahlung von 8 000 Dollar pro Person für ihre Freilassung verlangen sowie dass die Betroffenen in Containern gefangen gehalten werden und Missbräuchen ausgesetzt sind,
D. in der Erwägung, dass einem von nichtstaatlichen Organisationen am 1. Dezember herausgegebenen gemeinsamen Aufruf zufolge Hunderte illegale Flüchtlinge vom Horn von Afrika monatelang in den Randgebieten einer Stadt im Sinai gefangen gehalten wurden,
E. in der Erwägung, dass den nichtstaatlichen Organisationen zufolge die Opfer bereits 2 000 US$ für ihre Verbringung nach Israel gezahlt hatten und dass die Flüchtlinge den Schilderungen zufolge von den Schmugglern auf äußerst demütigende und unmenschliche Art und Weise behandelt werden,
F. in der Erwägung, dass örtliche Beamte aus dem Nord-Sinai angaben, dass die Sicherheitsbehörden aktiv nach den Eritreern suchten, die angeblich in verstreuten Gruppen gefangen gehalten werden,
- 1. fordert die ägyptischen Behörden auf, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Freilassung der gefangen gehaltenen Eritreer zu gewährleisten, den Einsatz tödlicher Gewalt gegen illegale Migranten, die die Grenzen des Landes überschreiten, zu vermeiden, die Menschenwürde sowie die körperliche und geistige Unversehrtheit dieser Menschen zu schützen und sicherzustellen, dass die gefangen gehaltenen Migranten die Möglichkeit haben, Kontakt mit dem UNHCR aufzunehmen, und schließlich dem UNHCR den Zugang zu allen Asylsuchenden und Flüchtlingen in staatlichem Gewahrsam zu gewähren;
- 2. begrüßt die laufenden Bemühungen der ägyptischen Behörden im Rahmen der Prüfung der Informationen, die in den Berichten des UNHCR bezüglich einer Gruppe von etwa 250 Eritreern, die unter Verletzung der innerstaatlichen Gesetze und der Menschenrechtsgrundsätze von Menschenhändlern auf dem Sinai gefangen gehalten werden, Erwähnung finden;
- 3. weist nachdrücklich darauf hin, dass die Grenze der Wüste Sinai zu einer Menschenhändlerroute für afrikanische Migranten auf Arbeitssuche geworden ist und dass jedes Jahr Tausende von Eritreern aus dem Land flüchten und viele von ihnen nach Israel wollen;
- 4. erinnert daran, dass im August sieben Personen in der Nähe der Grenze zu Israel bei Zusammenstößen mit Schmugglern ums Leben kamen, nachdem afrikanische Migranten, die von Menschenhändlern gefangen gehalten worden waren, bei einem Fluchtversuch die Waffen ihrer Geiselnehmer an sich gebracht hatten;
- 5. nimmt zur Kenntnis, dass Israel im November mit dem Bau eines 250 Kilometer langen Zauns entlang der Grenze begonnen hat, mit dem der Zustrom illegaler Migranten eingedämmt werden soll;
- 6. begrüßt die Bemühungen Ägyptens zur Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere den im Jahre 2007 erfolgten Aufbau des nationalen Koordinationsausschusses zur Bekämpfung von Menschenhandel und zu dessen Vorbeugung, und fordert alle Länder auf, ihre Bemühungen im Zusammenhang mit der Herausforderung der weltweiten Verbrechen im Bereich des Menschenhandels wieder aufzunehmen und dabei die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften zu beachten;
- 7. begrüßt die anhaltenden Bemühungen Ägyptens in Bezug auf die Erfüllung der Verpflichtungen des Landes nach internationalen Verträgen, insbesondere nach der Flüchtlingskonvention aus dem Jahre 1951;
- 8. weist darauf hin, dass jeder Flüchtling, der sich an Handlungen beteiligt, mit denen die Sicherheit und die Unabhängigkeit des Gastlandes mittelbar oder unmittelbar bedroht werden, nach Maßgabe der UNHCR-Bestimmungen als Bedrohung der nationalen Sicherheit des Gastlandes betrachtet werden sollte;
- 9. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Hohen Vertreter/Vizepräsidenten der Kommission, dem Rat und der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, der ägyptischen Regierung, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zu übermitteln.
Erklärung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 über eine stärkere Unterstützung des Breitensports durch die Europäische Union
Das Europäische Parlament,
- - gestützt auf Artikel 165 AEUV,
- - gestützt auf Artikel 123 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass Sport ein neues Zuständigkeitsgebiet der EU geworden ist;
B. in der Erwägung, dass Sport einen wichtigen Faktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt darstellt und zu vielen politischen Zielen beiträgt, wie zum Beispiel der Gesundheitsförderung, der Bildung, der sozialen Integration, der Bekämpfung von Diskriminierung, der Kultur sowie der Eindämmung der Kriminalität oder der Bekämpfung von Drogenabhängigkeit;
C. in der Erwägung, dass die große Mehrheit der Europäer, die Sport treiben und sich in ihrer Freizeit körperlich betätigen, im Bereich des Breitensports aktiv ist;
D. in der Erwägung, dass die Wirtschaftskrise und der Druck, unter dem die öffentlichen Haushalte stehen, schwerwiegende Folgen für die Finanzierung des Breitensports haben könnten;
- 1. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, den Breitensport zu fördern und seine Bildungs- und Integrationsfunktion zu stärken und dabei besonderes Augenmerk auf unterdurchschnittlich vertretene Gruppen wie Frauen, Senioren und Behinderte zu legen;
- 2. fordert die Mitgliedstaaten auf sicherzustellen, dass der Breitensport in Krisenzeiten nicht unter umfangreichen Haushaltskürzungen leidet;
- 3. fordert die Kommission auf, in der bevorstehenden Mitteilung über Sport dem Breitensport die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen und von 2012 an genügend Mittel für das EU-Sportprogramm sicherzustellen;
- 4. fordert die Kommission auf, die Ergebnisse der Studie über die Finanzierung des Breitensports im Hinblick auf eine mögliche EU-Initiative zum Thema Glücksspiel angemessen zu berücksichtigen;
- 5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Erklärung mit den Namen der Unterzeichner 1 der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1. Die Liste der Unterzeichner wird in Anlage 2 des Protokolls vom 16. Dezember 2010 veröffentlicht(P7_PV-PROV(2010)12-16(ANN2)).
Erklärung des Europäischen Parlaments vom 16. Dezember 2010 zu einer EU-Strategie zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine Erklärung vom 22. April 2008 zur Beendigung der Obdachlosigkeit 1,
- - gestützt auf Artikel 123 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass weiterhin in allen Mitgliedstaaten der EU Menschen von Obdachlosigkeit betroffen sind und dass Obdachlosigkeit eine nicht hinnehmbare Verletzung der Menschenrechte darstellt,
B. in der Erwägung, dass das Jahr 2010 zum europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgerufen wurde,
- 1. fordert den Rat erneut dazu auf, sich bis Ende 2010 dazu zu verpflichten, der Obdachlosigkeit bis 2015 ein Ende zu setzen;
- 2. fordert die Europäische Kommission dazu auf, eine ehrgeizige Strategie zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit in der EU zu entwickeln und die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung wirksamer nationaler Strategien zu unterstützen, die den Leitlinien des gemeinsamen Berichts über Sozialschutz und soziale Eingliederung entsprechen, der im März 2010 angenommen wurde und die Teil der EU-Strategie Europa 2020 sind;
- 3. fordert Eurostat dazu auf, Daten über Obdachlosigkeit in der Europäischen Union zu erheben;
- 4. unterstützt die folgenden Handlungsprioritäten: kein Mensch sollte obdachlos sein, kein Mensch sollte länger als notwendig in einer Notunterkunft untergebracht sein, kein Mensch sollte länger in einer Übergangsunterkunft untergebracht sein, als dies für einen erfolgreichen Neubeginn notwendig ist, kein Mensch sollte eine Einrichtung verlassen, bevor er eine geeignete Unterkunft gefunden hat, junge Erwachsene sollten nicht aufgrund ihrer neuerworbenen Unabhängigkeit obdachlos werden;
- 5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Erklärung mit den Namen der Unterzeichner2 dem Rat, der Kommission und den Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1. ABl. C 259 E vom 29.10.2009, S. 19.
- 2. Die Liste der Unterzeichner wird in Anlage 3 des Protokolls vom 16. Dezember 2010 veröffentlicht(P7_PV-PROV(2010)12-16(ANN3)).